Schlagwortarchiv für: Freiheits- und Einheitsdenkmal

Redner: Christian Schulze, Stadtrat

Christian Schulze

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
geehrte Damen und Herren Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

nun gilt es zum wiederholten Mal: Die Verwaltung legt uns einen neuen Standort- und Verfahrensvorschlag  für das Freiheits- und Einheitsdenkmal vor.

Wir haben im September 2021 beschlossen, die Stiftung Friedliche Revolution mit der Organisation des Beteiligungsprozesses zu beauftragen. Ich finde, die Stiftung hat mit Unterstützung einer Agentur einen guten Job gemacht. Erstmalig ist in Leipzig ein Kommunaler Bürgerrat auf Grund von Zufallsauswahl zum Einsatz gekommen. Dieser hat sich mehrfach getroffen und am Ende mehrheitlich vorgeschlagen, den Wilhelm-Leuschner-Platz für ein wie auch immer geartetes Denkmal ins Auge zu fassen. Besonders wichtig ist mir, dass konkret festgelegt wurde, dass natürlich künstlerische Bezüge zu anderen Orten der friedlichen Revolution hergestellt werden sollen, können, vielleicht sogar müssen.

Also nur Mut, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es geht nicht um ein Denkmal im herkömmlichen Sinne. Wir reden nicht über große Steinkolosse, seien es Reiterstandbilder, wie der Alte Fritz unter den Linden in Berlin, oder irgendwelche Siegessäulen oder Ähnliches.

Ich hoffe auf künstlerische Ideen, die die Gesamtgestaltung des Platzes im Blick haben, mit viel Grün, vielleicht auch mit Wasser und Kommunikationsorten, die uns Menschen zusammenbringen und nachfolgenden Generationen, wie auch immer, vermitteln, dass es nicht selbstverständlich ist, in Frieden und Freiheit und Demokratie zu leben.

Ich denke, wir täten gut daran, dieser Vorlage eine anständige Mehrheit zu verschaffen. Wichtig ist und bleibt, unsere Leipziger Bevölkerung mitzunehmen. Es muss erklärt werden, dass es hier um mehr geht als um die Erinnerung an die Leipziger Demonstrationen. Da würde vielleicht tatsächlich der Nikolaikirchhof reichen. Nein, hier geht es um mehr: Demokratie in ganz Deutschland, Überwindung der deutschen Teilung und Erinnerung an unseren Aufbruch nach Europa.

Manchmal ist auch so, dass der Stadtrat Beschlüsse fassen muss, die aktuell eventuell mehrheitlich in der Bevölkerung negativ diskutiert werden.

Ich erinnere an drei wichtige Entscheidungen in den ersten 20 Jahren nach der friedlichen Revolution:  Die Verlegung der neue Messe auf das Neue Messegelände. Dann der Beschluss, den Bahnhof umzubauen und Gleise für ein Parkhaus im Bahnhof zu opfern und noch ein Einkaufszentrum zu installieren. Nicht zuletzt der Beschluss einen Tunnel für 4 Stationen zu bauen.

Ich war jedes Mal dabei, habe erlebt wie Mitglieder dieses Stadtrates innerhalb und außerhalb des Parlaments gegen die genannten Projekte zu Felde zogen, um dann zur jeweiligen Einweihung  beim Sektempfang, die ersten waren, die nach den Gläsern griffen und stolz wie Bolle waren, was wieder Tolles geworden ist.

Wenn dann, nach unserem heutigen, hoffentlich positiven Beschluss, das Denkmal gelegentlich eingeweiht wird, werden wir es wieder erleben.

Ich bitte also diejenigen, die eigentlich heute ablehnen wollen, sich einen Ruck zu geben und zuzustimmen. Dankeschön.

Redner: Axel Dyck, Stadtrat der SPD-Fraktion

 

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeister,
liebe Kollegen,
liebe Gäste,

 

zum dritten Mal befasst sich der Stadtrat mit einem Antrag zu einem Bürgerentscheid mit der Reduktion auf die Frage „Ja oder Nein zu einem Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig“, davon zwei Mal auf Antrag der Linken. Und wenn ich die Begründungen von 2014 und heute vergleiche, habe ich das Gefühl, dass die Linke hofft, dass die Frage mit Nein beantwortet wird.

