Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Rednerin: Dr. Margot Trexler, Stadträtin der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!
Die SPD-Fraktion hat in der Ratsversammlung am 19.9.2007 mehrheitlich dem Verkauf der beiden Grundstücke zugestimmt, um einen wirtschaftlichen Schaden für die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) abzuwenden.
Wie bereits mehrfach in der Presse berichtet wurde, benötigt das Bach-Archiv Erweiterungsflächen. Dieser Bedarf wird gegenwärtig durch den Umbau der Gebäude Thomaskirchhof 15/16 abgesichert. Ein weiterer Raumflächenbedarf wird erst für den Zeitraum 2015-2020 durch das Bach-Archiv erwartet, den der potentielle Käufer dann sicherstellen würde.

Die Vorhaltung der Grundstücke durch die LWB für diese lange Zeitspanne führt zu einem hohen wirtschaftlichen Verlust. Die Einnahmen von 1,6 Mio. EUR bei einem jetzigen Verkauf würden ausfallen und zusätzlich jahrelang hohe Kosten durch folgende Situation anfallen:

  • Durch den fast vollständigen Leerstand der in den Baujahren 1886 und 1889 errichteten Gebäude, die bereits jetzt schon einen hohen Sanierungsaufwand erfordern, beschleunigt sich der Verschleiß extrem und die Kosten für die Sanierung steigen weiterhin an.
  • Die Gebäude beanspruchen über viele Jahre lfd. Ausgaben für Notbewirtschaftungs- und Sicherungsmaßnahmen.

Darüber hinaus würde der Stadt Leipzig für das historisch wertvolle und touristisch international bedeutsame Umfeld des Thomaskirchhofes durch die über Jahre hinweg unsanierten, leerstehenden Gebäude ein Imageschaden entstehen.

Redner: Jürgen Wesser, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,                    
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!
Bis 1980 hatte ich das Privileg, in einem Gründerzeithaus nähe Ostplatz zu wohnen. In einer Dachgeschosswohnung. Im Sommer hat es reingeregnet, im Winter hat der Ofen gequalmt und durch die dünnen Decken und Wände und über eine immerhin 11 m breite Strasse, ungestört von irgendwelchem Grün, war ein reger oft interessanter Kontakt zu den Nachbarn möglich.
Das Haus steht heute noch. Es ist saniert, hat Zentralheizung und ein ganzes Dach. Straße und Wände sind wie 1980.

Als Schichtarbeiter mit Kleinkind hatte ich in der DDR bevorzugt Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Wir waren glücklich, als uns eine betriebsinterne Kommission eine Wohnung in Grünau zugesprochen hat. Fernheizung, warmes Wasser und Blick auf einen Park. Die Mängel, die es damals gab, haben wir in Kauf genommen. Miserable Verkehrsanbindung, schlammige Baustraßen, kaum Grün, nur eine Kaufhalle im WK. Wir fanden die Wohnung trotzdem schön.

Mängel gab es auch noch 1990. Zu dichte Bebauung, zu wenige Wohnungen, zu wenige Parkplätze, mangelhafte Versorgung. Wir fanden unsere Wohnung immer noch schön. Da tu ich, wie viele andere Grünauer auch, heute noch.

Grünau hat heute jede Menge Grün, hat Radwege, ist fußgängerfreundlich, hat Spielplätze, Schulen, Kindergärten, eine hervorragende Verkehrsanbindung, es gibt genug Parkplätze, Einkaufzentren und den Kulkwitzer See. Es ist viel investiert und saniert worden. Wir finden unsere Wohnung noch schöner. Wie alle, die jetzt in Grünau wohnen.

Es wird erstaunlicherweise über keinen anderen Stadtteil so intensiv diskutiert wie über Grünau. Eigentlich verstehe ich es nicht. Aber vielleicht ist genau diese Diskussion Ursache der scheinbaren und tatsächlichen Probleme dieses Stadtteiles.
Die dort wohnen, wollen, wie Umfragen immer wieder zeigen, wohnen bleiben, sind aber verunsichert.
Junge Leute mit Kindern ziehen nicht, oder noch nicht, hin. Auch Dank der umfänglichen Diskussion ist die Platte aus deren Sicht etwas für Rentner und Arme geworden. Ergebnis ist eine immer noch negative Bevölkerungsentwicklung in Grünau.

