Rede zur Vorlage “Grundsatzentscheidung zum Erwerb des Grundstücks Petersstraße 43 für die Unterbringung des Eigenbetriebes Musikschule Leipzig Johann Sebastian Bach”
Rednerin: Dr. Margot Trexler, Stadträtin der SPD-Fraktion
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren
ich bin eine öffentlich bestellte und vereidigte Gutachterin für die Bewertung von Grundstücken und möchte aus dieser Sicht einige wirtschaftliche Betrachtungen zu dem gegenwärtigen Standort der Musikschule Johann-Sebastian-Bach in der Petersstraße 43 und Alternativstandorten anstellen.
Das denkmalgeschützte Objekt Petersstraße 43, welches seit 1999 als Musikschule genutzt wird, weist gegenüber den Alternativstandorten Th. Mommsen Schule, die allerdings nicht mehr zur Verfügung steht, der ehem. 122. Schule, dem Beruflichen Schulzentrum 2 und der ehemaligen Gaudigschule folgende Vorteile auf:
Das Gebäude wurde bereits für das Konzept einer Musikschule saniert und um- und ausgebaut. Damit fallen bei Kauf dieses Objektes keine Sanierungskosten wie bei den anderen Schulen an, welche über dem Verkehrswert von 4,7 Mio. EUR für das Objekt Petersstraße 43 liegen. Zum Beispiel sollen die Sanierungskosten für die ehemalige Gaudigschule
6,55 Mio. EUR und 4,9 Mio. EUR für das ehemalige Berufliche Schulzentrum 2 betragen.
Die ehemalige 122. Schule liegt zwar mit 3,33 Mio. EUR Sanierungsaufwand unter dem Verkehrswert, ist aber aufgrund der 33 % geringeren Hauptnutzfl. nicht vergleichbar und auch flächenmäßig allein für die Musikschule nicht ausreichend.
Trotz dieser hohen Sanierungskosten wird eingeschätzt, dass die wirtschaftliche Restnutzungsdauer der Alternativobjekte gegenüber dem Objekt Petersstraße 43 aufgrund der sehr soliden Bausubstanz und aufwendigen Sanierung des Baudenkmals kürzer sein wird und der vorhandene hohe Ausstattungsgrad mit 4 Treppenhäusern, 2 Personenaufzügen für je 13 Personen, mit einer Hebebühne für Rollstuhlfahrer, Einbauschränken, Einbauküchen, Klimaanlage und einem Konzertsaal mit Parkett, Holzverkleidungen und einer repräsentativen Deckenmalerei nicht erreicht wird.
Auch die vom Hochbauamt geschätzten Kosten für einen Schulneubau auf einem stadteigenen Grundstück liegen mit über 6 Mio. EUR weit über dem Kaufpreis der Petersstraße 43. Dabei muss noch beachtet werden, dass in einem 1-jährigen Sanierungs- oder Neubauzeitraum, die in diesem Jahr anfallenden Mietausgaben von 242.00,00 EUR und Umzugskosten von 120.000,00 EUR neben dem Sanierungs- bzw. Neubauaufwand noch zusätzlich anfallen.
Eine weitere wirtschaftliche Überlegung besteht darin, die Mietkosten über den vertraglich gebundenen Zeitraum von 30 Jahren in Höhe von 8,3 Mio. EUR für das Objekt Petersstraße abzuzinsen. D. h. welches Anfangskapital würde sich ergeben, um mit Zins und Zinseszins über 30 Jahre das Endkapital von 8,3 Mio. EUR zu erreichen. Bei einem Liegenschaftszinssatz von 6 % und einer Laufzeit von 30 Jahren ergibt sich ein Anfangswert in Höhe von 3,8 Mio. EUR. Dieser liegt zwar unter dem Verkehrswert wird sich aber erhöhen unter Beachtung:
– der Bodenbewertung
– der Miete des gegenwärtigen Mieters Kaffee Richter und möglicherweise weitere Mieteinnahmen durch zusätzliche Vermietung
– einer längeren Restnutzungsdauer als der Mietzeitraum von 30 Jahren und damit höheren Erträgen.
Neben diesen wirtschaftlichen Betrachtungen zu den Schulgebäuden übt die Lagegunst des Grundstückes noch einen entscheidenden Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit aus. Gegenüber den Alternativstandorten besitzt das Grundstück in der 1 a Innenstadtlage mit attraktiver Innenstadtbebauung, kurzen Wegen zu Einkaufs- und Dienstleistungseinrichtungen und den umliegenden 5 Haltestelleninseln weitaus bessere Lagefaktoren und damit nachhaltig bessere Vermietungs- und Vermarktungschancen.
Eine weitere Aufwertung erhält dieser Standort ab dem Jahr 2009 durch seine Lage inmitten der beiden dann fertiggestellten S-Bahnstationen am Markt und am W.-Leuschner-Platz.
Hinsichtlich einer weiteren Nutzung der Musikschule in der Petersstraße ergäbe sich neben dem wirtschaftlichen auch ein wichtiger kommunalpolitischer Aspekt, welcher in der weiteren Nutzung durch die Kinder und Jugendlichen in einem Objekt, in welchem sie seit Jahren gern lernen, musizieren und Konzerte geben, besteht. Besonders wichtig sind dabei die günstigen verkehrlichen Anbindungen, die von keinem Alternativstandort erreicht werden.
Zurückkommend auf dem Beschlusstext der Vorlage “Grundsatzentscheidungen zum Erwerb des Grundstückes Petersstraße 43” möchte ich aus gutachterlicher Sicht darauf hinweisen, dass aus folgenden Gründen ein großer Verhandlungsspielraum zwischen Verkehrswert und Kaufpreis besteht:
Der aus dem Jahr 2005 ermittelte Verkehrswert basiert aus einer angenommen gewerblichen Nutzung für das Objekt mit einem Restaurant, dem Ladenlokal Kaffee Richter, einem neuen Ladenlokal und Büro- und Lagerräumen. Von diesem, aus dieser Nutzung resultierenden Ertragswert, wurde der Verkehrswert von 4,7 Mio. EUR abgeleitet. Es wird eingeschätzt, dass wegen der großen Unsicherheit, diese oder eine ähnliche Konzeption realisieren zu können, gegenwärtig kein bzw. geringes Marktinteresse von Investoren besteht, weil aufgrund denkmalpflegerischer Auflagen, die lange Fassade der Schillerstraße nicht geöffnet werden darf und somit keine Läden und Restaurants an dieser Seite bzw. ihr Eingangsbereich genehmigt werden würden. Hinzu kommt, dass Kosten für Umnutzungen aufgrund neuer Nutzungsstrategien anfallen werden, die vom Kaufpreis noch abgesetzt werden müssten. Die im Gutachten dafür eingesetzten 298.400,00 EUR werden als viel zu gering eingeschätzt. Des Weiteren besteht ein sehr großes Problem in der Stellplatzsituation, die keineswegs zufriedenstellend für den Bedarf bei einer gewerblichen Nutzung gelöst werden kann.
Abschließend möchte ich Ihnen mitteilen, dass die SPD-Fraktion mehrheitlich der Beschlussvorlage zustimmen wird.