Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Redner: Gunter Müller

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

mein Vorredner von der CDU-Fraktion, Herr Habicht, ist auf die Dinge, die im Rechungsprüfungsausschuss sehr ausführlich behandelt wurden, zu dürftig eingegangen. Der Ausschuss hat sich sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt, sodass es sehr wohl angemessen ist, etwas näher auf das zu sprechen zu kommen, was Gegenstand des Prüfberichtes des Rechnungsprüfungsamtes ist.

Ich danke zunächst den Mitarbeitern des Rechnungsprüfungsamtes für diesen sehr detaillierten und qualifizierten Bericht. Dieser Prüfbericht ist eine sehr gute Grundlage für die Arbeit im Rechnungsprüfungsausschuss gewesen.

Begonnen hat die problematische Situation bereits bei der Gründung der Zentralstadion Leipzig GmbH. Bei der Verabschiedung der Gründungssatzung hat man es versäumt, klare Kontrollmechanismen zu installieren:

  1. Der Geschäftsführer ist in seiner Geschäftsführungsbefugnis nicht begrenzt gewesen.
  2. Ein Aufsichtsrat wurde nicht gebildet.

Diese Dinge sind ursprünglich von der BBVL anders vorgesehen gewesen. Warum das Rechtsamt den Vorschlägen der BBVL nicht gefolgt ist, kann ich nicht nachvollziehen. Ebenfalls ist für mich nicht nachvollziehbar, warum eine solche Satzung vom Regierungspräsidium genehmigt wurde.

Ein wichtiges Thema im Ausschuss war der erste Vertrag aus dem Jahre 1998. Herr Kaminski selbst hat damals einen Vertrag unterzeichnet, der nach Auffassung der Ausschussmitglieder vom Stadtrat hätte gebilligt werden müssen. Der Stadtrat wurde jedoch nicht einbezogen. Es wurde ein Vertragstext verwendet, der vor allem angesichts des Volumens eigentlich so nicht hätte verwendet werden dürfen. Das Rechtsamt wurde nicht vorher involviert. Wer den Vertrag letztlich ausgestaltet hat, ist den Ausschussmitgliedern nicht mitgeteilt worden. Keiner, der den Vertrag gelesen hat, kann sich vorstellen, dass die Stadt Leipzig bei so einem Volumen so vorgehen würde. Wer sich mit juristischen Fragen beschäftigt, weiß, dass selbst bei kleineren Unternehmen ganz andere Standards zugrunde gelegt werden. Warum dies hier anders gehandhabt worden ist, weiß ich nicht. Fest steht, dass Herr Kaminski vor der Vertragsunterzeichnung in den Stadtrat hätte gehen müssen. Wenn jemand so etwas nicht macht, läuft er natürlich Gefahr, dass nicht nur sein Handeln im nachhinein kritisiert wird, sondern dass er auch Dinge auf den Weg bringt, die zum Nachteil der Stadt Leipzig sein können. Inwieweit der Stadt Leipzig durch diesen Vertrag Vermögensnachteile entstanden sind, kann ich nicht sagen. Ich möchte auch deshalb nichts dazu sagen, weil die gesamten Angelegenheiten Gegenstand von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sind.

Als Ergebnis der Untersuchung muss festgehalten werden, dass mehrere Personen, die das gleiche Parteibuch besitzen, in einer Art und Weise gehandelt haben, die für die Stadt Leipzig nicht üblich sind. Dies muss weiter untersucht werden. Ich erinnere die CDU-Landespartei daran, dass es ein Versprechen gibt, hier wirklich lückenlos aufzuklären und ich mahne auch die Aufsichtsbehörden, eine Klärung baldmöglichst herbeizuführen.

