Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Redner: Axel Dyck, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!

Vor genau einem Jahr wurden die Haushaltsreden für das Jahr 2010 gehalten. Ich erinnere mich gut – an herausgehobener Stelle wurde in allen Statements teils sehr emotional auf die damals für uns alle ganz neue Situation rund um die KWL eingegangen. Zögerlich, ohne ausreichendes Faktenwissen, teils noch naiv ahnungslos was über uns kommen könnte, aber in großer Sorge um unsere Stadt wurde von allen Rednerinnen und Rednern sehr verantwortungsvoll und ohne politische Trivialpolemik argumentiert. 
Seien wir ehrlich, wir wussten vor einem Jahr noch gar nichts. Heute wissen wir sehr viel mehr, sicherlich aber noch nicht alles, das wird auch so bleiben – Rechtsanwälte, darunter die Stars der internationalen Sozietäten, Staatsanwälte, Richter in Deutschland und England, sogar am Europäischen Gerichtshof, haben den Fall „Leipzig“ übernommen. Taktik bestimmt das Spiel. Die Kontrahenten entwickeln dabei neue Ebenen, in denen schnell die eigentlichen Ursachen des Skandals vernebelt und die möglichen katastrophalen Auswirkungen vor allem in Bezug auf die legitimen Interessenslagen der Stadt Leipzig zweitrangig werden können. Wir tun alle gut daran, sehr aufmerksam und kritisch die weitere Entwicklung zu beobachten und in den Aufsichtsgremien, in denen ein Teil der Stadträte vertreten sind, auch die entsprechenden Entscheidungen verantwortungsvoll mit vorzubereiten.

Da bin ich bei einem meiner „Lieblingsthemen“ – die Gesamtverantwortung, die der einzelne Stadtrat für die Großstadt Leipzig in ihrer Interessensvielfalt mit seinem Mandat übernommen hat.
Es ist bemerkenswert und immer wieder positiv herauszuheben, mit welcher Sorgfalt und Intensität der Stadtrat sich beim Thema KWL der Verantwortung gestellt hat, nahezu frei von politischem Gezänk und den üblichen Rechtfertigungsposen.
Die an dieser Stelle sichtbar gewordene Verantwortung für unsere Stadt muss aus meiner Sicht auf weitere kommunale Handlungsfelder übertragen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir können nicht über den Haushalt der Stadt Leipzig mit Blick auf die Ausgabenseite reden, ohne über seine Finanzbasis nachzudenken und über die Finanzausstattung der Kommunen im Allgemeinen zur sprechen.
Das kann aber sehr schnell in ein „Schwarzes Peterspiel“ ausarten. Dass die kommunale Ebene gemeinhin unterfinanziert ist und durch Bundes- und Landesgesetzgebungen eher be- als entlastet wird, ist bekannt. Da hat sich in 2010 nichts geändert und es wird sich da auch mit großer Sicherheit in 2011 nichts Wesentliches ändern. Es hilft uns deshalb überhaupt nichts und ich bin es persönlich auch Leid, wenn von diesem Platz aus, dem Stadtrat, nur die üblichen Schuldzuweisungen an die Landes- und Bundesebene gerichtet werden. Warum? Erstens sind die Sachverhalte nicht neu und allen auch bekannt.
Und zweitens, über den Sächsischen und Deutschen Städtetag werden auch unter Einflussnahme unserer Ober- und Bürgermeister diese Problemlagen diskutiert und wahrgenommen. Egal in welchen politischen Konstellationen sich die Verantwortungsträger in den Kommunen und den Ländern bzw. Bund gegenüberstehen, die jeweilige Hoffnung, unterschwellig oder direkt formuliert, dass der Wählerwille es irgendwann mal zu Gunsten der vermeintlich benachteiligten politischen Idee richten wird, ist mit Verlaub gesagt, politisches Roulett mit einem Optionsschein auf die Wahlkabine.
Deshalb bin ich auch gegen das Placebo „Verfassungsklage“.

Auch wenn es fatalistisch und verzagt klingen möge. Der Stadtrat als letztes Glied in der Kette, muss die durch ihn nicht direkt beeinflussbare Seite der Finanzausstattung, also den Finanzausgleich im weiteren Sinne, als Tatsache erstmal akzeptieren und seinen Einfluss lieber dort geltend machen und die Verantwortung sowie die Entscheidungskompetenz übernehmen, wo er die Stellschrauben selbst drehen kann. Also bspw. bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für die örtliche Wirtschaft, egal ob es die Privatwirtschaft oder die Kommunalwirtschaft ist. Von dort aus wird die zweite und dritte Achse der Finanzausstattung der Kommune, nämlich über Steuern und direkte Finanzflüsse bestimmt.
Hier dürfen wir uns nicht rausmogeln. Entscheidungen dazu stehen in Kürze an.

Kritik muss aber dann hörbar formuliert werden, wenn langfristig angelegte Entwicklungen und Projekte, die für uns eine vermeintlich verlässliche Basis bildeten, abrupt der Beliebigkeit anheim fallen. Als Merkpunkte sollten hier gelten, die beschlossenen Änderungen im Kulturraumgesetz, die Kürzungen der Jugendhilfepauschalen und die Abschaffung des kostenfreien Vorschuljahres und die Kürzung bei den Städtebaufördermitteln. Kollegen der CDU – Fraktion, wo war eigentlich an dieser Stelle ihr Protest, wo Sie doch vor nicht allzu langer Zeit noch ein zweites freies Vorschuljahr hier in Leipzig durchsetzen wollten?

