Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Redner: Jürgen Wesser, Stadtrat der SPD-Frakttion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herrn Stadträte,
werte Gäste!
Ein Kollege aus dem Rat hat vor einiger Zeit richtig festgestellt, dass Anträge selbst erklärend sein sollen.
Ich denke unser Antrag „Erhöhung der Schulwegsicherheit“ erfüllt diese Forderung. Erlauben Sie mir trotzdem noch einige wenige Worte.
Mein Heimatstadtteil Grünau, den ich entgegen allen Unkenrufen, wie die Mehrheit aller Grünauer, für attraktiv halte und in dem es sich gut lebt, ist Heimat für die Förderschule für Blinde und Sehschwache „Filatow Schule“.
Die Schüler dieser Schule müssen, wenn sie nicht für ihren Schulweg den Bus nutzen, die viel befahrene Lützner Str. queren.
Die Bushaltestellen beider Richtungen sind für Kraftfahrer zu spät erkennbar und die nächste Ampel ist so weit entfernt, dass sie von den Schülern nicht mehr genutzt wird.
Die Schüler überqueren die Str. durch eine Lücke im Fahrzeugstrom.
Unfälle sind vorprogrammiert und schon passiert.
Ziel unseres Antrages ist es, diese Gefahrenstelle auf eine wirtschaftliche sinnvolle Weise zu entschärfen.
Dem kommt die Verwaltung mit ihrem Standpunkt nach.
Es wird richtig festgestellt, dass die Querung nicht nur für die Filatow Schüler, sondern auch für die Schüler des Klinger Gymnasiums wichtig ist, die an dieser Stelle vom Bus in die Bahn umsteigen.
Die Bewohner der neu entstehenden Wohnsiedlung Schönau, die auch wegen der guten Infrastruktur Grünaus schneller wächst als geplant, benötigen dringend eine sichere Querungsmöglichkeit.
Dass dafür keine Mittel aus dem Programm Schulwegsicherheit eingesetzt werden ist folgerichtig, ebenso die Verantwortlichkeit des Tiefbauamtes.
Wir hoffen, dass die Verwaltung unseren Antrag entsprechend der Abfolge ihres Standpunktes schnellstmöglich umsetzt und werben in diesem Sinne um Zustimmung.
Grünau soll auch für seine neuen Bürger noch ein Stückchen attraktiver werden.