Hier setzt die neue Entwicklungsstrategie der Stadtverwaltung – nicht nur mit der Vorlage Grünau 2020 – auf eine wohltuende Weise auch mit einer neuen Politik ein. Es wird nicht mehr über Grünau geredet, sondern mit den Grünauern. In vielen Foren mit viel Geduld. Sehr sachlich.
Die Ergebnisse dieser Gespräche finde ich fast alle in der Vorlage wieder. Grünau kann wieder, vor allem in der Außenwirkung, ein besseres Image bekommen und damit eine sichere Zukunft. Die Einwohner dieses Stadtteiles wissen, wo sie sicher wohnen bleiben können und welche Entwicklung ihr Viertel nehmen wird.

Es kann Wohnungen und Häuser für alle Ansprüche und Gruppen geben. Kurz, Grünau kann wieder zu einem ganz normalen Stadtteil Leipzigs werden, über den nicht mehr und nicht weniger diskutiert wird, als über jeden anderen Stadtteil auch. Ohne Segregation und Negativimage. Ein paar Kleinigkeiten bleiben dennoch als Wünsche offen.
Erstens, die Landtagspolitiker mögen sich bitte dafür einsetzen, dass nicht nur Rückbau, sondern Umbau gefördert wird.
Zweitens, das der Pakt der Bürgernähe wieder mit Leben erfüllt.
Drittens, das Angebot an Funktionen und Wohnformen in Grünau möge die Vielfalt erreichen, die das Gebiet für alle Schichten der Bevölkerung attraktiv macht.
Dazu gehören aus meiner Sicht neben den Geschossbauten mit und ohne Aufzug Stadthäuser, Reihenhäuser und freistehende Eigenheime, viel Grün und eine gute Verkehrsanbindung. Eine intakte Infrastruktur, eine Vielfalt von Kultur- und Bildungsangeboten wie z. B. die Montessourie-Schule und das Klinger-Gymnasium (der intensiv diskutierte Campus Grünau) und gut erreichbare Arbeitsplätze. Ein gutes Beispiel für eine gelungene Gestaltung ist das alte Schönauer Kasernengelände.

Grünau 2020 ist aus meiner Sicht und aus Sicht meiner Fraktion, eine Weichenstellung in diese Richtung.
Wir werden zustimmen und darauf achten, dass die Pläne mit Konsequenz umgesetzt werden.
Vielleicht haben wir dann ein neues Problem. Zu wenige Kindergartenplätze auch in Grünau. Darauf freue ich mich.

Redner: Gerhard Pötzsch, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
werte Gäste!

Der Vorgang ist bekannt:
Generalmusikdirektor und Intendant hatten nach anfänglich guter Zusammenarbeit zunehmend unterschiedliche Auffassungen über den Gegenstand „Leipziger Oper“. Der Generalmusikdirektor stellte die Frage: Er oder Ich?
Die Entscheidung mussten wir in der Zeitung lesen.
Der Generalmusikdirektor der Leipziger Oper ist auch Gewandhauskapellmeister der Stadt und gilt als bedeutender Künstler von Weltrang.

Intendant und Generalmusikdirektor sind zwei sehr unterschiedliche Berufe mit sehr verschiedenen Aufgaben und verfügen naturgemäß über unterschiedliche Kompetenzen für das Wohl und Wehe eines Opernhauses.

Wenn sich eine Stadt für einen Intendanten entscheidet, kennt sie dessen Vorstellungen von seiner Arbeit und kennt entsprechende Konzepte, wie er diese Arbeit zu bewerkstelligen gedenkt. Sie hat ihm gegenüber vorab logischerweise ihre Ziele artikuliert: Also was sie für das Geld der öffentlichen Hand, welches sie dem Haus in einer bestimmten Höhe zur Verfügung stellt, erwartet.

Mir scheint, die jetzt gerade zurückliegenden Vorgänge bedenkend, es stellen sich uns hier mindestens zwei Fragen:

  1. Über welche Befugnisse verfügen Generalmusikdirektor und Intendant an der Leipziger Oper?
  2. Was für Ziele verfolgt die Stadt mit dem Betrieb eines Opernhauses?

Erst wenn diese beiden einfachen Fragen beantwortet sind, sollten wir uns auf erneute Intendantensuche begeben. Vielleicht wissen wir danach etwas besser, welche Person zu den dann aktuellen „Leipziger Verhältnissen“ passt.