Sehr geehrte Damen und Herren!
Mit Sorge sehe ich in unserem Land und damit auch mitten in unserer Stadt eine schleichende Entsolidarisierung der Gesellschaft. Und wenn wir ehrlich sind, wir tun in unserer Stadt indirekt eine ganze Menge dafür, dass das so ist. Was meine ich damit? Ein beträchtlicher Teil unseres Haushaltsbudgets wird im Sozialetat, vereinfacht gesagt für Hilfe- und Unterstützungs-leistungen verausgabt – gesetzliche Leistungen und freiwillige Leistungen. Das ist per se nicht zu kritisieren, es ist ein Bestandteil unseres Sozialstaates. Das ist gut und richtig so.

Aber, ist es an dieser Stelle immer richtig, teils unkritisch, den einmal erreichten Status in Umfang und Höhe zu verstetigen, mit aller Macht zu verteidigen oder gar zu erweitern? Ein Großteil der HH-Anträge ist genau in diese Richtung determiniert. Und von 850 Bürgereinwänden fordern fast die Hälfte eine Erhöhung im Kinder- und Jugendhilfebereich. Ist das ein Ausdruck eines alleinigen Defizits an dieser Stelle oder ist unsere Konzentration auf diese Themen auch ein Ausdruck unserer Schwäche in Zeiten kommunaler Finanzschieflagen Balancen selbst anders herzustellen?

Die Entsolidarisierung einer Gesellschaft fängt dort an, wo wir andere Themen und Bevölkerungsschichten benachteiligen oder vernachlässigen und wo sich dieses als Gefühl verfestigt. Diese Gefahr ist immanent, weil für viele Menschen sichtbar und unterschwellig spürbar.
Dies ist keine Frage von oben oder unten in der Gesellschaft. Diese Frage zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten hindurch! Mir geht es vor allem aber um die breite Bevölkerungsmehrheit mit niedrigen und mittleren Vermögensverhältnissen in unserer Stadt.
 Wenn wir in deren Lebensbereichen, dort wo der materielle und immaterielle Wohlstand täglich erarbeitet wird, Defizite weiter zulassen, befördern wir indirekt die Entsolidarisierung der Stadtgesellschaft.
Die Solidargemeinschaft kennt keine Einbahnstraße!

Wo sollten der Rat aus Sicht der SPD–Fraktion deshalb die Schwerpunkte setzen, um Leipzig ohne träumerische Leitbildmelange, aber mit einem Höchstmaß an Realismus stetig weiterentwickeln?
Hierzu einige wenige Gedanken.

Erstens:
Durch einen Vorrang bei Investitionen in den Substanzerhalt unserer gesamten kommunalen Infrastruktur.
Der kurz- und mittelfristige Finanzbedarf über einen Zeitraum von 10 Jahren beläuft sich auf eine Summe, die die 1.500 Mio. EUR-Marke deutlich übertrifft.
Wir haben gerade eine Vorlage zur Diskussion erhalten, die allein im Schulbereich einen Bedarf von 570 Mio. EUR aufweist. Allerdings ohne Finanzierungsmodell.
Ähnlich sieht es bei Kindertagesstätten, Fußwegen, Radwegen, Straßen, Brücken, Kulturbauten, Sportstätten, dem Stadtumbau und der Pflege unserer Umwelt aus.
Der sichtbare Substanzverzehr im öffentlichen Raum ist es, der die Menschen mit Recht verunsichert und verdrossen macht.
Übrigens, diese Projekte sind für mich die eigentliche Daseinsvorsorge und nicht das Breitbandkabel.

Wir werden nicht umhin kommen, an dieser Stelle nicht nur über Prioritäten in der Mangelverwaltung zu reden und hier die entsprechenden Beschlüsse zu fassen. Viel wichtiger erscheint mir in aller Konsequenz, dass wir auch über die Finanzierung und die Finanzkraft unserer Stadt reden. Und zur Finanzkraft gehören auch die städtischen Unternehmen, die als Teil unseres städtischen Vermögens mit in der Verantwortung stehen. Als Hinweis, die jährlichen Investitionen des LVV-Konzerns in ihrem Kerngeschäft überschreiten die Investitionen der Stadt deutlich.

Bevor wir über die Reihenfolge der Baubeschlüsse reden, müssen wir Finanzierungsgrundsätze beschließen – und zwar in diesem Jahr. Da ist der Haushalt nur der zweite Anfang, begonnen wird bereits im Februar mit unserer Haltung zur LVV.