Redner: Gerhard Pötzsch, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herrn Stadträte,
werte Gäste,
zieht man von der Stadt Leipzig die Kultur ab, bleiben Häuser übrig und Menschen, die diese Häuser bewohnen. Die Stadt ist dann eine beliebige Stadt wie andere Städte auch.
Der besondere Ruf, den diese mitteldeutsche Stadt, unsere Heimatstadt, in Europa und der Welt noch besitzt, ist zuförderst davon geprägt, was für kulturelle Leistungen in ihren Mauern geschaffen und bewahrt worden sind. Ihre hier gebürtigen oder über viele Jahre hier lebenden Töchter und Söhne, ich beziehe da auch gerne alle Adoptivkinder ein, haben diesen Ruf über Jahrhunderte fleißig in die Welt getragen. Sie sind verstanden worden und haben ein Echo gefunden. Das soll, das muss in Leipzig so bleiben!
Am Umgang mit Kultur (und der sie tragenden Künstler und Kulturarbeiter) bemisst sich der Reifegrad einer Gesellschaft. Nebensatz: Besonders in schwierigen Zeiten! Weiterer Nebensatz: Meldung von dpa Anfang dieser Woche: Künstler verdienen im Jahre 2006 in Deutschland durchschnittlich 823 € und fünfundzwanzig Cent pro Monat!
Geld ist knapp, nicht nur für Künstler, auch die Kassen der Kommunen sind gähnend leer. Der Handlungsspielraum der Stadt Leipzig ist, wir wissen das alle, außerordentlich überschaubar geworden.
Wir verhandeln heute: Drucksache Nr. IV/1479 samt Ergänzung und Tischvorlage.
Wir lassen uns von gähnender Kassenleere also nicht anstecken, sondern wollen – nein, müssen geradezu! die beste, und – unter kaufmännischen Gesichtspunkten betrachtet – auch sinnvollste Entscheidung zur Unterbringung der Musikschule Leipzig treffen!
In der LVZ vom 21. Juni 2006 war zu lesen: „Musikschule erhitzt Gemüter“. Die Fakten liegen auf dem Tisch:
Die Musikschule arbeitet mit großem Engagement und Erfolg am Erhalt und am Fortbestehen des kulturellen Klimas in dieser Stadt. Sie erfüllt alle an sie gestellten Aufgaben vorbildlich, schafft und erhält damit einen Teil der Fundamente, auf denen sich unserer Kulturlandschaft gründet, besitzt nach den uns im Rat selbst gestellten Kriterien höchste Priorität, und seit 1999 endlich auch sehr gute räumliche Arbeitsbedingungen am Standort Petersstraße 43. Der Besitzer der Immobilie, einer sehr werthaltigen Immobilie, wie alle damit befassten Experten bestätigen –
beiseite gesprochen: späterer gewinnbringender Verkauf nicht ausgeschlossen! – bietet der Stadt diese Immobilie zu außerordentlich vernünftigen Konditionen nun zum Kauf an. Die Ausschreibung läuft.
Eine exzellente Geschichte.
Exzellenz – in unserem Fall: eine hervorragende und vortreffliche Bildungseinrichtung – dies weiß jeder in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur Verantwortliche, gehört in den entwickelten Industrieländern zum wertvollsten Besitz überhaupt. Sie gehört damit bewahrt, vor Angriffen beschützt und in ihrem Bestand bestärkt!
Einige Stadträte lehnen aus Kassenlage den Kauf einer weiteren städtischen Immobilie strikt ab. Sie favorisieren den Umzug der Musikschule in ein anderes Objekt, welches sich in städtischem Besitz befinden muss, und welches dann, entsprechend den Bedürfnissen der Musikschule, eben herzurichten sei. Damit erhält, so argumentieren sie weiter, sogar noch der eine oder andere hiesige Handwerker möglicherweise einen Auftrag.
Andere sind sich ihrer Entscheidung noch nicht sicher. Sie fühlen sich noch nicht umfänglich informiert. Sie wollen eine Entscheidung aus dem Bauch heraus nicht treffen. Auch sie verweisen immer wieder auf die Kasselage und Verantwortung.
