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Die Verteilung von Knöllchen an parkende Autos in der Karl-Heine-Straße kritisiert Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat und Sprecher für Stadtentwicklung der SPD-Fraktion.

„Jahrelang wurde das Parken auf einem Teil des sehr breiten Gehweges geduldet und war kein Problem. Jetzt, von einer Woche auf die andere, wird es plötzlich sanktioniert. Ich frage mich, was zu der Neubewertung der Verwaltung geführt hat, ob die Neubewertung ausreichend unter den Bewohnern kommuniziert wurde und vor allem, welche Alternativen die Stadt für Ihre Bürgerinnen und Bürger mit einem Kfz, die seit Jahren in der Karl-Heine-Straße parken durften, vorschlägt.

Auf diese Fragen habe ich im zuständigen Fachausschuss leider keine befriedigenden Antworten erhalten. Ich möchte daher den Bürgermeister für Umwelt/Ordnung/Klima und den Leiter des Ordnungsamtes auffordern, das Aussprechen von Verwarnungsgeldern zunächst ruhen zu lassen und stattdessen in einer Bürgerinformationsveranstaltung und in den Gremien des Stadtrates die Thematik zu erörtern“, fordert Abraham, der u.a. Mitglied und Sprecher der SPD-Fraktion im Fachausschuss Umwelt/Ordnung/Klima ist. „Es ist ein seltsames Vorgehen, dass Autos künftig wieder vollkommen kostenfrei in Innenstädten parken dürfen, wie es aktuell die FDP fordert. Es ist aber auch Unsinn, eine jahrelang gängige Praxis von heute auf morgen zu bestrafen, ohne Alternativen anbieten zu können. Interessanterweise dürfen Autos im vorderen bereits sanierten Bereich der Karl-Heine-Straße zwischen Nonnen- und Kolbestraße in Parkbuchten genauso parken, wie im hinteren Bereich Richtung Erich-Zeigner-Allee, was jetzt verboten wird. Das versteht kein Mensch und verärgert nur alle Betroffenen“, so Abraham abschließend.

Redner: Claus Müller, Sprecher der SPD-Fraktion für den Bereich Umwelt/Ordnung

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr  Oberbürgermeister,
sehr geehrter Herr Polizeipräsident,
sehr geehrter Herr Prof. Mühler,
sehr geehrte Damen und Herren,

Ordnung in und Sicherheit für unsere Stadt sind ein weites Feld. Was muss man unbedingt nennen, was kann man weglassen, weil vielleicht weniger wichtig? Eigentliche nichts! Es ist und wird also schwierig das Thema in fünf Minuten annähernd zu beschreiben. Trotzdem der Versuch.

Sozusagen als Einleitung, ein paar persönliche Worte von mir über Begebenheiten, die auch zur Problematik gehören und die ich, und sicher nicht nur ich, tagtäglich beobachten muss. Ein Großteil unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger  hat die Achtung vor dem Nächsten verloren. Das beginnt damit, dass ungeduldige Autofahrer sofort hupen, wenn der Vordermann bei Grün nicht nach einer Sekunde los fährt, dass Radfahrer gedankenlos auf dem Fußweg fahren, dass auch ältere Menschen zum Queren der Straße nicht die 200 Meter entfernte Lichtsignalanlagen-gesteuerte und damit sichere Kreuzung nutzen und endet beim Diebstahl auf Friedhöfen, an Eisenbahnstrecken und in Kleingartenanlagen auf der Suche nach Buntmetall.

Ich möchte keine Statistik mit einer Fülle von Zahlen bringen, die sicherlich objektiv sind, aber doch nicht alles beschreiben. Wichtig für den Bürger ist auch das subjektive Sicherheitsgefühl. Darüber wurde heute schon ausführlich gesprochen. Polizei und auch Ordnungsamt müssen vor Ort präsent sein. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sind die Bürgerpolizisten. Sie müssen aber besser wahrgenommen werden. Ähnlich verhält es sich mit dem Seniorensicherheitsdienst. Hier geben im Ehrenamt ältere Damen und Herren ihr Wissen an „ihre“ Personengruppe weiter und helfen deren Selbstvertrauen zu stärken.

Damit wären wir bei der Prävention. Hier müssen Stadt und Polizei eng zusammenarbeiten. Erste Anzeichen für eine Verbesserung sind erkennbar. Ein wichtiges Instrument dabei ist ein funktionsfähiger Kriminalpräventiver Rat, in dem viele Akteure mitarbeiten.
Die Aufklärungsarbeit muss im Kindergarten beginnen und wie eben genannt im Seniorenbereich enden. Hier darf es, was das Personal betrifft, keine Kürzungen geben. Mitglieder unserer Fraktion konnten sich über ein gut funktionierendes Projekt im Bereich Graffiti überzeugen. Hier engagiert sich zum Beispiel eine Beamtin der Polizeidirektion, in dem sie Aufklärungsarbeit in Kindergärten und Schulen durchführt, sowie in Jugendtreffs der Stadt legale „Sprüharbeiten“ begleitet und unterstützt. Nun ist natürlich die Frage, schafft dies alles eine Person?
Ein weiteres Problem ist die zunehmende Drogenabhängigkeit und damit verbundene Beschaffungskriminalität. Auch hier muss präventiv viel Aufklärungsarbeit geleistet werden.