Zweitens:
Mit den beiden uns vorliegenden Anträgen der CDU–Fraktion zu den Strukturen unserer großen Kulturhäuser und zu den städtischen Museen wird sich der Rat über diesen Umweg „wohl oder übel“ einmal grundsätzlich mit der Zukunft der Kultur und der Kunst in unserer glücklicherweise damit reich gesegneten Stadt auseinandersetzen. Und zwar beides „Was wollen wir?“ und „Was können wir?“. Wir stehen hier, auch in unserer Stadt vor einer grundlegenden gesellschaftlichen Wertediskussion.
Die Haushaltsdebatte ist sicherlich hierfür nicht der richtige Ort, aber einige Gedanken sind trotzdem erlaubt:

Der Deutsche Musikrat lässt sich mit folgendem gern zitieren:
Das ökonomische Dilemma der darstellenden Künste besteht darin, dass Produktivitätssteigerungen in ihrem Kernbereich so gut wie unmöglich seien. Die Aufführung einer Oper erfordert den gleichen Zeitaufwand und die gleiche Personalstärke wie zum Zeitpunkt ihrer Uraufführung vor 150 oder 200 Jahren.

Bei Theatern und Oper entfallen rund drei  Viertel der Kosten auf Personalausgaben. Irgendwann haben wir eine funktionstüchtige Infrastruktur, in welcher Kultur stattfinden könnte, aber kein bezahlbares Personal, welches diese betreibt. Auch in unseren Häusern stehen signifikante Lohnsteigerungen an, die im Budget der Häuser und damit im Haushalt nur unzureichend abgebildet sind!

Mit diesen beiden Beispielen bin ich leider wieder zuerst beim ökonomischen Aspekt der Debatte gelandet und müsste doch eigentlich etwas anderes voranstellen.
Nämlich: Wozu brauchen wir die Kultur? Kultur als die eigentliche Daseinsvorsorge um die sicht- und spürbaren Defizite im ethisch-moralischen Kern unserer Gesellschaft, auch in unserer Stadt, beheben zu können.
Die Diskussion muss von beiden Seiten, von den Künstlern und ihren Protagonisten aber auch von den politischen Verantwortungsträgern und den nüchternen Finanzverwaltern ehrlich und auch provokativ geführt werden.
Ohne dieses wichtige gesellschaftliche Gespräch öffentlich geführt zu haben, was Kunst und Kultur uns wert sind, halte ich es für gefährlich, im Angesicht einer schwierigen Haushaltlage der Stadt Leipzig, die Kulturdebatte nur anhand einer Strukturdebatte führen zu wollen. Mir scheint, da wird der Gaul vom Schwanz her aufgezäumt.
Neue Strukturen die den Bestand nur in einer neuen Form zementieren um am Ende Tabellen und Charts kurzfristig etwa freundlicher erscheinen zu lassen bringen uns nicht weiter.

Die Diskussion wird uns viel abverlangen, wenn wir denn bereit sind, diese auch zu führen. Mir sei erlaubt, an dieser Stelle ein mittelgroßes Fragezeichen zu setzen.

Ich hatte von dem immensen Finanzierungsbedarf im Infrastrukturbereich gesprochen. Der ist ohne hinreichende Fördermittelausstattung schlicht nicht auflösbar. Da verwundert es schon, wenn ein 12–Millionenprojekt im Kulturbereich, welches ohne Fördermittel allein durch die Stadt umgesetzt wird, nämlich das neue Alumnat unserer städtischen „Thomaner“, durch eine irritierende Bemerkung des Thomaspfarrers in seinem Weihnachtsrundbrief flankiert wird, wo er von einer aus seiner Sicht mangelhaften Anerkennung der Leistung des Chores in unserer Stadt spricht.

Drittens:
Ein paar Bemerkungen zur Wirtschaftsentwicklung unserer Stadt.
Alle Statistiken im Umfeld des Werte schöpfenden 1. Arbeitsmarktes zeigen trotz der Krisenlage der letzen Jahre leicht positive Entwicklungen. Auf Details muss ich nicht eingehen. Aber wenn die Arbeitslosenquote seit 2006 um 22% (16,9% zu 12,9%) zurückgeht, bei gleichzeitig 10.000 mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und der Gesamtumsatz im verarbeitenden Gewerbe, unsere Achillesferse, über dem von 2007/2008 liegt – dann sind das bemerkenswerte Fakten.
Ich würde mich freuen, wenn diese, für unsere Stadt positive existentielle Tatsache vor allem im Rat etwas mehr Beachtung findet. Nicht um uns auf die Schulter zu klopfen, das würde ja bedeuten, dass wir unsere Rolle an dieser Entwicklung etwas überbewerten, sondern um unser weiteres Handeln an der Verstetigung dieser Entwicklung zu justieren.

Die für das letzte Jahr uns noch versprochene Fortschreibung der Clusterstrategie soll dem Stadtrat nun mit halbjähriger Verzögerung demnächst vorgelegt werden. Dem Fachausschuss Wirtschaft und Arbeit sind die Inhalte im Wesentlichen allerdings bereits bekannt. Ich gehe davon aus, dass der Wirtschaftsbürgermeister bereits auf der Basis der Defizitanalyse entsprechend handelt. Zeitverzögerung im Bereich analysierter Defizite im Umfeld der Wirtschaft ist das letzte was wir brauchen, der Markt ist zu schnell und zu radikal – die Verwaltung dagegen oft zu bräsig.
Das Argument „zu wenig Mitarbeiter“ darf nicht gelten, wenn nötig muss hier zukünftig aufgestockt werden.
Wie verwundbar wir auch in der Hoffnung in die Clusterstrategie sind, zeigt deren externen Einflussfaktoren und deren Volatilität am Beispiel der Strombörse EEX.

