Schlagwortarchiv für: Wohnheim

Redner: Christopher Zenker, Vorsitzender der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,

als ich während meiner Jugend eine Wohnung gesucht habe, konnte ich mir die Vermieterin bzw. den Vermieter raussuchen. Heute bewerben sich teilweise 100derte Interessentinnen und Interessenten auf eine Wohnung. Dies und auch die rasant steigenden Mieten – 32 Prozent seit 2018 – zeigen deutlich: unser Wohnungsmarkt ist angespannt. Dies thematisieren wir seit vielen Jahren in steter Regelmäßigkeit. Vor allem sind es Geringverdiener, die besonders schlechte Chancen auf den Mietwohnungsmarkt in Leipzig haben. Eine Gruppe davon sind oft auch die Auszubildenden. Die meisten von ihnen erhalten während der Ausbildungsjahre nur ein schmales Salär. Aber diese oft geringe Ausbildungsvergütung führt zwangsweise dazu, dass junge Menschen, die bei uns in Leipzig ihre Ausbildung machen, ein Problem haben, eine bezahlbare Unterkunft zu finden.

In Leipzig gibt es unseres Wissens nach nur ein Wohnheim für Auszubildende, das vor allem für Schülerinnen und Schüler der Gutenberg-Schule vorgesehen ist. Darüber hinaus haben einige private Anbieter von Berufsschulen Azubi-Wohnungen geschaffen. Der Bedarf ist allerdings ungleich größer. Im Gegensatz dazu gibt es zahlreiche Wohnheime für Studierende. In unserer Ursprungsfassung wollten wir ein Azubi-Wohnheim in der Gerberstraße etablieren, wo die LWB gerade einen großen Block saniert hat. Dort möchte die LWB die Appartments auch an Auszubildende vermieten, aber eben kein Wohnheim schaffen.

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Wir finden das bedauerlich, denn der Zuschnitt der kleinen Wohnungen wäre geradezu prädestiniert gewesen und es wäre eine schnelle Lösung gewesen.

Leider hat die Verwaltung viel zu spät den Bedarf erkannt und scheint sich erst seit unserem Antrag mit dem Thema Azubi-Wohnen zu beschäftigen und das, obwohl seit März das Bundesförderprogramm „Junges Wohnen“, das auch Azubi-Wohnen fördern soll, vorliegt. Im Freistaat wurden diese Mittel ausschließlich für Studierenden-Wohnen verwendet, auch weil Leipzig bisher keinen Bedarf angemeldet hat. Der Verwaltungsstandpunkt zeigt uns, dass man erst jetzt mit der Datenerhebung beginnt, obwohl fehlender Wohnraum für Auszubildende, gerade auch für Unternehmen, ein großes Problem darstellt und Stellen deswegen nicht besetzt werden können. Das schwächt den Wirtschaftsstandort Leipzig. Städte wie München oder Hamburg haben deshalb, analog zu den Studierendenwerken, auch Azubiwerke geschaffen. Dies sollten wir ebenfalls prüfen. Alles mit dem Ziel: Bezahlbares Wohnen für Auszubildende.

Zudem wissen wir, dass auch Kammern, Unternehmen und Gewerkschaften an dem Thema Azubi-Wohnen arbeiten, wie die Briefe zeigen, die Sie sicher auch bekommen haben. Wir wollen daher, dass Sie in die Konzeptionen eingebunden werden. Das wird wieder länger dauern und deshalb setzen wir hierfür klare Fristen.

Ein Punkt, der uns neben der Azubi-Wohnen wichtig war, ist das Thema Gewährleistungswohnungen, von denen dringend weitere benötigt werden und die auch schon in unserem Ursprungsantrag einen Platz hatten. Hier haben wir auf den VSP zurückgegriffen, den wir allerdings so geändert haben, dass das Ganze etwas mehr Verbindlichkeit bekommt, denn prüfen kann man vieles und das auch ganz lange, aber wir wollen in der Sache tatsächlich vorankommen. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserer neuesten Neufassung, die auch die Änderungen der Linken aufgenommen hat, um etwas Zeit bei der Abstimmung zu sparen.

Gemeinsam mit der Fraktion Die Linke

Beschlussvorschlag:

Die Neufassung ersetzt als gemeinsame Neufassung der Fraktionen von SPD und Die Linke die Anträge VII-A-08956-NF-03 (SPD-Fraktion) und VII-A-09095-NF-02 (Fraktion Die Linke).

