Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Christopher Zenker

 Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
werte Gäste,

bevor ich auf die Vorlage im Speziellen eingehe, möchte ich einige grundsätzliche Worte verlieren: Mit der Corona-Krise steht Leipzig vor der größten Herausforderung der letzten Jahrzehnte. Unser gewohntes Leben und der gesamte Alltag haben sich drastisch verändert. Wir erleben gerade, wie selbstverständliche Freiheiten eingeschränkt werden mussten, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und dadurch Menschenleben zu schützen. In Deutschland ist das bisher gut gelungen.

Diese Maßnahmen haben jedoch massive Auswirkungen auf unser privates Leben, aber auch auf unzählige Unternehmen, Einzelhändler und Gewerbetreibende, wie zum Beispiel auch Gastronomen, Reiseunternehmen, Hoteliers, Clubs und Künstler. Sie alle stehen momentan vor fast unlösbaren Problemen – es geht um Ihre Existenz. In dieser für meine Generation beispiellosen Krise zeigen Bund, Land und Kommune, dass wir in einem handlungsfähigen, handlungswilligen, starken Staat leben. Es wurde gehandelt, mit Unterstützung der meisten Oppositionsparteien wurden umfangreiche Programme zur Unterstützung in Form des Kurzarbeitergelds, zinsloser Darlehen und finanzieller Zuschüsse ohne Verpflichtung zur Rückzahlung aufgelegt. Die Demokraten/-innen im Parlament haben erkannt, wenn Selbstprofilierung hintenangestellt werden sollte.

Mein aufrichtiger Dank geht in dieser schwierigen Zeit an all jene Menschen, die oft unbeachtet im Hintergrund das tägliche Leben einer Stadt erst möglich machen – vor allem auch in Krisensituationen. Jedem von uns wird jetzt ganz deutlich, welche umfangreichen Aufgaben medizinisches Personal, Pflegekräfte, Erzieher/-innen, Feuerwehr, Polizei, Verkäufer/-innen und die Beschäftigten der Ver- und Entsorgungsunternehmen übernehmen.

Wir sind aufgefordert, physischen Abstand zu halten. Die Stadt Leipzig erlebt jedoch in dieser schwierigen Zeit eine andere Art von Nähe, die sich in einer Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft unter ihren Bürgern zeigt. Für mich ist das ein Signal dafür, dass wir auch aus dieser Situation die Kraft ziehen, um geschlossener, freier und stärker als Gemeinschaft aus dieser schweren Krise hervorzugehen.

Ich bin den Leipzigerinnen und Leipziger dankbar, dass sich die meisten an die aufgelegten Regeln halten und nicht irgendwelchen Verschwörungstheoretikern und Hobbyvirologen auf den Leim gehen. Weitere Lockerungen sind um so eher möglich, je disziplinierter wir uns an die Regeln halten.

Als Vater zweier Grundschulkinder kann ich dennoch nachvollziehen, wie schwierig es jetzt ist,nicht nur Job und Familie zu koordinieren, sondern auch noch Lehrer und Trainer zu sein. Ich muss mir aktuell keine Sorge um meinen Job machen und kann dennoch nachfühlen wie es Betroffenen geht, denn viele meiner Freunde arbeiten in Branchen die vom Lockdown besonders betroffen sind.

Einer kleinen Gruppe Betroffener wollen wir heute mit einem kommunalen Förderprogramm helfen, weil wir hier eine Lücke in den Programmen von Bund und Land sehen. Es geht um die Soloselbständige bzw. Kleinstunternehmen.

Natürlich helfen die Programme von Bund und Land auch Kleinunternehmen, die wegen eines oft sehr geringen finanziellen Polsters von der aktuellen Krise besonders betroffen sind. Allerdings fallen Soloselbständige hierbei ein stückweit durchs Netz, wenn sie keine gesonderten Betriebsstätten, wie Büro oder Werkstätten, für die sie Miete zahlen müssen, oder Leasingraten für Maschinen oder Fahrzeuge, die bedient werden müssen, vorweisen können, weil sie meist von zu Hause arbeiten. Das trifft insbesondere Freiberufler, Teile der Kreativwirtschaft und freischaffende Künstler.

Wie komplex allein dieses Thema ist, zeigt auch die bundesweite Diskussion dazu. Denn Länder wie Hamburg oder Baden-Württemberg haben bereits entsprechende Programme für Soloselbstständige aufgelegt. Bremen hat hierzu eine Bundesratsinitiative gestartet. In Hamburg und Baden-Württemberg wird bereits ein Beitrag zu den Lebenshaltungskosten als Zuschuss gezahlt, so wie auch wir das vorhaben.

