Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Redner: Peter Geiling

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Stadträte, sehr geehrte Gäste,

der Betrieb für Beschäftigungsförderung war in den 90-er Jahren der wichtigste Anbieter für den sogenannten 2. Arbeitsmarkt in Leipzig. Durch den bfb konnte für viele Menschen Arbeit für 1 Jahr ermöglicht werden. Im Durchschnitt waren im bfb 4 bis 5000 Menschen tätig. Die Mitarbeiter haben für die Stadt und ihre Bürger in den letzen 10 Jahren viele Werte geschaffen. Damit hat der bfb eines seiner Ziele „die Organisation von Beschäftigungsmaßnahmen“ gut erfüllt. Das zweite Ziel „die Vermittlung von Mitarbeitern in den 1. Arbeitsmarkt“ konnte nie konsequent verfolgt und nur unwesentlich realisiert werden. Erste Schwierigkeiten begannen sich bereits im Jahr 1999 abzuzeichnen. Daraufhin wurde mit der neuen Betriebsleitung erstmals eine Kostenrechnung eingeführt. Dabei stellte sich heraus, dass der bfb aufgrund der sinkenden Sachkostenanteile

  • zu viele Festangestellte hatte und
  • die Einrichtung zu unwirtschaftlich betreibt.

Im Jahr 2001 war klar, dass der bfb saniert werden muss, um nicht zur Kostenfalle für die Stadt zu werden. Ursache dafür waren verminderte Zuschüsse durch Bund und Land aufgrund geänderter gesetzlicher Verhältnisse. Zur Überwindung der Krise hatte der Stadtrat ein Darlehen in Höhe von 15 Mio. DM bewilligt. Dazu kam, dass die Verbindung ABM/ HzA so nicht weiter realisierbar war. Die Folge war die Umstrukturierung des bfb im Jahr 2002 in einen HzA-Betrieb. Leider konnte die wirtschaftliche Lage nicht verbessert werden. Im Stadtrat wurde deshalb im November 2002 ein Nachtragswirtschaftsplan mit zusätzlichen 4,5 Mio EURO verabschiedet. Eine weitere Überprüfung der Wirtschaftlichkeit ergab, dass die Organisation von HzA-Maßnahmen bei anderen Trägern mit dem gleichem Ziel wesentlich effektiver ausgeführt werden können. Aufgrund dieser eben geschilderten Probleme hat der bfb keine Zukunft, da eine Sanierung ohne erhebliche finanzielle Mittel der Stadt, die aber nicht vohanden sind, nicht möglich ist. Die infolge der Umsetzung des Hartz-Konzeptes zu erwartenden Gesetzesänderungen werden außerdem die bisherige Form der HzA-Beschäftigung nicht länger ermöglichen.

Deshalb wird die SPD-Fraktion der Schließung des bfb zustimmen. Wir stimmen mit der Verwaltung auch darin überein, die notwendigen ABM- und HzA-Maßnahmen bei anderen Trägern zur Verfügung zu stellen. Die Stadt Leipzig zieht sich nicht aus der Verantwortung zurück, sondern unterbreitet weiterhin, die in den Informationsvorlagen dargestellten Angebote.

Redner: Dr. Joachim Fischer

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

Leipzig muss sparen. Das ist nicht neu. Seit den Beratungen für den Haushalt 1997 ist der jährlichen Haushaltsdiskussion jeweils ein Konsolidierungskonzept vorgeschaltet. Es war gut, dass wir in Leipzig sehr frühzeitig erkannt haben, dass die fetten Jahre nach der Wende schnell vorbei waren. Welches Ergebnis eine Politik hat, die einen solch schmerzhaften Weg nicht gegangen ist, sehen wir an unserer Landeshauptstadt. Der Dresdner „Katalog der Gemeinheiten“, wie ihn die Presse nennt, reicht von der kompletten Schließung aller städtischen Kitas bis zu drastischen Kürzungen im Kulturbereich. Das bleibt uns dank sozialdemokratischer Politik in Leipzig vorerst erspart!

Positiv zu konstatieren ist:

  • Der Haushalt ist ausgeglichen.
  • Wir kommen ohne eine Nettoneuverschuldung aus, d.h. keine neue Belastung für die zukünftige Generation.
  • Steuererhöhungen sind nicht notwendig.
  • Und die Hebesätze bleiben auf dem derzeitigen Niveau.