Redner: Peter Geiling, Stadtrat der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Stadträtinnen und Stadträte,
sehr geehrte Gäste,

das Stadtbad wurde am 14. Juli 1916, also vor genau vor 91 Jahren, den Leipziger Bürgern zur Nutzung übergeben.
Es war bis 2004 ein wichtiges Hallenbad. Viele Leipziger sind in den Schwimmhallen baden gegangen und haben die historischen Saunen genutzt.
Leider konnte die Stadt Leipzig nicht die Mittel für die Sanierung aufbringen, so dass das Stadtbad im Jahr 2004 mit der Gründung der Bädergesellschaft geschlossen werden musste.

Danach wurde das Stadtbad zur Vermarktung weltweit ausgeschrieben. Bis heute hat sich kein Investor gefunden, der das Stadtbad kaufen und sanieren will. Es ist darum logisch, die Vermarktung auszusetzen.

2006 haben Leipziger Bürger eine Förderstiftung Leipziger Stadtbad gegründet, deren Ziel es ist, über Sponsoren und Spenden das Stadtbad zu retten und einer sportlichen Nutzung zu überführen.
Diese Initiative unterstützt die SPD-Fraktion.

Das Stadtbad ist ein wertvolles Gebäude der Stadt Leipzig, dass nicht dem Verfall preisgegeben werden darf.
Das sich die Stadt zur Förderstiftung bekennt, ist zu begrüßen. Wir als Stadträte sollten der Förderstiftung die Chance geben, ihre Konzepte umzusetzen.

Zum ÄA der FDP/BF:
Die Vermarktung des Stadtbades bis zum 31.03.08 auszusetzen, ist nicht zielführend.
Für die Sponsorentätigkeit der Unternehmen, wo die Stadt die Mehrheit hat, ist der Aufsichtsrat zuständig. Dies sollte der Stadtrat nicht an sich ziehen. Denn welche Kultur-, Sport- und soziale Vereine die Unternehmen fördern, muss mit ihrer Unternehmensstrategie übereinstimmen.
Die SPD-Fraktion lehnt den Änderungsantrag daher ab.

Redner: Gunter Müller, Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,
werte Gäste,
die geprüfte Jahresrechnung weist Ergebnisse aus, mit denen wir im Haushaltsaufstellungsverfahren nicht gerechnet haben. Entgegen der Planungsannahme schloss der Verwaltungshaushalt mit einem positiven Ergebnis ab. Auch im Vermögenshaushalt war das Jahresergebnis günstiger als die Planung.
Im verabschiedeten Haushalt gingen wir von einem Defizit von über 20 Mio. EURO aus. Tatsächlich wurde ein positives Ergebnis erzielt, sodass der Altfehlbetrag in Höhe von 23 Mio. EURO teilweise zurückgeführt werden konnte. Der Altfehlbetrag beträgt nunmehr noch 76,5 Mio. EURO.
Ende des Haushaltsjahres betrugen die Schulden der Stadt Leipzig nahezu 905 Mio. EURO. Die Pro-Kopf-Verschuldung betrug 1.808,00 EURO bezogen auf den 30.09.2005.
Die Haushaltssituation hat sich somit etwas entspannt, wegen der problematisch hohen Verschuldung muss jedoch die Konsolidierung unbedingt fortgesetzt werden.
Die Verbesserung des Ergebnisses im Verwaltungshaushalt konnte erreicht werden, weil überplanmäßige Mehreinnahmen die Mehrausgaben insbesondere im Bereich des SGB II mehr als kompensierten. Erwähnenswert ist insbesondere die positive Entwicklung der Steuereinnahmen.
Der Prüfbericht des Rechnungsprüfungsamtes endet mit der Empfehlung an den Stadtrat, die Jahresrechnung feststellen zu lassen. Das Prüfungsamt stellt fest, dass die Jahresrechnung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Haushaltslage vermittelt.

Allerdings war das Amt bei der Darstellung des Prüfungsergebnisses u. a. veranlasst anzuführen, dass Einnahmen und Ausgaben nicht immer dem Grund und der Höhe nach den Rechtsvorschriften und Beschlüssen des Stadtrates entsprachen und dass die Vorschriften zur Kostenrechnung nicht im erforderlichen Umfang beachtet werden.
Hierzu möchte ich einige Beispiele anführen. Bei einigen Kultureinrichtungen fordert das Prüfungsamt bereits seit Jahren die Vollkostenrechnung. Als Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses fordere ich Sie, Herr Dr. Girardet, nochmals auf, nun endlich für eine rechtmäßige Kostenrechnung bei sämtlichen Kulturbetrieben zu sorgen.

