Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Redner: Dr. Joachim Fischer, Vorsitzender der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste,
zum ersten Mal seit 1990, als nach fast fünf Jahrzehnten erstmals wieder ein freigewähltes Stadtparlament zusammentrat, liegt uns ein Haushaltplanentwurf mit einer so großen Lücke vor, dass ihre Deckung im gleichen Jahr nicht erfolgen kann. Für über 100 Mill. € fehlt jede Finanzierungsmöglichkeit in 2005.
Wenn wir ehrlich sind, war das in den letzten Jahren auch schon der Fall Allein 2003 wurde die Jahresrechnung mit einem Fehlbetrag von über 80 Mill. € abgeschlossen, d.h. der Haushaltsansatz für 2003 war unrealistisch, die getroffenen Prognosen haben sich nicht erfüllt oder waren etwa die Zahlen von der Kämmerei geschönt?
Die SPD-Fraktion findet den jetzt gewählten Weg, einen weitgehend realistischen Haushaltsansatz vorzulegen, wesentlich transparenter. Nur so kann auch den Bürgern der Stadt die wirklich dramatische Haushaltsituation und das unbedingte Erfordernis zum Sparen in allen Bereichen – ich betone nochmals in allen Bereichen – deutlich gemacht werden.
Der amtierende Leiter des Dezernates Finanzen, Herr Auerhammer, hat bei der Einbringung des Haushaltsplanentwurfes im Stadtrat geäußert, dass Leipzig in der Normalität der deutschen Städte angekommen wäre. Ich meine, dass er besser von einer Nicht-Normalität hätte sprechen sollen. Normal wäre es, wenn eine Stadt wie Leipzig ihren Leistungen entsprechend Einnahmen erzielen würde und einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen könnte. Die grundgesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung ist längst nicht mehr gegeben.
Die Probleme haben strukturelle Ursachen und eine grundlegende Besserung ist nicht absehbar. Diese Erkenntnis ist bitter und wird uns im kommenden Jahr schwierige und unangenehme Entscheidungen abverlangen. Dies fängt bei der Schließung der Schulzahnklinik an und hört bei der Schließung der städtischen Schwangerschaftskonflikt- und Familienberatungsstelle längst nicht auf. Wenn der frei verfügbare Anteil im Haushalt, insbesondere im Vermögensbereich, immer weiter sinkt, wird der Spielraum für uns Stadträte logischerweise geringer. In den kommenden Jahren wird es daher zunehmend darum gehen, Einschränkungen und Sparpotenziale zu benennen und nicht mehr darum, Wohltaten und Geschenke zu verteilen.
Die Stadt schiebt wie eine Bugwelle zahlreiche ungedeckte Schecks vor sich her. Wir müssen aufpassen, dass die Bugwelle nicht zu groß wird, über uns zusammenschlägt und wir somit handlungsunfähig werden. Was können wir Stadträte tun? Auf bessere Zeiten mit höheren Einnahmen warten wir, solange ich zurückdenken kann. Also müssen wir selbst die Initiative ergreifen, um das Haushaltsdefizit zu reduzieren. Die Stadtverwaltung hat dazu ein Haushaltssicherungskonzept vorgelegt.
Leider kam das Konzept aus Sicht meiner Fraktion viel zu spät. Nach unserer Auffassung müssen Haushalt und Sicherungskonzept zwingend gemeinsam beraten und verabschiedet werden. Zur Beratung der in diesem Konzept der Verwaltung enthaltenen Vorschläge bleiben den Fraktionen maximal fünf Wochen Zeit.
Gleichzeitig wiederholen wir an dieser Stelle unsere Forderung nach einem langfristigen Investitions- und Finanzierungskonzept. Ein solches Arbeitsmittel hätte bei der Erstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes erheblich geholfen. Der Antrag der SPD-Fraktion liegt immer noch unbearbeitet in der Warteschleife.
Meine Damen und Herren! Ein weiteres offenes Problem für die Haushaltsverabschiedung ist die Frage, ob in 2005 440 Stellen der Stadtverwaltung gestrichen werden müssen oder ob eine Kürzung der Arbeitszeit auf 36 Wochenstunden möglich sein wird. Erst am 24.11. entscheiden die Gewerkschaftsmitglieder in der Verwaltung, ob überhaupt Tarifverhandlungen aufgenommen werden. Zur Verabschiedung des Haushaltes muss diese Entscheidung aber zwingend vorliegen. Wie gehen wir damit um, wenn am 17.12. zur geplanten Haushaltsverabschiedung noch verhandelt wird? Muss die Verabschiedung dann nicht in den Januar verlegt werden?
An dieser Stelle erwarten wir eine klare Aussage von den Verhandlungsparteien bei den möglichen Tarifverhandlungen. Die SPD-Fraktion hat sich klar und eindeutig für eine Einsparung im Personalbereich durch die Kürzung der Arbeitszeit auf 36 Wochenstunden ausgesprochen. Kommen die Tarifparteien zu keiner Einigung, werden wir aber auch einer ganz erheblichen Personalkürzung zustimmen müssen. Die Haushaltssituation zwingt uns einfach dazu! Der Fraktion ist aber bewusst, dass diese Entscheidung eindeutig unsolidarischer und damit die schlechtere Lösung wäre. Durch die notwendige Sozialauswahl würden die Entlassungen zu Lasten der jüngeren Mitarbeiter vorgenommen werden. Schon heute liegt das Durchschnittsalter innerhalb der Verwaltung bei ca. 47 Jahren. Gerade die jungen Mitarbeiter in der Verwaltung sollten das den Personalräten und Gewerkschaftsvertretern spätestens am 24.11. in geeigneter Form klar machen!
In Hinblick auf eine mögliche Verschiebung der Beschlussfassung zum Haushalt möchte ich der Personalvertretung und der Gewerkschaft mitteilen, dass das Gesagte im Januar genauso wie im Dezember gilt. Wir kommen um grundlegende Einschnitte im Personalbereich nicht herum.
Anders als bei der CDU vertreten wir jedoch die Auffassung, dass weitere Kürzungen nur noch durch grundsätzliche, strukturelle Änderungen im Verwaltungsaufbau möglich sind. Eine Möglichkeit wäre die Übergabe aller Kindertagesstätten an freie Träger, eine andere die Zusammenlegung und anschließende Privatisierung von Hochbauamt und Liegenschaftsamt. Voraussetzung dafür ist eine Budgetierung in der Verwaltung. Im Zuge der Budgetierung und einer wirtschaftlichen Haushaltrechnung könnten auch die Kostentreiber im Rathaus ermittelt werden.