Als Mitglied des Betriebsausschuss und Fachausschuss Kultur habe ich noch keine Vorlage in den Händen gehalten, anhand derer dermaßen ausführlich und detailliert der lange und zeitaufwendige Genesisprozess der entsprechenden Drucksache nachzuvollziehen war. In zeitintensiven Gesprächen zum Thema, zu verschiedensten Terminen, unter Hinzuziehung der Leitung der Musikschule und verschiedener Mitglieder der Elternvertreter, nicht zuletzt bei einem kürzlich stattgehabten  Ortstermin in Schönefeld, wurden mögliche Alternativen zum jetzigen Standort gründlich erörtert und diskutiert. Dabei wurden Ausbaukosten, Umzugskosten, Mietkosten und Neubaukosten – einzeln und im Vergleich – ebenso besprochen, wie Zinsen für Kredite, Vorteile eines Kommunaldarlehens,  Ratenzahlungen und Leerstandskosten bei vorläufig geschlossenen Schulen. Es wurde über die Akzeptanz des jeweiligen Standortes, die möglichen Befindlichkeiten der Elternschaft der Musikschüler mit einem veränderten Standort, den Prognosen auf Ausbleiben von Schülern bei einer entsprechenden Standortverlagerung, die verkehrstechnische Anbindung der Schule, damit verbundene Sicherheitsfragen – wir reden über teilweise sehr junge Schüler – die Größe des Konzertsaales bis hin zu seiner Deckenbemalung gesprochen. Wir parlierten über das sehr wünschenswerte, aber leider eben noch nicht erstellte und damit verfügbare Konzept, aus dem hervorgeht, was für städtische Eigenbetriebe optimal zur entsprechenden und im Besitz der Stadt stehenden Immobilie passen. Wir hörten Einwände wegen notwendiger Lärmdämmung in den einzelnen Unterrichtskabinetten und der damit verbundenen Zusatzkosten. Wir konnten also zur Kenntnis nehmen, so wir es nur wollten, dass sich viele Menschen, sehr verantwortlich, um dieses Papier bemüht haben. Aus Respekt vor der umfänglichen Arbeit der damit befassten Ämter und der Verwaltung an dieser  Drucksache samt ihren Ergänzungen, die mit Sicherheit alles andere als einfach war, möchte ich mich, von dieser Stelle aus, bei den damit beauftragten Mitarbeitern ausdrücklich bedanken. Ich jedenfalls fühle mich gut informiert und bin Entscheidungsreif!
Noch etwas: den Kollegen, die in den letzten Tagen immer neue Standortvorschläge ins Gespräch gebracht haben – über diese ominöse Papier-Posse aus dem Liegenschaftsamt, die Lumumbastraße 2 betreffend, will ich mich an dieser Stelle nicht auslassen, dort erwarte ich vom Beigeordneten, Herrn Bürgermeister Müller, gelegentlich eine Information über die Konsequenzen für deren Verursacher – möchte ich sagen, redet doch einfach mal im Vorfeld der Entscheidung mit euren Fraktionsmitgliedern in den entsprechenden Fachausschüssen. Manchmal klärt sich da schon einiges.
Ich meine, es gibt eine Zeit des Redens und es gibt die Zeit des Entscheidens. Heute steht eine Entscheidung an!
Sollte jemand, was ich ausdrücklich nicht unterstellen will, einzig aus persönlichen, egoistischen, also wahlkreistaktischen Erwägungen heraus, den einen oder anderen Standort jenseits der Petersstrasse 43 ins Gespräch gebracht haben, wäre das verantwortungslos. Für solcherart Spielchen ist das Thema Musikschule wirklich absolut ungeeignet!
Ein Allerletztes: der Stadtrat Ansbert Maciejewski gefiel sich schon bei dem besagten Ortstermin in Schönefeld in der sinngemäßen Aussage, „dass Kulturamt habe alles dafür getan, diesen (seiner Meinung nach möglichen Standort für die Musikschule, nämlich Schönefeld) als ungeeignet erscheinen zu lassen“. Ich empfand dies, den dort anwesenden Vertretern des Amtes gegenüber, als grobe Unverschämtheit. Gestern musste ich diese Aussage als wörtliches Zitat erneut in der LVZ lesen. Es bleibt mir wirklich schleierhaft, was sich der Herr Stadtrat bei solchen Äußerungen denkt.
Ich möchte dafür werben, der vorliegenden Vorlage grundsätzlich zuzustimmen. Ich vertraue darauf, dass wir mehrheitlich in der Lage sind, kluge Entscheidungen zu treffen.

