Maßnahmen gegen die Zweckentfremdung von privatem Wohnraum
Beschlussvorschlag:
- Der Oberbürgermeister wird beauftragt, sich bei der sächsischen Staatsregierung für eine Zweckentfremdungsverbotsverordnung einzusetzen und wirkt dabei darauf hin, dass die Kommunen auch Eingriffsmöglichkeiten bekommen, wenn vermietbarer Wohnraum lange Zeit leer steht und nicht vermietet wird.
- Der Oberbürgermeister schafft umgehend eine Datengrundlage für die Stadt Leipzig, durch die ersichtlich wird, in welchem Ausmaß Wohnraum zweckentfremdet wird und wie sich das auf den Mietwohnungsmarkt auswirkt. Dafür werden bereits unterjährig sowie im kommenden Doppelhaushalt entsprechende Mittel eingestellt. Der Oberbürgermeister setzt
sich in diesem Zusammenhang bei der sächsischen Staatsregierung dafür ein, dass die Kommunen bei der Erarbeitung dieser Datengrundlage unterstützt werden. - Der Oberbürgermeister wird beauftragt, mit der Immobilienwirtschaft ins Gespräch zu kommen und sie für dieses Thema zu sensibilisieren.
- Der Oberbürgermeister berichtet noch im 2. Quartal 2018 im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau über die Zahl der in den vergangenen anderthalb Jahren legal zu
Ferienwohnungen umgewidmeten Wohnungen sowie über die Zahl der Wohnungen für die eine Umwidmung, vor allem in Ferienwohnungen, beantragt worden ist.
Begründung:
Über kommerzielle Übernachtungsplattformen wie Airbnb, Wimdu oder 9flats werden auch in Leipzig immer häufiger Mietwohnungen als Touristenunterkünfte angeboten. Dabei handelt es sich oft auch um Wohnungen, die eigens dafür angemietet wurden, um sie dann an Touristen unterzuvermieten. Durch diese Praxis wird dem Mietwohnungsmarkt vor allem in den Ballungsräumen und insbesondere in innerstädtischen Quartieren Wohnraum dauerhaft entzogen. Auch die im vergangenen Jahr auf Bundesebene vorgenommene Änderung der Baunutzungsverordnung, durch die legale Zweckentfremdungen von Wohnraum vereinfacht worden sind, trägt ihren Teil dazu bei, dass Wohnungen über legale Umwidmungen zu Ferienwohnungen werden können. Hierzu gibt es auch in Leipzig mindestens ein aktuelles Beispiel, in dem ein großer Immobilienentwickler in der Karl-Heine-Straße Mietwohnungen auf legale Weise umgewidmet hat, wodurch eben Mietwohnraum verloren geht.
Noch im April 2017 sah der Freistaat auf Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen im sächsischen Landtag (Drs.-Nr.: 6/8891), wegen einer in Sachsen hohen Leerstandsquote, noch kein Problem. Er räumte jedoch ein, dass das Thema der Zweckentfremdung von Wohnraum speziell in Leipzig und Dresden diskutiert werde. Ferner teilte der Innenminister in seiner Antwort auf die Anfrage mit, dass die Staatsregierung eine gesetzliche Regelung zum Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum prüfen würde, sollten die Kommunen dies vorschlagen.
Um ein mögliches Zweckentfremdungsverbot einführen zu können, braucht die Stadt eine verlässliche Datengrundlage, wie sich die Zweckentfremdung auf den Leipziger Mietwohnungsmarkt auswirkt. Damit soll Notwendigkeit einer solchen Regelung nachgewiesen werden. Da sich die Lage am Wohnungsmarkt weiter zuspitzt, sollte hier vonseiten der Stadtverwaltung schnell gehandelt werden, weshalb auch eine unterjährige Bereitstellung von Mitteln angezeigt ist. Schließlich soll diese Studie zeitnah in Auftrag geben werden. Ferner sollen die notwendigen Mittel für die Umsetzung des Wohnungspolitischen Konzepts auch bei der Aufstellung des kommenden Doppelhaushalts entsprechend berücksichtigt werden.
Die Versorgung mit regulärem Wohnraum ist eine der großen Aufgaben, vor denen wachsende Städte stehen. Mit Blick auf Leipzig liegt die Leerstandsquote bei vermietbarem Wohnraum aktuell bei unter 2 Prozent, wodurch es besonders für einkommensschwächere Haushalte schwierig geworden ist, eine adäquate Wohnung auf dem Markt zu finden. Die Situation wird durch eine dauerhafte Zweckentfremdung von Wohnraum als Touristenunterkünfte noch zusätzlich verschärft.
Vor diesem Hintergrund ist ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum, dass von Land erlassen werden muss, ein Instrument, um mehr Wohnraum an den Markt zu bringen. Großstädte wie Hamburg und München haben bereits seit Jahren gültige Zweckentfremdungsverbote, auch vor dem Hintergrund, dass die Lage am Wohnungsmarkt dort noch deutlich problematischer ist als in Leipzig. Im Hamburg beispielsweise können Mietwohnungen, die der Vermieter lange Zeit leer stehen lässt, temporär enteignet werden, um diese wieder dem Mietwohnungsmarkt zuzuführen. Es ist zu befürchten, dass sich auch in Leipzig der Wohnungsmarkt in den nächsten Jahren noch schwieriger gestalten wird, wodurch auch solche Handlungsoptionen eine Rolle spielen könnten.