Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Redner: Professor Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

den Überlegungen, für Leipzig den Klimanotstand auszurufen, möchte ich mit einer Parallele aus der medizinischen Wissenschaft begegnen, dem Therapienotstand.

Berufsbedingt und als Wissenschaftler spricht man in der Medizin von einem Therapienotstand, wenn mit Blick auf die Gesundheit eines Patienten ernsthaft und akut Gefahr in Verzug ist, Behandlungsmethoden oder wirksame Medikamente zur Behandlung jedoch nicht zugelassen sind.

Wenn wir in Leipzig jetzt den Klimanotstand ausrufen, dann bringen wir damit zum Ausdruck, dass für die Bürger unserer Stadt eine Gefahr besteht, die durch schon bestehende Handlungsoptionen nicht abgewendet werden kann.

Das ist so nicht richtig, meine Damen und Herren, und deshalb hat sich die Mehrheit der SPD-Fraktion auch gegen die Ausrufung eben eines solchen „Klimanotstandes“ ausgesprochen.

Es liegt nämlich zuerst in unserer Hand als Stadträtinnen und Stadträte, Maßnahmen anzuregen, zu fordern und zu beschließen. Wir müssen das aber nicht vor dem Hintergrund der angstmachenden Kulisse eines Ausnahmezustands tun.

Wir brauchen keine höchst medienwirksame, schrille Ausrufung einer Notstandsverordnung – einer Notstandsverordnung übrigens, die, folgt man den Antragsstellern, wenigstens bis 2050 andauern würde –, sondern Bereitschaft zum kontinuierlichen und umweltbewussten Handeln. Daran werden wir als politische Gestalter, wie wir hier zusammensitzen, gemessen.

Wir müssen uns klar machen, was es heißt, einen Notstand auszurufen – welche Situation ihn begründet, welche Konsequenzen er für unsere Stadt, auch sozial und ökonomisch, hat.

Vielleicht erinnern sich einige von Ihnen noch daran, wie es Ende der 1980er-Jahre hier in Leipzig aussah. Ich kam damals in diese Stadt und ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie dicker weißer Chemieteppich auf der Elster schwappte, Smog das Atmen erschwerte, die Luftverpestung trüb und schwer auf der Stadt lag.

Davon sind wir glücklicherweise heute weit entfernt.

Lassen Sie uns deshalb in der Klima-Diskussion gelassen bleiben und kontinuierlich als Rat für das ökologische Bewusstsein in unserer Stadt arbeiten, ohne dabei soziale und wirtschaftliche Interessen zu vergessen oder gar gegeneinander auszuspielen.

Vergessen sollten wir nur eines: Hysterie!

Sie löst keine Probleme, sondern schafft nur neue.

Ohne Not einen „Notstand“ ausrufen, heißt nichts anderes, als im echten Notfall politisch ziemlich nackt dazustehen.

Vielen Dank!

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

mit dem vorliegendem Antrag des Jugendparlaments, der insbesondere durch den Verwaltungsstandpunkt, aber auch durch einige Änderungsanträge eine deutliche Qualifizierung erfahren hat und zu einem inhaltlichen Antrag geworden ist, diskutieren wir eine der global gesehen großen Herausforderung. Wir handeln hier und heute getreu dem Motto: „Think global, act local“.

„Fridays for future“ hat das geschafft, was kaum eine andere soziale Bewegung der letzten Jahre so schnell vermocht hat. Die Bewegung hat Millionen Menschen allein in Deutschland für den Schutz von Umwelt, Klima und Artenvielfalt bewegt. Das Engagement hat schon heute Entscheidendes bewirkt und der Klimapolitik einen gewaltigen Schub gegeben.

Meine Kinder haben von sich aus entschieden, an der großen Demonstration am 20. September teilzunehmen. Ich bin dankbar, dass sie das, ohne Repressalien befürchten zu müssen und ohne Angst, tun konnten. Dies war vor 30 Jahren anders. Die Friedliche Revolution hatte ihren Ursprung unter anderem in der Umweltbewegung. Das spiegelt sich beispielsweise auch im Gründungsaufruf meiner Partei – der SDP – aus dem Juli 1989 wieder, worin als eines der Ziele eine ökologisch orientierte soziale Demokratie formuliert wurde. Für mich gilt das auch heute noch und ich bin froh, dass wir nun leidenschaftlich über Klimaschutz diskutieren.