Aber, meine Damen und Herren,

trotz der Konsolidierungsmaßnahmen in den letzten Jahren verschärft sich die Haushaltssituation im kommenden Jahr dramatisch. Nicht nur durch die zu erwartenden Mindereinnahmen, sondern durch die unzureichende Finanzausstattung der Kommunen ist die im Artikel 28 des Grundgesetzes sichergestellte kommunale Eigenverantwortung in Frage gestellt. Da das nicht nur in Leipzig so ist, appellieren wir dringend an die Bundesregierung, sehr konsequent eine Neuregelung der Gemeindefinanzierung durchzusetzen. Die dafür eingesetzte Kommission muss schnell zu Ergebnissen kommen und bei ihrer Arbeit insbesondere folgende Ziele berücksichtigen:

  • Korrektur der Fehlentwicklungen im geltenden Gemeindefinanzsystem, auch unter Einbeziehung der Gewerbesteuer.
  • Stabilisierung des kommunalen Finanzsystems,
  • Verstetigung der Einnahmeentwicklung der Kommunen,
  • und Zusammenführung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe ohne zusätzliche Belastungen für die Kommunen.

Eine Aufgabenübertragung durch Bund und Land auf die kommunale Ebene ohne vollständigen finanziellen Ausgleich ist künftig zwingend auszuschließen. Es muss uneingeschränkt der Grundsatz gelten: „Wer bestellt, der bezahlt“.

Die SPD-Stadtratsfraktion befürwortet deshalb die Forderungen der sächsischen kommunalen Spitzenverbände an die Staatsregierung, die zum Ziel haben, die Finanzzuweisungen an die Kommunen nicht zu kürzen.

Deshalb, meine Damen und Herren, fordert die SPD-Fraktion von der Sächsischen Staatsregierung:

  1. Keine Einschnitte bei der Arbeitsmarktförderung. Der Freistaat will die Kofinanzierung von EU-Fördermitteln für AB-Maßnahmen und die Förderung der Berufsausbildung nicht zur Verfügung stellen. Deshalb drohen Kürzungen um ein Drittel der Mittel, weil 37 Mio. Euro EU-Fördermittel nicht abgerufen werden können. Die Folgen wären auch für die Stadt Leipzig eine erhebliche Erhöhung der Arbeitslosenzahl.
  2. Höhere Fördersätze bei Investitionen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Der gegenwärtig übliche Satz von 75 % führt lediglich zu einer Förderung von real ca. 60 %, da Teile der Investitionen nicht förderfähig sind. Der somit 40 %-ige Eigenanteil ist durch die Kommunen finanziell nicht tragbar.
  3. Erhöhung der Kita-Pauschale um ca. 3,4 Millionen Euro für die Stadt Leipzig. Die derzeitigen Pläne der Staatsregierung sehen vor, die Kita-Pauschalen für das kommende Jahr erheblich zu kürzen. Der Betrag von 3,4 Mio. Euro würde das derzeitige Niveau beibehalten.
  4. Übernahme des Fehlbetrages beim Landeswohlfahrtsverband. Dort droht im Jahre 2003 ein Defizit von 78 Mio. Euro. Mit unserem Haushaltsantrag „Kürzung der Umlage Landeswohlfahrtsverband“ soll verdeutlicht werden, dass die Stadt Leipzig einer weiteren Erhöhung ihres Zuschusses zur Deckung des Defizits nicht zustimmen wird und dass im Zuge der allgemeinen Sparmaßnahmen auch beim Landeswohlfahrtsverband alle Sparpotentiale ausgeschöpft werden müssen. Auch bei sozialen Aufgaben ist der Freistaat in der Pflicht.

Noch ein Wort zum oben angerissenen Thema der Arbeitsmarktpolitik. Leipzig versucht durch eine sehr aktive Wirtschaftsförderung – Stichwort Porsche und BMW – für neue Arbeitsplätze zu sorgen.

Der SPD-Fraktion werden jedoch die Themen Bestandspflege und die Unterstützung kleiner und mittlerer Betriebe von der Wirtschaftsförderung nicht aktiv genug betrieben. Bei dieser Arbeit steht man zwar nicht so oft in der Zeitung, Herr Schubert, das Ergebnis ist aber ebenso wichtig für die Arbeitsmarktpolitik der Stadt. Außerdem sollten Sie, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch eine schnelle Umsetzung der Ergebnisse der Hartzkommission in Leipzig vorantreiben.

Meine Damen und Herren,

das Haushaltsdefizit für 2003 betrug vor dem Anlaufen des Konsolidierungsprogramms über 90 Mill. Euro. Davon haben die Stadtverwaltung und die kommunalen Betriebe der Stadt jeweils ca. ein Drittel zu tragen. Das letzte Drittel soll durch Vorschläge der Kämmerei gedeckt werden.

Es ist erfreulich, dass die Kürzungen im Verwaltungshaushalt von rund 21 Mio. Euro nicht nach dem Rasenmäherprinzip erfolgten, sondern dass dezernatsübergreifend Schwerpunkte gesetzt werden. So kommt es zu vergleichsweise geringen Kürzungen im Bereich Jugend und Soziales. Die Zuschüsse an Vereine und Verbände im Kultur- und Sportbereich werden nicht gekürzt, im Jugendbereich sogar aufgestockt.