Schon Jahr für Jahr beklagen wir, dass den Kommunen immer neue Aufgaben aufgebürdet werden, diese aber nicht die Mittel erhalten, die zur Aufgabenerfüllung notwendig sind. Die Städte und Gemeinden müssen mitreden können, wenn sie selber von Landes- oder Bundesgesetzen betroffen sind. Die SPD-Fraktion befürwortet und unterstützt die Forderung des Deutschen Städtetages, eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes herbeizuführen. Darin soll künftig ein Anhörungsrecht der Kommunen für Bundesgesetze verankert werden.
Wir begrüßen, dass im sächsischen Koalitionsvertrag auf Initiative der SPD festgeschriebenen wurde, den Kommunen eine zusätzliche Investpauschale in Höhe von 50 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Dies ist ein erster Schritt, um die Finanzsituation der sächsischen Städte und Gemeinden zu verbessern. Ein weiterer Schritt ist, die Ausgleichsmittel des Bundes im Zuge von Hartz IV eins zu eins durch den Freistaat an die Kommunen weiterzugeben. Auch das steht im Koalitionsvertrag.
Der erstmals ungedeckte Haushalt erfordert unpopuläre Maßnahmen zur Haushaltssicherung. Die SPD-Fraktion möchte dieser schwierigen Situation Rechnung tragen und stellt daher einen Grundsatzantrag mit dem Ziel, städtische Beteiligungen an Wirtschaftsunternehmen in einer Größenordnung von mindestens fünf Mill. € zu veräußern bzw. zu privatisieren. Die eine Hälfte der Verkaufserlöse soll zur Schuldentilgung verwendet werden, die andere Hälfte zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen. Nach der Durchsicht des Haushaltsicherungskonzeptes wissen wir, dass der genannte Betrag viel zu gering ist. Meine Fraktion prüft zur Zeit, ob es vernünftige Alternativen zu Steuererhöhungen gibt. Wenn wir die Steuererhöhungen vermeiden wollen – und das möchte meine Fraktion – müssen wir Beteiligungen in einer Größenordnung von über 25 Mill. € verkaufen. Das sollten Beteiligungen sein, die der Stadt keine oder nur geringe Erträge bringen. Auch der Verkauf von Anteilen unter der 50 %-Grenze könnte angedacht werden. Das hätte den zusätzlichen Vorteil, dass externer Sachverstand ins jeweilige Boot käme. Die gewonnenen Mittel sollen zwingend zur Schuldenreduzierung eingesetzt werden.
Außerdem müssen wir weitere Einsparungen finden, die nachhaltig sind. Dazu zählen Kürzungen im Personalbereich oder der Wegfall von städtischen Leistungen.
Korrekturen am Haushaltsplan sieht die SPD-Fraktion bei den Themen Stadtumbau und Stadterneuerung, bei Zuschüssen an Vereine und Verbände im Jugendhilfebereich, bei Grünpflanzungen und der Weiterführung des Grünen Bogens Paunsdorf, bei der Umsetzung der Kleingartenkonzeption, bei einer laut Brandschutzbedarfsplan notwendigen Investition der Freiwilligen Feuerwehr Böhlitz-Ehrenberg und im Bereich Schulwegsicherheit. Beim Thema „Zuschüsse an Sportvereine für Bauinvestitionen“ ist ein Änderungsantrag unserer Fraktion inzwischen zur Tradition geworden. Wir hoffen, dass die Umsetzung der vom Stadtrat nach intensiver Diskussion beschlossene Bibliotheksentwicklungskonzeption diese Tradition nicht aufnimmt und das Kulturdezernat erkennt, dass die große Mehrzahl der Stadträte in diesem Bereich keine weiteren Einschnitte zulässt.
Lassen Sie mich noch eine kritische Bemerkung zum Thema Stadtumbau und Stadterneuerung machen. Obwohl wir vorschlagen in diesen Bereich mehr Investitionsmittel einzusetzen, fordern wir von der Verwaltung, dass die bereits eingestellten Mittel auf ihre Nachhaltigkeit überprüft werden. Außerdem sollten alle Projekte auf ihren Einsatz in die Schwerpunktgebiete unserer Stadt kontrolliert werden. Gohlis und das Waldstraßenviertel zum Beispiel sind inzwischen Selbstläufer und brauchen durch uns keine Förderung mehr.
Die steigenden Zuschüsse für die Eigenbetriebe Kultur, insbesondere für die Oper, werden in meiner Fraktion kritisch gesehen. Es kann einfach nicht sein, dass uns einerseits die Entlassung von weit über 400 Mitarbeitern der Verwaltung vorgeschlagen wird und gleichzeitig der Zuschuss für die Oper um 3 Mill. € ansteigt. Das Dezernat Kultur fordern wir energisch auf, mehrheitsfähige grundlegende Strukturänderungen im Bereich der Eigenbetriebe Kultur vorzuschlagen. Der von meiner Fraktion ins Verfahren gebrachte und vom Stadtrat mit großer Mehrheit beschlossene Antrag bezüglich einer Rechtsformänderung steht immer noch zur Umsetzung an. An die Kulturschaffenden in Leipzig appellieren wir, besonnen und tatkräftig neue Wege mitzugehen, damit die Kulturvielfalt als ein überaus wichtiger Standortfaktor in Leipzig erhalten bleibt. Das kulturelle Angebot muss aber auch für eine Stadt, die nun mal keine Millionen-Stadt ist, finanzierbar bleiben. Rücktrittsdrohungen von Intendanten, wie erfolgreich sie auch arbeiten, bringen uns der Lösung des Problems keinen Schritt näher.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme nun zu einem für meine Fraktion äußerst wichtigen Eckpunkt des städtischen Haushaltes. Ein positives Echo fand bei uns die Ankündigung der Verwaltung, dass der Kinderbetreuung und der Sanierung von Kindertagesstätten ein besonderes Augenmerk geschenkt wird. Es ist erfreulich, dass Leipzig im kommenden Jahr sechs Mill. € zusätzlich für die Kinderbetreuung ausgibt und die Sanierung von Kindertagesstätten ein Schwerpunkt im städtischen Investitionsprogramm ist. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an einen Haushaltsantrag der SPD-Fraktion aus dem vergangenen Jahr, wonach die Mittel für dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen – angesichts des Investitionsstaus in Höhe von ca. 60 Mill. € – deutlich zu erhöhen sind.
Das für das kommende Jahr aufgelegte Bauprogramm für Kitas und Schulen mit einem Umfang von mindestens 6,5 Mill. € hilft zum einen, den Investitionsstau ein gutes Stück abzubauen und zum anderen, die regionale Bauwirtschaft mit Aufträgen zu versehen.
Positiv ist dabei auch der Rückenwind aus Dresden durch die neue Landesregierung:

  1. Im Landeshaushalt werden in den beiden kommenden Jahren jeweils 15 Mio. € für ein Investitionsprogramm in Kitas bereit gestellt
  2. Die Pauschale für Kindertageseinrichtungen wird um ca. 8 Prozent auf 1.800 Euro pro Kind erhöht.

Dadurch ist weiterhin eine qualifizierte Betreuung, Erziehung und Bildung der Kinder möglich.
Diese Schwerpunktsetzung im städtischen Haushalt – über 50 Millionen Euro Zuschuss der Stadt für die Kinderbetreuung – ist aber nur finanzierbar, wenn wir in anderen Bereichen Abstriche machen. Auch das muss hier ganz eindeutig gesagt werden. Die SPD-Fraktion befürwortet diese Schwerpunktsetzung.
Ein schwierigeres Thema ist das stark reduzierte Volumen des Vermögenshaushaltes. Die Handlungsfähigkeit der Stadt ist dadurch stark eingeschränkt. Es fehlen insbesondere Planungsmittel, um den immer notwendigen Vorlauf schaffen zu können. Genau das hat uns in den letzten Jahren gegenüber anderen Kommunen ausgezeichnet.
Einen Ausweg sehen wir in der Beteiligung Privater am Investgeschehen, kurz PPP-Modellen. Das fordert die SPD-Fraktion seit zwei Jahren. Das Ziel ist, den Investitionshaushalt der Stadt von Maßnahmen zu entlasten und dennoch in städtische Immobilien – zum Beispiel Kitas und Schulen – zu investieren. Bis zum heutigen Tage blockiert die Stadt jedoch die Umsetzung solcher Projekte. Die nach wie vor zu hohe Arbeitslosigkeit in Leipzig fordert eigentlich viele öffentliche Aufträge. Wenn die Stadt dazu aus den bekannten Gründen nicht in der Lage ist, muss man andere Wege suchen. Bisher wurde das von der Verwaltung sehr konsequent verhindert.
Ich wünsche uns in den kommenden Wochen eine sachliche, fruchtbare Diskussion und hoffe auf ein von der großen Mehrheit des Stadtrates getragenes Ergebnis bei der Abstimmung zum Haushalt .
Wie immer an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kämmerei und allen an der Haushaltserstellung Beteiligten für die in diesem Jahr besonders schwierige Arbeit unseren Dank.
Und Ihnen danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Redner: Dr. Joachim Fischer, Vorsitzender der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste,
Seit Februar diesen Jahres ist der Kämmerer der Stadt Leipzig, Herr Kaminski, beurlaubt. Der amtierende Vertreter, Herr Auerhammer, arbeitet ohne Legitimation durch den Stadtrat. Dies sagt nichts über seine Qualitäten, sondern ist lediglich die Feststellung der fehlenden politischen Legitimierung.
Die Länge der Beurlaubung von Herrn Kaminski ist von niemanden abschätzbar. Es gab und gibt weder von der Staatsanwaltschaft, noch vom Regierungspräsidium (RP) eine Aussage zum jeweiligen Verfahrensabschluss.
Bei der dramatischen Haushaltssituation braucht die Stadt aber einen Kämmerer, der mit allen Rechten und Pflichten ausgestattet ist. Deshalb befürworten wir das Abwahlverfahren. Diese Abwahl ist keine Wertung der Arbeit von Herrn Kaminski in den letzten 14 Jahren.
Herr Kaminski hat beim Bau des neuen Zentralstadions und beim Umbau des Alten Rathauses nach meinem Kenntnisstand am Stadtrat vorbei Entscheidungen getroffen. Das kann der Stadtrat nicht gut finden.
Andererseits war Herr Kaminski in den vielen Jahren im Stadtrat und in der Öffentlichkeit als Kämmerer sehr geschätzt. Die SPD-Fraktion hat mit ihm insgesamt gut zusammen gearbeitet.
Ich gehe im Gegensatz zu der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen davon aus, dass die Verfahren bei Staatsanwaltschaft und beim RP weiter laufen und möchte betonen, dass durch die Abwahl nichts unter den Tisch gekehrt werden soll.
Die SPD-Fraktion wird der Abwahl von Herrn Kaminski als Kämmerer der Stadt Leipzig zustimmen.