Rednerin: Dr. Karin Scheibe, Stadträtin und kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

Wirtschaftspläne Eigenbetriebe Kultur (Antrag III/A 350)

Zweck des Antrages ist, die Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe Kultur mit den Spielplänen der Theater und des Gewandhauses in Übereinstimmung zu bringen. Die Wirtschaftsplanungen der Leipziger Theater und des Gewandhauses sind an die Spielzeiten gebunden, was aufgrund der betriebswirtschaftlichen Erfordernisse sinnvoll ist. Bisher aber ist die Beschlussfassung über die Wirtschaftspläne an den Haushaltsplan der Stadt gebunden, der am Kalenderjahr endet. Dies bedeutet, dass es für die ersten vier Monate nach Beginn der Spielzeiten in den Theatern praktisch keinen bestätigten Wirtschaftsplan gibt. Dies will die SPD-Faktion ändern. Das Handeln der Betriebsleitung soll rechtlich abgesichert werden. Die Wirtschaftspläne müssen erarbeitet und zwischen den Betrieben abgestimmt werden. Dazu ist ein Vorlauf erforderlich. Die Zusage für den zu gewährenden Zuschuss muss daher schon im Februar verbindlich vorliegen. Argumente dagegen gibt es eigentlich nicht. Die Verträge werden abgeschlossen, Gehälter und Löhne müssen gezahlt werden. Im Falle von Vertragsverletzungen sind Vertragsstrafen zu zahlen. Falls eine große Abweichung erforderlich wird, kann ein Nachtragshaushalt beschlossen werden. Der gegenwärtige Zustand wird von allen zuständigen örtlichen und überörtlichen Gremien kritisiert.

Die SPD-Fraktion stimmt dem Änderungsantrag der PDS-Fraktion zu. Dieser stimmt mit dem Anliegen der SPD-Fraktion überein, fasst es aber etwas schärfer.

(Dieser Antrag wurde in der durch den Änderungsantrag geänderten Fassung einstimmig angenommen.)

Aktualisierung des Betreiberkonzeptes für das Theater am Lindenauer Markt (Antrag III/A 357)

Die SPD-Fraktion möchte die Verwaltung beauftragen, das Betreiberkonzept für das Theater am Lindenauer Markt zu aktualisieren. Das derzeitige Konzept ist zustande gekommen, weil der Fachausschuss Finanzen dem Theater damals nur noch Geld zugestehen wollte, wenn ein Konzept erarbeitet wird. Nach großen Geburtswehen ist dieses Konzept schließlich erarbeitet worden. Das Tauziehen zwischen Stadtrat und Kulturamt hat das Kulturamt gewonnen. Allerdings hat das nie richtig funktioniert. Es ist zum Beispiel nicht gelungen, einen Gaststättenbetreiber zu finden. Ständige Reibereien zwischen den Nutzern, der Auszug eines Vereins und schließlich der Baustopp haben das Haus pausenlos zum Sorgenkind gemacht. Inzwischen sind die damaligen Vereinbarungen überholt und die Bedingungen für ein neues Konzept sind heute so gut wie nie. Der Lindenauer Markt ist ein kleines Schmuckstück, der große Saal ist fertig und hat sogar Sitzplätze bekommen. Das Theater der Jungen Welt hat einen tatkräftigen Intendanten und der Verein LOFFT befindet sich nach einem Tief wieder im Aufwind. Dies sind Gründe genug für einen neuen Anlauf, mit der Hoffnung, dass die Verwaltung diesmal ein glücklicheres Händchen hat und ein Konzept entwickeln wird, das die Spielstätten optimal auslastet und mehr Leben ins Stadtviertel bringt.

Ich bitte deshalb den Stadtrat um Zustimmung zu dem Antrag. Mit der Terminverschiebung auf den 30. September 2004 ist die SPD-Fraktion einverstanden, allerdings mit der Bedingung, dass das Kulturamt bis zum 30. Juni 2004 den Fachausschuss Kultur und den Betriebsausschuss Kulturstätten einen Entwurf in groben Zügen vorstellt. Dies möchte ich im Protokoll festhalten lassen.

(Dieser Antrag wurde ohne Gegenstimmen bei einer Enthaltung angenommen.)

Rechtsformänderung Kulturbetriebe (Antrag III/A 364)

Bei diesem Antrag handelt es sich um einen Prüfantrag der SPD-Fraktion, der in der Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden am Ende des vorigen Jahres angekündigt wurde. Die Stadtverwaltung soll prüfen, ob die kommunalen Einrichtungen Oper, Schauspiel, Gewandhaus und Theater der Jungen Welt, die seit 1995 als Eigenbetriebe der Stadt fungieren, vorteilhafter in einer anderen Rechtsformen zu betreiben sind. Gleichzeitig sollen die Voraussetzungen für eine solche Umwandlung benannt werden.

