Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Redner: Prof. Dr. Thomas Fabian, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herrn Stadträte,
werte Gäste,

vor noch nicht allzu langer Zeit gab es nicht wenige Filmstars, die Portraitfotos von sich machen ließen, auf denen sie unbefangen eine brennende Zigarette in der Hand hielten. Das ist heute nur noch selten der Fall. Die Zigarette in der Hand sollte ein Symbol für eine ausdrucksstarke Persönlichkeit, Unabhängigkeit oder gar Rebellion sein. Es gab sogar Zeiten, da war das Rauchen mit dem Habitus des Intellektuellen verknüpft. Auch das ist inzwischen vorbei. Die Gründe für das Rauchen sind letztlich trivial, es wird geraucht, weil man sich daran gewöhnt hat oder davon abhängig ist.

Die Geschichte des Rauchens in Europa beginnt im 16. Jahrhundert, nachdem Seeleute den Tabak aus Süd- und Mittelamerika mitbrachten. Die Tabakpflanze war nicht nur Genussmittel, sie wurde auch als Zierpflanze und Heilmittel verwendet. Im 17. Jahrhundert wurde das Tabakrauchen von der Obrigkeit mit massiven Sanktionen und Verboten bekämpft. Tabakrauchen wurde aus religiösen Gründen abgelehnt, es wurde mit Laster und aufrührerischen Gedanken in Verbindung gebracht. In England wurde Rauchen zur Sünde erklärt, in Russland wurde Rauchern mit Auspeitschen, Aufschneiden von Nase und Lippen und Verbannung gedroht. In der Türkei wurden Raucher damals sogar geköpft. Im Herzogtum Lüneburg galt noch 1691 die Todesstrafe.

Die Aussicht auf neue Steuerquellen und ökonomische Interessen führten jedoch dazu, dass von der Prohibition weitgehend abgesehen wurde. Zwar war das Rauchen beispielsweise in Berlin innerhalb der Stadtgrenzen bis zur Aufhebung des Rauchverbots 1848 praktisch nur in den eigenen vier Wänden erlaubt. Vor den Stadttoren lockten jedoch Ausflugslokale mit Rauchfreiheit. Das Rauchverbot galt in den Augen der Bevölkerung als Symbol reaktionärer Willkür. Tabakqualm stand für Bürgerfreiheit.

In der Kulturgeschichte des Rauchens gibt es zahlreiche Wandlungen. Das Rauchen von Pfeife, Zigarren oder Zigaretten hatte zu verschiedenen Zeiten ganz unterschiedliche Bedeutung. So war das Rauchen mal mit einem hohen und mal mit einem niedrigen sozialen Status verknüpft. Es wirkte sowohl abgrenzend als auch gemeinschaftsbildend.Im Verlauf des ersten Weltkriegs wurden Zigaretten an Soldaten verteilt, um die Hölle in den Schützengräben erträglicher zu machen. Die Zigarette verbreitete sich dann als Alltagsdroge. Passend zum Industriezeitalter verkürzte die Zigarette den Rauchvorgang, die Zigarettenlänge wurde zu einer Zeiteinheit.Mit der in den 50er Jahren beginnenden umfangreichen wissenschaftlichen Erforschung der gesundheitsschädlichen Folgen des Rauchens setzte ein langsamer aber unaufhaltsamer Imagewandel ein. Zunehmendes Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung führt inzwischen zu einem Rückgang der Anzahl der Raucher auch in Deutschland.

Gesundheitliche Aufklärung, politische Maßnahmen und gesetzliche Regelungen sollen den Tabakkonsum eindämmen. Die Weltgesundheitsorganisation hat eine Anti-Tabak-Konvention verabschiedet. Vor wenigen Wochen startete die bundesweite Aktion „Rauchfrei 2006“, die von der Bundesregierung mit angeschoben wurde. In zahlreichen Ländern ist das Rauchen in öffentlichen Gebäuden inzwischen verboten.

Mit dem Antrag „Rauchfreies Rathaus/Stadthaus Leipzig“ wollen wir einen ersten Schritt zum vollständig rauchfreien Rathaus gehen. Alle Öffentlichkeitsbereiche von Rathaus und Stadthaus sollen kurzfristig als vollständig rauchfreie Zone eingerichtet werden. Dies dient dem Schutz der Nichtraucher vor dem Passivrauchen. Schon Goethe sah im Rauchen „eine arge Unhöflichkeit, eine impertinente Ungeselligkeit“. Es gibt keinen wissenschaftlich begründbaren Zweifel über die Gefahren des Passivrauchens. Ein Rathaus ist ein ganz besonders öffentliches Gebäude mit hohem Symbolwert. Deshalb wird mit einem rauchfreien Rathaus ein deutliches Signal für gesundheitsförderndes Verhalten gesetzt.