Redner: Jürgen Wesser, Stadtrat der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste,
Der Staat ist im Umbruch, die Bürger haben Mühe zu folgen, haben Probleme zu verstehen, was da passiert, haben Angst. Von strikter Ablehnung über „na sehen wir mal“ und Einsicht in die Notwendigkeit bis Zustimmung und „war schon lange nötig“ reicht die Palette der Meinungen.
Es war Thema in allen Wahlkämpfen mit mitunter nicht nachvollziehbaren Wendungen in den Äußerungen von Politikern. Was bleibt ist die Einsicht, dass ein Umbau der Sozialsysteme unumgänglich ist und was damit auch bleibt, ist die Angst vor diesem Umbau.
Das Grundübel fehlende Arbeitsplätze wird nach meiner Meinung damit nicht gelöst. Was gefördert, um nicht zu sagen erzwungen wird, ist die Bereitschaft der Betroffenen eine Arbeit anzunehmen, die unter Ihrem Niveau und unter ihren Fähigkeiten liegen kann. Womit ich nicht sagen will – dass das falsch ist. Warum soll z. B. eine Verkäuferin, eine Friseuse, eine Serviererin mit ihrem geringen Gehalt über ihre Steuerabgaben den Lebensstandard von Hilfeempfängern unterstützen, der oft über ihrem eigenen liegt. Die Existenz muss gesichert werden.
Die grundsätzlichen politischen Entscheidungen sind getroffen. Wir können sie beklagen oder für richtig halten. Wir können sie als Kommunalpolitiker nicht beeinflussen oder ändern.
Wir können und müssen unseren Beitrag leisten, den Betroffenen bei dem Einstieg in diese neuen Systeme jede mögliche Unterstützung zu geben.
Dazu gehört:

  • Eine Spitzenberatung
  • Kurze Wege
  • Eine unbürokratische Bearbeitung (soweit das System das zulässt)
  • Menschliches Miteinander
  • Verständnis für die Sorgen der Betroffenen
  • Zügige Bearbeitung von Anträgen

Der Gesetzgeber hat dafür mehrere Möglichkeiten angeboten. Eine ist die „ARGE“, wie in der Vorlage vorgeschlagen. Die Kompetenzen und Erfahrungen, von Sozialamt und Arbeitsamt werden zusammengeführt.
Bei der Unsicherheit, die allen möglichen Modellen anhaftet, bietet dieses Konstrukt die für alle Seiten größtmögliche Sicherheit, auch Rechtssicherheit. Die Mitarbeiter sind erfahren und mit den Problemen vertraut. Die Kooperation von AA und Kommune findet auf einer Basis der Gleichberechtigung statt. Die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für Kommunen und für die Agentur sind klar umrissen und werden zusammengeführt. Es gilt ein einheitliches Leistungsrecht in geteilter Verantwortung. Die Hilfe erfolgt aus einer Hand und ortsnah. Auch wenn, wie bei jeder neuen Sache ein Restrisiko bleibt.
Die Betroffenen müssen ihr Geld bekommen, ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Wir sind in der Pflicht, zügig zu handeln. Bei allen berechtigten Einwänden. Das Risiko ist soweit wie möglich minimiert.
Die ARGE bietet von allen möglichen Modellen die aus unserer Sicht besten Voraussetzungen. Details, deren ferne Auswirkungen jetzt noch keiner einzuschätzen vermag, dürfen nicht zum Scheitern führen.
Im Interesse der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger. Die SPD-Fraktion wird der Vorlage zustimmen.