Rednerin: Dr. Margot Trexler, Stadträtin der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren
ich bin eine öffentlich bestellte und vereidigte Gutachterin für die Bewertung von Grundstücken und möchte aus dieser Sicht einige wirtschaftliche Betrachtungen zu dem gegenwärtigen Standort der Musikschule Johann-Sebastian-Bach in der Petersstraße 43 und Alternativstandorten anstellen.
Das denkmalgeschützte Objekt Petersstraße 43, welches seit 1999 als Musikschule genutzt wird, weist gegenüber den Alternativstandorten Th. Mommsen Schule, die allerdings nicht mehr zur Verfügung steht, der ehem. 122. Schule, dem Beruflichen Schulzentrum 2 und der ehemaligen Gaudigschule folgende Vorteile auf:
Das Gebäude wurde bereits für das Konzept einer Musikschule saniert und um- und ausgebaut. Damit fallen bei Kauf dieses Objektes keine Sanierungskosten wie bei den anderen Schulen an, welche über dem Verkehrswert von 4,7 Mio. EUR für das Objekt Petersstraße 43 liegen. Zum Beispiel sollen die Sanierungskosten für die ehemalige Gaudigschule
6,55 Mio. EUR und 4,9 Mio. EUR für das ehemalige Berufliche Schulzentrum 2 betragen.
Die ehemalige 122. Schule liegt zwar mit 3,33 Mio. EUR Sanierungsaufwand unter dem Verkehrswert, ist aber aufgrund der 33 % geringeren Hauptnutzfl. nicht vergleichbar und auch flächenmäßig allein für die Musikschule nicht ausreichend.
Trotz dieser hohen Sanierungskosten wird eingeschätzt, dass die wirtschaftliche Restnutzungsdauer der Alternativobjekte gegenüber dem Objekt Petersstraße 43 aufgrund der sehr soliden Bausubstanz und aufwendigen Sanierung des Baudenkmals kürzer sein wird und der vorhandene hohe Ausstattungsgrad mit 4 Treppenhäusern, 2 Personenaufzügen für je 13 Personen, mit einer Hebebühne für Rollstuhlfahrer, Einbauschränken, Einbauküchen, Klimaanlage und einem Konzertsaal mit Parkett, Holzverkleidungen und einer repräsentativen Deckenmalerei nicht erreicht wird.
Auch die vom Hochbauamt geschätzten Kosten für einen Schulneubau auf einem stadteigenen Grundstück liegen mit über 6 Mio. EUR weit über dem Kaufpreis der Petersstraße 43. Dabei muss noch beachtet werden, dass in einem 1-jährigen Sanierungs- oder Neubauzeitraum, die in diesem Jahr anfallenden Mietausgaben von 242.00,00 EUR und Umzugskosten von 120.000,00 EUR neben dem Sanierungs- bzw. Neubauaufwand noch zusätzlich anfallen.
Eine weitere wirtschaftliche Überlegung besteht darin, die Mietkosten über den vertraglich gebundenen Zeitraum von 30 Jahren in Höhe von 8,3 Mio. EUR für das Objekt Petersstraße abzuzinsen. D. h. welches Anfangskapital würde sich ergeben, um mit Zins und Zinseszins über 30 Jahre das Endkapital von 8,3 Mio. EUR zu erreichen. Bei einem Liegenschaftszinssatz von 6 % und einer Laufzeit von 30 Jahren ergibt sich ein Anfangswert in Höhe von 3,8 Mio. EUR. Dieser liegt zwar unter dem Verkehrswert wird sich aber erhöhen unter Beachtung:
– der Bodenbewertung
– der Miete des gegenwärtigen Mieters Kaffee Richter und möglicherweise weitere Mieteinnahmen durch zusätzliche Vermietung
– einer längeren Restnutzungsdauer als der Mietzeitraum von 30 Jahren und damit höheren Erträgen.
Neben diesen wirtschaftlichen Betrachtungen zu den Schulgebäuden übt die Lagegunst des Grundstückes noch einen entscheidenden Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit aus. Gegenüber den Alternativstandorten besitzt das Grundstück in der 1 a Innenstadtlage mit attraktiver Innenstadtbebauung, kurzen Wegen zu Einkaufs- und Dienstleistungseinrichtungen und den umliegenden 5 Haltestelleninseln weitaus bessere Lagefaktoren und damit nachhaltig bessere Vermietungs- und Vermarktungschancen.
Eine weitere Aufwertung erhält dieser Standort ab dem Jahr 2009 durch seine Lage inmitten der beiden dann fertiggestellten S-Bahnstationen am Markt und am W.-Leuschner-Platz.
Hinsichtlich einer weiteren Nutzung der Musikschule in der Petersstraße ergäbe sich neben dem wirtschaftlichen auch ein wichtiger kommunalpolitischer Aspekt, welcher in der weiteren Nutzung durch die Kinder und Jugendlichen in einem Objekt, in welchem sie seit Jahren gern lernen, musizieren und Konzerte geben, besteht. Besonders wichtig sind dabei die günstigen verkehrlichen Anbindungen, die von keinem Alternativstandort erreicht werden.
Zurückkommend auf dem Beschlusstext der Vorlage „Grundsatzentscheidungen zum Erwerb des Grundstückes Petersstraße 43“ möchte ich aus gutachterlicher Sicht darauf hinweisen, dass aus folgenden Gründen ein großer Verhandlungsspielraum zwischen Verkehrswert und Kaufpreis besteht:
Der aus dem Jahr 2005 ermittelte Verkehrswert basiert aus einer angenommen gewerblichen Nutzung für das Objekt mit einem Restaurant, dem Ladenlokal Kaffee Richter, einem neuen Ladenlokal und Büro- und Lagerräumen. Von diesem, aus dieser Nutzung resultierenden Ertragswert, wurde der Verkehrswert von 4,7 Mio. EUR abgeleitet. Es wird eingeschätzt, dass wegen der großen Unsicherheit, diese oder eine ähnliche Konzeption realisieren zu können, gegenwärtig kein bzw. geringes Marktinteresse von Investoren besteht, weil aufgrund denkmalpflegerischer Auflagen, die lange Fassade der Schillerstraße nicht geöffnet werden darf und somit keine Läden und Restaurants an dieser Seite bzw. ihr Eingangsbereich genehmigt werden würden. Hinzu kommt, dass Kosten für Umnutzungen aufgrund neuer Nutzungsstrategien anfallen werden, die vom Kaufpreis noch abgesetzt werden müssten. Die im Gutachten dafür eingesetzten 298.400,00 EUR werden als viel zu gering eingeschätzt. Des Weiteren besteht ein sehr großes Problem in der Stellplatzsituation, die keineswegs zufriedenstellend für den Bedarf bei einer gewerblichen Nutzung gelöst werden kann.
Abschließend möchte ich Ihnen mitteilen, dass die SPD-Fraktion mehrheitlich der Beschlussvorlage zustimmen wird.