Sehr geehrte Damen und Herren!

Zum Schluss noch etwas ganz anderes.
Die beiden letzten Jahre waren in Leipzig, wie in Deutschland von Jubiläen in Erinnerung an den Freiheitsgedanken „1989“ und die Deutsche Einheit „1990“ geprägt. Mit welcher Empathie diese singulären Ereignisse der deutschen Geschichte im Bewusstsein vieler Leipziger und ihrer Gäste sind, hat nicht zu letzt der 10tausendfache Zuspruch bei den Feiern am 9.Oktober gezeigt.

In diesem Jahr steht unser entscheidender Schritt zum „Freiheitsdenkmal“ im Fokus der deutschen Öffentlichkeit. Seien wir dabei bitte nicht zaghaft. Auch hier tragen wir eine sehr große Verantwortung.

Ich möchte zum Schluss mit einem Satz von Klaus von Dohnanyi enden:
„Ohne Ehrlichkeit und Klarheit über die eigene Leistungsfähigkeit und der Grenzen des Verteilungsspielraumes geht es nicht mehr. Dazu gehört Mut. Politischer Mut. Und Mut ist leider die knappste Ressource unserer Gesellschaft

Redner: Christopher Zenker, Stadtrat der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!

die SPD Fraktion begrüßt zunächst den ersten Teil des Verwaltungsstandpunkts, da dieser unsere Intention aufgreift und unser Anliegen unterstützt, die im Bundesverkehrswegeplan enthaltene Autobahn A 72 im Abschnitt AK A 38/A72 bis AS Leipzig/Connewitz als „Neues Vorhaben mit Planungsrecht“ im Weiteren Bedarf zu streichen.  Stattdessen soll dieser Bereich weiterhin durch eine vierspurige Bundesstraße als B 2 bedient werden. Eine Bedienung als Bundesstraße kann einen Beitrag dazu leisten, dass nicht noch mehr Verkehr in die Stadt bis zum Innenstadtring hineingezogen wird.
Eine weitere Verkehrzunahme in diesem Abschnitt, sollte auch vor dem Hintergrund der Situation in der Harkortstraße, verbunden mit der aktuellen Diskussion zum Schwerlasttransport im Musikviertel, vermieden werden.
Durch den Ausbau der Bundesstraße auf Autobahn-Standard würden darüber hinaus viel größere Auf- und Abfahrten und damit deutlich mehr Flächen benötigt und versiegelt. Außerdem fände damit ein erheblicher Eingriff in die Landschafts- und Naturschutzgebiete des Auenwaldes statt.

Da Sie, Herr zur Nedden, in ihrem Verwaltungsstandpunkt auf die dringend nötige Lärmschutzwand in Höhe Teichstraße/Mühlholzgasse/Roßmäßlerstraße eingegangen sind, möchte ich Sie an dieser Stelle noch einmal darum bitten, die Realisierung dieser Maßnahme nach Möglichkeit zu forcieren. Darüber hinaus sollte als Zwischenlösung die Geschwindigkeitsbegrenzung in diesem Bereich mit einem Hinweisschild bspw. Lärmschutz versehen werden, da es sich für die meisten Nutzer nicht erschließt, warum es an dieser Stelle eine Geschwindigkeitsbegrenzung gibt.

Nachdem ich die Stadtverwaltung zum ersten Teil des Verwaltungsstandpunkts gelobt habe, möchte ich nicht verhehlen, dass ich mir etwas mehr Mut beziehungsweise vor allem eine eigene Position bezüglich des zweiten Beschlusspunktes gewünscht hätte. Stattdessen liefert die Verwaltung lediglich eine Abwägung und zieht sich auf das Planfeststellungsverfahren zurück.
Die SPD-Fraktion steht weiter zu ihrem Antrag, der die Stadtverwaltung dazu auffordert, sich gegenüber dem Straßenbauamt Leipzig für eine Alternativplanung zu der derzeitigen Aus- und Umbauplanung einzusetzen. Ziel einer Alternativplanung sollte die Tieferlegung der Bundesstraße B 2 im Bereich des AGRA-Parkes im Zuge des Neubaus dieser Bundesstraße sein.
 

Diese Tunnel-Lösung, welche genau genommen ein Trog mit Deckel ist, schneidet  unter fiskalischen Gesichtspunkten schlechter ab als die Brückenlösung. Diese sensible Stelle sollten wir jedoch nicht ausschließlich unter fiskalischen Gesichtspunkten betrachten.
Ein Tunnel bietet den Vorteil, dass er das Landschaftsbild wesentlich geringer beeinträchtigt als eine Brücke. Gleichzeitig vermeidet er eine Zerschneidung des AGRA-Parks und fördert eine ganzheitliche Nutzung des Parks – mit oder ohne Landesgartenschau. Hinzu kommt eine deutlich geringere Lärmbelastung der angrenzenden Bereiche.

