,

Rede zum Antrag „Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung“

Redner: Heiko Oßwald, Stellv. Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

werte Stadträtinnen und Stadträte, werte Gäste,

ein paar offene Worte vorweg. Wir haben es uns mit den vorliegenden Anträgen zur Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung nicht leicht gemacht und ja wir haben dazu heftig diskutiert und teilweise unterschiedliche Ansichten. Wir werden deshalb auch nicht einheitlich abstimmen. Die eine Hälfte der Fraktion wird der Abschaffung zustimmen, die andere Hälfte favorisiert den Verwaltungsstandpunkt. Ich spreche für den Teil der SPD-Fraktion, der für die Abschaffung stimmen wird.

Keine andere kommunale Satzung ist in Deutschland so umstritten wie die Straßenausbaubeitragssatzung. Hunderte anhängige Klagen, überforderte Verwaltungsangestellte und Juristen, deutschlandweit zahlreiche Anwohner- und Bürgerinitiativen sprechen ein klare Sprache dafür, welche Akzeptanz- und Rechtsprobleme diese Satzungen verursacht haben. Die Meinungen reichen hier von grundsätzlicher Ablehnung, Straßenerneuerung sei eine Aufgabe der Daseinsvorsorge und ist von der Allgemeinheit zu tragen, bis zur Ablehnung wegen vieler Ungerechtigkeiten im Detail. Eckgrundstücke, Grundstücke mit viel Hinterland oder Grundstücke an einseitig bebauten Straßen zahlen mehr, Straßen mit Durchgangsverkehr werden schneller abgenutzt, Straßen mit Instandhaltungsstau müssen viel teuer saniert werden, die Probleme sind sehr vielfältig und sehr emotional für die Betroffenen.

Daher haben die Länder Baden Württemberg, Berlin und Hamburg die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen gänzlich abgeschafft, Bayern ist wegen der aufziehenden Landtagswahl gerade dabei. Schleswig Holstein, Niedersachsen, Thüringen, Saarland, Rheinland Pfalz und Sachsen stellen es den Kommunen frei, diese Beiträge zu erheben. In Sachsen haben die beiden anderen großen kreisfreien Städte, Dresden und Chemnitz bereits von diesem Ermessenspielraum Gebrauch gemacht und erheben diese Beiträge seit geraumer Zeit nicht mehr. Ja und Leipzig hat auch diesen Ermessenspielraum, von der Landesdirektion bestätigt. Solange eine Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen aus der Liquidität oder durch Kreditaufnahme möglich ist, liegt es im Ermessen der Gemeinde, diese Beiträge zu erheben. Die größeren Spielräume aus der in 2016 geänderten Entschuldungskonzeption musste Leipzig bis jetzt noch nicht in Anspruch nehmen (größtenteils wegen der zeitlichen Verschiebung von Investitionen) und konnte weiter Schulden tilgen. Damit ist das Argument vom Tisch, Leipzig hätte gar keinen Ermessenspielraum und das Kommunale Abgabengesetz (KAG) müsste erst noch geändert werden.

Ein weiteres Argument für die Beibehaltung der Beiträge, welches immer angeführt wird, ist das der wirtschaftlichen Begünstigung der Anlieger aufgrund der Baumaßnahmen. Die Idee der Straßenausbaubeitragssatzung kommt aus der kommunalen Urzeit, aus der Ära der autogerechten Stadt. Damals galt die Auffassung, wird die Straße größer, schöner und breiter, dann ist das auch gut für den Anrainer. Aber heute gibt es immer mehr Menschen, gerade auch in Großstädten, die haben gar kein Auto mehr und nutzen andere Verkehrsmittel. Und die wollen dann nicht noch dafür zahlen, dass mehr Autos am eigenen Wohnzimmer vorbei rasen. Daher ist das mit der wirtschaftlichen Begünstigung für Anlieger ein sehr zweischneidiges Schwert und derjenige der sein Grundstück nicht verkaufen will und weiter dort wohnen will, kann von der Wertsteigerung des Grundstücks die Beiträge sowieso nicht bezahlen. Ganz zu Schweigen, was das Thema Wohneigentumsförderung angeht. Auch hier ist die Abgabe sehr kontraproduktiv.

Leipzig hat in den letzten Jahren ca. 1,8 Mio. Euro/Jahr eingenommen bei ca. 300.000 Euro Verwaltungsaufwand. Natürlich fehlen diese Mittel im Haushalt. Aber es sind auch 26 Klagen anhängig mit einer streitbehafteten Summe von 2,7 Mio. Euro und weiteren 700.000 Euro Außenständen. Mal ganz ehrlich, zur Haushaltskonsolidierung taugt diese Abgabe nicht, sie bewegt sich auf dem Niveau der Vermögensteuer. Entscheidend wird sein, wie es uns gelingt, den positiven Trend bei der Gewerbesteuer fortzuschreiben (in den letzten 10 Jahren eine Steigerung von über 100 Mio. Euro) und wie es den Kommunen in Sachsen bei der Neuordnung der Länderfinanzbeziehungen ab 2020 gelingt, ihren berechtigten Anteil aus den Gemeindesteuerkraftzuweisungen einzufordern. Genau dort, wird finanzpolitisch die Musik spielen. Dennoch empfehlen wir der Verwaltung, sich über den Sächsischen Städte- und Gemeindetag beim Freistaat Sachsen für eine generelle Streichung aus dem KAG einzusetzen und statt dessen eine adäquate Gegenfinanzierung einzufordern, z.B. über einen Gemeindeanteil an der Kfz.-Steuer, die ja eine Landessteuer ist.