Mit dem rauchfreien Rathaus leisten wir einen Beitrag zur Suchtprävention und verbessern den Gesundheitsschutz für Nichtraucher. Der nächste Schritt wäre die Gesundheitsförderung, also Angebote der Raucherberatung und -entwöhnung für die Raucher unter den Mitarbeitern im Rathaus.
Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Antrag.

Redner: Christopher Zenker, Stadtrat der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
werte Gäste!
Als strategisches Wirtschaftsförderungsinstrument für Personaldienstleistungen stellt die PUUL momentan noch ein Wettbewerbsvorteil mit Alleinstellungsmerkmal dar, den wir behalten sollten.
Ursprünglich war geplant, dass zu diesem Zeitpunkt der Datenraum geöffnet wird, so dass sich die Kaufinteressenten ein genaues Bild über die PUUL machen können. Nach der uns vorliegenden Vorlage entscheiden wir heute jedoch darüber, ob wir die PUUL in städtischen Besitz belassen.

Die PUUL bietet uns die einzigartige Möglichkeit Wirtschaftsansiedlungen aus einer Hand zu betreiben. Auf diese Art und Weise kann die Stadtverwaltung nicht nur die Grundstücke bereitstellen und Fördergelder organisieren, sondern auch für das notwendige Startpersonal sorgen. Dabei kann die PUUL, die sich zu 100% in städtischen Besitz befindet, dafür Sorge tragen, insbesondere Arbeitslose bzw. Langzeitarbeitslose aus der Region wieder ins Erwerbsleben zu bringen. Außerdem kann sie dafür sorgen, auch älteren Erwerbslosen eine neue Chance auf Arbeit zu geben. Zusätzlich kümmert sich die PUUL um Arbeits- und Ausbildungsplätze für Jugendliche unter 25 Jahren.

Auch private Personaldienstleister profitieren von den Aktivitäten der PUUL, denn die PUUL kommt nur in der Phase der Unternehmensansiedlung zu Zuge. Nachdem der Startpersonalbestand erreicht wurde und die Unternehmensansiedlung damit abgeschlossen wurde, kommen die privaten Personaldienstleister zum Zuge und gleichen Fluktuationen in der Arbeitnehmerschaft der Unternehmen aus.

Entgegen früherer Aussagen können sich auch die IHK und die Handwerkskammer mit einer PUUL im städtischen Besitz anfreunden. Die Forderungen, den Beschluss nicht aufzuheben, sondern vorerst nur aufzuschieben und 2008 einer erneuten Prüfung zu unterziehen, unterstützt die SPD-Fraktion. Deshalb stimmen wir der Vorlage und dem Änderungsantrag der Linke.PDS mit großer Mehrheit zu.

Redner: Peter Geiling, schulpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Herr Oberbürgermeister,
werte Stadträte,
verehrte Gäste,
Die PISA-Studie zeigt, dass das deutsche Schulsystem deutliche Mängel aufweist. Kritisiert werden insbesondere die zu zeitige Bildungsdifferenzierung und die Benachteilung von Kindern aus sozial benachteiligten Schichten.

Im sächsischen Koalitionsvertrag vom November 2004 steht das Ziel, jeden einzelnen Schüler optimal zu fördern und zu fordern. Alle internationalen Erfahrungen zeigen, dass Schulen Herkunftsnachteile abbauen und Schüler individuell fördern können. Um dieses Ziel zu erreichen, können vom Schulträger die Einrichtung von Schulen mit besonderem pädagogischem Profil (Gemeinschaftsschulen) beantragt werden. Der Erlass des Kultusministeriums vom 15.07.2005 regelt die Einrichtung dieser Schulart.

Die Nachbarschaftsschule arbeitet seit ihrer Gründung als Schule im Sinne eines längeren Lernens. Dort werden seit fast 15 Jahren erfolgreich neue pädagogische Konzepte eines gemeinsamen Unterrichtes durchgeführt. Die Ganztagbetreuung der Kinder ist eines der Grundpfeiler dieses Schulversuches. Die rege Nachfrage von Eltern zur Anmeldung ihrer Kinder an der Schule – auch aus anderen Stadtteilen – zeigt ihre Attraktivität.