Seit Jahren hatte das Prüfungsamt darüber hinaus bemängelt, dass das Grünflächenamt teilweise die Grundsteuer B den Nutzern nicht weiterberechnet hat. In der Zwischenzeit konnte erreicht werden, dass das Amt nunmehr rechtskonform die Beträge von den Nutzern fordert. Allerdings ist eine abschließende Geltendmachung der Altforderungen bisher nicht vollzogen worden. Auch ist der Stadtrat bisher nicht über personalrechtliche Konsequenzen informiert worden. Da der Einnahmeverlust über 300.000,00 EURO beträgt, sollte hier endlich ein Abschluss gefunden werden.
Ebenfalls seit Jahren fordert das Rechnungsprüfungsamt eine Dienstanweisung für Verfahren zum Erlass privatrechtlicher Forderungen. Auch hier sollte kurzfristig eine Veränderung herbeigeführt werden.

Der Ausschuss hat sich auch mit der Problematik Rückforderung von Zahlungen wegen Wohnungsgenossenschaftsanteilen beschäftigt. Hier wurden in der Vergangenheit im Rahmen der Sozialhilfeleistungen Genossenschaftsanteile durch die Stadt finanziert. Der Ausschuss hat dem zuständigen Amt und dem Rechtsamt konkrete Vorschläge unterbreitet, wie die noch verbleibenden Probleme geregelt werden könnten. Wir haben nun die Hoffnung, dass das Rechtsamt nun in der Lage sein wird, unsere Vorstellungen zu realisieren.
Das Thema Liegenschaften wurde bereits öffentlich diskutiert. Hier fordere ich die Verwaltung auf, die Anregungen des Prüfungsamtes aufzunehmen und u. a. eine Vermögensnachweisführung für alle Liegenschaften herbeizuführen.

Abschließend noch ein Hinweis an die Vertreter der Wirtschaftsförderung.
Das Prüfungsamt und der Prüfungsausschuss fordern seit langem, dass, wie in den anderen Dezernaten, Zuwendungen an Vereine und Verbände nur gewährt werden, wenn die notwendige Fachförderrichtlinie besteht. Hier besteht nach wie vor dringender Handlungsbedarf.

Der Prüfungsbericht enthält aus meiner Sicht noch weitere sinnhafte Empfehlungen an die Verwaltung. Ich kann diese aus Zeitgründen nicht einzeln aufführen, halte es jedoch für sinnvoll, wenn in unserem Ausschuss noch in diesem Jahr über die mögliche Umsetzung berichtet wird.

Die SPD-Fraktion wird der Feststellung der Jahresrechnung zustimmen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und den Mitarbeitern des Prüfungsamtes für die geleistete Arbeit.

Redner: Gunter Müller, Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,
werte Gäste,

die Ratsversammlung soll heute zu Finanzvorgängen votieren, die mehrere Jahre zurückliegen. Der Darlehensvertrag mit der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft stammt beispielsweise aus dem Kalenderjahr 1997. Dieser Darlehensvertrag und andere Verträge sollen wir nun nachträglich genehmigen. Für die SPD-Fraktion kann ich sagen, dass wir diese Genehmigungen mittragen werden.
Die Genehmigungen sind erforderlich geworden, weil die entsprechenden Verträge dem Stadtrat damals nicht übergeben wurden.