Im Gegensatz zu 2009 und 2014 findet die heutige Diskussion allerdings zu einem Zeitpunkt und in einem öffentlichen Raum statt, wo die Stadtgesellschaft nahezu drei Jahre über dieses für unsere Stadt große Thema so gut wie gar nicht diskutiert hat. Und ich wage zu behaupten, dass für große Bevölkerungskreise – und 70 Prozent werden hoffentlich an der Bundestagswahl teilnehmen – hier auch ein vollständiges Wissensdefizit vorliegt.

Mit welchem Hintergrund soll denn nach Ihrer Erwartung ein Meinungsbildungsprozess bis September, quasi über den Sommer, stattfinden? Welches Bild von einem Denkmal hat denn der Wähler, wenn er in die Wahlkabine geht? Soll der Bauch oder der Kopf entscheiden? Soll darüber ein Wahlkampf stattfinden? Wer soll ihn führen? Politische Parteien, Initiativen, einzelne Bürger? All das überlagert von Bundesthemen?

Das wird dieser Idee, hinter der ich nach wie vor stehe nicht gerecht! Und ich gebe zu, ich möchte an dieser Stelle auch keine 49-zu-51-Prozent-Entscheidung. Wer jubelt dann eigentlich nach der Auszählung? Oder soll dann einfach zur Tagesordnung übergegangen werden? Haben Sie sich diese Fragen gestellt oder ist nur Kalkül im Antrag versteckt?

Das umfassende Thema ist der Freiheitsbegriff mit all seinen Facetten und Widersprüchlichkeiten – gesellschaftlich wie individuell. Und darüber soll abgestimmt werden? Nein. Darüber darf nicht abgestimmt werden!

Wir brauchen deshalb heute eine politische Entscheidung der repräsentativen Vertretung der Bürgerschaft, also des Stadtrates, und keine juristischen Begründungen wie im Verwaltungsstandpunkt. Weil wir es uns und der Leipziger Bürgerschaft nicht leichtmachen dürfen.

Wir brauchen die Auseinandersetzung über Freiheit und Demokratie mit dem Fokus auf die Oktober-Ereignisse 1989 und mit europäischer Perspektive. Das Denkmal kann ein schmerzhafter Stachel sein, der uns sagt: „Denkt und tut was für unsere Zukunft in Freiheit und Frieden.“ Und deshalb ist der Antrag eigentlich jämmerlich, weil er bei stringenter Lesart die dringend notwendige Diskussion über die Denkmalsidee verhindern soll.

Deshalb ein klares Nein von uns zum Antrag.

Axel Dyck„Die Linke hat nach wie vor ein gestörtes Verhältnis zu 1989“, konstatiert SPD-Fraktionschef Axel Dyck. „Ohne jemals selbst direkt Stellung zum Freiheits- und Einheitsdenkmal bezogen zu haben, versuchen die SED-Nachfolger das Denkmal und damit ein dauerhaftes Gedenken an den Herbst 1989 über die Hintertür zu verhindern, indem sie in ihrer großflächigen Wahlpropaganda für einen Bürgerentscheid zum Freiheits- und Einheitsdenkmal werben und dabei auch noch den zentralen Begriff Freiheit unterschlagen.“

Freiheit bedeutete 1989 vor allem, sich vom Gewaltmonopol der SED und ihres Machtapparates zu befreien. Das hat diese Partei anscheinend auch 25 Jahre nach der Friedlichen Revolution noch nicht verwunden.

Axel Dyck abschließend: „Kann man von einer Partei etwas anderes erwarten, deren langjähriger örtlicher Vorsitzender jemand ist, der früher für die Staatssicherheit gespitzelt hat?“

Axel DyckIst die Denkmalsidee „Freiheit und Einheit“ für lange Zeit gescheitert?

Erklärung von SPD-Stadtrat Axel Dyck zum derzeitigen Verfahrensstand beim Bau des Freiheits- und Einheitsdenkmals in Leipzig:

„Um das schon einmal vorweg zu sagen: Ich bin für ein Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal.
Dennoch halte ich zum jetzigen Zeitpunkt eine Umsetzung dieses wichtigen Vorhabens zur Erinnerung an die Friedliche Revolution von 1989 für nicht möglich. Das wird wahrscheinlich auch längere Zeit der Fall sein. Die Ursachen für das Scheitern sind aus meiner persönlichen Sicht mannigfaltig. Es gibt darum keinen Adressaten für eine Schuldzuweisung. Deshalb ist es auch für niemanden ehrenrührig, das Scheitern einzugestehen. Ich tue es, gerade weil ich von Anfang an ein Befürworter der Denkmalsidee war und heute noch bin. Und deshalb fühle ich mich aber als Stadtrat, als seit dem Herbst 1989 politisch aktiver Mensch und als stellvertretendes Jurymitglied verantwortlich, dieses Scheitern öffentlich einzugestehen.