Redner: Prof. Dr. Thomas Fabian, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herrn Stadträte,
werte Gäste,
wir haben von der Verwaltung einen umfangreichen Bericht mit statistischem Material über Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen und Informationen über entsprechende Angebote in Leipzig zur Kenntnisnahme erhalten. Es handelt sich bei diesem Bericht um eine umfassende Aufarbeitung des Ist-Zustandes in der Behindertenhilfe in Leipzig.
Ziel einer Politik für Menschen mit Behinderungen sind die Integration in die Gesellschaft und die Normalisierung der Lebensverhältnisse. Im Lebenslauf sollen Schulbesuch und Integration in die Arbeitswelt und gegebenenfalls die Teilnahme an tagesstrukturierenden Angeboten ermöglicht werden. In jedem Lebensabschnitt soll ein barrierefreier Zugang zu allen gesellschaftlichen Bereichen gewährleistet sein.
Die Arten von Behinderung sind sehr unterschiedlich und erfordern jeweils geeignete Maßnahmen. Besonders auffallend ist, dass die Zahl der psychischen Behinderungen bei den Schwerbehinderten sich seit 1993 insgesamt verdoppelt hat. Der Anteil der Schüler mit emotionaler und sozialer Behinderung hat sich in diesem Zeitraum mehr als verdoppelt. Dies finde ich deswegen besonders beunruhigend, weil es hier eindeutige Zusammenhänge mit der sozialen Lage gibt. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass diese Zahlen allein auf eine umfangreichere und genauere Diagnostik zurückgeführt werden können.
Die psychosozialen Belastungen nehmen offensichtlich zu und betreffen alle Altersgruppen. So können wir im aktuellen Heft der Gesundheitsberichterstattung des Bundes nachlesen, dass bei Männern ein Viertel und bei Frauen sogar mehr als ein Drittel der Frühberentungen aufgrund psychischer Erkrankungen erfolgen.
Mit dem Konzept zur Integration und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen beschließen wir heute einen Maßnahmeplan, der sich aus den jeweiligen Handlungsempfehlungen im Bericht ergibt. Dieser Maßnahmeplan ist umfangreich und sieht zeitnahe Zielsetzungen vor. Sehr gut finde ich die Festlegung, dass regelmäßig ein Trendreport Behindertenhilfe erstellt werden soll, in dem die notwendigen Informationen in einem einheitlichen Berichtswesen verbunden werden. Diese Berichte können eine Grundlage für Entscheidungen über weitere Maßnahmen sein, nicht zuletzt auch solche, die kostenrelevant sind.
Wir sollten auch darauf drängen, dass in regelmäßigen Abständen über die Erfüllung oder auch Nichterfüllung dieser Maßnahmen in übersichtlicher Form berichtet wird. So sind die im Jahr 1996 beschlossenen einhundertfünf Maßnahmen in der Anlage des Berichtes 2005 zwar aufgelistet, der Hinweis, dass in den entsprechenden Kapiteln auf die damaligen Maßnahmevorschläge eingegangen wird, macht eine Überprüfung allerdings zu einer ziemlich mühseligen Lektüre.
Ich möchte ausdrücklich begrüßen, dass die Empfehlungen des Seniorenbeirates und die Anregungen des Behindertenbeirates von der Verwaltung systematisch aufgegriffen und eingearbeitet wurden. Auf diese Weise konnten sachkundige Bürger Einfluss auf die Verwaltung und Politik nehmen.
Die SPD-Fraktion wird dieser Vorlage zustimmen.