Positiv ist hervorzuheben, dass der notwendige Personalabbau von 160 Stellen weitestgehend sozialverträglich durch Arbeitszeitmodelle erfolgt. Dadurch werden in den kommenden Jahren allerdings Umstrukturierungen in den Ämtern erforderlich. An der – im Vergleich zu den vergangenen Jahren – relativ geringen Zahl ist jedoch auch erkennbar, dass zumindest einige Bereiche an ihrer Leistungsgrenze angekommen sind und weiterer Personalabbau erhebliche Einschnitte bei den Leistungen für die Bürger bedeuten würde. Nur durch generelle Strukturveränderungen und die Ausgliederung von Leistungen aus der Verwaltung ist in den kommenden Jahren ein weiterer Stellenabbau denkbar. Umso bemerkenswerter ist es, dass die Stadtverwaltung trotz der angespannten finanziellen und personellen Situation große Anstrengungen unternommen hat, um die schlimmen Folgen der Flutkatastrophe im Sommer dieses Jahres für die Betroffenen mit beträchtlichem Aufwand schnell und unbürokratisch zu mildern. Das findet hohe Anerkennung und den besonderen Dank meiner Fraktion.

Nun noch ein Wort zu den bevorstehenden Tarifverhandlungen: Bei der heute erkennbaren Einnahmesituation würden nur sehr maßvolle Erhöhungen in den kommenden Jahren einen weiteren Stellenabbau innerhalb der Stadtverwaltung verhindern. Eine Lohnsteigerung von einem Prozent bedeutet eine zusätzliche Ausgabe von ca. 4,5 Mio. Euro für die Stadt Leipzig, einschließlich der Eigenbetriebe. Dieser Betrag ist für 2003 eingeplant und jede Erhöhung, die darüber hinausgeht, reißt ein Loch in den städtischen Haushalt. Unabhängig von den Tarifverhandlungen appellieren wir an die Gewerkschaften, sich zukünftig nicht nur als Interessenvertreter der Noch-Beschäftigten, sondern verstärkt auch als die der Arbeitslosen zu verstehen.

Meine Damen und Herren,

sehr konkret benannt ist der Konsolidierungsbeitrag der in der LVV zusammengeschlossenen Betriebe. Die LVV hat die bisher von der Stadt zu erbringende Finanzierung der Verkehrsleistungen der LVB abzusichern. Das ist nur mit erheblichen Anstrengungen der Stadtwerke, der Wasserwerke und der LVB zu erreichen. Wenn man es sich einfach macht, kann man sagen: “ Wenn alle sparen, müssen eben auch die städtischen Betriebe sparen.“ Aber sparen denn alle?

Aus Sicht meiner Fraktion werden nicht alle Eigenbetriebe und Beteiligungsgesellschaften gleichermaßen in die Sparrunden einbezogen. Die Eigenbetriebe Kultur müssen nur 50 % der anstehenden Tarifsteigerungen selbst erwirtschaften. Ihr Zuschuss steigt gegenüber 2002 sogar um ca. 400.000 Euro an. Über dieses Thema werden wir zeitnah mit den Leipzigern sprechen müssen. Wieviel Kultur kann und will sich eine Stadt mit knapp 500.000 Einwohnern leisten? Im Ergebnis einer solchen Diskussion müssen nach unserer Auffassung Prioritäten gesetzt werden und auch das Verhältnis zwischen der sogenannten Hochkultur und der „Freien Kulturszene“ geregelt werden. Die Freie Szene ist übrigens von den Sparmaßnahmen nicht betroffen. Sie erhält aber auch nicht mehr Geld als 2002.

Die Verfahrensweise im Umgang mit den städtischen Bibliotheken bedarf meines Erachtens der Kritik. Ohne umfassende und nicht unter Zeitdruck stehende Diskussion ist die Erneuerung des städtischen Bibliothekswesens nicht machbar und politisch nicht vertretbar. Die Bibliotheken der Stadt benötigen dringend ein langfristiges Konzept, um Planungssicherheit zu erhalten. Die Diskussion um ein solches Konzept hätte aber vor der Haushaltsdiskussion erfolgen müssen, zumal ein entsprechender Antrag, unter anderem meiner Fraktion, bereits im Dezember des vergangenen Jahres gestellt wurde.

Meine Damen und Herren,

das Volumen des Vermögenshaushaltes reduziert sich um insgesamt knapp 30 % auf 324 Mio. Euro. Das hat hauptsächlich zwei Ursachen: Zum Einen kann die Stadt die notwendigen Komplementärmittel nicht mehr aufbringen, zum Anderen aber auch, weil Investitionen städtischer Betriebe, wie z.B. des Klinikums St. Georg, nicht mehr im Haushalt der Stadt abgebildet werden.