Der kurze Rückblick auf 1989 ist mir wichtig, denn im Gegensatz zum Gründer von „Extinction Rebellion“, Roger Hallam, der gesagt hat, der Klimawandel sei Größer als Demokratie, bin der Überzeugung, dass es uns nur in demokratischen Gesellschaften gelingen wird, die richtigen Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit zu finden, von denen der Klimawandel neben Kriegen, Armut und Hunger eine der großen ist.

Auf Demonstrationen, wie denen von „Fridays for future“ wird zugespitzt und das muss so sein. Doch gehört Zuspitzung durch Worte, die trennen statt vereinen, nicht in Parlamente oder Stadt- und Gemeinderäte. Die SPD Fraktion hat sich nach langer Diskussion dazu entschieden, bei diesem Thema auch bei Worten darauf zu achten zu vereinen, statt zu trennen. Denn es besteht die Gefahr, dass wir die Möglichkeiten der Demokratie kleinreden, je größer, apokalyptischer wir die Herausforderung beschreiben. Wir hätten jetzt über den Begriff Klimanotstand hinwegsehen und sagen können, das ist doch nur ein Wort. Der Begriff „Klimanotstand“ trennt jedoch, er schürt Ängste und das macht es schwer, viele Menschen mitzunehmen. Obwohl wir alle von den bevorstehenden Veränderungen betroffen sein werden.

Der Begriff des Notstandes ist auch inhaltlich falsch: Notstand im verfassungsrechtlichen Sinne ist eine gefährliche Situation, die durch schnelles Handeln bereinigt werden muss. Doch können wir diese Situation schnell durch Handeln lösen? Ich meine: Nein. Ein Notstand, der Regierungen auch Befugnisse über das Normale hinaus gibt, ist auch etwas, dass wieder beendet werden kann und muss, wenn die gefährliche Situation vorbei ist. Sandsäcke werden nach einem Hochwasser wieder weggeräumt, aber bei Klimaschutzmaßnahmen wäre das unabgebracht bzw. falsch, denn die müssen wir verstetigen oder sogar verstärken, um langfristig Erfolge erzielen zu können.

Wir brauchen Begrifflichkeiten, die nicht als Vorbote der Apokalypse interpretiert werden. Der Begriff des Notstands, der ultima ratio, beim dem eigentlich keine Abwägung mehr stattfinden darf, soziale gegen ökologische Interessen ausgespielt werden müssten, ist dafür ungeeignet.

Wir müssen gemeinsam um die besten Lösungen ringen, leidenschaftlich und entschieden, aber eben auch mit Dialogbereitschaft. Es gibt Regionen oder Berufe, die von dem Strukturwandel besonders betroffen sind, und Menschen die sich um ihre Arbeitsplätze Sorgen machen. Wir dürfen über diese Sorgen auch nicht einfach überheblich hinwegsehen. Wir müssen verhindert, dass das Thema Klimaschutz unsere Gesellschaft weiter spaltet. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dazu gesagt: „Es muss gelingen, dass aus Umwelt- und Klimaschutz keine polarisierende Identitätspolitik wird, keine Spaltung zwischen den Arbeitnehmern der Autoindustrie und den Blockierern von Straßen, zwischen Landwirten und Naturschützern, zwischen denen, die es sich leisten können, und denen, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen.“ Wir brauchen den Dialog und entschiedene Maßnahmen auch beim Klimaschutz.

Wir haben in Leipzig gute Grundlagen, um uns verstärkt den Herausforderungen des Klimawandels zu stellen. Leipzig wurde bereits vor zwei Jahren mit dem European Energy Award in Gold ausgezeichnet. 2014 haben wir ein ambitioniertes Klimaschutzprogramm verabschiedet, das u.a. vorsieht, dass 2020 kommunale Gebäude nur noch mit Strom aus regenerativen Quellen versorgt werden und das Klimaneutralität bis 2050 herstellen soll. Wir haben das Nachhaltigkeitsszenario 2030 für Mobilität beschlossen und setzen damit auf eine Stärkung des ÖPNV, des Rad- und Fußverkehrs. Wir haben den Ausstieg aus der durch Braunkohle erzeugten Fernwärme auf den Weg gebracht und das sage ich ganz unabhängig vom nächsten Tagesordnungspunkt.

Lassen sie uns hier intensiv weiterarbeiten und uns die Fortschreibung des Klimaschutzprogramms mit konkreten Maßnahmen, die kurz-, mittel- und langfristig greifen auf den Weg bringen. Wir wollen ein Klimaschutzprogramm, das um Maßnahmen zur Klimaanpassung ergänzt wird, denn das Klima wird sich wandeln, wie stark liegt zum Teil auch in unserer Hand. Lassen Sie uns hier die konkrete sektorenübergreifende Maßnahmenplanung auf den Weg bringen. Dazu gehört auch mehr Grün in der Stadt.