Redner: Prof. Dr. Thomas Fabian, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herrn Stadträte,
werte Gäste,
Beziehungen zu anderen Menschen sind Teil unserer sozialen Identität. In ähnlicher Weise gehören Städtepartnerschaften zum Selbstbild einer Stadt. Sie sind Ausdruck unserer Weltoffenheit und unseres Interesses an Beziehungen mit Menschen aus anderen Kulturkreisen. Sie beeinflussen aber auch das Bild, das sich Besucher unserer Stadt von uns machen. Insofern haben Städtepartnerschaften neben dem praktischen Nutzen auch einen hohen symbolischen Wert.

Leipzig pflegt zur Zeit Partnerschaften mit dreizehn Städten in aller Welt. Diese Städtepartnerschaften werden von vielen Menschen und engagierten Vereinen in Leipzig mit Leben gefüllt. Durch dauerhafte Hinweise auf die Städtepartnerschaften im öffentlichen Raum der Stadt könnte eine stärkere Verankerung dieser überregionalen und internationalen Beziehungen in den städtischen Alltag erreicht werden.

Wir haben deshalb vorgeschlagen, eine Informationstafel zu den Städtepartnerschaften der Stadt Leipzig an einer geeigneten Stelle in der Innenstadt aufzustellen. Ich freue mich, dass sowohl die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als auch die Verwaltung diesen Vorschlag aufgegriffen und weitere Ideen entwickelt haben. Eine dauerhafte Präsentation der Partnerstädte im Eingangsbereich des Rathauses würde zum Ausdruck bringen, dass uns die Städtepartnerschaften wichtig sind. Aktuelle Informationen würden das Interesse weiterer Bürgerinnen und Bürger an unseren Städtepartnerschaften wecken. Besonders kreativ finde ich auch den Vorschlag, Kurzinformationen zu den Partnerstädten, zumindest aber deren Namen dauerhaft in die Gestaltung der Pflasterung bzw. Straßenoberfläche im Zuge der Neugestaltung der Grimmaischen Straße bis zum Universitätsjubiläum einzubringen.

Die Fußballweltmeisterschaft mit dem Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“ ist ein guter Anlass, Hinweise auf die Städtepartnerschaften von Leipzig im Stadtzentrum zu installieren. Da nun nicht mehr viel Zeit bis zum Beginn des ersten Spiels in Leipzig bleibt, bietet der Vorschlag der Verwaltung, zunächst einen Werbeturm mit knappen Informationen über die Partnerstädte im Stadtzentrum aufzustellen, eine sinnvolle Lösung.