Das uns vorgelegte Schulkonzept zeigt, dass sich die Nachbarschaftsschule den Herausforderungen einer Gemeinschaftsschule stellen und sich im Rahmen dieses Schulkonzeptes weiterentwickeln will.
Die Notwendigkeit der Einrichtung von Gemeinschaftsschulen wird durch die Ergebnisse des Besuches des UNO-Sonderberichterstatters Vernor Munoz bestätigt. Er weist darauf hin, dass die frühe Verteilung der Schüler auf weiterführende Schulen in Deutschland ein Anachronismus ist, der auf dem Rücken einer großen Gruppe von Schülern aufrechterhalten wird.

Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse fordern wir die Eltern und Lehrer auf, im Interesse der Kinder neue Konzepte zu entwickeln und in Leipzig an weiteren Einrichtungen Gemeinschaftsschulen zu beantragen. Die Stadtverwaltung sollte diese Aktivitäten konstruktiv befördern und die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen aktiv unterstützen.

Die SPD-Fraktion freut sich über das Engagement der Nachbarschaftsschule und befürwortet einstimmig das Projekt Gemeinschaftsschule.

Redner: Peter Geiling, Sprecher der SPD-Fraktion für das Fachgebiet Allgemeine Verwaltung

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Stadträte,
verehrte Gäste!
Die Geschäftsordnung ist das Handwerkszeug des Stadtrates. Aufgrund von gesetzlichen Änderungen musste die bis jetzt gültige Geschäftsordnung von 1995 überarbeitet werden.
Im Herbst 2004 lag eine erste Fassung der Verwaltung den Stadträten vor. Insbesondere bei den Diskussionen im Fachausschuss Allgemeine Verwaltung stellte sich heraus, dass diese Fassung grundlegend überarbeitet werden muss.
Unter Berücksichtigung weiterer gesetzlicher Änderungen im Jahre 2005 wurde uns Ende 2005/Anfang 2006 ein überarbeiteter Entwurf der Geschäftsordnung vorgelegt. Hierin wurde unter anderem der Status der Fraktionen klar gestellt und die Öffentlichkeit der Sitzung geregelt.
Beim Studium der Vorlage zeigte sich, dass von Seiten der Verwaltung einige Veränderung vorgeschlagen wurden, die erklärungsbedürftig und in einigen wichtigen Punkten nicht akzeptabel waren.
Dazu gehörten z. B.:

  • die Streichung der Möglichkeit des Stadtrates die Anwesenheit der Beigeordneten zur Stadtratsitzung zu verlangen, oder
  • dass Anträge, die Mehrausgaben oder Mindereinnahmen gegenüber den Ansätzen des Haushaltsplanes beinhalten, einen Deckungsvorschlag enthalten müssen.

Dies sahen bei den Diskussionen im Fachausschuss Allgemeine Verwaltung alle Fraktionen so.
Die Vorlage wurde dementsprechend in den kritischen Punkten nochmals überarbeitet.
Nunmehr wird die SPD-Fraktion der Vorlage zustimmen.   

Redner: Prof. Dr. Thomas Fabian, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herrn Stadträte,
werte Gäste,

die Zuwanderung gehört zu den Themen, die derzeit im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen. Nachdem nun festgestellt wurde, dass Deutschland eine Einwanderungsgesellschaft ist, stellt sich die Frage, wie das Zusammenleben mit den Migranten gestaltet werden soll. Offensichtlich genügt es nicht, einen Multikulturalismus zu propagieren, der lediglich zu einem unverbindlichen Nebeneinander der Kulturen führt. Aus diesem Grunde soll die Integration von Migranten gefördert werden. Dazu reicht es jedoch nicht aus, andere Kulturen zu akzeptieren und Toleranz zu üben. Eine Integration im Sinne der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erfolgt vor allem über Kenntnisse der deutschen Sprache und über Bildung und Arbeit. Und ob Menschen, die zu uns gezogen sind, sich hier heimisch fühlen werden, hängt auch von dem Respekt ab, den wir ihnen entgegenbringen.

Städte sind die Orte, in denen die meisten Migranten leben. Sie werden deshalb auch „Integrationswerkstätten“ der Gesellschaft genannt. Hier zeigen sich Erfolge, aber auch Probleme von Zuwanderung. Integration ist also zweifellos eine Aufgabe von Kommunalpolitik.

Der letzte Bericht des Ausländerbeauftragten der Stadt Leipzig erschien vor zehn Jahren. Seitdem ist die Anzahl der Ausländer auf ca. sechs Prozent der Leipziger Wohnbevölkerung gestiegen. Schon aus diesem Grund haben wir den Antrag gestellt, dass die Ratsversammlung mit einem aktuellen Bericht über konkrete Ansätze einer Integrationspolitik der Stadt Leipzig detailliert informiert wird.