Da sich die Haushaltssituation in den kommenden Jahren mit ziemlicher Sicherheit nicht grundlegend verändern wird, und wir andererseits die Neuverschuldung nicht weiter ansteigen lassen wollen, müssen wir nach neuen Wegen zur Finanzierung von Investitionen suchen. Die SPD-Fraktion hat dazu zwei Anträge eingebracht. Wir sind der Meinung, dass unsere städtischen Beteiligungen auf ihre Notwendigkeit für die Stadt und auf deren Nachhaltigkeit überprüft werden sollten. Bei Veräußerungen nicht notwendiger Beteiligungen sollen die Erlöse vorrangig zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen beitragen und vor allem für Projekte mit einem hohen Förderanteil eingesetzt werden. Ohne die Mittel aus dem Anteilsverkauf der Stadtwerke hätten wir die notwendigen Investitionen zur Erschließung des BMW-Geländes nicht finanzieren können. Wir sollten uns für solche und ähnliche Fälle wieder eine strategische Rücklage bilden.

Die Veräußerung nicht zwingend notwendiger Beteiligungen hat außerdem den Nebeneffekt, dass das Beteiligungsmanagement eine Größenordnung annimmt, die es steuerbar erscheinen lässt. Dabei muss allerdings darauf geachtet werden, dass wir nicht die Milchkühe veräußern, von deren Milch die Stadt heute und auch in Zukunft lebt.

Mit unserem zweiten Antrag wollen wir erreichen, dass durch die Einbeziehung von privatem Kapital in das Investitionsgeschehen weitere Investitionen außerhalb des Vermögenshaushaltes realisiert werden. Durch die direkte Einbeziehung der Nutzer und der privaten Investoren in den Vorbereitungs- und Bauprozess wird nach unserer Auffassung das Kostenbewusstsein geschärft. Dann gehören Diskussionen wie anlässlich der Erhöhung der Baukosten für das Grassimuseum hoffentlich der Vergangenheit an. Durch die Verlagerung von Aufgaben der Bauvorbereitung und Baudurchführung sowie der Verwaltung von Objekten nach außen können innerhalb der Verwaltung neue Strukturen geschaffen werden, die zu einer Verschlankung bei gleichzeitiger Erhöhung der Effektivität und zu einem besseren Kostenbewusstsein führen werden.

Meine Damen und Herren,

die SPD-Fraktion hatte vom Kämmerer – zumindest für wichtige Eckpunkte – ein über die mittelfristige Planung hinausgehendes langfristiges Finanzkonzept eingefordert. Wir haben angenommen, dass ein Kämmerer – sozusagen wie ein Pfarrer seine Bibel – solche Zahlen immer bei sich trägt und ohne diese Werte gar nicht leben kann. Wir wurden eines besseren belehrt. Die Haushaltsdiskussion ist mit dem Einbringen der Haushaltsanträge in den Fraktionen weitgehend abgeschlossen. Das geforderte Konzept liegt noch nicht vor. Die Kämmerei ist völlig überlastet, wurde uns gesagt. Oder ist es so, Herr Kaminski, dass es schwer fällt, Herrschaftswissen preiszugeben?

Und weil ich gerade beim Kritisieren bin, noch ein Wort zur Jahresrechnung 2001. Sie liegt uns erst seit gestern vor. Damit geht dem Stadtrat wiederum die wichtige Möglichkeit verloren, die Ergebnisse der Prüfung unmittelbar bei der Haushaltsdiskussion für 2003 zu berücksichtigen.

Für die Haushaltsdiskussion ist es auch bedauerlich, dass die Genehmigung des Haushaltes für das Jahr 2002 nicht vorliegt. Sicherlich ist die Prüfung eines so umfangreichen Haushaltes, wie der der Stadt Leipzig, ein aufwändiger Prozess. Muss das aber ein Jahr dauern? Aus unserer Sicht müssten aber eventuelle Auflagen für das Folgejahr im Haushalt Berücksichtigung finden.

Meine Damen und Herren,

es ist mir und der SPD-Fraktion bei aller Kritik ein besonderes Anliegen, den Mitarbeitern der Kämmerei und Ihnen, Herr Kaminski, für ihre Arbeit bei der Erstellung des Haushaltsplanentwurfes zu danken. Wir danken aber auch allen Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die im Prozess der Haushaltskonsolidierung und der Planerarbeitung mitgewirkt haben. Wir wissen, dass die Erarbeitung eines Haushaltplanentwurfes schon bei prall gefüllten Kassen nicht ganz einfach ist. Bei der gegenwärtigen Haushaltsituation der Stadt Leipzig ist diese Aufgabe jedoch sicher ein sehr schmerzhaftes Unterfangen.