Ich freue mich, dass das Leipziger Rathaus nicht nur rauchfrei wird, sondern durch einen Aufsteller mit aktuellen Informationen zu unseren Partnerstädten in der Unteren Wandelhalle auch internationales Flair erhält.

Wir übernehmen den Verwaltungsstandpunkt zu unserem Antrag und stimmen ebenfalls dem Verwaltungsstandpunkt zum Ergänzungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu.
Ich bitte Sie um Zustimmung.

Redner: Prof. Dr. Thomas Fabian, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herrn Stadträte,
werte Gäste,

vor noch nicht allzu langer Zeit gab es nicht wenige Filmstars, die Portraitfotos von sich machen ließen, auf denen sie unbefangen eine brennende Zigarette in der Hand hielten. Das ist heute nur noch selten der Fall. Die Zigarette in der Hand sollte ein Symbol für eine ausdrucksstarke Persönlichkeit, Unabhängigkeit oder gar Rebellion sein. Es gab sogar Zeiten, da war das Rauchen mit dem Habitus des Intellektuellen verknüpft. Auch das ist inzwischen vorbei. Die Gründe für das Rauchen sind letztlich trivial, es wird geraucht, weil man sich daran gewöhnt hat oder davon abhängig ist.

Die Geschichte des Rauchens in Europa beginnt im 16. Jahrhundert, nachdem Seeleute den Tabak aus Süd- und Mittelamerika mitbrachten. Die Tabakpflanze war nicht nur Genussmittel, sie wurde auch als Zierpflanze und Heilmittel verwendet. Im 17. Jahrhundert wurde das Tabakrauchen von der Obrigkeit mit massiven Sanktionen und Verboten bekämpft. Tabakrauchen wurde aus religiösen Gründen abgelehnt, es wurde mit Laster und aufrührerischen Gedanken in Verbindung gebracht. In England wurde Rauchen zur Sünde erklärt, in Russland wurde Rauchern mit Auspeitschen, Aufschneiden von Nase und Lippen und Verbannung gedroht. In der Türkei wurden Raucher damals sogar geköpft. Im Herzogtum Lüneburg galt noch 1691 die Todesstrafe.

Die Aussicht auf neue Steuerquellen und ökonomische Interessen führten jedoch dazu, dass von der Prohibition weitgehend abgesehen wurde. Zwar war das Rauchen beispielsweise in Berlin innerhalb der Stadtgrenzen bis zur Aufhebung des Rauchverbots 1848 praktisch nur in den eigenen vier Wänden erlaubt. Vor den Stadttoren lockten jedoch Ausflugslokale mit Rauchfreiheit. Das Rauchverbot galt in den Augen der Bevölkerung als Symbol reaktionärer Willkür. Tabakqualm stand für Bürgerfreiheit.

In der Kulturgeschichte des Rauchens gibt es zahlreiche Wandlungen. Das Rauchen von Pfeife, Zigarren oder Zigaretten hatte zu verschiedenen Zeiten ganz unterschiedliche Bedeutung. So war das Rauchen mal mit einem hohen und mal mit einem niedrigen sozialen Status verknüpft. Es wirkte sowohl abgrenzend als auch gemeinschaftsbildend.Im Verlauf des ersten Weltkriegs wurden Zigaretten an Soldaten verteilt, um die Hölle in den Schützengräben erträglicher zu machen. Die Zigarette verbreitete sich dann als Alltagsdroge. Passend zum Industriezeitalter verkürzte die Zigarette den Rauchvorgang, die Zigarettenlänge wurde zu einer Zeiteinheit.Mit der in den 50er Jahren beginnenden umfangreichen wissenschaftlichen Erforschung der gesundheitsschädlichen Folgen des Rauchens setzte ein langsamer aber unaufhaltsamer Imagewandel ein. Zunehmendes Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung führt inzwischen zu einem Rückgang der Anzahl der Raucher auch in Deutschland.