Bereits bei den Prüfungen der Jahresrechnungen 2001 und 2002 hatte das Rechnungsprüfungsamt die Finanzbeziehungen der Stadt Leipzig mit der LVV thematisiert. Ein nachfolgender Prüfbericht wurde von der Verwaltung so nicht akzeptiert.
Der Rechnungsprüfungsausschuss hat sich dann in der Zeit 2004 und 2005 in 10 Sitzungen mit der Gestaltung dieser Finanzbeziehung beschäftigt. Der damalige Oberbürgermeister hatte uns für die Beratungen sämtliche relevanten Verträge ausgehändigt. In den Beratungen mussten die Vertreter des Rechnungsprüfungsausschusses zunächst feststellen, dass die Verwaltungsvertreter das Verwaltungshandeln hinsichtlich dieser Finanzvorgänge rechtfertigten. Erst nach mehreren Beratungen und insbesondere nach Veränderungen in der Verwaltungsspitze rückten die Verwaltungsvertreter von den ursprünglichen Positionen ab. Nunmehr schließt sich die Verwaltung nahezu vollumfänglich den Feststellungen des Rechnungsprüfungsausschusses an. Deshalb wird nun auch seitens der Verwaltung die Notwendigkeit gesehen, die ursprünglich geschlossenen Verträge von der Ratsversammlung genehmigen zu lassen.
Im Auftrag des Ausschusses habe ich im Sommer 2005 den damaligen Oberbürgermeister gebeten, unsere Stellungnahme zu den Finanzvorgängen dem Stadtrat zu übergeben. Dies ist nun endlich mit fast zweijähriger Verspätung geschehen. Aufgrund dieser Erfahrung sollten wir im Stadtrat diskutieren, ob wir die Prüfungsordnung zukünftig nicht so ändern, dass der Rechnungsprüfungsausschuss das Recht erhält, wesentliche Feststellungen unmittelbar dem Stadtrat mitteilen zu können.
Positiv anzumerken ist, dass diese Vorlage und damit auch unser Abschlussbericht öffentlich im Stadtrat beraten werden.

Lassen Sie mich als Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses auf unsere Stellungnahme zu diesen Finanzvorgängen näher eingehen.
Der Stadtrat wurde in diesen Angelegenheiten regelmäßig nicht oder nur unvollständig einbezogen. Einige Vereinbarungen wurden noch nicht einmal in der Dienstberatung des Oberbürgermeisters beraten. Nahezu sämtliche Verträge wurden ohne Mitwirkung des Rechtsamtes gefertigt. Die Qualität der meisten Verträge war erschreckend.
Der Stadtrat wurde über einen längeren Zeitraum nicht darüber informiert, dass der Stadt umfangreiche Ansprüche aus dem Darlehensvertrag gegenüber der LVV zustanden. Mitunter entstand der Eindruck, dass die Finanzbeziehungen der Stadt mit der LVV durch die jeweilige Haushaltslage geprägt wurden. Eine strategische Vorgehensweise war uns nicht ersichtlich.
Auch nach Beratung dieser Finanzvorgänge in unserem Ausschuss  handelten einige Vertreter der Verwaltung so als hätte es unseren Abschlussbericht nicht gegeben. So wurde Ende 2005 eine weitere Tilgungsvereinbarung mit der LVV getroffen und im Januar 2006 ein weiterer Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag.

Mir ist nicht erklärlich, warum unsere Vorschläge verwaltungsseitig nicht viel früher umgesetzt wurden. Die jetzigen Beschlussvorschläge hätten aus meiner Sicht bereits Ende 2005 dem Stadtrat zugeführt werden können.
Anlässlich unserer Feststellungen haben wir der Verwaltung einige, wie wir meinen, nützliche Handlungsempfehlungen gegeben. Insofern verweise ich auf unseren Bericht. Ich will an dieser Stelle lediglich anführen, dass wir die Notwendigkeit eines wirksamen Vertragscontrollings sehen und auch die Einrichtung eines beratenden Ausschusses für Rechtsangelegenheiten anregen.
Ich denke, dass sich derartige Vorgänge nicht wiederholen werden. Die Verwaltungsspitze sollte jedoch zukünftig bei einer derartig eindeutigen Rechtslage bemüht sein, die Vorschläge von Stadträten zeitnah umzusetzen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Rednerin: Dr. Anke Kästner, Stadträtin der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung,
werte Damen und Herren Bürgermeister,
Kollegen und Kolleginnen des Stadtrates,
liebe Gäste!

