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Gestern hat der Bundestag Änderungen des Grundgesetzes vorgenommen, um die Kommunen zu entlasten, die angesichts der Corona-Krise vor enorme Probleme gestellt wurden. Durch diese Grundgesetzänderungen ist es dem Bund nun möglich, Gewerbesteuerausfälle der Kommunen zu kompensieren und sich dauerhaft an den Kosten der Unterkunft zu beteiligen.

Christian Schulze

„Das ist ein tolles Signal vom Bund“, freut sich SPD-Stadtrat Christian Schulze, der dem Leipziger Finanzausschuss angehört, und ergänzt: „Die Gewerbesteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen von Kommunen. Gerade mit Blick auf Leipzig und unsere wirtschaftliche Entwicklung konnten wir uns in den letzten Jahren über steigende Einnahmen aus der Gewerbesteuer freuen. Ein Effekt, den wir in den kommenden Monaten, in denen wir über den Doppelhaushalt 2021/22 verhandeln, nicht haben werden. Die Entscheidung des Bundes hilft den Kommunen hier ganz konkret und gibt uns Planungssicherheit.“

Bisher war es nicht möglich, dass der Bund Gelder direkt an Kommunen weitergeben darf, um dort einmalig und gezielt finanzielle Mindereinnahmen zu kompensieren. Hierfür bedurfte es immer der Kooperation mit den Ländern, denn sie sind für die Finanzausstattung von Städten und Gemeinden zuständig. Auch bei den Kosten der Unterkunft, an denen sich der Bund bereits jetzt schon beteiligt, war das bislang nur bis zu 49 Prozent möglich. Eine neu ins Grundgesetz aufgenommene Ausnahmeregelung soll das nun bis knapp 75 Prozent der Kosten möglich machen.

Heiko Bär

„Die Kosten der Unterkunft sind in Leipzig durchaus ein großes Thema, auch mit Blick auf die Entwicklungen am Wohnungsmarkt laufen uns auch hier auf Dauer die Kosten davon“, so SPD-Stadtrat Heiko Bär, der seine Fraktion ebenfalls im Finanzausschuss vertritt. „Eine Stadt wie Leipzig, deren Wirtschafts- und Finanzkraft noch zu wünschen übrig lässt, stellt das immer wieder vor Probleme. Es ist deshalb gut, dass der Bund nun dauerhaft bis zu 75 Prozent der Kosten der Unterkunft übernehmen kann und das Geld direkt, ohne Umweg über das Land, an die Kommunen geht. Schließlich agieren die Städte und Gemeinden hier im Auftrag des Bundes. Der Ball liegt nun beim Bundesrat, aber ich gehe davon aus, dass auch er, im Sinne der Kommunen, grünes Licht geben wird.“

Immer wieder wurde die bis Ende 2014 gelten Richtlinien der Stadt Leipzig zu den Kosten der Unterkunft (= KdU) von Sozialgerichten als unzureichend beschieden. Noch immer sind Verfahren anhängig, die sich mit diesem Sachstand beschäftigen. Die Richtlinie betrifft nicht nur Hartz-IV-Bezieher, sondern beispielsweise auch Sozialhilfeempfänger.

Ich frage an:

  1. Wieviele Widersprüche bzw. Anträge auf Überprüfung der KdU gab es in Bezug auf die bis Ende 2014 geltende KdU-Richtlinie insgesamt? Wieviele mündeten in gerichtlichen Verfahren? In wievielen dieser Verfahren unterlag das Jobcenter?
  1. Wieviele Haushalte insgesamt wurden nach der bisherigen KdU-Richtlinie mit einer zu niedrigen Erstattung der KdU beschieden? Um welchen Differenzbetrag handelt es sich etwa durchschnittlich? In wieviel Haushalten davon leben Kinder?
  1. Welche Kosten fielen für die jeweiligen unter 1. benannten Gerichtsverfahren insgesamt an? Würden alle unter 2. genannten Haushalte ihr Recht geltend machen: mit welchen Kosten für die Stadt wäre zu rechnen?
  1. Laut SGB X § 44 wäre es der Stadt Leipzig bzw. dem Jobcenter möglich, sämtliche potentiell unrichtigen Bescheide von Amts wegen zu prüfen. Warum wird von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht? Werden die Betroffenen unaufgefordert über ihre Rechte aufgeklärt? Wenn ja, in welcher Form?

Christian SchulzeWie eine Anfrage des Leipziger SPD-Landtagsabgeordneten Dirk Panter zu Tage gefördert hat, ist der Stadt in den letzten Jahren insgesamt ein hoher dreistelliger Millionenbetrag an Zuschüssen des Landes für die Kosten der Unterkunft vorenthalten geblieben.

„Für die Leipziger SPD-Fraktion ist es ein Skandal, dass die Stadt Dresden beispielsweise doppelt so hohe Zuweisungen bei den Kosten der Unterkunft erhält als Leipzig, obwohl es dort nun halb so viele  Bedarfsgemeinschaften wie hier gibt“, erklärt der SPD-Stadtrat Christian Schulze, der zudem dem Finanzausschuss der Stadt vorsteht. „Das bedeutet für uns, dass eine Bedarfsgemeinschaft in Dresden dem Freistaat mehr wert ist als eine bei uns in Leipzig. Das darf nicht sein.“

In allen anderen ostdeutschen Bundesländern ist die Zahl der Bedarfsgemeinschaften entscheidend für die Zuweisungen des Landes an die betreffenden Kommunen. Das heißt, dass Kommunen mit vielen Bedarfsgemeinschaften auch höhere Zuweisungen bekommen. „Das ist ein logisches Prinzip, das wir auch im Freistaat Sachsen so umgesetzt sehen wollen. Hätte Sachsen die Zuweisung so verteilt wie die anderen ostdeutschen Bundesländer, hätte die Stadt Leipzig hochgerechnet in den letzten acht Jahren rund 280 Millionen Euro mehr für die Finanzierung der Kosten der Unterkunft bekommen. Pro Jahr sind der Stadt damit rund 30 Millionen Euro vorenthalten geblieben“, so Schulze weiter.

Die SPD-Fraktion sieht hierbei allerdings auch das Finanzdezernat in der Verantwortung. „Wenn Herr Bonew erklärt, das Thema sei ihm zwar bekannt, nur hätte von dieser finanziellen Dimension er keine Ahnung gehabt, dann muss ich mich schon fragen, ob unsere Finanzen bei ihm und seiner Amtsvorgängerin wirklich in guten Händen liegen oder gelegen haben. Ich erwarte von Finanzbürgermeister Bonew, dass er sich, nachdem ihm das ganze Ausmaß nun bewusst ist, intensiv beim Freistaat und der ihm nahestehenden Landtagsfraktion für eine gerechtere Verteilung der Zuweisungen einsetzt. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir würden nicht über das 30-Millionen-Defizit im aktuellen Haushalt reden müssen, wenn die Zuweisungen bedarfsgerecht gezahlt würden“, so Schulze abschließend.