Redner: Peter Geiling, sportpolitischer Sprechers der SPD-Fraktion

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

die Hallenbäder sind ein Pfund mit dem Leipzig wuchern kann. Wir haben eine Hallenbadwasserfläche von 4862 m² und damit ca. 1000-2100 m² mehr als vergleichbare Städte wie Dresden, Düsseldorf und Nürnberg. Um diese Hallenbäder für alle zu erhalten sind in den nächsten Jahren erhebliche Investitionen in die Bausubstanz und die Hygienestandards – ab 2005 gelten neue EU-Richtwerte – erforderlich, die die Stadt nicht leisten kann. Deshalb begrüßt die SPD-Fraktion, dass nach anderthalbjährigen Verhandlungen zwischen der Stadt und den Kommunalen Wasserwerken ein tragfähiges Ergebnis erzielt wurde. Mit dieser Übertragung wird die notwendige Sanierung der Hallenbäder, aber auch der Freibäder gesichert.

Besonders hervorzuheben ist, dass die schmerzhafte Schließung des Schwimmstadions durch den Neubau einer 50 m Halle in der Antonienstraße überwunden wird und dies als 1. Baumaßnahme der neuen Bädergesellschaft umgesetzt wird. Nach dem Bau vergrößert sich die Hallenbadwasserfläche um 200 m² auf 5125 m². Natürlich führen der Neubau der 50 m Halle und die Schließung der Schwimmhallen Südwest II und Süd I zu befristeten Einschränkungen für die Schwimmvereine und die Bürger. Dennoch akzeptiert der Leipziger Schwimmverband diese Übertragung, da sie langfristig die Bedingungen für die Schwimmvereine und die Bürger verbessert. Um die Übertragung zu gewährleisten, sind die Schließbeschlüsse für die Schwimmhallen Südwest II und Süd I notwendig. Die geplante Übertragung der Schwimmhalle Süd I an einen privaten Investor begrüßen wir. Ein weiteres Offenhalten, wie dies die PDS mit dem ÄA 1 beantragt, würde die Übertragung nur verzögern. Für die Schwimmhalle Südwest II sollte nach der Schließung bis zum Beginn der Abrissmaßnahmen ein Weiterbetrieb durch die Leipziger Schwimmvereine ermöglicht werden, wie dies der Antrag der SPD fordert.

Das Leipzig Stadtbad ist ein wichtiges kultur- und sporthistorisches Gebäude. Die vorläufige Schließung ist eine bittere Pille, aber unvermeidbar, da die 6 Mio. Euro Sofortinvestitionen bzw. 13 Mio. Euro Gesamtinvestitionen aus dem städtischen Haushalt nicht finanzierbar sind. Auch ein Weiterbetrieb unter den gegenwärtigen eingeschränkten Bedingungen erfordert jährlich Kosten von ca. 500 000 Euro, die aufgrund der städtischen Finanzlage nicht vorhanden sind. Die einzige Lösung ist die Suche nach einem privaten Investor und die Erarbeitung eines Konzeptes, wie es in zwei Jahren mit dem Stadtbad weitergehen soll. Die SPD-Fraktion wird der Übertragung der Bäder zustimmen, da sie für den Erhalt und die Verbesserung der Bäderlandschaft in Leipzig notwendig ist. Ein Scheitern dieser Vorlage würde unweigerlich zu einer schleichenden Schließung der Hallenbäder führen.

Redner: Walter Rensch

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

im Dezember 2002 wurde mit großer Mehrheit im Stadtrat und im Stadtbezirksbeirat Leipzig-Mitte die komplexe Verkehrsuntersuchung des Bereiches Jahnallee/Gustav-Adolf-Straße – Tangentenviereck Nord beschlossen. Darin enthalten waren auch die Pläne für den Umbau der Jahnallee, wie sie heute zum Beschluss vorliegen.