Die Verwaltung hat von sich aus vorgeschlagen, die integrationsbezogenen Aktivitäten weiterer Ämter und Referate in den Bericht des Referates Ausländerbeauftragter einzubeziehen. Diese Ergänzung haben wir gerne übernommen. Aus den Darstellungen in dem Bericht sollte erkennbar werden, wie diese Aktivitäten vernetzt und koordiniert sind. Wir gehen davon aus, dass in dem Bericht nicht nur beschrieben wird, was getan, sondern vor allem, was mit den integrationsbezogenen Aktivitäten bewirkt wurde. In dem Bericht sollte auch angegeben werden, in welchen Bereichen zusätzlicher Handlungsbedarf besteht.

Meine Damen und Herrn, ich möchte in diesem Zusammenhang auf zwei Dinge hinweisen:

Die Integration von Migranten ist eine Querschnittsaufgabe verschiedener Politikbereiche. Um die damit verbundenen Aufgaben zu bewältigen, bedarf es einer ämterübergreifenden Zusammenarbeit im Rahmen einer Gesamtkonzeption und einer Gesamtsteuerung. Wie kann diese Gesamtsteuerung erfolgen? Die Bundesintegrationsbeauftragte ist nicht mehr bei einem Ministerium angesiedelt, sondern als Staatsministerin im Kanzleramt. In Stuttgart wurde eine Stabsabteilung für Integrationspolitik eingerichtet. Offensichtlich wird Integrationspolitik immer häufiger zur „Chefsache“. Vielleicht sollte auch in Leipzig ein entsprechendes Referat im Geschäftsbereich des Oberbürgermeisters angesiedelt werden. Noch haben wir in Leipzig die Chance, Integration vorausschauend zu gestalten.

Zur Integration gehört auch die Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen. Aus diesem Grunde ist zu überlegen, ob nicht auch in Leipzig ein Ausländer- bzw. Migrantenbeirat berufen werden sollte. Eine solche Entscheidung sollten wir jedenfalls gemeinsam treffen. Integrationspolitik ist nur dann erfolgreich, wenn sie von allen Fraktionen getragen wird.

Zuwanderung bedeutet nicht nur einen Zugewinn an kultureller Vielfalt, nein, sie beinhaltet auch eine Menge Potentiale für die wirtschaftliche Entwicklung. Leipzig hat als weltoffene Stadt auf die Herausforderungen der Zuwanderung mit Gelassenheit und Besonnenheit reagiert. Das soll so bleiben.

Der Bericht des Ausländerbeauftragten wird eine gute Grundlage für die weitere Gestaltung der Integrationspolitik in Leipzig sein.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Antrag.

Redner: Prof. Dr. Thomas Fabian, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herrn Stadträte,
werte Gäste,

der Allgemeine Sozialdienst verfügte bisher über acht Außenstellen. Nun sollen jeweils zwei der acht Sozialbezirke an einem Standort untergebracht werden. Diese räumliche Zusammenführung wird seitens der Verwaltung mit der geänderten Struktur des Sozialamtes, der Reduzierung von Gebäudebewirtschaftungskosten und der Streichung von Stellen für Schreib- und Verwaltungskräfte begründet. Sie erfolgt also allein, um Kosten zu sparen. Fachliche Gründe werden und können auch nicht angeführt werden, da gerade der Allgemeine Sozialdienst möglichst dezentral verankert sein sollte.

Es stellt sich die Frage, ob die Verringerung der Standorte dennoch vertretbar ist, wenn gleichzeitig die Gliederung des Allgemeinen Sozialdienstes in acht Sozialbezirke beibehalten wird. Nun ist der Allgemeine Sozialdienst nicht in erster Linie eine Anlaufstelle, die von Hilfesuchenden spontan aufgesucht wird. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ASD sind durch Hausbesuche viel im Außendienst tätig, Termine in den Dienststellen sind häufig vorher telefonisch verabredet. Die Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung hängt nicht wirklich von der räumlichen Entfernung des Büros der Sozialarbeiterin ab. Insofern könnte vermutet werden, dass sich die Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des ASD nicht erheblich verschlechtern.

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen befürchtet jedoch, dass die Zusammenlegung von Außenstellen des Allgemeinen Sozialdienstes dazu führen kann, dass Hilfeangebote weniger genutzt werden. Ich halte diese Bedenken für berechtigt im Hinblick auf diejenigen, die kurzentschlossen und unangemeldet den ASD aufsuchen. Auch denjenigen, die bisher in der unmittelbaren Nähe einer Außenstelle gewohnt haben, fällt es möglicherweise schwerer, längere Wege zurückzulegen. Ich bin deshalb ebenfalls der Auffassung, dass die Zusammenlegung der Standorte kritisch beobachtet werden muss.