Gesundheitliche Aufklärung, politische Maßnahmen und gesetzliche Regelungen sollen den Tabakkonsum eindämmen. Die Weltgesundheitsorganisation hat eine Anti-Tabak-Konvention verabschiedet. Vor wenigen Wochen startete die bundesweite Aktion „Rauchfrei 2006“, die von der Bundesregierung mit angeschoben wurde. In zahlreichen Ländern ist das Rauchen in öffentlichen Gebäuden inzwischen verboten.

Mit dem Antrag „Rauchfreies Rathaus/Stadthaus Leipzig“ wollen wir einen ersten Schritt zum vollständig rauchfreien Rathaus gehen. Alle Öffentlichkeitsbereiche von Rathaus und Stadthaus sollen kurzfristig als vollständig rauchfreie Zone eingerichtet werden. Dies dient dem Schutz der Nichtraucher vor dem Passivrauchen. Schon Goethe sah im Rauchen „eine arge Unhöflichkeit, eine impertinente Ungeselligkeit“. Es gibt keinen wissenschaftlich begründbaren Zweifel über die Gefahren des Passivrauchens. Ein Rathaus ist ein ganz besonders öffentliches Gebäude mit hohem Symbolwert. Deshalb wird mit einem rauchfreien Rathaus ein deutliches Signal für gesundheitsförderndes Verhalten gesetzt.

Mit dem rauchfreien Rathaus leisten wir einen Beitrag zur Suchtprävention und verbessern den Gesundheitsschutz für Nichtraucher. Der nächste Schritt wäre die Gesundheitsförderung, also Angebote der Raucherberatung und -entwöhnung für die Raucher unter den Mitarbeitern im Rathaus.
Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Antrag.

Redner: Christopher Zenker, Stadtrat der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
werte Gäste!
Als strategisches Wirtschaftsförderungsinstrument für Personaldienstleistungen stellt die PUUL momentan noch ein Wettbewerbsvorteil mit Alleinstellungsmerkmal dar, den wir behalten sollten.
Ursprünglich war geplant, dass zu diesem Zeitpunkt der Datenraum geöffnet wird, so dass sich die Kaufinteressenten ein genaues Bild über die PUUL machen können. Nach der uns vorliegenden Vorlage entscheiden wir heute jedoch darüber, ob wir die PUUL in städtischen Besitz belassen.

Die PUUL bietet uns die einzigartige Möglichkeit Wirtschaftsansiedlungen aus einer Hand zu betreiben. Auf diese Art und Weise kann die Stadtverwaltung nicht nur die Grundstücke bereitstellen und Fördergelder organisieren, sondern auch für das notwendige Startpersonal sorgen. Dabei kann die PUUL, die sich zu 100% in städtischen Besitz befindet, dafür Sorge tragen, insbesondere Arbeitslose bzw. Langzeitarbeitslose aus der Region wieder ins Erwerbsleben zu bringen. Außerdem kann sie dafür sorgen, auch älteren Erwerbslosen eine neue Chance auf Arbeit zu geben. Zusätzlich kümmert sich die PUUL um Arbeits- und Ausbildungsplätze für Jugendliche unter 25 Jahren.

Auch private Personaldienstleister profitieren von den Aktivitäten der PUUL, denn die PUUL kommt nur in der Phase der Unternehmensansiedlung zu Zuge. Nachdem der Startpersonalbestand erreicht wurde und die Unternehmensansiedlung damit abgeschlossen wurde, kommen die privaten Personaldienstleister zum Zuge und gleichen Fluktuationen in der Arbeitnehmerschaft der Unternehmen aus.

Entgegen früherer Aussagen können sich auch die IHK und die Handwerkskammer mit einer PUUL im städtischen Besitz anfreunden. Die Forderungen, den Beschluss nicht aufzuheben, sondern vorerst nur aufzuschieben und 2008 einer erneuten Prüfung zu unterziehen, unterstützt die SPD-Fraktion. Deshalb stimmen wir der Vorlage und dem Änderungsantrag der Linke.PDS mit großer Mehrheit zu.