Letztendlich werden nur die konkreten Maßnahmen zeigen, ob der vorliegende Antrag in seinen verschiedenen Ausprägungen das Papier bzw. die PDF-Wert ist.

Redner: Ute Köhler-Siegel

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

ein Schulentwicklungsplan stellt vor, wie sich die Entwicklung der Schullandschaft in den nächsten Jahren gestalten soll. Insgesamt hat Leipzig viel zu tun: 21.000 Schüler mehr als heute werden laut Prognosen in 10 Jahren an den Leipziger Schulen lernen.

Leipzig muss bauen. In den monatlichen Sachstandsberichten zur Umsetzung von Schulbaumaßnahem erhalten wir Berichte über den Bau an 3 Förderschulen, 48 Grundschulen, 21 Gymnasien, 25 Oberschulen und 18 Sporthallen.

An den dort aufgeführten Bildungsstätten wird saniert, umgebaut, erweitert oder an vielen Stellen auch neu gebaut.

Das ist gut und es geht auch voran, aber bis zur wirklichen Fertigstellung der ganzen Schulen bleibt es eng, sehr eng.

In den Stellungnahmen der Schulen wird genau dieser Fakt und die Auswirkungen auf die Infrastruktur beschrieben. Es fehlt an Sporthallenkapazitäten, die Mensen sind zu klein, Fachkabinette müssen mit viel Kreativität genutzt werden, die Schulhöfe werden enger, die Schüler haben zum Teil weite Schulwege, und, und, und …

Daran wird auch dieser Schulentwicklungsplan nichts ändern. In den nächsten Jahren bleibt es die Aufgabe der Verwaltung, gemeinsam mit den Stadträten, den Eltern-und Schülervertretungen und den Schulen die Überbelegungen zu managen.

Wir werden uns viele Gedanken darüber machen müssen, wie die Schülerströme gelenkt werden und an den Schulen einigermaßen ordentliche Lern- und Arbeitsbedingungen geschaffen werden können.
Die Fachpolitiker für Schulfragen haben sich daher intensiv mit den Stellungnahmen der Schulkonferenzen beschäftigt. Einige Hinweise wurden bereits in die Neufassung des SEP eingearbeitet, wie einige Änderungen zu den Schulbezirken. Für andere Themen arbeiten wir noch an Lösungen, hier sind vor allem die vielen Hinweise zu den Mensen und Sporthallen zu nennen.
Die Bevölkerungsentwicklung muss weiter beobachtet werden, deshalb muss der SEP ständig evaluiert und angepasst werden. Die Veränderungen im Schulgesetz führten zur Berücksichtigung von Schülern, die integrativ und inklusiv beschult werden. Die Umsetzung hat Auswirkungen auf die Schülerzahlen in den Eingangsklassen. Hier müssen Standortgenau die Entwicklungen beobachtet werden.

Der SER fordert in einem Brief die Überarbeitung des Planes nach 2 Jahren. Das ist, so die Meinung meiner Fraktion, nach jetziger Sicht nicht nötig. So einen Plan zu erstellen, braucht ca eineinhalb bis 2 Jahre und bindet viele Kapazitäten. Eine Überarbeitung ist auf jeden Fall notwendig, wenn sich das Schulgesetz ändert, beispielsweise bei der Einführung von Gemeinschaftsschulen oder wenn der Stadtrat die Notwendigkeit sieht, den Plan anpassen zu müssen.

Eine Entwicklung hat die Planer schon jetzt eingeholt. Im SEP gab es im Bereich der Förderschulen keine Anpassungen. Zunehmend mehr Kinder können inklusiv beschult werden. Das betrifft vor allem die Kinder mit den Förderschwerpunkten sozial-emotionale Entwicklung und Lernen.

Die Nachfrage nach Plätzen für Kinder mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung hat sich für das nächste Schuljahr deutlich und unerwartet erhöht. Es muss ein Interimsstandort eröffnet werden. Diese Schüler stehen unter besonderem Schutz der Gesellschaft und brauchen ein stabiles Lernumfeld. An dieser Stelle wollen wir keine längerfristigen Interimslösungen. Daher stellt die SPD-Fraktion den Antrag, den angedachten Bau einer Förderschule vorzuziehen. Der Planungsbeschluss muss schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden.