Meine Damen und Herren Stadträte,

in diesem hohen Haus wurden Haushaltpläne schon einstimmig verabschiedet. Aus Sicht der Mitglieder der SPD-Fraktion sollten wir gerade in Zeiten einer so schwierigen Einnahmesituation beweisen, dass in Leipzig manches anders abläuft als in anderen Städten. Lassen Sie uns gemeinsam nach Wegen suchen, die es möglich machen, noch im Dezember 2002 den Haushalt für das Folgejahr zu verabschieden. Mit der Bewerbung um die Austragung der olympischen Spiele 2012 haben wir die einmalige Chance, zum einen den Ausbau der Infrastruktur auf höchstem Niveau und zum anderen eine selbsttragende Wirtschaft und damit einen riesigen Schub für unsere Stadt zu erreichen. Leipzig hat mit seinen Partnerstädten und insbesondere dem Freistaat bisher viel Geld in die Bewerbung gesteckt. Für die Entscheidung des NOK am 12. April 2003 brauchen wir ein klares Signal, dass diese Gelder bestens angelegt sind und dass die Stadt Leipzig politisch handlungsfähig und verlässlich ist.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit !

Dr. Joachim Fischer

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Stadträte, verehrte Gäste,

ihnen liegt die Erklärung des Leipziger Stadtrates zu den Neonazi-Aufmärschen in unserer Stadt zur Abstimmung vor. Mit dieser Erklärung soll deutlich gemacht werden, dass Rechtsradikale in Leipzig unerwünscht sind.

Die Stadt Leipzig ist für ihre Weltoffenheit, Toleranz und die 1989 friedlich erkämpfte Freiheit bekannt. Dieses Ansehen soll durch rechtsextreme Aufmärsche beschmutzt werden. Die Häufung dieser Aufmärsche in einem unerträglichen Maße, seit April jeden Monat, kann nicht still schweigend hingenommen werden.

Alle Leipziger, die 1989 für die Freiheit auf die Straße gegangen sind, und darunter sind eine ganze Reihe Stadträte, haben eine ganz besondere Beziehung zum Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Die Bürger von Leipzig haben keinerlei Verständnis für den Missbrauch dieses verfassungsrechtlich geschützten Grundrechts, das sie in diesem Teil Deutschlands mit erkämpft haben.

Mit den ständig wiederkehrenden Naziaufmärschen soll gerade das Demonstrationsrecht und damit die gesamte Demokratie mit Stiefeln getreten werden.

Als Folge der Aufmärsche werden allgemeine Freiheitsrechte der Bürger Leipzigs und vieler Gäste unserer Stadt ganz erheblich eingeschränkt. Aber auch große Teile des Wirtschaftslebens der Stadt kommen zum Erliegen.

Nach unserer Auffassung muss vor der Genehmigung dieser Aufmärsche gerade in solcher Anzahl eine Abwägung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit mit den allgemeinen Freiheitsrechten der Bürger stattfinden.

Wir sind der Meinung, dass die verantwortlichen Politiker dieser Stadt, und dazu zählen natürlich auch die Stadträte, ganz eindeutig Position beziehen müssen und nach außen mit dieser Erklärung deutlich machen sollten.

Text von Helmut Voss

In der Ratsversammlung am 24.4.2002 hatte der Stadtrat über eine Reihe von Straßennamen zu befinden. Darunter auch über die Benennung der neu entstandenen Straße in Verlängerung der Marschnerstraße. Die Stadtverwaltung hatte ursprünglich vorgeschlagen, dieser Verlängerung auch wieder den Namen „Marschnerstraße“ zu geben. Die SPD-Fraktion hatte – initiiert durch unser Mitglied in der Arbeitsgruppe „Straßenbenennungen“, Helmut Voß – vorgeschlagen, diese Straße „Am Sportforum“ zu nennen. Dieser Vorschlag wurde dann sogar von der Stadtverwaltung übernommen, so dass über den Änderungsantrag der SPD-Fraktion nicht mehr abgestimmt werden musste.

Nachfolgend dazu einige Gedanken von unserem Stadtrat Helmut Voß:

Ist man eine längere Zeit in der Arbeitsgruppe „Straßenbenennungen“, so fragt man sich schon mal insgeheim, wozu werden eigentlich Straßen gebaut? Nein nein, nicht wie man vielleicht denkt, um Persönlichkeiten zu ehren, sondern man baut Straßen um an ein Ziel zu gelangen. Um dann dem Ziel eine Adresse zu geben, bekommen nun die Straßen einen Namen.

Die Straße, um die es sich hier handelt, führt zu einer seit Jahrzehnten erstklassigen Adresse! Zum Sportforum! Die Sportstadt Leipzig hat in der Welt von sich reden gemacht und das Herzstück dieser Sportstadt Leipzig ist der ganze Komplex um das Stadion. Mit der neuen Mehrzwecksporthalle, dem neu gebauten Stadion, wird dieses Herzstück erneut ins Blickfeld gelangen. Natürlich hoffen wir alle, dass in wenigen Jahren das Sportforum in aller Munde ist, nämlich dann, wenn das Olympische Komitee feststellt: The winner is Leipzig!

