Redner: Professor Dr. Getu Abraham

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Beigeordnete,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates der Stadt Leipzig, meine Damen und Herren,

momentan verbinde ich den Eutritzscher Freiladebahnhof eigentlich nur mit dem TV-Club – der mir übrigens sehr am Herzen liegt, weil ihn meine Kommilitoninnen und Kommilitonen von der „Tierproduktion“ (T!) und der „Veterinärmedizin“ (V!) seinerzeit gegründet haben.

Damals in der Johannisallee, gut gelegen in der Nähe des Friedensparks. Ich kann Ihnen sagen: Das waren dunkle Zeiten!

Prof. Dr. Getu Abraham
Prof. Dr. Getu Abraham

Aber Spaß beiseite: Die Entwicklung des öffentlichen Raums ist die vornehmste Aufgabe der öffentlichen Hand. Sie ist es, weil Sie hier in außerordentlicher und in unmittelbarer Weise Lebensumfelder und damit Lebenssituationen von Menschen beeinflussen kann.

Die Entwicklung des öffentlichen Raums ist deshalb nicht vordergründig eine Frage bloßer Verkehrs- oder Transportinfrastruktur, wie sie sich beispielsweise aus der Schaffung von Flughäfen, Bahnhöfen oder Straßennetzen ergibt.

Die Entwicklung des öffentlichen Raums denkt ganzheitlich und plant vorausschauend. Es geht daher nie allein um das Platzieren öffentlicher Gebäude, die – so wichtig das auch sein mag – lediglich der kulturellen oder sozialen Infrastruktur dienen oder Gebäude, an denen allein die öffentliche Hand – ob nun als Kommune oder durch ihre Gesellschaften – eine Aktie hat und deren Nutzung bestimmt.

Öffentlicher Raum kann nur gelingen, wenn er die Balance zwischen kulturellen, bildungsspezifischen und sozialen Bedürfnissen vermittelt, ohne wirtschaftliche – und das schließt ausdrücklich auch privatwirtschaftliche ein – Interessen zu vernachlässigen. Denken Sie gerne an Ihren Bäcker um die Ecke, Ihren Bioladen des Vertrauens oder den Kiosk, der Ihnen immer das neueste Sudoku-Heft zuschanzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle wollen eine Stadt, die lebenswert ist. Eine Stadt, die trotz ihrer Großstädtigkeit nicht in der Anonymität versinkt. Wo es nicht nur möglich, sondern selbstverständlich ist, durchs Wohnviertel zu gehen, Nachbarn zu grüßen, einzukaufen, die Kinder in die Kita oder die Schule zu bringen und schnell – ob nun zu Fuß, auf dem Rad, mit Bus, Tram oder S-Bahn – in die City oder zur Arbeit zu düsen.

Für das Quartier, das mit und um den Eutritzscher Freiladebahnhof entstehen soll, kann ich mir solch eine Entwicklung des öffentlichen Raums gut vorstellen – und mit ihrem Entwurf des Masterplans stellt die Verwaltung die Weichen dazu richtig:

Es sollen Kitas und Schulen entstehen, es wird an generationenübergreifendes und bezahlbares Wohnen gedacht – ebenso an die Alltagsversorgung.

Vermutlich wir alle – zumindest für die SPD kann ich das bestätigen -, die wir hier sitzen, haben genau das in unseren Wahlprogrammen gefordert und wollen dafür einstehen. Zum Wohl aller Leipzigerinnen und Leipziger.

Lassen Sie uns deshalb bei allem gebührenden Respekt gegenüber der bisher geführten intensiven und sachlichen Debatte nicht mehr nur reden, sondern auch entscheiden.

Der vorliegende Entwurf zum Masterplan ist ein belastbarer Startpunkt für die weitere Projektentwicklung – und über deren Verlauf, dazu kenne ich uns alle inzwischen gut genug, werden wir noch oft genug diskutieren. Wir sollten nur endlich mit der Entwicklung des Areals beginnen.

Der Rest – und das haben wir aus den Bauarbeiten zum BER gelernt – dauert sowieso noch lang genug.

Vielen Dank!