Zum ÄA der Linksfraktion:
Vor fast genau einem Jahr haben wir das Maßnahmenpaket zur Erweiterung der Schulkapazitäten beschlossen, genau dieser Rat, der heute hier sitzt. Nun fällt es der Linksfraktion ein, den Anbau an der Taro-Schule zu canceln, nach einem Jahr und Fertigstellung der Leistungsphase 3. Ja, die Schule wird groß. Ja, das ist nicht schön. Ja, das ist eine große Herausforderung für die Lehrer, Schüler und Eltern.
Stoppen wir jetzt den Anbau, dann fehlen die Schulplätze. Es ist absolut illusorisch zu denken, dass ein anderes Schulbauvorhaben schneller fertig wird. Stoppen wir das Vorhaben, werden die Überbelegungen an anderen Schulen noch größer und die Schüler müssen weitere Wege auf sich nehmen. Das Taro-Gymnasium steht auf einem der vorderen Plätze bei den Schulanmeldungen. Außerdem hat die Schule auch schon ein interessantes Konzept zur Nutzung des Anbaus entwickelt.
Meine Fraktion vertritt die Auffassung, dass die Bedingungen an die Infrastruktur der Schule umgehend den erhöhten Schülerzahlen angepasst werden müssen. Die Erweiterung der Mensa ist kein Problem, die Sporthalle wohl, aber eine Lösung ist in Sicht. Zusätzliche Fahrradabstellplätze sind zu schaffen und die Anbindung an den ÖPNV wird angepasst. Das Ganze nicht mit sollte, müsste, könnte- nein diese Rahmenbedingungen müssen sein. Und in ein paar Jahren, wenn die ganzen vielen Schulen stehen, dann kann sich der Stadtrat damit befassen, den Erweiterungsbau einer anderen Nutzung zuzuführen.
Bitte lehnen Sie diesen ÄA ab, die Plätze werden gebraucht und es sind schon viele Mittel in die Planungsleistungen geflossen.
Vielen Dank!

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

um es vorweg zu nehmen, die SPD steht ganz klar zum Beschluss zur Einführung von sozialen Erhaltungssatzungen für die im Herbst definierten Gebiete, also Teile von Zentrum-West und Zentrum-Nordwest, von Neustadt-Neuschönefeld, Volkmarsdorf, Anger-Crottendorf, Sellerhausen-Stünz, Reudnitz-Thonberg und Stötteritz, Teile von Plagwitz, Kleinzschocher, Lindenau, Altlindenau, Neulindenau, Leutzsch und Schleußig, von Gohlis-Süd und Eutritzsch sowie Teile von Connewitz.

Für uns steht außer Frage: Erhaltungssatzungen sind ein Baustein, um bezahlbaren Wohnraum in unserer Stadt sichern zu können. Erhaltungssatzungen schaffen aber keinen neuen Wohnraum, sondern verhindern lediglich eine deutliche Verteuerung bestehender Wohnungen. Ohne Neubau und hier vor allem ohne sozialen Wohnungsbau werden wir nicht vorankommen. Weitere Maßnahmen, die wir für notwendig halten, um die Situation am Mietwohnungsmarkt zu entspannen sind u.a. auch ein Zweckentfremdungsverbot, eine funktionierende Mietpreisbremse, Kappungsgrenzen und ganz besonders eine starke LWB. Erhaltungssatzungen können nur ein Baustein in einer Mauer sein.

Wir müssen zu den verschiedenen Maßnahmen greifen, da sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt in Leipzig in den letzten Jahren verschärft hat und weiter verschärft. Das wir bereit sind zu handeln, haben wir in der Vergangenheit gezeigt: Zu nennen sind Beschlüsse zur Einführung der kooperativen Baulandentwicklung, die Fortschreibung und Anpassung des wohnungspolitischen Konzepts an die aktuellen Gegebenheiten, der Beschluss zu Instrumenten und Maßnahmen zur Umsetzung des wohnungspolitischen Konzepts oder das Votum des Stadtrates zu Zweckentfremdungsverboten.

Dennoch, die vorliegenden Anträge und die Diskussion darum sind ein Beispiel schlechter Kommunalpolitik und das in vielerlei Hinsicht.

Da ist zunächst die Stadtverwaltung, insbesondere ihr Dezernat von Frau Dubrau. Beim Beschluss der sozialen Erhaltungsgebiete im Herbst 2018 hier im Rat haben Sie, Frau Dubrau, versprochen, dass die Satzungsbeschlüsse zu den sozialen Erhaltungsgebieten vor der Sommerpause kommen. Sie sind, wie wir sehen, nicht da.