Die Stadt Leipzig ist zwar nicht Baulastträger, dennoch sollten wir noch vor dem durchzuführenden Planfeststellungsverfahren ein klares Signal Richtung Straßenbauamt abgeben. Hierbei ist auch die Unterstützung der örtlichen Mandatsträger aus Bund und Freistaat unabhängig vom Parteibuch gefragt. Auch wenn wir uns heute mit der Tunnel-Lösung für die vermeintlich teuere Version aussprechen, so sparen wir mit Streichung der Autobahn an anderer Stelle Millionen. Einen Teil davon in die Tunnellösung zu investieren, halten wir für sehr gut angelegtes Geld.

Die SPD-Fraktion wird zum Antrag abstimmen lassen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Redner: Christopher Zenker, Stadtrat der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!

Im Zuge der Beratungen im Rat und in den Ausschüssen hat dieser Antrag an zusätzlicher Bedeutung gewonnen, denn zum Zeitpunkt, als die SPD-Fraktion diesen Antrag eingereicht hat, war noch nicht bekannt, dass in dem Schulgebäude des Beruflichen Schulzentrums für Wirtschaft und Verwaltung an der Bornaischen Straße zukünftig wieder ein Gymnasium beheimatet sein wird. Damit spielt der genannte Straßenabschnitt eine noch wichtigere Rolle als Schulweg als bisher bekannt.
Dies vor allem deshalb, da insbesondere mit den Schülerinnen und Schüler der unteren Klassenstufen jüngere Kinder und Jugendliche den Bereich als Schulweg nutzen werden. Hinzu kommt der S-Bahn-Haltepunkt Connewitz, der nach Fertigstellung des City-Tunnels an Bedeutung gewinnen wird.

Die SPD-Fraktion begrüßt es daher ausdrücklich, dass auch die Stadtverwaltung die Notwendigkeit von Querungshilfen auf der Bornaischen Straße in Höhe Prinz-Eugen-Straße und Höhe Liechtensteinstraße  sieht und in die Planungen zum Neubau der Bornaischen Brücke aufgenommen hat.

An dieser Stelle ein ausdrückliches Lob an die Stadtverwaltung und in diesem Fall vor allem an das Verkehrs- und Tiefbauamt, welches mit seinem Verwaltungsstandpunkt nicht nur den Antrag vollumfänglich unterstützt, sondern mit der Einordnung von Radverkehrsanlagen sogar noch darüber hinaus geht und damit weitere Aspekte der Verkehrsicherheit aufgreift.

Wenn jetzt noch die Errichtung von Hinweisschildern für den oben genannten Abschnitt positiv geprüft werden, würde damit ein wichtiger Beitrag zur Schulwegsicherheit in diesem Straßenabschnitt geleistet werden.
Die SPD-Fraktion wird dem Verwaltungsstandpunkt zustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Rednerin: Ute Köhler-Siegel, Stadträtin der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
verehrte Stadträte,
werte Gäste!

Um ein Gebäude für ein Gymnasium frei zu lenken, schaffen wir das größte Berufsschulzentrum in Sachsen – nicht, wie es so schön in der Begründung heißt, um der demografischen Prognose der Bevölkerungsentwicklung entgegenzuwirken.

Viele Leipziger verstehen nicht, warum die Stadt vor wenigen Jahren das Mommsen-Gymnasium geschlossen hat, obwohl die Kinder, die es ab dem nächsten Schuljahr wieder besuchen sollen, schon im Kindergarten waren.
Zu dieser Zeit entzog das Kultusministerium noch die Mitarbeit, wenn nicht die geforderte Klassenstärke erreicht wurde, d. h. es wurden keine Lehrer bereitgestellt.
Heute „darf“ eine Kommune entscheiden, welche Schule geschlossen wird. Das Ministerium entscheidet mit der Vergabe der Fördermittel, ob die Schullandschaft deren Vorstellungen entspricht oder nicht.

Im nächsten Schuljahr sollen im neuen BSZ 1 über 3.600 Schüler lernen. Diese sind nicht alle täglich anwesend, müssen aber dennoch verwaltet werden.
Wir Stadträte können nicht heute der Vorlage zustimmen und dann zusehen, wie die Entwicklung weitergeht.
Im Sozialausschuss haben wir festgelegt, dass wir die Zusammenlegung begleiten. Es wird ein Konzept zur Fusion unter Beteiligung der Schulleiter, der Lehrer, der Schülervertretung, der Stadt und der Bildungsagentur erarbeitet. Wir Ausschussmitglieder erwarten regelmäßige Berichte, nicht nur bis die Fusion erfolgte, sondern auch in den ersten Jahren danach.
Es wurde uns zugesichert, dass bei den Sachbearbeiterstellen und bei den Hausmeistern keine Stellenstreichungen stattfinden.

In meiner Fraktion wurde auch diskutiert, ob mit einer Reduzierung der Ausbildungsberufe Entlastung geschaffen werden kann. Wir sind jedoch der Meinung, dass wir für die Leipziger Jugend eine große Auswahl an Ausbildungsberufen vorhalten sollen.