Schon die Ankündigung dieses Antrages hat große Aufregung verursacht, so als wolle sich die Stadt aus der Verantwortung ziehen und das letzte Stündlein habe für Oper und Schauspielhaus geschlagen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Wer die Entwicklung im Kulturbereich verfolgt und wer Theater und Orchester in ihrer Vielfalt und Qualität erhalten möchte, der denkt über Auswege aus der objektiv gegebenen Existenznot nach, die vor allen durch die knapper werdenden Finanzen verursacht wird. Und der spricht Probleme an, ehe es zu spät ist.

An eine Umwandlung in private Rechtsformen sind oft übertriebene Hoffnungen auf finanzielle Erleichterungen geknüpft. Davor muss gewarnt werden. Zumindest kurzfristig sind Einsparungen kaum möglich. Es gibt aber eine ganze Reihe von Vorteilen für Kulturbetriebe, wenn sie aus der engen Bindung an das Verwaltungsgetriebe entlassen werden. Erfahrungsgemäß werden dann Entscheidungswege kürzer, das Verantwortungsbewusstsein wächst für eine effizientere Wirtschaftführung, das Budget wird vom Theaterträger über einen längeren Zeitraum garantiert, Investitionen können in eigener Regie geplant und abgerechnet werden und die Motivation der Beteiligten wird größer. Mit Blick auf Oper und Schauspiel, die finanziell stark angeschlagen sind, soll der Stadtrat mit Hilfe dieses Antrages auch erfahren, welche Voraussetzungen für eine Rechtsformänderung erfüllt sein müssen. Die SPD-Fraktion will für einen überschaubaren Zeitraum Klarheit über diese Möglichkeiten haben und bittet deshalb um Zustimmung zu ihrem Antrag.

(Abstimmung: Antrag III/A 364 wird mit großer Mehrheit angenommen.)

Verrechnung Eigenbetriebe (Antrag III/A 365)

Ziel dieses Antrages ist, Kosten und Erträge, die sich aus den Leistungen der Kulturbetriebe untereinander ergeben, in echter Höhe abzurechnen. Zurzeit vergütet die Oper zum Beispiel dem Gewandhausorchester pauschal knapp 40 Prozent eines Betrages, der vorwiegend durch Personalkosten für die Künstler verursacht wird. Das entspricht einer durchschnittlichen Besetzungsstärke von 72 gegenüber einer realen Stärke von etwa 60 Musikern in Proben und Aufführungen. Ein Sechstel von insgesamt 5,5 Millionen Euro zahlt die Oper somit zu viel. Andererseits rechnet die Oper innerbetrieblich ihren Aufwand pro Inszenierung genau ab. Mit den Orchesterkosten werden aber alle Vorstellungen mit der Pauschale gleichmäßig belastet. Die ist ein unterhaltbarer Zustand.

Ähnliche Verhältnisse haben vor kurzem noch bei der Abrechnung der Werkstätten bestanden. Diese sind der Oper zugeordnet. Schauspiel und Kindertheater haben Pauschalen bezahlt. Erfasst wurde nur der Materialaufwand. Dort aber zeigt der Übergang zur echten Kostenrechnung das Dilemma. Diejenigen, die Dienstleister sind, argumentieren, dass sie Ressourcen vorhalten müssen, die, da es sich um Arbeitskräfte handelt, selbstverständlich nicht beliebig variiert werden können. Die Dienstleister erwarten also eine möglichst große Auslastung. Die Leistungsempfänger wiederum müssen sparen und reduzieren daher ihre Bestellungen in sechsstelliger Eurohöhe.

Selbstverständlich können auch 900.000 Euro Orchesterkosten bei exakter Abrechnung der Dienste beim Gewandhaus nicht einfach gestrichen werden. Die SPD-Fraktion möchte jedoch, dass die Stützung der Kulturbetriebe für den Stadtrat transparent ist und dass Zuschüsse in Zukunft dort ausgewiesen werden, wo der Aufwand entsteht. Wir erwarten von der Verwaltung, dass sie exakte Verrechnungen durchsetzt, die auch vertraglich fixiert werden, und dass sie eine Lösung für die damit verbundenen Interessengegensätze entwickelt – dies auch im Sinne der Haushaltskonsolidierung.

Es handelt sich um einen Antrag, der eigentlich schon längst im Betriebsausschuss hätte realisiert sein müssen. Dort kommt man aber nicht vorwärts und deshalb bringe ich diese Angelegenheit jetzt vor den Stadtrat.