Die Folge: Die Linke witterte ihre Chance auf ein Wahlkampfthema, egal ob man damit Eigentümer, die tatsächlich Luxussanierungen vorhaben, noch mal mit der Nase auf das Thema stupst. Der Antrag sollte, wie zu erwarten war, vor der Wahl durchgepeitscht werden. Einen Tag vor der Entscheidung im Stadtrat taucht ein Verwaltungsstandpunkt mit Behauptungen auf, die sich durch einen ehrenamtlichen Stadtrat auch binnen Wochenfrist nicht klären lassen, da das Thema zumindest für die Stadt Leipzig und damit für die Verwaltung neu ist. Es kommt zur Vertagung, bei der die Linke in dem Fall den Grünen unterstellt, sie würde nur Gründe suchen, um die Satzungen im Oktober abzulehnen. Wahlkampf aus eher unteren Schubladen.

Uns hat der eine Monat geholfen, denn dadurch konnten wir uns mit dem Verwaltungsstandpunkt  intensiv auseinandersetzen. Leider ist der Verwaltungsstandpunkt fehlerhaft und schürt Ängste, die es nicht gibt bzw. nicht geben müsste, wenn Sie, Frau Dubrau, in ihrem Dezernat ihre Hausaufgaben gemacht hätten, trotz oder gerade weil sich die Angelegenheit verzögerte. Wir erkennen mit unseren Änderungsantrag an, dass die Stadtverwaltung Leipzig Neuland betritt und es ohne Erfahrung wie in Berlin für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schwierig ist, zu entscheiden, welcher Bauantrag wird aufgeschoben, welcher kann problemlos genehmigt werden. An dieser Stelle ist ihr Verwaltungsstandpunkt falsch oder es wird bewusst gelogen, denn es ist mitnichten so, dass es geschoben werden muss und eine Prozesslawine drohe. Um es Ihnen einfacher zu machen, haben wir Ihnen in unserem Änderungsantrag die Kriterien, die wir aus anderen Erhaltungssatzungen entnommen haben, aufgeschrieben. Auf dieser Grundlage kann die Stadtverwaltung, dann Bauanträge, die in den nächsten 3 ½ Monaten für die entsprechenden Gebiete eingehen, im Einzelfall prüfen. Kriterien sind zum Beispiel der Einbau eines zweiten Bads, der Anbau von Balkonen, der Bau von Stellplatzanlagen, die zu den Wohnungen gehören, oder die Umnutzung von Wohnungen in Gewerberäume. Warum diese Kriterien? Wir wollen schlicht verhindern, dass Maßnahmen, die keine Luxussanierungen sind, sondern beispielsweise dem Erhalt von Wohnhäusern dienen, pauschal zurückgestellt werden, bis Erhaltungssatzungen in Kraft getreten sind. Das könnte durchaus passieren, da die Verwaltung keine Erfahrung mit Erhaltungssatzungen hat und es im Dezernat versäumt wurde, die Mitarbeiter entsprechend zu schulen. Das pauschale Zurückstellen würde niemandem helfen.

Dessen ungeachtet sind wir für Einführung von sozialen Erhaltungssatzungen mit genauen Gebietsabgrenzungen und fordern eine entsprechende Beschlussfassung im Oktober dieses Jahres, Frau Dubrau.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

Den zugehörigen Antrag finden Sie hier.

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

im November 2018, also um den 80. Jahrestag der Novemberpogrome, als auch in Leipzig jüdische Geschäfte geplündert wurden und Synagogen brannten, wurde diese Antrag eingereicht. Heute, wo der Antrag nun zur Beschlussfassung vorliegt, finden zeitgleich die jüdischen Wochen in Leipzig statt. Sie zeigen, dass nach der fast vollständigen Vernichtung bzw. der Vertreibung der Leipziger Jüdinnen und Juden während des Dritten Reichs, in Leipzig wieder jüdisches Leben seinen Platz hat. Mit dem Beschluss des Antrags können wir ein kleines, aber wichtiges Signal senden.