Natürlich hat alles seine Grenzen. Sobald die Schwelle zur Kriminalität überschritten ist, muss die Strafverfolgung mit allen Konsequenzen greifen. Das bedeutet auch, dass genügend Polizeibeamte zur Verfügung stehen, um Täter zu verfolgen und auch dingfest zu machen, im Anschluss daran die Straftatvorgänge zügig zu bearbeiten und zum Abschluss zu bringen. Nur so kann es Erfolge geben.

Aber auch die „einfacheren“ Delikte, die Ordnungswidrigkeiten, dürfen nicht aus dem Auge verloren werden. So muss verstärkt kontrolliert werden, ob die Hundehalter ihren Pflichten nachgehen, dass die Hauseigentümer, da ist die Stadtverwaltung nicht ausgenommen, im Winter ihren Räum- und Streupflichten nachkommen, das PKW-Besitzer nicht auf Fahrradstreifen parken, Fahrradfahrer ihr Fahrrad dort schieben, wo das Fahren nicht erlaubt ist.
Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen. Das heißt im Umkehrschluss: Auch hier sind Mitarbeiter nötig, die dies alles kontrollieren
Natürlich kommt jetzt das Gegenargument, das aus Kostengründen kein Personal eingestellt werden kann. Aber dies ist nicht Ziel führend. Nur durch  Prävention und Repression können Ordnung und Sicherheit in unserer Stadt gewährleistet werden.

Leider ist ein Teil der Leipziger und auch ihrer Gäste, ich gab am Beginn entsprechende Beispiele, nicht willens oder fähig Normen einzuhalten.
Von solchen Zuständen wie in Singapur, wo Passanten ihre Zigarettenkippen oder Kaugummireste nicht auf die Straßen werfen, sind wir leider weit entfernt.

Mit Unverständnis hat SPD-Stadtrat Christopher Zenker, der für seine Fraktion im Fachausschuss für Umwelt und Ordnung sitzt, das Interview zur Kenntnis genommen, das der Landespolizeipräsident der Leipziger Volkszeitung Ende der Woche gegeben hat. „Aus meiner Sicht sind die undifferenzierten Einlassungen von Herrn Merbitz wenig hilfreich, weder für die Opfer von Beschaffungskriminalität noch für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Polizei und Stadtverwaltung. Er verfällt leider in die gleiche einseitige Rhetorik wie sein Leipziger Kollege“, resümiert Zenker.

Die Polizei leistet im Bereich der Drogenfahndung eine sehr gute und erfolgreiche Arbeit. „Davor habe ich großen Respekt. Durch die gute Arbeit der Polizei wurde gerade in letzter Zeit die Zahl der auf dem Markt verfügbaren Drogen geringer. Damit geht aber auch einher, dass deren Preis steigt. Was wiederum heißt, dass der Abhängige mehr Geld benötigt, um seine Drogenration erwerben zu können“, erklärt Zenker die Kausalkette und ergänzt: „Folglich kommt es zu einem Anstieg der Beschaffungskriminalität. Dieser Zustand ist natürlich fatal! Damit hat Herr Merbitz Recht. Hier aber einen Zusammenhang zur Drogenpolitik der Stadt herzustellen, ist falsch.“

„Eine Beratungsstelle und eine engagierte Drogenpräventionspolitik haben nicht die Anziehungskraft auf Drogensüchtige, wie es uns Herr Merbitz und der Leipziger Polizeichef weismachen möchten. Dies belegt auch die Statistik, denn der Anteil derer, die zum Drogenkauf in die Stadt ziehen, liegt seit Jahren unverändert bei fünf Prozent der Abhängigen in Leipzig. Hinzukommt, dass die Anzahl der Mitarbeiter in der Suchtarbeit pro Einwohner in Leipzig sogar unter dem bundesdeutschen Durchschnitt liegt, das Angebot ist damit sogar niedriger. Darüber hinaus sollte nicht vergessen werden, dass durch Beratungs- und Ausstiegsprogramme Menschenleben gerettet wurden. Zudem ist ein Ansatz wie der Spritzentausch ein hygienischer Minimalstandard, der auch dem Schutz der Leipzigerinnen und Leipziger dient, weil das dazu beitragen kann, dass weniger Spritzen im öffentlichen Raum herumliegen“, stellt Zenker fest.

„Herr Merbitz und Herr Wawrzynski müssen wieder zur Sachlichkeit zurück finden. Es gab und es gibt eine Zusammenarbeit zwischen Stadt und Polizei im Bereich der Drogenbekämpfung. Dies belegen zahlreiche Projekte und regelmäßige Gespräche zwischen Polizei und Stadt. Die Zusammenarbeit darf beim besten Willen nicht durch das schon zu lange andauernde Schwarzer-Peter-Spiel der beiden Polizeichefs gefährdet werden. Das hilft niemandem –  weder senkt es die Zahl der Abhängigen, noch hilft es den Betroffenen von Beschaffungskriminalität“, erklärt der SPD-Stadtrat abschließend.