Diese Neufassung ist eine Übernahme des Verwaltungsstandpunktes mit Änderungen (Ergänzungen sind fett gedruckt, Löschungen durchgestrichen).
 

  1.           Die Stadt Leipzig prüft  zum Ende des 3. Quartals 2024 die Einrichtung eines Auszubildendenwohnheims unter folgenden Bedingungen:
  • ein Wohnraumbedarf lässt sich strukturell ermitteln
  • der Bau/der Erwerb/die Einrichtung wird wesentlich ko-finanziert aus Mitteln des Bundes und dem Freistaat Sachsen. Ziel ist es, Fördermittel aus dem Bund-Länder-Programm „Junges Wohnen“ zu akquirieren.
  • die Kosten für den Betrieb und die sozialpädagogische Betreuung übernimmt der Freistaat Sachsen.
  1.           Dafür veranlasst die Stadt Leipzig:
  1.                    eine Bedarfsanalyse (Ergebnisse 2024 Q2),
     
  2.                    prüft in enger Zusammenarbeit unter anderem mit der LWB und Partnerinnen und Partnern aus der Wirtschaft, wie Kammern, Gewerkschaften, Jugendauszubildendenvertretungen, Unternehmerverbänden sowie weiteren kommunalen Unternehmen und Sozialverbänden die Erstellung eines Umsetzungskonzepts (Entwurf und Vorlage für Ratsversammlung und zuständige Ausschüsse 2024 Q3). In diesem Zusammenhang wird die Einrichtung eines Azubiwerkes, vergleichbar denen in München oder Hamburg, gepüft. Dieses Azubiwerk soll dazu beitragen die Lebens-, Ausbildungs- und Wohnbedingungen Auszubildender in der Stadt dauerhaft zu verbessern (Prüfergebnis 2024 Q3).
     
  3.                     Im Rahmen des Umsetzungskonzepts wird unter anderem die Notwendigkeit und der Umfang der sozialpädagogischen Betreuung ebenso erfasst, wie die Finanzierung des gesamten Betriebs. Zielstellung soll die Übernahme der der Kosten durch den Freistaat sein. Darüber hinaus sind auch Modelle anzustreben, bei denen sich Unternehmen an die Kosten beteiligen.
    Das Konzept soll Aussagen zu möglichen Standorten, zur Beschaffenheit der Zimmer (Einzelzimmer, WG, Gemeinschaftsräume), zu bezahlbaren Mieten, zu transparenten Zugangskriterien, zum Umgang mit sozialen Härten sowie zu für Leipzig wichtige Ausbildungsbereiche, -berufe und -betriebe berücksichtigen und Vorschläge zu einem Konzept mit der Prämisse “ Begleiten während der Ausbildung, statt Betreuen“ enthalten.
  1.           Der Oberbürgermeister setzt sich gegenüber Bundesregierung und der Staatsregierung dafür ein, dass das Bund-Länder-Programm „Junges Wohnen“ fortgesetzt und auch für Auszubildende eingesetzt wird.
  1.           Der Oberbürgermeister prüft bis Ende des 2. Quartals 2024 in Abstimmung mit der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH („LWB“), ob und wo bis wann und in welcher Größenordnung dem Sozialamt weitere Gewährleistungswohnungen zur Verfügung gestellt werden können. Das Ergebnis wird dem Fachausschuss Soziales, Gesundheit und Vielfalt vorgestellt.

Beschlussvorschlag:

  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, dem Stadtrat bis 31.03.2024 einen Vorschlag unterbreiten, wie das Internat Hüfferstraße als Standort zur Unterbringung für die Auszubildenden der Gutenbergschule (Berufliches Schulzentrum der Stadt Leipzig) langfristig (ab 2027) gesichert werden kann. 
  2. Dabei soll auch geprüft werden, ob durch Umbau- und Sanierungsmaßnahmen die Aufnahmekapazitäten des Standortes vergrößert werden können.

Begründung:

Seit Mitte der 1990er Jahre wird das Internat Hüfferstraße als Standort für die Gutenbergschule genutzt. Der derzeitige Pachtvertrag läuft zum 31.12.2026 aus. 

