Das Grundanliegen des Antrags zur Durchführung eines Bürgerentscheids zur Verhinderung weiterer Schulschließungen wird von der SPD Fraktion unterstützt. Ziel ist, bei einer stark veränderten Bevölkerungssituation die Bildungspolitik der Landesregierung auf den Prüfstand zu stellen.
Die Ausbildung und Erziehung unserer Kinder rückt angesichts der stark zurückgegangenen Geburtenzahlen, zunehmendem Facharbeitermangel und einer immer größer werdenden Zahl Arbeitsloser, die in der Wirtschaft nicht einsetzbar sind, weil ihre Qualifizierung nicht den Anforderungen entspricht, ganz automatisch in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.
Damit erhebt sich die Frage: Werden die Schulen ihrem Auftrag noch gerecht? Dieser Auftrag wird dann nicht erfüllt, wenn vordergründig eine quantitative Auslastung der Schulgebäude und eine zumutbare Belastung der Lehrerschaft die Kriterien sind, nach denen Schulplanung geschieht. Statt dessen sollte der individuelle Umgang mit den Kindern, die gezielte Förderung von talentierten Schülern, eine Neubeurteilung des Lernstoffes, der den Erfordernissen der Zukunft angepasst ist, im Mittelpunkt stehen. Dieser Prozeß beginnt bereits in der Grundschule und endet an den Universitäten. Dazu gesellt sich zwangsläufig eine umfassende Erziehung der jungen Menschen, um den Anforderungen in einer demokratischen Gesellschaft gewachsen zu sein. Werte wie Toleranz, Urteilsfähigkeit, Freiheit in V erbindung mit Verantwortung, gesellschaftliches Engagement usw. sind am besten im Vorbild der Lehrerschaft vermittelbar, wenn diese Lehrer überschaubaren Klassen gegenüberstehen.
Diese Erwartungen der Bürger sind in der Begründung des Bürgerbegehrens erkennbar und kein politisches Gremium sollte sie übersehen. Allerdings wird diesem Anliegen nicht dadurch entsprochen, wenn generell auf Schulschließungen verzichtet wird. Die vorliegenden Schülerzahlen lassen sich nicht beschönigen und geben der Verwaltung wenig Spielraum im Hinblick auf die bestehenden Schulgesetze. Trotzdem obliegt den Mitgliedern des Stadtrates die Pflicht, die geplanten Schulauf-hebungen sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.
Die SPD-Fraktion des Stadtrates hat in vielen Anhörungen die Meinung von Eltern, Lehrern und Schülern eingeholt, an vielen Orten Schulen besichtigt, Schulwege erkundet und sich so ein Bild gemacht, um eigene Vorschläge fundiert zu begründen.
Obwohl das Bürgerbegehren formell in vielen Punkten die Anforderungen erfüllt, wird die SPD-Fraktion dem Bescheid der Verwaltung zustimmen. Dies geschieht in erster Linie deshalb, weil die Ausschließlichkeit des Begehrens jedes weitere Handeln verhindert. Zudem muß ein Stadtrat auch die finanziellen Auswirkungen eines solchen Vorgehens berücksichtigen und kann deshalb nur in der Verantwortung für das Wohl der ganzen Stadt entscheiden. Es ist bedauerlich, dass die Verwaltung nicht bereits in einem frühen Stadium der Unterschriftensammlung mit Nachdruck darauf hingewiesen hat, dass die Zielrichtung des Begehrens an die falsche Adresse geht. Auch aus unserer Sicht ist eindeutiger Adressat die Landesregierung, die mit ihrer Gesetzgebung den Rahmen der schulischen Bildung vorgibt.
Wir bedauern, dass die Initiatoren des Bürgerbegehrens dies offenbar nicht so sehen. Die SPD-Fraktion des Stadtrates der Stadt Leipzig, wird sich auch in Zukunft in besonderer Weise um die Belange der Bildung und der Erziehung kümmern und nach Wegen suchen, die dem Grundanliegen des Bürgerbegehrens entsprechen.
Helmut Voß
Dr. Joachim Fischer Fraktionsvorsitzender