(Dieser Antrag wurde ohne Gegenstimmen bei vier Enthaltungen im Stadtrat angenommen.)

Redner: Stadtrat und Vorsitzender des städtischen Finanzausschusses Christian Schulze

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

die SPD-Fraktion begrüßt, dass die Stadtverwaltung nicht nur eine Informationsvorlage, sondern wie vom Stadtrat in der Vergangenheit gefordert, zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine Beschlussvorlage zur diesjährigen Haushaltssicherung vorgelegt hat. Der Leiter des Dezernates Finanzen hat die Notwendigkeit der Vorlage ausführlich begründet. Wichtig ist meiner Fraktion, dass wir heute einen Beschluss fassen, damit eine geordnete und solide Haushaltsführung garantiert werden kann und die politische Handlungsfähigkeit beim Stadtrat verbleibt. Ablehnen oder Verschieben sind für uns keine Alternativen, da sonst weitere Haushaltseinschränkungen drohen und keinesfalls mehr Geld zur Verfügung steht. Der Beschluss ist außerdem wichtige Voraussetzung für die Genehmigung des diesjährigen Haushaltes durch das Regierungspräsidium. Das RP fordern wir erneut auf, schnellstmöglich den Haushalt freizugeben. Andere sächsische Städte und Landkreise haben bereits die Genehmigung erhalten, obwohl ihre Finanzsituation nicht besser ist.

Dass sich meine Fraktion auf zwei Änderungsanträge beschränkt hat, ist Beweis für die dramatische Haushaltssituation in allen Bereichen. Das Ende der Fahnenstange ist erreicht, ein Spielraum für uns Stadträte kaum noch vorhanden. Betonen möchte ich, dass die SPD-Fraktion dennoch Deckungsvorschläge für ihre Änderungsanträge gebracht hat, was wir bei anderen Fraktionen vermissen.

Ich wiederhole den Appell meiner Fraktion Richtung Bund und Freistaat, den Kommunen eine nachhaltige Finanzentlastung zukommen zu lassen. Zwei Themenfelder möchte ich in diesem Zusammenhang ansprechen: zum einen die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die keine zusätzliche Belastung für die Stadt Leipzig bringen darf, zum anderen die so genannte Switch-Klausel im Finanzausgleichsgesetz, mit der sich die sächsische Staatsregierung einen Freibrief verschafft hat, den Kommunen in diesem Jahr Gelder entziehen zu können. Dass die CDU-Landtagsabgeordneten, von denen auch einige in diesem Hause sitzen, dieser Möglichkeit ihre Zustimmung gegeben haben, ist ein Skandal. Eine Sanierung des Landeshaushaltes auf Kosten der sächsischen Städte und Gemeinden darf es nicht geben.

Die SPD-Fraktion wird – unter Beachtung unserer Änderungsanträge – der Vorlage zustimmen.

Rednerin: Ingrid Glöckner

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

wieder einmal wird der Stadtrat mit Erhöhungen der Baukosten an einem Bauvorhaben des Dezernats Kultur konfrontiert und ist aufgrund des Baufortschritts gezwungen zu votieren, da es kaum Handlungsspielraum gibt.

Die Begründung für die Erhöhung der Baukosten kann, wegen des desolaten Bauzustandes, baufachlich nachvollzogen werden. Die Deckelung der Baukosten zu Beginn der Maßnahme auf 60 Millionen Mark ist aufgrund der uns heute zur Kenntnis gegebenen Gründe zur Kostenerhöhung dagegen nicht mehr nachvollziehbar. Den Kostenrahmen wider besseren Wissens aus Sparzwängen niedrig zu halten, hat zwangsläufig Nachträge zur Folge. Hier sehen wir Handlungsbedarf der Verwaltung. Entweder können die Sanierungsziele mit den genehmigten Kosten erreicht werden oder wir können uns die Maßnahme aus finanziellen Gründen nicht leisten. Die Methode, erst einmal genehmigen lassen und dann sehen wir weiter, können wir nicht tolerieren. Es ist ja nicht das erste Mal, dass der Stadtrat gezwungen wird, bei Baumaßnahmen weitere Mittel freizugeben.