Ziel der Verkehrsbaumaßnahme ist, eine sinnvolle verkehrliche Lösung in der Leipziger Westvorstadt zu erreichen. Das Waldstraßenviertel, speziell die Gustav-Adolf-Straße, soll vom Verkehr entlastet werden. Wenn wir dort weniger Verkehr wollen, muss dieser intelligent durch die Jahnallee gelenkt werden. Denn Verkehrsprognosen sagen aus, dass der Verkehr insgesamt nicht weniger wird.

Zum Thema Kleine Funkenburg: Für das löbliche Konzept gibt es bis zum heutigen Tage leider keinen Investor. Das bedeutet, dass das Konzept nicht umsetzbar ist. Die Unstimmigkeiten beim Abrissantrag für die Kleine Funkenburg durch das Amt für Denkmalschutz sehen wir kritisch.

Der Umbau der Jahnallee muss bis 2006 zur Fußball-WM realisiert werden. Deshalb bleibt uns keine Zeit für lange Diskussionen – wir müssen heute entscheiden. Da Umbaumaßnahmen des Olympia-Sofortprogramms zu ca. 90 % durch Bund und Freistaat finanziert werden, sollten wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.

Die SPD-Fraktion wird der Vorlage zustimmen.

Redner: Christian Schulze

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

der Verwaltungsausschuss hat unserer Ratsversammlung mit deutlicher Mehrheit empfohlen, der Fusion der Sparkasse Leipzig mit der in Torgau-Oschatz zum 1. Juli diesen Jahres und den zugrunde liegenden öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen zuzustimmen. Mit diesen Vereinbarungen wird ein tragfähiges, wirtschaftlich stabiles Sanierungskonzept für das Sparkassenwesen in der Region Torgau-Oschatz beschlossen. Dieser heutige Ratsbeschluss wird dann Grundlage für die weitere Behandlung in der Zweckverbandsversammlung und dem Verwaltungsrat unserer Sparkasse Leipzig sein.

Als Mitglied des Verwaltungsrates kann ich hier zu Protokoll geben, dass diese Vorschläge einen langen arbeitsintensiven Vorlauf haben. Vor über einem Jahr sind die genannten Gremien über die anstehende Problematik erstmals informiert worden. Seit Herbst letzten Jahres agiert unser Vorstandsvorsitzender Herr Krakow in gleicher Funktion in Torgau. Der Leiter der Innenrevision der Leipziger Sparkasse, Herr Engelmohr, und weitere Fachleute haben alle erdenklichen Anstrengungen unternommen, sämtliche Risiken, die mit so einer Fusion einher gehen könnten, in Torgau zu überprüfen und möglichst auszuschließen.

Inzwischen hat der Kreistag Torgau-Oschatz der geplanten Fusion nach intensiver Diskussion seine Zustimmung erteilt. Ich gehe davon aus, dass auch unser Zweckverbandspartner, der Kreistag des Leipziger Landkreises heute die gleich lautende Vorlage positiv abstimmt.

Warum haben wir heute eigentlich über eine Fusion zu beraten? Weil die Sparkasse Torgau-Oschatz vor allen Dingen wegen falscher Kreditentscheidungen in eine Schieflage geraten ist. Die Deckungslücke beläuft sich auf bis zu 115 Mio. Euro. Sie ist bei Zustandekommen einer Fusion vom Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband (OSGV), dem Landkreis Torgau-Oschatz und dem Fusionspartner zu tragen. Auf unsere Sparkasse entfällt dabei ein Anteil von 22,5 Mio. EUR. Dieser Betrag ist der Preis für den Markt, den wir in Torgau – Oschatz hinzugewinnen. Die Kunden unserer Sparkasse müssen sich keinerlei Sorgen machen. Wie zu Beginn beschrieben, sind die Bücher in Torgau gründlich geprüft und wir können davon ausgehen, zum Fusionszeitpunkt eine sanierte Sparkasse zu übernehmen, die mittelfristig gute Erträge, genau wie unsere Leipziger Sparkasse erwirtschaften kann.