Dann ist hier für die Jugend der Welt das Sportforum die zentrale Adresse. Oder sollten wir dann sagen, die Olympiade findet in der Marschnerstraße statt? Deshalb hat die SPD-Fraktion vorgeschlagen, diese Straße soll den Namen: „Am Sportforum“ bekommen. Zumal wir ja alle noch nicht wissen, wann die Marschnerstraße, entweder mit Brücke oder Tunnel, die Jahnallee quert? Der Name ist identitätsstiftend und weckt Erinnerungen.

Redebeitrag von Ingrid Doctor

In der Ratsversammlung am 24.4.2002 standen auch die Vorlagen

  • III/2150: Anpassung der Elternbeiträge für die Betreuung der Kinder in den Kindertageseinrichtungen der Stadt Leipzig
  • III/2152: Tagespflege

zur Diskussion und zur Abstimmung.

Unser Mitglied im Jugendhilfeausschuss und jugendpolitische Sprecherin Ingrid Doctor vertrat mit nachfolgendem Redebeitrag den Standpunkt der SPD-Fraktion zu diesen Vorlagen :

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Herren Beigeordnete und sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

ich möchte einige Gedanken zur Novellierung des Sächsischen Kindertagesstättengesetz voransetzen. Das geänderte Sächsische Kindertagesstättengesetz ist zu zeitig und übereilt im Landtag durch die Mehrheitsfraktion verabschiedet worden. Es ist ein Unding, im November 2001 ein Gesetz zu verabschieden, das per 01.01.2002 gelten soll und derart einschneidende Veränderungen zur Folge hat und vor offenen Rechtsbegriffen strotzt. Weder die Kommunen noch die freien Träger hatten ausreichend Zeit, sich auf die neuen Bedingungen einzustellen und die Umsetzung des Gesetzes gründlich vorzubereiten. Verständlich wird dieses Verfahren, wenn man die daraus entstehenden Mehrkosten für die Kommunen, als Einsparungen im Landeshaushalt erkennt. Allein für die Stadt Leipzig sind das mehrere Millionen Euro. Abgesehen davon, wie wir als Kommunalpolitiker zu dem Gesetz stehen. Die Stadt Leipzig ist in der Pflicht, dieses Gesetz umzusetzen.

Nun zu den einzelnen Vorlagen:

Anpassung der Elternbeiträge für die Betreuung der Kinder in den Kindertageseinrichtungen der Stadt Leipzig auf Grund der Novellierung des SächsKitaG

Die Neufestsetzung der Elternbeiträge hat nur in wenigen Details mit dem geänderten Gesetz zu tun. Die Eltern hatten sich auch nach dem bisherigen Gesetz an den Betriebskosten der Einrichtung zu beteiligen. Im Krippenbereich mit maximal 23% und im Kindergarten und Hortbereich mit maximal 30% der gesamten Betriebskosten. Die Betriebskosten haben sich erhöht und dieser Erhöhung werden, bei gleichem Prozentsatz wie bisher, die Elternbeiträge angepasst. Das bedeudet, für die Eltern wird es eine Mehrbelastung von ca. 5% geben. Die Erhöhung der Elternbeiträge ist moderat und wird durch Freiplatzregelungen für sozial schwache Eltern und Familien mit mehreren Kindern abgefedert. Immerhin gibt es zur Zeit in Leipzig 5524 Freiplätze. Darüber hinaus erhalten 201 Erziehungsberechtigte Ermäßigungen durch die Stadt Leipzig. Eine höhere finanzielle Unterstützung ist durch die Stadt nicht leistbar.

Vorlage „Tagespflege“

Bei Betroffenen und in der Öffentlichkeit ist diese Vorlage sehr kontrovers diskutiert worden. Wesentlicher Diskussionspunkt war die Sorge, dass Tagespflege in größerem Umfang Ersatz für Krippenplätze werden soll. Wäre der Kindertagesstättenbedarfsplan logischer Weise vorher beschlossen worden, hätten die Diskussionen ihre Schärfe verloren und es wäre klar gewesen, dass die Tagespflege ein gleichwertiges alternatives Angebot sein soll und KEIN ERSATZ!

Wir sind der Meinung, dass es gerade für die ganz kleinen Kinder durchaus besser sein kann, von einer Tagesmutter betreut zu werden. Diese Entscheidung sollen aber die Eltern für sich und ihr Kind selbst treffen. Entgegen allen Vermutungen wird es Krippenplätze entsprechend dem Bedarf weiterhin geben. Wichtig ist allerdings die Definition des Bedarfes. Wir werden darauf achten, dass die Definition des Bedarfes so sein wird, dass keine Mutter Ihren Arbeitsplatz verliert oder gar nicht erst erhält, weil ein Krippenplatz nicht zur Verfügung steht. Hier sind wir als Politiker in der Verantwortung und nehmen diese sehr ernst. Die Zugangskriterien für den Erhalt eines Krippenplatzes müssen transparent, exakt formuliert und überprüfbar sein. Nicht weniger verantwortungsvoll muß die Auswahl der Tagesmütter erfolgen. Wir finden es richtig, dass die Kommune sich dieser Verantwortung stellt und den Verbund Kommunaler Kinder- und Jugendhilfe damit beauftragt, konzeptionell tätig zu werden. Fachlich und rechtlich abgesichert, sind für alle Beteiligten akzeptable Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Kinder sicher und liebevoll betreut werden können. Bei korrekter Umsetzung der Vorlage ist dies gewährleistet.