Ein anderes Problem betrifft den Pfeilersaal. Dieser sollte ursprünglich denkmalgerecht hergestellt werden. Da das Regierungspräsidium keine Fördermittel zur Verfügung stellen wird, wird der Pfeilersaal zwar saniert, nun aber nicht denkmalgerecht.

Die Stadt steht beim Freistaat in der Pflicht, da es sich um Gemeinschaftseigentum handelt. Wir bemängeln, dass sich die Stadt durch diese zusätzlichen Mittel auf Jahre verschuldet, die notwendigen Kredite durch das Regierungspräsidium aber nicht genehmigt werden. Die SPD-Fraktion kritisiert insbesondere, dass die Fachausschüsse, die sich mit dem Umbau des Grassimuseums beschäftigen, nicht früher über den Sachverhalt informiert wurden. Auch das gehört zum vertrauensvollen Umgang miteinander. Nicht alle Fraktionsmitglieder sind deshalb bereit, der Vorlage zuzustimmen.

Redner: Jürgen Wesser

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

auf die Gründe für Überleitung des Eigenbetriebes in eine gGmbH möchte ich nicht im Detail eingehen. Dies ist in der Vorlage und in der Diskussion in den Ausschüssen mit der nötigen Ausführlichkeit geschehen.

Ein kumuliertes Defizit von ca. 4 Mio Euro sind – nicht nur bei unserer derzeitigen Haushaltssituation – Anlass genug für dringenden Handlungsbedarf. Ich möchte hier an unseren Antrag „Kostendämpfung in städtischen Altenheimen“ vom Februar 2003 erinnern, der genau dieses Ziel auf einem anderen Weg angestrebt hat. Diesen Antrag würden wir nach Beschlussfassung zur GmbH-Gründung aus dem Verfahren nehmen können.

Was spricht gegen die Überführung des Eigenbetriebes? Aus unserer Sicht nichts. Eine Reduzierung der durch die Stadt Leipzig bereitgestellten Heimplätze auf ca. 940 ergibt sich unabhängig von der Rechtsform durch die Umsetzung der Bauverordnung. Und damit auch eine Reduzierung des Personals. Diese Sorge des Personalrates ist berechtigt, hat aber nichts mit der Vorlage zu tun. Die Sorge um eine Reduzierung des Mitspracherechts ist aus meiner Sicht unbegründet. Der Personalrat des Eigenbetriebes ist sehr zeitig und umfangreich in den Umwandlungsprozess einbezogen worden und hat diesen unterstützend begleitet. Die Verteilung der Sitze im Aufsichtsrat ist wunschgemäß eingearbeitet. Die Frage Betriebsrat ist durch das Betriebsverfassungsgesetz geregelt. Bis zu dessen Wahl lässt sich die Vertretung der Arbeitnehmer durch ein Übergangsmandat des „alten“ Personalrates unproblematisch umsetzen.

Herr Dr. Pellmann macht sich Sorgen, dass durch eine Änderung der Rechtsform des Eigenbetriebes die soziale Daseinsvorsorge durch die Stadt abgebaut wird. Nein. Gerade um die Daseinsvorsorge in diesem Betrieb auch langfristig zu sichern, muss eine finanzierbare Angebotsform gewählt werden.

Die gute Qualität der Pflege wird erhalten bleiben. Dafür sorgen Mitarbeiter, Betriebsleiter, die räumlichen Voraussetzungen und die Gesetze. Die Preise werden für die Bewohner bezahlbar bleiben. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die geänderte Rechtsform.

Die Interessen der Mitarbeiter werden gewahrt. Durch den Personalrat mit Übergangsmandat, durch den zu wählenden Betriebsrat und durch das Mitspracherecht der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat, dessen Einrichtung für ein GmbH rechtlich nicht zwingend ist, da sie karitativ wirkt (§ 81 Betr.VG 52).

Die SPD-Fraktion wird der Vorlage deshalb zustimmen.