Was wäre die Alternative zum heutigen Beschluss? Eine Möglichkeit wäre, dass eine Zwangsfusion angeordnet wird. Ob dann allerdings die Geldflüsse so kommen wie in dieser Fusionsvorlage beschrieben, ist fraglich. Die zweite Möglichkeit wäre, eine Sanierung der Oschatzer Sparkasse durch den Stützungsfond des Ostdeutschen Sparkassen und Giroverbandes. Den Topf des OSGV müsste unsere Sparkasse dann allerdings, wie alle anderen Sparkassen, wieder mit füllen. Allerdings nicht mit dem Ergebnis, ein erweitertes Geschäftsgebiet und neue Kunden dazubekommen zu haben. Diese Alternativen vor Augen, kann ich nur auffordern, der Vorlage zuzustimmen.

Den PDS-Antrag, die Mitarbeiter unser Sparkasse vor einem fusionsbedingten Arbeitsplatzabbau zu schützen, wird meine Fraktion unterstützen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Redner: Walter Rensch, Stadtrat und ordnungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

es ist nicht mehr erforderlich, über die Grundsätze der Polizeiverordnung zu diskutieren. Ich möchte nur einige Stichworte aus der Begründung der Vorlage nennen: Gesetzgebung, Rechtsprechung, gesellschaftliches Zusammenleben, zukunftsorientierte Sicherheitspolitik. In dieser Hinsicht ist in letzter Zeit viel passiert. Es sind viele Gesetze verabschiedet worden, die teilweise erhebliche Verschärfungen gebracht haben. In der Begründung wurden weitere Grundsätze genannt, beispielsweise lebensnahe und pragmatische Handhabung und Verständlichkeit für den Bürger. Es ist sicherlich nicht leicht, Rechtstitel für den Bürger verständlich zu formulieren. In den sehr intensiven Diskussionen wurde ein großer Wert darauf gelegt, den gesetzlichen Bestimmungen dieser Verordnung eine Erläuterung für den Bürger beizufügen. Dies ist etwas Neues, was es bisher nie gegeben hat. Eine solche Erläuterung ist nunmehr in einer ersten Fassung vorhanden. Diese wird im Ergebnis dieser Stadtratsentscheidung weiter bearbeitet.

Es gibt viele berechtigte Beschwerden der Bürger zur neuen Polizeiverordnung und viele Dinge müssen deutlicher erklärt werden. Beispielsweise werden die Hundebesitzer, die gern mitwirken wollen, hinsichtlich des Umgangs mit den Tütchen immer wieder im Unklaren gelassen. Natürlich ist es nicht in Ordnung, wenn diese Tütchen in Papierkörbe geworfen werden, denn Hundekot ist Abfall. Dies muss den Bürgern auch so erklärt werden, damit es keine offenen Fragen mehr gibt.

Wahrscheinlich wird in den kommenden Jahren die innere Ordnung einer Stadt eine größere Rolle spielen als jetzt. Im Zusammenhang damit ist zu erwarten, dass auch auf den Stadtrat neue Anforderungen zukommen. Das betrifft beispielsweise den Vollzug, der für Leipzig ein großes Problem darstellt. Man muss überlegen, was man in dieser Hinsicht mit den wenigen vorhandenen Kräften tun kann. Leipzig verfügt nicht über so starke Kräfte wie Frankfurt/M. oder Hamburg, die sich bis zur letzten Zigarettenkippe intensiv ordnungsrechtlich um den Bürger bemühen können. In Leipzig muss man anders vorgehen. Im Grunde geht das nur gemeinsam mit den Bürgern, die einsehen müssen, dass Leipzig ihre Stadt ist und dass sie für diese Stadt etwas tun müssen.

Ich halte die Polizeiverordnung für zielgenau und zukunftsfähig, Wichtig ist, sie in eine rechtliche sichere Fassung zu bringen in der Hoffnung, dass die Bürger mitmachen und dass sie partnerschaftlich miteinander umgehen. Ich glaube jedoch nicht ganz daran. Deshalb ist es notwendig, die Polizeiverordnung so zu vollziehen, dass man Kulanz gegenüber den Bürgern walten lasse, wie das bei § 12 (Außenbeschallung) versucht worden ist, und im Zweifelsfalle zugunsten der Bürger entscheidet.

Die SPD-Fraktion wird der Polizeiverordnung in der vorliegenden Fassung zustimmen.