Der Standort muss dringend gesichert werden, da dieses Internat mindestens 120 Auszubildende der Gutenberg-Berufsschule (Berufliches Schulzentrum der Stadt Leipzig für Buch, Büro, Druck, Medien, Sprache und Kunst) beherbergt. Bei dem vorherrschenden Mangel an ausreichenden Unterbringungsangeboten für Auszubildende müssen bestehende Angebote gesichert und ggf. ausgebaut werden.

Beschlussvorschlag:

Änderungen in der Neufassung sind fett und kursiv gedruckt.

  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Kriterien für Konzeptvergaben um Junges Wohnen für Studierende und Auszubildende zu ergänzen. Eine entsprechende Vorlage wird dem Stadtrat im 2. Quartal 2024 zur Beschlussfassung vorgelegt.
  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, mit der Universität Leipzig, dem Studentenwerk Leipzig und den anderen Leipziger Hochschulen sowie den Kammern in Kontakt zu treten, um Junges Wohnen für Studierende und Auszubildende bzw. Wohnraum als innovative Selbstbauprojekte in Betracht zu ziehen und zu fördern.
  1. Im Rahmen eines Pilotprojektes soll ein Konzeptvergabeverfahren unter Beteiligung der Hochschulen und des Studentenwerks Leipzig erfolgen, um damit Flächen oder Gebäude für Junges Wohnen bereitzustellen und zu testen, wie dieses Angebot angenommen wird.
  1. Der Betrieb und die Vermietung dieses Wohnraums sollen von geeigneten Partnern, wie beispielsweise dem Studentenwerk bzw. studentischen Organisationen oder Einrichtungen der berufsständischen Selbstverwaltung, übernommen werden.

Begründung:

Leipzig wächst und hat viel zu bieten! Jährlich wird die Anzahl der Studienplätze an Leipziger Universität und  Hochschulen erhöht (40 556 Studenten; Stand/2022/23). Das bedeutet natürlich, dass sehr viele Studenten nicht nur aus Leipzig kommen, sondern auch aus anderen Regionen Deutschlands und International. Hinzu kommt, dass neben der akademischen Ausbildung auch junge Menschen von außerhalb Leipzigs hier eine Ausbildung im Handwerk, im Handel oder in der Industrie beginnen und auch für sie bezahlbarer Wohnraum knapp ist.

Die Wohnungssuche dieser jungen Menschen spiegelt sich in regelmäßiger Wiederkehr zum Semester- und Ausbildungsbeginn in verzweifelten Suchen nach Wohnraum oder „nur einem Bett“ in allen möglichen Foren wider. Es ist nicht akzeptabel, dass junge Menschen in Leipzig lediglich einen Schlafplatz mit vielen anderen in einem Zimmer „ergattern“ können, weil alle anderen Kapazitäten bereits erschöpft sind.

Hier muss Abhilfe geschaffen werden! Konzeptvergaben von städtischen Liegenschaften können helfen, eine Lücke zu schließen. Die Studierenden sowie die Hochschulen und das Leipziger Studentenwerk sollen genauso wie die Auszubildenden und die Kammern bei der Entwicklung tragfähiger Wohnkonzepte mitgestalten können, um sich dann an Vergabeverfahren zu beteiligen und bei Erfolg neuen, innovativen oder gar experimentellen Wohnraum in Eigenregie schaffen zu können. Wir versprechen uns davon einerseits zusätzlichen Wohnraum für junge Menschen, die in Leipzig ein Studium oder eine Ausbildung aufnehmen, sowie andererseits auch eine neue Form des Mitgestaltens des Lebens in unserer Stadt sowie innovative Wohnformen in einer wachsenden Großstadt, die es möglich machen, verschiedene Ansätze der Stadtgestaltung oder der Gestaltung von Wohnraum und Wohnumfeld in der Praxis umzusetzen. Bauen und Wohnen erhalten dadurch einen integrativen Ansatz.

Betrieb und Unterhaltung sollen, um die Mieten auch auf Dauer im bezahlbaren Bereich zu halten, von geeigneten Partnern, wie bspw. dem Studentenwerk oder, mit Blick auf Auszubildende, Einrichtungen aus dem Umfeld der Kammern, übernommen werden.

Beschlussvorschlag:

  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, mit der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH zu verhandeln, in der Gerberstraße 14/16 30 Prozent der Wohnungen für die Unterbringung von Auszubildenden zu nutzen. Die Betreuung ist durch einen geeigneten Partner oder die LWB selbst sicherzustellen.
     