Der Großteil der SPD-Fraktion wird dieser Vorlage aus purer Einsicht in die Notwendigkeit zustimmen. Wir brauchen im nächsten Schuljahr mehr Plätze an Gymnasien, das Geld für einen Neubau haben wir nicht, einen vernünftigen Platz dafür auch nicht.
Es kann uns in den nächsten Jahren immer wieder passieren, dass wir die Schulgebäude für andere Schularten umnutzen müssen. Spätestens, wenn die geburtenstarken Jahrgänge, für die wir jetzt die neuen Grundschulen schaffen, eine Ausbildung beginnen, dann müssen wir die Berufsschulzentren wieder erweitern.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Rednerin: Ute Köhler-Siegel, Stadträtin der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
verehrte Stadträte,
werte Gäste,

über die Aufhebung einer Schule abzustimmen, obwohl wir uns seit einiger Zeit um die Neugründung oder den Neubau von Schulen kümmern müssen, klingt zunächst absurd.

Bei der Aufhebung der 71. Grundschule geht es um die notwendige Umstrukturierung der Schullandschaft. In dem Schulgebäude ist noch die Mittelschule Portitz untergebracht. Diese Schule hatte in den letzten Jahren einige Zusammenlegungen und Umzüge zu verkraften und braucht das gesamte Schulgebäude, um sich ihren Aufgaben in guter Qualität zu stellen.
Mit der Schließung der 71. Grundschule stärken wir diese Mittelschule. Auch wenn die dortige Wohnungsbaugesellschaft  lieber eine Grundschule im Wohngebiet hätte, es bleibt eine starke Mittelschule.

Oft wurden wir von den Eltern der Grundschüler gefragt, was sich denn seit der letzten Abstimmung im Stadtrat geändert hat. Die Antwort lautet: Nichts. Die Mittelschule hat keinen Platz zur Entfaltung, die Grundschule auch nicht und nebenan ist eine andere Grundschule, die zu wenig Schüler hat.
Für die Schüler, die nach Portitz wechseln, hat sich dennoch einiges getan:
– Es gibt nun eine kostenlose Busverbindung.
– Der Speiseraum in Portitz wird zurzeit renoviert.
– Die Umkleideräume für den Sportunterricht werden neu hergerichtet.
– Die Unterrichtsräume für die neuen Klassen werden gestrichen.
– Der Frühhort bleibt am bisherigen Standort.
– Die Klassenverbände bleiben erhalten, egal wie viele Schüler der Klasse nach Portitz wechseln.
 
Um die Mittelschule zu stärken, der Grundschule Portitz eine sichere Zukunft zu geben und um günstige Voraussetzungen für die Fördermittelverhandlungen mit dem Kultusministerium zu schaffen, stimmt meine Fraktion dieser Vorlage zu.

Redner: Axel Dyck, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!

Die Soziologie versteht unter Migration im weitesten Sinne jeden längerfristigen Wohnsitzwechsel im geographischen und sozialen Raum.
Die uns vorliegende Beschlussvorlage meint statt Migration aber eigentlich Immigration, also Einwanderung aus fernen und uns „fremden“ Ländern, denn sonst müssten wir gleichzeitig auch über Emigration reden müssen. Ein genauso wichtiges Thema in der von einer radikalen Mobilität gekennzeichneten globalisierten Welt.
Das nur am Rande und zum Einstieg in die Problemlage.

Einige wenige Zahlen: Leipzig hatte 1871 – 107.000 Einwohner; 1900 – 456.000; 1920 – 620.000; 1938 – 710.000; 1989 noch 530.000 und der Tiefpunkt 1998 mit 437.000 Einwohner, Prognosen aus den 90er Jahren sahen für das Jahr 2010 eine Bevölkerung deutlich unter 400.000 Einwohner. Eine Katastrophe. Heute sind wir glücklicherweise wieder bei knapp 520.000 Einwohnern, darunter etwas weniger als 30.000 Ausländer. Aber sehr, sehr viele mit familiären Wurzeln, die vor Generationen auch außerhalb Deutschlands zu suchen sind.

Der Netto-Zuwachs an Leipzigern in den letzen 20 Jahren von weit über 100.000 Menschen kann auch nicht nur aus einem engeren Umfeld von 50 km resultieren. Da verwundert es schon, dass einige Zeitgenossen über einen so langen Zeitraum noch von vermeintlich „echten“ Leipzigern und von Zugereisten sprechen. Ein Ausdruck von provinziellen Denkmustern in vielen Köpfen, dem mit dieser Vorlage auch entgegen gewirkt werden soll.

Mit der Beschlussvorlage befinden wir uns mitten in der aktuellen deutschlandweiten Diskussion zum Thema – Migration und Integration, welche vor einigen Monaten lawinenartig anschwoll und jetzt nur noch wenige Wellen schlägt, aber dafür auch sachlich und fachlich fundierter geführt wird. Dies kommt auch im Text dieser Vorlage zum Ausdruck, die im Übrigen weit vor Beginn der deutschlandweiten Integrationsdebatte initiiert wurde. Es stellt sich die Frage, ob wir in Leipzig einen positiven Schritt voraus waren?

Wir beschließen heute Leitlinien. Ein bindender Beschluss wie Menschen, die aus anderen Ländern kommen, hier leben sollen, steht uns nicht zu. Aber wir können deutliche Erwartungen und auch Forderungen an sie formulieren. Und das wird getan. Der Hinweis auf unser Rechtssystem, auf Normen und Regeln sowie auf Potenziale, die im Bereich der Bildung noch aktiviert werden müssen, ist richtig und wichtig. Ich finde es ebenso wichtig und richtig, dass manch eine vielleicht etwas schroffe Formulierung aus dem Änderungsantrag der Kollegen der CDU-Fraktion übersetzt und dem Zweck dieser Leitlinien angepasst wurde. Die Leitlinien sind so eine runde Sache geworden. In diesem Zusammenhang finde ich es aber auch gut, dass es keinen Verweis auf eine wie auch immer zu definierende deutsche Leitkultur gibt.