Eine wissenschaftliche Begleitung, wie sie in dem vorliegenden Antrag vorgeschlagen wird, halte ich jedoch nicht für erforderlich. Aus meiner Sicht genügt eine detaillierte Dokumentation des Fallaufkommens. Die relevanten Daten müssten sowieso von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ASD selbst systematisch erhoben werden. Wie gut eine Frage nach den Auswirkungen von Veränderungen beantwortet werden kann, hängt nach meiner Erfahrung weniger von der Wissenschaftlichkeit einer Untersuchung als vielmehr von der Bereitschaft der Mitarbeiter ab, sich die Zeit zu nehmen, die notwendigen Informationen lückenlos aufzuzeichnen. Abgesehen davon wären belastbare Aussagen nur möglich, wenn bereits vor der Zusammenlegung entsprechende Daten erhoben wurden. Dann könnte ein Vorher/Nachher-Vergleich hinsichtlich der Inanspruchnahme von Hilfeangeboten angestellt werden. Die Sozialbezirke, die an ihrem bisherigen Standort verblieben sind, wären wie in einem Quasiexperiment die Kontrollgruppe.

Ich schlage vor, dass die Verwaltung die Zusammenlegung von Standorten des ASD auswertet und im nächsten Jahr einen entsprechenden Bericht vorlegt. Da das Berichtswesen zu den Aufgaben der Verwaltung gehört und geeignete Fachleute in der Verwaltung tätig sind, können die nicht unerheblichen Kosten einer wissenschaftlichen Begleitung vermieden werden.

Die SPD-Fraktion wird diesem Antrag nicht zustimmen.

Rednerin: Ingrid Glöckner, Stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr amtierender Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren!

Standen bisher die Gründerzeitquartiere und die Großsiedlungen im Fokus der Diskussion zur Stadtentwicklung, greift diese Vorlage den Bestand an Wohnanlagen auf, der bisher zu unrecht eher unterrepräsentiert war. Dabei prägen gerade diese Siedlungen der 20er und 30er Jahre nicht unwesentlich das Stadtbild außerhalb der Kernstadt.
Große Bestände sind bereits saniert und gut vermietet. Die Wohnungsgrundrisse sind häufig typisiert und sprechen deshalb auch nur eine bestimmte Mieterklientel an. Angebot und Nachfrage sind ausgeglichen und dieses Marktsegment ist im Wesentlichen ausgeschöpft.
Nur durch aufwendige Sanierungen und Umbauten können weitere Potentiale erschlossen werden. Die Eigentümer – LWB und Genossenschaften – werden kaum in der Lage sein, ohne entsprechende Fördermöglichkeiten diese Bestände zu sanieren und dem Wohnungsmarkt wieder zur Verfügung zu stellen. Positive Beispiele wie die Sanierung des Dunkerviertels sind nur mit Fördermitteln zu realisieren.

Eine Chance für die künftige Entwicklung dieser Wohnanlagen ist die Umsetzung innovativer Umbauprojekte. Gemeinsam mit den Eigentümern sind Nutzungskonzepte zu entwickeln, die den Anwohnern in öffentlichen Foren zur Diskussion gestellt werden müssen.
Als exemplarisches Beispiel für diese Überlegungen wird die Erla-Siedlung im Norden der Stadt genannt. Hierzu hat es bereits in der Vergangenheit Diskussionen mit dem Eigentümer LWB gegeben. Bis heute gibt es kein Konzept, wie es mit der Siedlung weitergehen soll.
Überlegungen, diesen Standort aufzugeben und mit Eigenheimen zuzubauen, wäre die schlechteste Lösung, die sich in der Öffentlichkeit nicht vermitteln lässt. Wir erwarten von der LWB ein mit den Bewohnern abgestimmtes innovatives Entwicklungskonzept. 
Wünschenswert wäre eine kostengünstige Sanierung mit erschwinglichen Mieten. Diese Möglichkeit kann bei den derzeitigen Finanzierungsmöglichkeiten nicht umgesetzt werden.
Ich könnte mir z.B. ein ökologisches Modellprojekt für junge Familien vorstellen, die auch Eigenleistungen erbringen können, ähnlich der Selbstnutzerprojekte in den Gründerzeitvierteln.
Die Finanzierung könnte über Mittel, die der Bund für Wohnraummodernisierung und ökologisches Bauen im Rahmen des geplanten Konjunkturpaktes zur Verfügung stellen wird, erfolgen.