Redner: Jürgen Wesser

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

die nächstfolgenden Tagesordnungspunkte beschäftigen sich im Grundsatz alle fünf mit einem Thema: Die Schulnetzplanung in Leipzig. Meinem Beitrag, in dem ich auf alle fünf Drucksachen zu diesem Thema eingehen werde, möchte ich eine, wenn auch nicht neue, so doch grundsätzliche Bemerkung voranstellen: Schulpolitik ist Ländersache. Das Land gibt die Rahmenbedingungen vor. Es legt fest, wie viele Schüler in einer Klasse sein dürfen oder müssen, wie viele Räume mit welcher Größe in einer Schule sein müssen. Es ist Anstellungsträger des Personals. Das Regionalschulamt, das durch Mitwirkungsentzug letztlich und abschließend über den Fortbestand oder die Schließung einer Schule entscheidet ist Landesbehörde. Wenn wir über Schulentwicklungspläne und Schulschließung entscheiden, dann setzen wir für eine bauliche Hülle Landesgesetze um. Wir sind gespannt, wie die Damen und Herren Landtagsabgeordneten der CDU, die in Dresden eben diese Gesetze mit absoluter Mehrheit beschlossen haben, als Stadträte mit ihren eigenen Gesetzen umgehen und heute abstimmen.

Im Mai 2001 hat der Stadtrat den Schulentwicklungsplan bis zum Jahr 2010 nach langer und schwieriger Diskussion beschlossen. Ziel war und ist, ein ausgewogenes Angebot an Schulen bereit zu stellen.

  • Durch die geburtenschwachen Jahrgänge in den 90er Jahren gibt es ab 2003 einen deutlichen Rückgang an Schülern der 5. Klassen in Gymnasien und Mittelschulen
  • Diese niedrigen Schülerzahlen werden bis 2006/7 anhalten. Danach wieder deutlich – 20% bis 25% – ansteigen.

Um dieser Entwicklung folgen zu können, werden in Leipzig einige Schulen zweizügig oder einzügig betrieben. Entgegen den gesetzlichen Bestimmungen. Ab 2008 wir die vom Gesetzgeber vorgegebene Zwei – bzw. Dreizügigkeit wieder erreicht sein. Es muß uns gelingen, durch intelligente Lösungen die Zeit der schülerschwachen Jahrgänge zu überbrücken. Dies schließt eine Überprüfung und Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes ein. Vom Kultusministerium, also vom Land Sachsen, wird angestrebt, dass nur Mittelschulen und Gymnasien die zwei- bzw. dreizügig geführt werden, weiter existieren dürfen. Die Schließung der „überzähligen“ Schulen wird vom Regionalschulamt durch Mitwirkungsentzug erzwungen. Nach dem Willen dieses Regionalschulamtes sollen sieben weitere Mittelschulen und drei weitere Gymnasien geschlossen werden.

Diese Forderung kann die SPD Fraktion nicht akzeptieren, da:

  1. eine ausgewogene Schullandschaft zerstört wird
  2. ab dem Jahr 2008 die dann noch vorhandenen Schulgebäude nicht mehr ausreichen werden
  3. es unverantwortlich ist, Schulen zu schließen um sie nach einigen Jahren neu zu bauen oder mit großem Aufwand instand zu setzen

Einige kritische Anmerkungen zur Arbeit des Schulverwaltungsamtes kann ich nicht aussparen.

  • Trotz der Einwände der beteiligten Stadträte wurde die Vorlage zur Schließung des Klinger – Gymnasiums ins Verfahren geschickt und mehrfach grundsätzlich geändert
  • Nur dem Protest von B90/Gr., PDS und SPD ist es zu verdanken, dass die Lene – Voigt – Mittelschule nicht mehr zur Schließung ansteht.

Das hindert das Regionalschulamt nicht daran, in die Hoheit des Schulträgers und in die Wahlfreiheit der Eltern einzugreifen und Anfang Februar in einem Brief per e-mail an alle Schulleiter die Empfehlung zur Nichtanmeldung an dieser Schule, ebenso wie beim Lichtenberg-Gymnasium, auszusprechen. Eine Empfehlung zu Schulen, über die wir erst heute entscheiden werden. Das ist bezeichnend !!!

Zu den einzelnen Vorlagen: Unstrittig ist der Standortwechsel der Lernförderschule „Ernst Zinna“. Lehrer und Schüler freuen sich darauf, unter wesentlich besseren Bedingungen in einem neuen Gebäude arbeiten und lernen zu dürfen.