Im Mittelpunkt der Leitlinien zur Integrationspolitik steht die Förderung der deutschen Sprache als notwendige Voraussetzung für Allgemeinbildung, Berufsausbildung und Beschäftigung in unserem lokalen Arbeitsmarkt. Das ist ein Geben und Nehmen oder Fördern und Fordern. Das muss immer in aller Deutlichkeit ausgesprochen werden.
Die deutsche Sprache ist der Schlüssel zum Integrationserfolg.
Auch wir in Leipzig werden in naher Zukunft einen Mangel an qualifizierten Fachkräften spüren. Ich bin von daher froh, dass der Ergänzungsantrag meiner Fraktion, der direkt die Notwenigkeit guter Bedingungen zur Gewinnung ausländischer Fachkräfte in den Mittelpunkt rückte, von der Verwaltung bereits eingearbeitet wurde.

Es ist aus meiner Sicht falsch, heute von guter oder schlechter Immigration zu sprechen. Warum? Weil es ein Projekt über mehrere Generationen sein wird. Und da könnten wir sofort über das allgemeine Bildungsproblem in Deutschland, also auch das der vermeintlich alteingesessenen Wohnbevölkerung reden.

Bitte beschließen wir heute die Leitlinien als Baustein für ein umfassendes Integrationskonzept, als Hilfestellung für einen normalen Prozess in der Bevölkerungsentwicklung unserer Stadt, der vor hunderten Jahren begann, der externen und internen Einflüssen unterlag und immer anhalten wird.
Die Menschen kommen, die Menschen gehen.

Wir alle können dabei nur gewinnen. Es muss uns aber auch klar sein, wo es Gewinner gibt, gibt immer auch Verlierer. Denn Städte und Gemeinden sind die Orte, an denen man die Auswirkungen erfolgreicher, aber auch misslungener Integrationspolitik am ehesten spürt. Also auch in Leipzig. Hier haben wir als Rat die Verantwortung, den Prozess erfolgreich für die Mehrheit zu gestalten. Alle werden wir nie erreichen; nicht auf der Seite der zu Eigeninitiative und Verantwortung aufgerufenen Zuwanderer, als auch bei den mit Leben zu füllenden Begrifflichkeiten wie Akzeptanz und Toleranz, was für beide Seiten, der tradierten Wohnbevölkerung und der der Zuwanderer gleichermaßen gilt.

Verlierer können aber auch die Herkunftsländer sein, wenn unsere Stadt vielleicht noch stärker zum Anziehungspunkt für gut ausgebildete Immigranten wird.
Denken wir daran, denn auch Deutschland ist ein Herkunftsland hoch qualifizierter Emigranten.

Redner: Stadtrat Heiko Bär

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren Stadträte,
liebe Besucher und Gäste,

vor etwa einem dreiviertel Jahr führte die Handwerkskammer zu Leipzig eine Veranstaltung unter dem Titel „Handwerker fragen – Kommunalpolitiker antworten“ durch. Neben dem Leipziger Oberbürgermeister standen auch die Landräte Gey und Czupalla Rede und Antwort. Wer die Veranstaltung damals verfolgt hat, dem wird aufgefallen sein, daß sich etwa die Hälfte der Frage- und Diskussionszeit mit dem Thema Vergaben auseinandergesetzt hat. Dabei gab es wahrlich weitere wichtige Themen. Wirtschafts- und Finanzkrise zum Beispiel, und das Überleben von Unternehmen. Herr Dirschka mußte schon sehr aufmunternd in die Runde fragen, ob denn nicht vielleicht noch jemand eine Meinung zur Umweltzone hätte. Die Handwerker liesen sich damals nicht erweichen und thematisierten immer wieder die Vergaben.

Gleichzeitig, um das Bild wieder zurechtzurücken, sorgte gerade zur selben Zeit das Konjunkturpaket II für ein insgesamt hohes Auftragsvolumen. Für einzelne Gewerke wurde es oftmals sogar schwierig überhaupt Auftragnehmer zu finden, die noch Kapazitäten hatten, und für die Stadt vertretbare Preise zu erzielen.
Leider müssen wir auch immer wieder feststellen, das zahlreiche Bewerber für Aufträge oftmals unnötige Fehler in ihren Unterlagen machen, die zum gesetzlich zwingenden Ausschluß von der Vergabe führen. Und machmal wird auch nicht klar, warum sich diverse Unternehmen vor Ort überhaupt nicht um Ausschreibungen bewerben, obwohl sie von ihnen wissen. Nicht zuletzt müssen sich auch die Vergabeberichte der Stadt Leipzig nicht verstecken, zeigen sie doch, daß das weitaus größte Vergabevolumen tatsächlich in Stadt und Region bleiben.