Ich möchte kurz privat werden, was auch ein Punkt ist, warum mir das Thema so wichtig ist: Vor mittlerweile etwas mehr als 10 Jahren habe ich meine Frau geheiratet. Mütterlicherseits eine jüdische Familie. Ich gebe zu, ich hatte damals großen Respekt bzw. etwas Angst vor dem ersten Treffen mit der Familie, insbesondere weil ihr Opa, damals Mitte 90 Jahre, den zweiten Weltkrieg noch er lebte und damals als Feuerwehrmann in London arbeitete. Ich wusste nicht, wie er auf einen „Kraut“, einen Deutschen, reagieren würde. Ich wurde offen in der Familie empfangen, worüber ich sehr dankbar bin, selbstverständlich ist das für mich nicht. Auch wenn ich weiß, dass ich keine Verantwortung für die Nazidiktatur trage, so trage ich doch auch eine Verantwortung dafür, dass sich so etwas nicht wiederholt. Ein Bestandteil, dass es sich nicht wiederholt, ist unsere Erinnerungskultur.

Ich möchte mich an die Vertreter der AfD hier im Stadtrat wenden, die bereits kritisiert haben, dass sie nicht als Mitantragsteller eingeladen wurden. Wenn sie zur Eröffnung der jüdischen Wochen anwesend gewesen wären, müsste ich ihnen das heute nicht noch einmal sagen: Ihr Parteivorsitzender bezeichnet die NS-Zeit mit Millionen von Toten, darunter sechs Millionen vernichtete Jüdinnen und Juden als „Vogelschiss in der Geschichte“. Der Thüringer AfD-Co-Vorsitzende Höcke sagte, ich zitiere:  „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Und ergänzt: „Und diese dämliche Bewältigungspolitik, die lähmt uns heute noch viel mehr als zu Franz Josef Strauß‘ Zeiten. Wir brauchen nichts anderes als eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad.“

Der vorliegende Antrag ist eine Fortsetzung und Stärkung unserer demokratischen Erinnerungskultur, die Sie abschaffen wollen. Mit Verlaub, Sie haben auf einem solchen Antrag mit solchen Äußerungen nichts zu suchen. Felix Klein der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung sagt dazu: „Wenn Erinnerungspolitik angegriffen und Gedenkstätten in Frage gestellt würden, führe das zu einer Atmosphäre, in der antisemitische Theorien aufblühen. Schuldabwehrmechanismen werden begünstigt. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass dann antisemitisch gehetzt wird.“‘

Wenn es um Diskriminierung geht, sind Rechtsradikale und Nazis immer ganz vorne mit dabei, so ist es auch nicht verwunderlich, dass die mit Abstand meisten antisemitischen Vorfälle rechtsmotiviert sind. Wer mit offenen Augen durch Leipzig läuft oder fährt, dem sind sicher auch antisemitische Graffitis oder Aufkleber, meist mit Fußballbezug, aufgefallen. Dennoch, und das unterscheidet Antisemitismus von vielen anderen Formen der Diskriminierung, beschränkt er sich nicht auf Neonazis, sondern man findet ihn auch im linken Milieu, in der „Mitte der Gesellschaft“ sowie mit islamischer oder christlicher Konnotation. Antisemitismus ist keine starre Ideologie, sondern leider lebendig und wandelbar. Die ewiggleichen Ressentiments werden immer wieder neu formuliert und an den jeweiligen Zeitgeist angepasst. Anders als bei anderen Formen der Diskriminierung wird mit Überhöhungen gearbeitet. Antisemitische Ressentiments werden unterschwellig bedient, wie zum Beispiel auf der Plattform „Freie Welt“, die Frau von Storch mit ihrem Mann betreibt: Dort kann man Aussagen lesen wie: „Ex-Rothschild-Banker Emmaunal Macron löst Merkel als Hauptmarionette der Finanzglobalisten ab“. Ähnliches findet man über den jüdischen Investor Soros. Damit werden die klassischen Märchen von der jüdischen Weltverschwörung aufgewärmt. Antisemitismus ist dadurch daneben eine Ideologie, die sich auch gegen Nicht-Juden richtet, wie es  auch schon die Nazis  beispielsweise mit den Roma und Sinti gemachten haben. Diese wurden unter dem Vorwand vernichtet Teil der jüdischen Weltverschwörung zu sein. Sie wären, wie man heute in bestimmten Kreisen sagt, Invasoren für den Bevölkerungsaustausch.

Aus diesen Gründen benötigen wir beim Thema Antisemitismus auch für Leipzig einen ganzheitlicheren Ansatz, wie in den Beschlusspunkten eins bis vier des Antrags beschrieben.

