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Rede von Stadträtin Pia Heine zum Haushaltsantrag VIII-HP-10414 „Beratung und Prävention stärken – wirksam gegen sexualisierte Gewalt vorgehen“

[Es gilt das gesprochene Wort]

Pia Heine

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Beigeordnete,

sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,

liebe Gäste auf der Tribüne und im Livestream,

jede dritte Frau erlebt mindestens ein Mal in ihren Leben physische oder sexualisierte Gewalt. Sexuelle Belästigung im Alltag, am Telefon und im digitalen Raum beispielsweise in Form obszöner Anspielungen oder Gesten, dem unerwünschten Zusenden von Bildern oder Videos mit pornografischem Inhalt, über Angrapschen bis hin zu Vergewaltigung, sexuellem Missbrauch, dem Erzwingen sexueller Handlungen, Zwangspornografie – sexualisierte Gewalt hat viele Gesichter.

Die Zahl der einschlägigen Straftaten im Bereich sexualisierte Gewalt steigt in Leipzig jährlich an. Die Dunkelziffer hinter den offiziellen Statistiken wird jedoch noch viel höher geschätzt – Behörden und Beratungsstellen gehen davon aus, dass beispielsweise nach wie vor 85-95% aller Vergewaltigungen nicht zur Anzeige gebracht werden.

Um die Präventionsarbeit zum Schutz vor sexualisierter Gewalt und die dafür nötige Opferberatung in Leipzig intensiver als bisher zu fördern, beantragen wir in einem gemeinsamen Haushaltsantrag der Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke für das Haushaltsjahr 2025 zusätzlich 100.000 EUR und für das Jahr 2026 zusätzlich 200.000 EUR. Damit sollen Träger wie beispielsweise Frauen für Frauen e.V., Bellis e.V. und weitere freie Träger mit Schwerpunkt auf Beratungsleistungen im Bereich sexualisierte Gewalt unterstützt werden.

Im Verwaltungsstandpunkt wird dargelegt, dass mit der Einrichtung der kommunalen KIS (Koordinierungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking) nun eine zusätzliche Beratungsstelle bereitsteht. Wir begrüßen die Einrichtung der KIS über alle Maßen, aber sie widmet sich den Bereichen häuslicher Gewalt und Stalking. Für die Opfer sexualisierter Gewalt hat die Stadt Leipzig Stand Oktober 2024 nur drei Fachberaterinnen. Bei der 45. Sicherheitskonferenz des Kommunalen Präventionsrates im vergangenen Oktober hat sich die Stadt Leipzig zum Ziel gesetzt, das Beratungsnetz für Opfer von sexualisierter Gewalt auszubauen. Es wurde dargelegt, dass in einer Stadt wie Leipzig eigentlich etwa 40 Mitarbeitende für die Beratung nötig wären. Eine reine Dynamisierung der bisherigen Förderung reicht also nicht aus, um den Bedarf auch nur annähernd zu decken.

Nun sind wir uns der angespannten Haushaltslage natürlich bewusst – deswegen beschränken wir uns mit unserem Antrag auf eine Aufstockung bestehender Strukturen in der vorhandenen Trägerlandschaft, deren Angebote bereits erfolgreich laufen, aber schlichtweg an ihre Grenzen stoßen. Vielleicht ein Beispiel: Allein bei der Beratungsstelle bei Bellis e.V. gingen im vergangenen Jahr mehr als 150 Beratungsanfragen ein. Durch einen kontinuierlichen Bedarfsanstieg und steigender Bekanntheit des Angebots in Leipzig wie auch im Landkreis kann der Beratungsbedarf mit den wenigen vorhandenen Ressourcen nicht mehr gedeckt werden. Dies führt dazu, dass sich die Wartezeiten für Betroffene – aktuell 8-10 Wochen – stetig erhöhen und diese Personen (zunächst) abgewiesen werden müssen.

Ziel unseres Antrags ist es deswegen, die Unterstützungslandschaft im Bereich sexualisierter Gewalt zu stärken und in der Konsequenz auch Betroffene damit zu bestärken, mehr Straftaten zur Anzeige zu bringen.

Wir bitten deswegen um Zustimmung. Vielen Dank!