Wir erkennen hier also einen deutlichen Widerspruch zwischen der Wahrnehmung der Unternehmen vor Ort auf der einen Seite und den Vergabestellen der Stadt auf der anderen Seite. Die Wahrheit wird sicher irgendwo dazwischen liegen und es geht insbesondere um einen Optimierungsbedarf beim Halten von Vergaben in der Region. Jedoch fällt ganz deutlich auf, daß es mehr Kommunikation und Austausch mit den Leistungsanbietern selber bedarf. Ich hatte vor kurzem die Gelegenheit, mit dem Landesinnungsmeister eines Gewerkes darüber zu sprechen, der sehr viel aus seiner Sicht und der seiner Kollegen als Leistungsanbieter berichten konnte, so z.B. über unrealistische Fristsetzungen zur Angebotseinreichung. Aber mit ihm und seinen Kollegen tauscht sich darüber nie jemand aus, weder Politik, noch Verwaltung, noch die Kammer – ganz interessanter Aspekt. Sicherlich ist Kommunikation eine zweiseitige Angelegenheit. („Du rufts ja nie an“ – „Na Du ja auch nicht“)

Aber auf Seiten der Stadt Leipzig reicht es nicht aus, im Vergabegremium lediglich darüber zu informieren, es habe von sich aus kein Leistungsanbieter über die konkrete Fassung der Ausschreibungsunterlagen beklagt. Dann stimmt das Verhältnis zumindest von unserer Seite aus nicht. Insofern fordere ich die Wirtschaftsförderung und die vergebenden Fachämter auf, stärker von sich und auch direkt mit den Leistungsanbietern Vergaben auszuwerten. Dass Vertreter der Kammern mit in den Vergabegremien sitzen reicht nicht aus, zumal die leider auch nur sehr selten mal einen Pieps von sich geben.

Das ganze Thema ist übrigens nicht irgendeine Detailfrage, sondern es ist von grundsätzlicher Bedeutung für die kommunale Wirtschaftsförderung. Man kann viel darüber diskutieren wie groß der konkrete Einfluß bestimmter harter oder weicher Standortfaktoren ist. Letztendlich ist entscheidend an welchem Standort oder von welchem Standort aus Unternehmen am besten Geld verdienen können. Bei Neuansiedlungen kommt das ganz offen zu tragen, aber auch Bestandsunternehmen können nur wachsen, wenn sie in der Region profitabel arbeiten können. Dazu passt es dann eben nicht, (ganz aktuelles Beispiel) wenn wir mit viel Aufwand ein Gesundsheits- und Biotechnologiecluster fördern, aber medizintechnische Ausrüstung für unsere eigenen Rettungssysteme aus Kompatibilitätsgründen nur bei bestimmten Anbietern in Berlin einkaufen können. Wie wollen wir dann Unternehmen gegenüber begründen, warum sie gerade hier investieren sollen, oder nach einer Wachstumsphase hier bleiben sollen.

Für die systematische Bearbeitung der Vergabepolitik der Stadt Leipzig trägt selbstverständlich das Amt für Wirtschaftsförderung die Verantwortung. Aber mir ist ganz wichtig zu betonen, daß jedes einzelne Fachamt hier in der Mitverantwortung für seinen Bereich als Vergabestelle steht und erkennt, daß die Leistungsfähigkeit der Stadt und jede einzelene Personalstelle in der Stadt am wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen hier vor Ort abhängt.
Unser Antrag kann dazu nur Impulsgeber sein, und so soll er auch verstanden werden. Viel besser als ein immer strengeres und komplexeres Regelwerk zu Vergaben durch die Stadt ist der gelebte Geist der Wirtschaftsfreundlichkeit innerhalb aller Ämter, das Verstehen von Wirtschaftsförderung als Querschnittsaufgabe der ganzen Verwaltung und natürlich einem Amt für Wirtschaftsförderung, das diesen Geist zu nähren versteht.

Der Verwaltungsstandpunkt ist an einer besonderen Stelle auch noch über unseren eigenen Antrag hinausgegangen. Neben der stärkeren Einbindung der Wirtschaftsförderung in die Vergaben, soll auch nachträglich die seit Jahren sowieso nur noch auf dem Papier stehende Stelle des Vergabebeauftragten aus den Grundsätzen der Vergabepolitik wieder herausgestrichen werden. Ein etwas unglücklicher Hergang, weil der Stadtrat damit einen eigenen Beschluss ändert, der eben verwaltungsseitig nicht mehr umgesetzt wurde, und der auch nur deshalb zur Beschlußfassung ansteht, weil sich unsere Fraktion stärker mit dem Thema Vergaben auseinandergesetzt hat. Wir werden uns trotzdem auch diesen Teil des Verwaltungsstandpunktes zu eigen machen und abstimmen lassen, weil die von uns angestrebte Gesamtverantwortung der Verwaltung nicht funktioniert, wenn man die Verantwortung ja nur auf einen konkreten Beauftragten abschieben braucht.

Ob dies so klappt wie von uns und der Verwaltung angestrebt, oder ob am Ende zwar irgendwie alle, aber damit auch keiner mehr zuständig ist, sollten wir zu gegebener Zeit erneut auf die Tagesordnung nehmen. Meine Fraktion wird dies jedenfalls tun.

Herzlich Dank!