Mittelschule Portitz

Die Diskussion in den Ausschüssen und in der Fraktion war intensiv und konträr. Die Argumente der betroffenen Schule und der Portitzer können wir nachvollziehen. Tatsache ist jedoch, dass das Gebäude für Grundschule und Mittelschule zu klein ist. Merkwürdig ist, dass diese Tatsachen von Vertretern der CDU – Fraktion nicht anders gesehen werden. Dieser Standort wird jedoch neuerdings von einigen Stadträten als unverzichtbar erklärt, obwohl bisher kein Widerspruch zur Beschlussfassung vorliegt. Die Politik der PDS-Fraktion, alle Schulschließungen kategorisch abzulehnen, halten wir im übrigen für verantwortungslos und opportunistisch.

Herder-Schule / 54. Schule

Die Vorlage bezieht sich auf die 54. Schule. Indirekt entscheiden wir jedoch über die Herder-Schule, die sich in diesem Planungsbereich befindet mit. Für die Herder-Schule hat das Regionalschulamt jedoch bereits den Mitwirkungsentzug ausgesprochen und die Eltern aufgefordert ihre Kinder in der 54. anzumelden. Diese Kinder müssten, wenn wir der Schließung der 54.zustimmen wieder zurück an die Herderschule. Dem Auslaufen des Mommsen-Gymnasiums haben wir zugestimmt, weil klar war, das Gebäude soll durch die 54. Schule nachgenutzt werden.

  1. Wenn wir der Schließung der 54. zustimmen, gibt es für das sanierte Mommsen kein Nutzungskonzept.
  2. Die Eltern werden ihre Kinder nicht in die Herder-Schule schicken. Wie wollen wir den Eltern, die ihre Kinder im vergangenen Schuljahr ihre Kinder an der Herder-Schule angemeldet haben und durch den Mitwirkungsentzug in die 54. Schule geschickt wurden, den neuen Fakt klarmachen?
  3. Wir hätten dann eine Schule geschlossen, eine würde nicht angenommen werden und ein Gebäude steht leer.

Aus diesen Gründen werden wir der Vorlage nicht zustimmen.

Gymnasium Grünau

Dieser Vorlage werden wir zustimmen. Die zu erwartenden Schülerzahlen sind für ein Gymnasium ausreichend. Wir halten es für die Entwicklung des Stadtteiles für wichtig einen gymnasialen Standort zu erhalten. Die Profile beider Schulen können erhalten werden. Der traditionsreiche Name „Max Klinger“, der für viele Schüler aus angrenzenden Gemeinden Grund ist, dort zu lernen, dieses Gymnasium zu besuchen, kann erhalten werden. Und – hier folgen wir der bereits getroffenen Festlegung des Regionalschulamtes – zumindest formell – das Lichtenberg Gymnasium aufzuheben. Hinweisen möchte ich noch auf den Ergänzungsantrag der SPD-Fraktion. Der Beschlusspunkt 2 der Vorlage soll wie folgt ergänzt werden: Die Schulkonferenz wird beauftragt, nach der Bildung des Gymnasiums, dem Stadtrat in absehbarer Zeit einen Namensvorschlag zur Entscheidung vorzulegen. Begründung: Für den Erhalt und die Werbung von Schülern ist es erforderlich, dem Gymnasium einen Namen zu geben, mit dem sich die Schüler identifizieren können. Der Name „Gymnasium Grünau“ sollte nur eine Übergangslösung darstellen.

Schulentwicklungsplan

Es ist wahrscheinlich, dass sich nach Beschlussfassung im TOP 15.4 in der Liste 3 die Streichung der 54. Schule erfolgen muss. Dies fordern wir in unserem Änderungsantrag. Ebenso soll in der Liste 2 die Heinrich-Heine-Schule aus der Liste der zu präzisierenden Schulen gestrichen und in die Liste der Schulen mit besonderen Beobachtungsstatus eingetragen werden. Mit diesen Änderungen werden wir der Ergänzung des Schulentwicklungsplanes zustimmen.

Die Stadt Leipzig schließt Schulen. Nein ! Auf der Grundlage von Landesgesetzen will das Regionalschulamt sieben Mittelschulen und drei Gymnasien schließen. Durch Mitwirkungsentzug. Mit Blick in die Zukunft erhalten wir, auch wenn es die Schülerzahlen eigentlich nicht erlauben, so viele Schulen wie möglich. Schließen müssen wir dort, wo es unvermeidlich ist.