Die Antragsteller hat vor einigen Wochen ein Brief erreicht, wir würden mit dem Beschluss zum BDS die Meinungsfreiheit einschränken, um zu verhindern, dass es Kritik an der Regierung in Israel gibt. Dem ist nicht so. Selbstverständlich kann ich, was ich hiermit auch tue, ein solchen Beschluss ohne Wenn und Aber unterstützen, auch wenn ich Netanjahu und seine Koalition nicht mag, ich kann die Siedlungspolitik kritisieren und die Zweistaatenlösung unterstützen, wie in der Neufassung des Antrags geschehen. Bei BDS geht es weder um Nahostpolitik noch um Meinungsfreiheit, es geht um Antisemitismus.

In den USA oder Lateinamerikanischen Ländern gehen BDS-Aktivitäten inzwischen häufig mit Übergriffen einher, öffentlich bekannt geworden sind zum Beispiel die Morddrohungen gegen Spieler der Argentinischen Nationalmannschaft und deren Familien nachdem diese ein Freundschaftsspiel in Isreal durchführen wollten. Richtig ist, dass nicht jeder BDS-Unterstützer Antisemit ist, die einseitige Ausrichtung gegen Israel und die Wirkung von BDS ist es schon. Die Zweistaatenlösung findet man im Aufruf von 2005 mit keinem Wort. Der Schlachtruf „From the river to the sea, Palestine will be free“ ist so formuliert, dass er auf die Auslöschung des jüdischen Staates abzielt. Die Antragsteller fordern daher, dass die Stadt Leipzig sehr genau prüft, wie es verhindert werden kann, dass Antisemiten kommunale Flächen oder Räume nutzen.

Weil wir heute auch den Antrag zum Antiromaismus behandeln, möchte ich auch dazu noch ein paar Worte sagen: Wir sind grundsätzlich für den Antrag und werden ihm in der vorliegenden Neufassung zustimmen. Meine Fraktion hält es für vernünftig durch Aufklärungsarbeit dazu beizutragen, dass Vorurteile gegen Sinti und Roma abgebaut werden, und das Thema auch bei Schulungen zur interkulturellen Kompetenz eine Rolle spielt.

Vielen Dank!

Rednerin: Ute Köhler-Siegel


Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

die SPD-Fraktion beantragt, in Großzschocher eine größere Turnhalle zu bauen.

Die 120. GS soll einen Ersatzneubau bekommen, das hatten wir bereits im Schulbauprogramm 2018 beschlossen. Nun soll die Schule größer gebaut werden, also fünfzügig mit zwei zusätzlichen DaZ-Klassen und einer 20-prozentigen Überbelegung. Das macht bei einer Maximalauslastung 26 Klassen. Diese Planungsgrößen kommen im Musterraumprogramm für Grundschulen gar nicht vor. Eine Oberschule in dieser Größe wird mit einer 3-Feld-Halle gebaut.

Für eine fünfzügige Schule würden die Kapazitäten für den Sportunterricht knapp reichen, auch weil das Kultusministerium fleißig Sportstunden im Grundschulbereich kürzt. Da aber alle wissen, dass Bewegung für Kinder sehr wichtig ist, versuchen nun viele Schulen den gestrichenen Sportunterricht mit Ganztagsangeboten in diesem Bereich zu ersetzten. Das empfiehlt übrigens auch das Kultusministerium. Dann reichten die Kapazitäten kaum noch aus.

Außerdem bleibt das alte Gebäude der 120. GS stehen und soll als Auslagerungsschule genutzt werden. Auch diese Schüler haben Sportunterricht.

In Großzschocher gibt es bisher keine modernen Sporthallen. Im Stadtteil stehen dem Vereinssport derzeit lediglich zwei Einfeldsporthallen zur Verfügung: die Sporthalle Breitschuhstraße (Träger ist das Amt für Sport) und die jetzige Sporthalle der 120. Schule. Die für den Vereinssport zur Verfügung stehenden Nutzungszeiten werden in beiden Sporthallen vollständig genutzt. Es trainieren insgesamt 8 Sportvereine und eine Lehrersportgruppe in den beiden Sporthallen. Im gesamten Leipziger Südwesten gibt es lediglich eine moderne 3-Feld-Halle. Laut dem Sportprogramm 2024 der Stadt Leipzig gibt es für den Stadtbezirk Südwest ein Defizit von ca. 3.700m² Sporthallenfläche.

Viele Angebote für Kinder müssen in anderen Stadteilen stattfinden, auch die vielen Senioren vor Ort würden die zusätzlichen Hallenkapazitäten für den Vereinssport nutzen.