Redebeitrag von SPD-Stadträtin Dr. Karin Scheibe

In der Ratsversammlung am 14.11.2001 mußte über die Vorlage „Umbau und Sanierung Haus der Volkskunst zum Theaterhaus“ befunden werden. Im Jahre 1996 hatte die Ratsversammlung einen Baubeschluss gefasst, in dem die Höhe der veranschlagten Mittel für die Baukosten festgeschrieben wurde. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass diese Summe erheblich überschritten wird. Aus diesem Grunde wurde es notwendig, den damaligen Baubeschluss zu ergänzen. Den Standpunkt der SPD-Fraktion zu dieser Vorlage erläuterte die kulturpolitische Sprecherin der Fraktion, Dr. Karin Scheibe, mit folgendem Redebeitrag:

„Die SPD-Fraktion wird der Vorlage selbstverständlich zustimmen, denn wir haben ja im Vorjahr mit einigen Klimmzügen einen Haushaltantrag eingebracht, der die Fertigstellung des Großen Saals für das Theater der Jungen Welt zum Ziel hatte. Der Unmut in meiner Fraktion wegen der Überschreitung der ursprünglich geplanten Baukosten ist aber so groß, dass der sich auch mal öffentlich Luft machen muss. Man muss einräumen, ein Theaterbau ist kompliziert. Anders als bei Straßen. Da gibt es keine Erfahrungen, geschweige Routine. In der Vorlage werden auch einige Gründe für die Kostenüberziehung genannt, vor allem die zu lange Bauzeit. Hier aber sehe ich das Kulturamt in der Verantwortung. Wer sich erinnert: Vom Stadtrat wurde ein Betreiberkonzept zur Bedingung gemacht und um dieses Konzept gab es eine quälend lange Diskussion. Mehrere Gutachter wurden bestellt, bezahlt und angehört. So viel ich mich erinnere, hat keiner den vorgesehenen Mix aus 3 Institutionen positiv beurteilt. Die Verwaltung setzte sich mit ihrem Vorschlag durch, auch gegenüber dem Stadtrat. Der Zeitverzug zog einen großen Teil der Kostenüberschreitung nach sich, und insgesamt betrachtet: Wo stehen wir denn heute? Der Verein, dem auch beim Bauen finanziell große Zugeständnisse gemacht wurden, ist ausgezogen, nach Streit mit Kulturamt und anderen Mietern. Eine Gastronomie, die als Finanzquelle gedacht war, gibt es nicht. Dafür haben wir als einzigen Betreiber des Hauses einen Dachverband aus 5 Theatervereinen, der das Ganze ungenügend vermarktet, weil er angeblich dazu zu wenig Fördermittel bekommt. Inzwischen sind mehr als 8 Mio DM ausgegeben für einen technisch über-ausgestatteter kleinen Saal, der max. 100 Zuschauer faßt. Das alles ist in höchstem Maß unbefriedigend, zumal die Baukostenüberschreitung im Kulturdezernat kein Einzelfall ist, man braucht nur an das MBK zu denken. Die SPD hat sich mit einem Antrag, alle Bauherrenämter unter dem Dach des Dezernats Planung und Bau zu vereinen, vor einigen Jahren nicht durchsetzen können. Wir fordern nun zumindest eine turnusmäßige Kontrolle des Baugeschehens und der Kosten, auch eine Berichterstattung darüber, und außerdem möglichst bald ein tragfähiges neues Betreiberkonzept für das gesamte Haus.“

Redebeitrag von Dr. Karin Scheibe, kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion

Der einer jüdischen Beamtenfamilie entstammende Philosoph Ernst Bloch musste ab 1933 als von den Nazis Verfolgter zunächst in demokratischen Ländern Europas Asyl suchen, bevor er 1938 in die USA emigrierte. 1948 wurde Ernst Bloch die Leitung des Instituts für Philosophie an der Universität Leipzig angetragen. 1949 wurde er zum Ordinarius dieses Instituts berufen und lehrte fortan in Leipzig. Im Jahre 1957 wurde Ernst Bloch wegen angeblicher Verführung der Jugend und Staatsfeindlichkeit das Vertrauen als Universitätslehrer entzogen, ihm der Zutritt zur Universität verboten und weitgehend auch jede öffentliche Wirksamkeit versagt. Am 13. August 1961 hielt sich Bloch in Bayern auf. Er kehrte nicht wieder nach Leipzig zurück, was die Leipziger Volkszeitung mit der Überschrift „Ernst Bloch, der zu Globke kroch“ kommentierte. Die SPD-Fraktion stellte den Antrag, Ernst Bloch anlässlich seines 25. Todestages von am 4.8.2002 gemeinsam mit der Universität Leipzig an seiner langjährigen Wirkungsstätte in würdiger Form zu ehren. In seiner Geburtsstadt Ludwigshafen wie auch in seiner Sterbestadt Tübingen sind Straßen, Archive und Institute nach diesem großen Philosophen benannt. Da in Leipzig bereits eine Blochstraße existiert, muss eine andere Form gefunden werden. Die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Dr. Karin Scheibe, warb mit nachfolgendem Redebeitrag um die Zustimmung der Ratsversammlung für unseren Antrag:

„Ernst Bloch: Was tut man, wenn man ein Statement halten muss zu einem bedeutenden Namen? Man sieht zuerst in einem Lexikon nach. Mein Brockhaus nennt unter Bloch fünf Männer, allesamt Juden, alle fünf Wissenschaftler oder Künstler von Rang und Namen, zwei von ihnen Nobelpreisträger. Vier konnten sich dem Zugriff der Nazis entziehen, einer wurde von der Gestapo erschossen. Welcher Reichtum, welcher Verlust an Geist und Kultur. Der Philosoph Ernst Bloch, um dessen Ehrung die SPD-Fraktion aus Anlass seines 25. Todestages bittet, lebte von 1885 bis 1977. Aus dem Exil in den USA kehrte er 1948 nach Deutschland zurück. Er wurde zum Professor an die Universität Leipzig berufen und leitete dort das Institut für Philosophie bis zu seiner Zwangsemeritierung im Jahr 1957. Im August 1961, als die Mauer gebaut wurde, kam er von einer Reise nach Bayern nicht zurück. Er lehrte dann in Tübingen. Hans Mayer, seit kurzem Ehrenbürger unserer Stadt, folgte ihm zwei Jahre später. Mit dem Weggang dieser beiden war ein Kapitel in der Geschichte der Leipziger Universität beendet, das glanzvollste Kapitel in der Geschichte der Geisteswissenschaften im 20. Jahrhundert in Leipzig. Ich stehe nicht hier, um die wissenschaftliche Leistung Ernst Blochs zu würdigen. Das können andere besser. Ich stehe hier, um aus einer Außensicht für eine Ehrung von Ernst Bloch um Ihre Zustimmung zu bitten. Zum ersten möchte ich an die Zeit erinnern, in der Ernst Bloch in Leipzig war. Er hatte zwei Weltkriege und die Wirren der Weimarer Republik erlebt. Er kam, dem sicheren Tod durch die Nazidiktatur entronnen, nach Leipzig im Geist der Hoffnung, dass freie und kreative Menschen eine Utopie verwirklichen könnten zusammen mit Trägern der Macht. Und er traf, so musste er schmerzhaft erkennen, auf eine neue Diktatur, in der dogmatische Parteifunktionäre direkt und indirekt mit den miesesten Mitteln seine Arbeit behinderten und zerstörten. Welches Geflecht von Denunziation und Intrigen! Bei der Sicht auf Bloch sollten wir diese schlimme Zeit einbeziehen. Das würde ein objektives Bild geben für sowohl diejenigen, die seine Ansichten ablehnen, als auch für solche, die in der jetzigen Demokratie nicht ihre wahre Freiheit verwirklicht sehen. Daran schließt sich mein zweiter Gesichtspunkt an. Ernst Bloch war ein integrer Mensch. Seine Lehre und sein Handeln stimmten überein. In unserer aufs Materielle und Finanzielle ausgerichteten Welt sollte man sich daran erinnern, dass sich ein aufrechter Gang für einen selbst lohnt, indem er das Selbstbewusstsein, das Innere stärkt, — dass ein aufrechter Gang aber selten belohnt wird. Man kann heute frei wählen – unter anderen Bedingungen als Bloch. Das ist der große Unterschied. Zum Dritten: Wer den Namen Ernst Bloch hört, denkt meist auch an das „Prinzip Hoffnung“. Das Schlagwort hat sich verselbständigt und wird meist verwendet im Sinn: „Für jede verfahrene Situation findet sich noch ein Fünkchen Hoffnung“. So aber ist dieser Begriff von Bloch nicht gemeint. Er steht für eine „Philosophie der Hoffnung“. Hoffnung sei die treibende Kraft für die Entwicklung zu einer freien Gesellschaft. Das war Blochs Vision. Visionen aber brauchen wir, und Werte, an denen wir uns orientieren können. Ich bitte auch deshalb um Ihre Zustimmung für unseren Antrag und danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben.“