Aus meiner Einschätzung sind folgende Ursachen und Fragen auch mit Blick in die Zukunft und mit Blick auf eine zweite Chance aber besonders hervorzuheben:
Für die Ereignisse rund um die Nikolaikirche bis einschließlich des 9. Oktober steht der Nikolaikirchhof mit Säule, Brunnen und Pflasterinstallation für sich. Das muss auch so bleiben. Das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal soll aber den Blick über den, für unsere Stadt so wichtigen und hoffentlich auf Dauer im Bewusstsein unserer Stadt verankerten 9. Oktober hinaus, auf die dramatischen revolutionä-ren Ereignisse und Ergebnisse des Herbstes 1989 – und zwar nicht nur in Leipzig – öffnen. Hier liegen die ersten Missverständnisse und Konflikte.

Wenn das Thema Freiheit und Einheit aber die übergeordnete Denkmalsidee sein soll, dann spielt die Platzwahl nicht die wichtigste Rolle. Der städtisch brachliegende Raum Wilhelm-Leuschner-Platz als Chance für das Denkmal konnte hierbei nicht ausreichend vermittelt werden.

VOR ORT, Ausgabe 2/2012Das Ergebnis des Wettbewerbes mit den drei bekannten prämierten Platzierungen ist letztendlich das Ergebnis der sehr komplexen künstlerischen Aufgabenstellung und des durch die Geldgeber für das Denkmal, Bund und Freistaat, gewählten Wettbewerbsverfahrens. Das muss akzeptiert werden. Wer heute ein neues Verfahren fordert, dem muss klar sein, dass dafür auch eine Beschreibung und ent-sprechende Regeln notwendig sind. Nur gegen etwas zu sein reicht nicht, es muss auch formuliert werden, für was man ist. Werden dann alle Beteiligten mit dem Ergebnis zufrieden sein? Und wer darf eigentlich mitbestimmen und nach welchen demokratisch legitimierten Regeln?

Das größte Defizit und damit auch die schwierigste Aufgabe für die Zukunft sehe ich allerdings in der Schaffung einer positiven Stimmung für ein Denkmal. Das haben die Initiatoren der ursprünglichen Denkmalsidee leider seit 2007 verpasst und nicht geleistet oder nicht leisten können. Kann dies bei einem neuen Verfahren geleistet werden? Steht dafür die Bürgerinitiative Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal mit aller Konsequenz ein? Ich würde mich freuen, wenn das so wäre.

Der Weg zu einer wahrscheinlich vorzeitigen Beendigung des gegenwärtigen Verfahrens wurde meines Erachtens in dem Moment vorgezeichnet, als Gerichte angerufen wurden. Die Würde des Themas „Freiheit und Einheit“ verbietet aus meiner Sicht, dass Gerichte hierzu das letzte Wort haben. Deshalb ist für mich das Scheitern gegeben. Darüber bin ich traurig und enttäuscht.

Nicht vergessen darf man aber auch, dass es vermeintliche Kritiker hinsichtlich des Wettbewerbser-gebnisses, der Platzwahl und der Öffentlichkeitsbeteiligung gibt, die eigentlich etwas ganz anderes wollen – nämlich kein Denkmal für „Freiheit und Einheit“. Aus welchen Gründen auch immer.  Diese Meinungen dürfen sich aber aus meiner Sicht nicht dauerhaft durchsetzen, sonst ist die Denkmalsidee für alle Zeiten gestorben und damit würde für künftige Generationen ein Stück Leipziger und deutscher Erinnerungskultur fehlen.“

Heiko Oßwald Manfred RauerDie SPD-Stadträte für Leipzig-Mitte laden die Bürgerinnen und Bürger ihres Wahlgebietes am Donnerstag, den 10. Oktober 2013, 17 Uhr, zu einer Sprechstunde ein.

Manfred Rauer und Heiko Oßwald wollen insbesondere das Thema „Freiheits- und Einheitsdenkmal – wie weiter?“ diskutieren.

Die Sprechstunde findet im Bürgerbüro Café Tiefensee, Zentralstraße 1, 04109 Leipzig, statt.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.