Rede zur Vorlage „Ausführungsbeschluss: Grundsatzentscheidung zur Einführung des Chipkartensystems zwecks Versorgung der Asylbewerber mit Sachleistungen und zur Auszahlung von Geldleistungen“
Rednerin: Dr. Anke Kästner, Stadträtin der SPD-Fraktion
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung,
werte Damen und Herren Bürgermeister,
Kollegen und Kolleginnen des Stadtrates,
liebe Gäste!
Einerseits begrüße ich es ausdrücklich, dass die Drucksache zum Thema Einführung eines Chipkartensystems zur Versorgung der Asylbewerber uns endlich zur Abstimmung vorliegt. Andererseits macht es mich aber auch sehr unzufrieden.
Ich begrüße es deshalb, weil ich weiß, dass sich im Rathaus seit mehreren Jahren die sog. Asylrunde trifft, die sich während dieser Zeit u.a. immer wieder der Landesebene gegenüber dafür eingesetzt hat, dass derzeitig noch praktizierte Katalogbestellsystem abzuschaffen und stattdessen auf humanere und weniger diskriminierende Verfahren umzustellen, und zwar besonders deshalb, weil
- die Artikel im Katalog überteuert angeboten werden
- eine diskriminierende Ausgrenzung der Asylbewerber vom normalen Einkaufsalltag und damit auch aus wesentlichen Teilen der Gesellschaft stattfindet
- verhindert wird, dass die Asylbewerber in Geschäften ihrer Landsleute bzw. ähnlicher Kulturkreise einkaufen können und damit auch ein Stück Heimatgefühl verlieren
- das Geld in der Regel der lokalen Ökonomie verloren geht.
Der Asylrunde gehören Vereine, Verbände Behörden usw. an, wie z.B. Caritas, RAA, Sozialamt, der Ausländerbeauftragte und andere. Die Mehrheit von ihnen machte sich hierbei aber von Anfang an für die Auszahlung von Bargeld stark, ein Verfahren, was auch von unserer Fraktion bevorzugt wird, weil:
– die Lebensqualität der Asylbewerber durch freie Lebensmittel- und Geschäftswahl deutlich erhöht wird
– eine Gleichbehandlung aller Bevölkerungsgruppen, die Sozialhilfe beziehen, gewährleistet wird (so muss das Argument der Kontrollmöglichkeit über die Verwendung der Geldmittel, z.B. in Bezug darauf, was bei den Kindern ankommt; entweder für alle gelten, oder für keinen). Alles andere wäre diskriminierend, wenn nicht gar rassistisch.
Dieses war jedoch bis dato aufgrund der Regelung, dass die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erbringenden Leistungen für Asylsuchende im Freistaat Sachsen grundsätzlich als Sachleistungen zu erbringen sind, so nicht möglich, was mich bzw. unsere Fraktion sehr unzufrieden macht.
Daraufhin versuchte die Stadt Leipzig mehrmals wenigstens die Genehmigung zur Einführung eines Chipkartensystems zu erhalten, was zwar nicht optimal wäre, aber dennoch deutlich besser als das derzeitige Katalogbestellsystem. Jedoch auch das schien bisher so nicht möglich.
Seit kurzem, genauer gesagt seit dem 1. Dezember letzten Jahres haben wir in Sachsen eine etwas veränderte Situation. Nachdem in der Stadt Dresden das Chipkartensystem vom Stadtrat beschlossen und vom SMI bestätigt wurde, aber dennoch kein Anbieter gefunden wurde, der die geforderten Ausschreibungskriterien erfüllen konnte, läuft dort bis zum 30 Juni 2008 ein Modellprojekt zur Bargeldauszahlung.
Dieses soll im Anschluss ausgewertet werden, wobei zu hoffen ist, dass dabei herauskommt, dass dieses das humanere, kostengünstigere und von Seiten der Verwaltung gesehen am wenigsten aufwendige Verfahren ist. Aber das kann dauern!
Da wir möchten, dass sich endlich und vor allem schnellstmöglich etwas zum Vorteil der Asylbewerber bewegt, und wir glauben, dass die erfolgreiche Umsetzung des Antrages der Linken, so sympathisch uns dass inhaltliche Anliegen auch ist, nicht gelingen wird, schlagen wir aufgrund der Erfahrungen, die Dresden gemacht hat, folgenden Ergänzungsantrag vor:
Einführung eines Punktes 3. im Rahmen des Vergabeverfahrens ist unter Beteiligung des Fachausschusses JSGS zu prüfen
- ob die bestellten fachinhaltlichen Anforderungen an den Betrieb eines Chipkartensystems vollständig abgedeckt werden sowie
- das System gegenüber Alternativlösungen wirtschaftlich ist.
Nach dieser Prüfung ist entweder das System zu beauftragen oder eine Ausnahmegenehmigung beim SMI bezüglich der Barauszahlung von Taschengeld und Sachleistungen (per Zahlungsanweisung) zu beantragen. Die Definition der fachinhaltlichen Anforderungen können von uns bzw. der Verwaltung bestimmt werden.
Deshalb und nur deshalb, weil wir glauben, das dieser Weg der am schnellsten zielführende ist, möchten wir sie bitten den Antrag der Linken abzulehnen und stattdessen der Verwaltungsvorlage einschließlich unseres Ergänzungsantrages zuzustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!