Und genau um die Senioren im Leipziger Südwesten und vor allem in Großzschocher geht es auch. Viele vermissen immer noch schmerzlich die Schwimmhalle, die das Sportangebot im diesem etwas weiter auswärts gelegenen Ortsteil bereicherte.

Ich stehe hier ja immer wieder und setze mich für Kinder und Jugendliche ein. Aber in diesem Fall würden auch die Senioren mit ihren vielen kleineren Sportgruppen von wohnortnahen Sportflächen profitieren.

In Großzschocher sind die Flächen für die 3-Feld-Halle vorhanden. Baut die Stadt an dieser Stelle bei der geplanten Nutzung nur eine 2-Feld-Halle, dann stimmen wir einer geplanten Unterversorgung zu.

Bitte unterstützen Sie den Antrag meiner Fraktion und den Antrag des Stadtbezirksbeirats Südwest.

Vielen Dank!

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

in Leipzig gibt es eine lebendige Kreativ- und Kulturszene, die in Teilen jedoch durch das Verschwinden von Freiräumen bedroht ist. Inzwischen steigt nicht nur in innerstädtischen Lagen der Nutzungsdruck, mehr Wohnquartiere werden entwickelt und die Zahl der hierfür nutzbaren Flächen ist begrenzt.

Für uns steht außer Frage, dass wir neuen und zusätzlichen Wohnraum in unserer Stadt benötigen. Allerdings erleben wir dadurch auch eine schleichende Verdrängung, die in der letzten Zeit mehrere Musikclubs betroffen hat und betrifft, die im näheren Umfeld von neu entstehenden Wohnquartieren liegen. Dadurch wird deren Weiterbetrieb dort mindestens fraglich. Anders als noch vor Jahren, finden Clubs, die hier im Rat schon als Pioniere der Stadtentwicklung bezeichnet wurden, in dieser Situation nur sehr schwer einen neuen Standort.

Wir wollen eine lebenswerte Stadt, zu der neben Wohnraum, Schulen, Kitas, Einzelhandel und Gewerbe auch kulturelle Einrichtungen zählen. Das heißt eben, dass auch in den Wohnquartieren Platz für Kultur sein soll und nicht nur in der Innenstadt. Wir haben deshalb in unserem Antrag unter anderem das Erstellen eines Clubkatasters gefordert, eine Erfassung der derzeit genutzten Standorte und der Entwicklungsperspektiven für die Clubszene. Das soll ein erster Schritt sein, um später ähnliche Bestandsaufnahmen für die Kreativszene im Allgemeinen erstellen zu können. Auf dieser Grundlage sollen Instrumente und Handlungsempfehlungen erarbeitet werden, wie im Rahmen der integrierten Stadtentwicklung auch die Potenziale für die Kultur- und Kreativszene gestaltet werden können. Wir wollen also die Stadtentwicklung und die Entwicklung der Kultur- und Kreativszene in Einklang bringen.

Schließlich sind Kultur- und Kreativwirtschaft längst relevante Wirtschaftsfaktoren für Leipzig und ihre Bedeutung nimmt weiter zu. Das gilt auch für die Musikszene. Zudem zeigen Studien, dass das Vorhandensein einer vielfältigen Clubszene für das Anwerben von jungen Fachkräften ein Standortvorteil ist. In anderen Großstädten, wie beispielsweise Berlin, Köln oder Hamburg gibt es bereits entsprechende Aktivitäten zur Sicherung von kulturellen Freiräumen und Clubkultur. Als Beispiels ist hier der Lärmschutzfonds Berlin zu nennen.
Wir sehen die Aufgabe einer integrierten Stadtentwicklung darin, verschiedene parallel laufende Entwicklungsstränge miteinander zu kombinieren und damit verschiedenen Bedürfnissen den entsprechenden Raum zu geben. Das heißt in diesem Fall, dass neben der Beachtung des Bevölkerungswachstums und der sich daraus ergebenden Herausforderungen sowie der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung in der Stadt, auch die Erhaltung und weitere Entfaltung von kreativen Räumen berücksichtigt werden sollen.

Der Verwaltungsstandpunkt greift dieses Anliegen auf und ich sehe, es ist angekommen, auf was wir hierbei hinauswollen. Meine Fraktion lässt deshalb den Verwaltungsstandpunkt mit Übernahme der Änderungsanträge abstimmen und ich würde mich über ein positives Votum ihrerseits freuen.

Vielen Dank!