Redner: Axel Dyck

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

der erste Beschlussvorschlag datiert vom Juli letzen Jahres und war für die Rats-versammlung im September 2003 vorgesehen. Wir haben also einen Verzug von fast einem halben Jahr. Wenn man bedenkt, dass im Juni Kommunalwahlen anstehen – und je näher dieser Termin heranrückt, die Bereitschaft politisch Handelnder gemeinhin abnimmt, Beschlüsse zu fassen, die in die Belange großer aber auch kleiner Bevölkerungsgruppen eingreifen, ist schon heute absehbar, dass frühestens mit den Haushaltsberatungen 2005 die Beschlüsse, die heute gefasst werden, ansatzweise umgesetzt werden. Wir haben also einen Rückstand von einem Jahr. Das muss aber nicht so bleiben. Der erste Beschlussvorschlag lautete: „Die Ratsversammlung beschließt die strategischen Ziele der Stadt Leipzig und die Methodik der strategischen Haushalsplanung bis 2006 als Arbeitsgrundlage.“ Das würde auch heute noch als Beschluss ausreichen, nachdem die einzelnen strategischen Ziele nach der ersten Diskussionsrunde etwas klarer in ihrer Wirkungsrichtung justiert wurden. Interessanterweise steht in den damaligen Vorbemerkungen, dass die Vorlage Arbeitsgrundlage für die Verwaltung und für den Stadtrat ist. Der zweite Adressat fehlt in der heutigen Vorlage leider. Wenn wir es aber ernst meinen mit unseren Beschlüssen, so denke ich, ist es unbestritten, dass wir selbst unausgesprochen uns die strategischen Ziele zur Grundlage unseres Handelns in den nächsten Monaten – und zwar ab sofort, machen. Die SPD-Fraktion jedenfalls ist bereit, auch schon im Vorfeld zu den Kommunalwahlen danach zu handeln.

Was beschließen wir nun heute nach einem halben Jahr Diskussion mit dem insgesamt fünften Beschlussvorschlag? Ausgelöst durch die völlig unbefriedigende Finanzsituation der Stadt Leipzig, für andere Städte trifft das genauso zu, sind wir gezwungen, deutlicher als bisher auszusprechen was wir uns – und mit wir meine ich alle Menschen in der Stadt Leipzig – leisten wollen und auf was wir in Zukunft verzichten müssen. Bei einer ehrlichen Analyse muss dieser Grundsatz eigentlich auch auf Zeiten „prall gefüllter Kassen“ zutreffen. Will man es sich einfach machen, werden die Euros weiter wie bisher, gleichmäßig verteilt und mit jährlichen Prozentabschlägen über alle Haushaltspositionen versehen. Das Ende ist diffus. Keiner weis, ob er glücklich ist oder weinen sollte. Und das schlimme dabei ist, die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt steht dabei auf dem Spiel. Der wichtigste Beschlusspunkt ist „die Lebensqualität der Bürger der Stadt Leipzig zu sichern“. Das ist genereller Auftrag und Ziel unserer Arbeit. Erreicht werden soll dies vor allem über die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt. Ein Wettbewerb, der Ressourcen bedarf, die von der heutigen Bevölkerung aufzubringen sind und die erst in einigen Jahren oder noch später die erwünschten Erfolge bringen werden. Wir als Stadträte müssen somit Vorrangigkeiten und Nachrangigkeiten definieren, die sich oft in vermeintlichen Ungerechtigkeiten widerspiegeln werden. Aber wir tragen in unseren heutigen Entscheidungen eben auch Verantwortung für die Stadt Leipzig und ihre Menschen in 5, in 10 Jahren und noch darüber hinaus. Das ist die Krux beim Abschiednehmen von der lieb gewonnenen Klientelpolitik und wird denen, die es bei der Umsetzung der strategischen Ziele ernst meinen, nicht immer öffentlichen Beifall einbringen. Ohne eine intensive Kommunikation dieses Vorhabens hinein in alle Bevölkerungsgruppen wird es nicht gehen. Hier ist der zu bildende Ausschuss mit in der Pflicht, aber auch die Medien sollten ihrer Verantwortung gerecht werden und dabei nicht jedes Gedankenspiel und jeden Diskussionszwischenstand so kommentieren, als ob am nächsten Tag die Welt auf den Kopf gestellt wird. Nehmen wir die Sache ernst. Die SPD-Fraktion wird die notwendige Verantwortung übernehmen.