Einerseits begrüße ich es ausdrücklich, dass die Drucksache zum Thema Einführung eines Chipkartensystems zur Versorgung der Asylbewerber uns endlich zur Abstimmung vorliegt. Andererseits macht es mich aber auch sehr unzufrieden.
Ich begrüße es deshalb, weil ich weiß, dass sich im Rathaus seit mehreren Jahren die sog. Asylrunde trifft, die sich während dieser Zeit u.a. immer wieder der Landesebene gegenüber dafür eingesetzt hat, dass derzeitig noch praktizierte Katalogbestellsystem abzuschaffen und stattdessen auf humanere und weniger diskriminierende Verfahren umzustellen, und zwar besonders deshalb, weil

  1. die Artikel im Katalog überteuert angeboten werden
  2. eine diskriminierende Ausgrenzung der Asylbewerber vom normalen Einkaufsalltag und damit auch aus wesentlichen Teilen der Gesellschaft stattfindet
  3. verhindert wird, dass die Asylbewerber in Geschäften ihrer Landsleute bzw. ähnlicher Kulturkreise einkaufen können und damit auch ein Stück Heimatgefühl verlieren
  4. das Geld in der Regel der lokalen Ökonomie verloren geht.

Der Asylrunde gehören Vereine, Verbände Behörden usw. an, wie z.B. Caritas, RAA, Sozialamt, der Ausländerbeauftragte und andere. Die Mehrheit von ihnen machte sich hierbei aber von Anfang an für die Auszahlung von Bargeld stark, ein Verfahren, was auch von unserer Fraktion bevorzugt wird, weil:
–    die Lebensqualität der Asylbewerber durch freie Lebensmittel- und Geschäftswahl deutlich erhöht wird
–    eine Gleichbehandlung aller Bevölkerungsgruppen, die Sozialhilfe beziehen, gewährleistet wird (so muss das Argument der Kontrollmöglichkeit über die Verwendung der Geldmittel, z.B. in Bezug darauf, was bei den Kindern ankommt; entweder für alle gelten, oder für keinen). Alles andere wäre diskriminierend, wenn nicht gar rassistisch.

Dieses war jedoch bis dato aufgrund der Regelung, dass die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erbringenden Leistungen für Asylsuchende im Freistaat Sachsen grundsätzlich als Sachleistungen zu erbringen sind, so nicht möglich, was mich bzw. unsere Fraktion sehr unzufrieden macht.
Daraufhin versuchte die Stadt Leipzig mehrmals wenigstens die Genehmigung zur Einführung eines Chipkartensystems zu erhalten, was zwar nicht optimal wäre, aber dennoch deutlich besser als das derzeitige Katalogbestellsystem. Jedoch auch das schien bisher so nicht möglich.

Seit kurzem, genauer gesagt seit dem 1. Dezember letzten Jahres haben wir in Sachsen eine etwas veränderte Situation. Nachdem in der Stadt Dresden das Chipkartensystem vom Stadtrat beschlossen und vom SMI bestätigt wurde, aber dennoch kein Anbieter gefunden wurde, der die geforderten Ausschreibungskriterien erfüllen konnte, läuft dort bis zum 30 Juni 2008 ein Modellprojekt zur Bargeldauszahlung.
Dieses soll im Anschluss ausgewertet werden, wobei zu hoffen ist, dass dabei herauskommt, dass dieses das humanere, kostengünstigere und von Seiten der Verwaltung gesehen am wenigsten aufwendige Verfahren ist. Aber das kann dauern!

Da wir möchten, dass sich endlich und vor allem schnellstmöglich etwas zum Vorteil der Asylbewerber bewegt, und wir glauben, dass die erfolgreiche Umsetzung des Antrages der Linken, so sympathisch uns dass inhaltliche Anliegen auch ist, nicht gelingen wird, schlagen wir aufgrund der Erfahrungen, die Dresden gemacht hat, folgenden Ergänzungsantrag vor:
Einführung eines Punktes 3. im Rahmen des Vergabeverfahrens ist unter Beteiligung des Fachausschusses JSGS zu prüfen

  • ob die bestellten fachinhaltlichen Anforderungen an den Betrieb eines Chipkartensystems vollständig abgedeckt werden sowie
  • das System gegenüber Alternativlösungen wirtschaftlich ist.

Nach dieser Prüfung ist entweder das System zu beauftragen oder eine Ausnahmegenehmigung beim SMI bezüglich der Barauszahlung von Taschengeld und Sachleistungen (per Zahlungsanweisung) zu beantragen. Die Definition der fachinhaltlichen Anforderungen können von uns bzw. der Verwaltung bestimmt werden.

Deshalb und nur deshalb, weil wir glauben, das dieser Weg der am schnellsten zielführende ist, möchten wir sie bitten den Antrag der Linken abzulehnen und stattdessen der Verwaltungsvorlage einschließlich unseres Ergänzungsantrages zuzustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!