  2. Zudem werden weitere 20 Prozent der Wohnungen im Objekt Gerberstraße 14/16 dem Sozialamt, über die bisher auf der Basis von Kooperationsverträgen oder Stadtratsbeschlüssen hinaus zugesicherte Anzahl von Wohnungen, als Gewährleistungswohnungen zur Verfügung gestellt.
     
  3.  Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den Bedarf an Wohnheimplätzen für Auszubildende gegenüber der Staatsregierung des Freistaates Sachsen darzulegen, um eine Förderung des sozialen Wohnungsbaus im Bund-Länder-Programm „Junges Wohnen“ zu erreichen.
     
  4. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, sich gegenüber Bundesregierung und Staatsregierung sowie innerhalb des Deutschen Städtetages und Sächsischen Städte- und Gemeindetages dafür einzusetzen, dass das Bund-Länder-Programm „Junges Wohnen“ fortgesetzt wird.

Begründung:

Die Neufassung ergänzt den Ursprungsantrag um die Beschlusspunkte 3 und 4 (u.a. Bund-Länder-Programm „Junges Wohnen“).

In Leipzig gibt es mehrere Wohnheime für Studierende, jedoch keine für Auszubildende.  Insbesondere Auszubildenden von außerhalb Leipzigs oder aus dem Ausland soll damit ein schnelles Ankommen ermöglicht werden. Auszubildende aus Drittstatten bekommen zum Beispiel ohne Wohnung kein Visum.

Zuletzt schickte der SEB deshalb einen Hilferuf an seine Mitarbeitenden bei der Suche nach zwei Wohnungen für zwei Auszubildende für die Pflege zu unterstützen. Auch andere Unternehmen, z.B. der Pflegebranche, werden vor ähnlichen Situationen stehen. Unternehmen in Leipzig sind zunehmend auf Fachkräfte aus dem In- und Ausland angewiesen. Eine Unterbringungsmöglichkeit, in der die Auszubildenden insbesondere für die ersten Monate einen Platz finden, um in Leipzig anzukommen und sich dann in Ruhe um eine eigene Wohnung zu suchen, ist daher dringend notwendig. Vergleichbar wie in Wohnheimen für Studierende wird mit den Nutzenden ein Mietvertrag geschlossen.

Die LWB Objekte in der Gerberstraße würden sich besonders für ein Wohnheim für auszubildende eignen, da es sich vorrangig um Mikroapartments mit etwa 30 bis 40 m² Wohnraum handelt. Insgesamt entstehen dort 274 Wohnungen.

Das Sozialamt benötigt regelmäßig Wohnungen für Menschen, die auf dem Wohnungsmarkt keine oder nur sehr schwer eigene Wohnungen finden. Diese Personen sind dadurch unter Umständen von Wohnungslosigkeit bedroht. Zuletzt ist der Bedarf an Gewährleistungswohnungen gestiegen bei gleichzeitigem Rückgang des vorhandenen Wohnraums.

Bund und Länder haben in der Zwischenzeit die „Verwaltungsvereinbarung  über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes für  studentisches Wohnen und das Wohnen für Auszubildende als Teilbereich des sozialen Wohnungsbaus  im Programmjahr 2023“ (VV Junges Wohnen 2023) unterzeichnet. Damit stehen zusätzlich 500 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau für junge Menschen, insbesondere Studierende und Auszubildende, bereit. Nach derzeitiger Erkenntnis sollen diese Mittel in Sachsen prioritär für Studierendenwohnheime eingesetzt werden, da der Staatsregierung keine Bedarfe im Bereich des Azubi-Wohnens bekannt sind. Der Oberbürgermeister wird daher beauftragt, den bestehenden Bedarf an (betreuten) Wohnheimplätzen für Auszubildende gegenüber der Staatsregierung, insbesondere dem Staatsministerium für Regionalentwicklung, dem Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und dem Staatsministerium für Kultus, darzulegen und auf diesem Weg um Förderung des sozialen Wohnungsbaus mittels des Bund-Länder-Programms „Junges Wohnen“ zu bitten.

Da das Bund-Länder-Programm „Junges Wohnen“ zeitlich befristet ist, gilt es zudem, um Fortsetzung zu werben. Mit Blick auf die sächsischen Bedarfe sollte auch über den Sächsischen Städte- und Gemeindetag (SSG) in Kooperation mit dem Sächsischen Landkreistag ein Austausch und sachsenweite Bedarfsermittlung erfolgen.