Selbstverständlich ist mir bewusst, dass wir mit der heutigen Entscheidung nur einen kleinen Beitrag leisten und auch nur einer kleinen Gruppe Selbstständiger helfen, zunächst nicht in die Grundsicherung gehen zu müssen. Die Soloselbständigen sollen die Wahl haben, Hilfen zu beantragen, die sie über zwei Monate bringen sollen. Wir schütten hier also kein Vermögen aus, sondern helfen dabei, über die Runden zu kommen. Wir können mit dieser Maßnahme noch nicht mal ausschließen, dass die Betroffenen nach wenigen Monaten nicht doch Grundsicherung beantragen müssen, da der Lockdown weiter anhält.

Wir öffnen mit dem Programm auch nicht einfach das Portmonee, denn jeder der es nutzen will, kann eben keine anderen Leistungen beantragen, wozu auch die Kosten der Unterkunft gehören, die aktuell die Kommunen tragen.

Nicht alle der über 11.000 Soloselbstständigen in Leipzig sind vom Lockdown betroffen. Dennoch viele sind Soloselbstständige aus der Kreativwirtschaft, Musiker und/oder Künstler besonders vom Lockdown betroffen. Zudem ist es eben in diesen Bereichen oft schwierig Rücklagen zu bilden. Wir wollen mit diesem Programm zeigen, dass wir sie nicht vergessen haben, auch wenn das Programm nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. Zudem lassen sich leider auch nicht alle Ungerechtigkeiten verhindern. Wir schaffen gefühlt vielleicht neue, da auch Unternehmer um die Beantragung einer Grundsicherung nicht herumkommen. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass diese Hilfen ein wichtigstes Signal sind. Schließlich machen Kreativwirtschaft und Kultur nicht nur einen wichtigen Teil der Leipziger Wirtschaft aus, sondern sie sind auch ein Stück Identität unserer Stadt.

Wir werden der Vorlage zustimmen, hoffen jedoch, dass Bund oder Land noch eine Regelung finden, die, ähnlich dem Programm für Auszubildende, unser Programm dann doch noch ablösen kann. Ich bin daher auch der Landesregierung dankbar, die heute im Parlament eine bundeseinheitliche Regelung eingefordert haben.

Anja Feichtinger

Rednerin: Anja Feichtinger, stellv. Fraktionsvorsitzende

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Dezernenten,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
liebe Gäste,

ich freue mich, dass uns nunmehr diese Vorlage zur Entscheidung durch die Verwaltung übergeben wurde. Die Genese der Vorlage, die bis ins Jahr 2013 zurückreicht, trübt jedoch meine Freude ein wenig.

Im Oktober 2013 hatte die SPD-Fraktion einen Antrag zur Übertragung städtisch verwalteter Wohnimmobilien an die LWB eingereicht, leider kam dazu nie ein Verwaltungsstandpunkt.

Im Jahr 2015 brachte die Fraktion Bündnis 90 die Grünen einen Antrag zur „Änderung der strategischen Liegenschaftspolitik (Flächenbevorratung) – Kein Verkauf“ ein. Im Verwaltungsstandpunkt zu diesem Antrag wurde dann vom Dez. VII auch auf unseren Antrag eingegangen, indem von Verhandlungen mit der LWB zur Übernahme städtischer Wohnimmobilien gesprochen wurde.

In den Jahren 2018 folgten mehrere Anfragen seitens unserer Fraktion, wann mit einer entsprechenden Umsetzung durch die Verwaltung zu rechnen ist.

Nunmehr liegt uns diese Vorlage zur Bestätigung vor. Mit dieser der städtische Wohnungsbestand auf die LWB und Saatzucht Plaußig gemäß einer Auflistung übergehen soll.

Leider hat die Verwaltung die zwischen Antragstellung und Vorlage vergangene Zeit nicht genutzt, die nunmehr im Raum stehenden Fragen mit den übernehmenden Gesellschaften zu klären. Sie möchte diese den Aufsichtsräten der übernehmenden Gesellschaften überlassen.

Darüber hinaus gibt es keine Rechtssicherheit für die Übertragung, da das gemäß EU-Beihilferecht vorzulegende Gutachten fehlt und erst noch eingeholt werden muss.

Wichtige Aspekte – wie der Ausschluss des Weiterverkaufs der Immobilien – werden in der Vorlage erwähnt, aber nicht festgeschrieben.

Die vorgelegten Änderungsanträge zeigen, das wichtige Aspekte der Wohnungspolitik nicht betrachtet wurden.

Kurzum: Eine vollumfängliche Betrachtung der Übertragung sowie Ableitungen für die wohnungspolitische Ausrichtung der Stadt Leipzig fehlen. Alle involvierten Parteien, sei es die LWB, die Saatzucht, die Stadt- und Ortschaftsräte werden mit einer Vorlage konfrontiert, die viele Fragezeichen hinterlässt. Sieben Jahre hätten genutzt werden können, alle Aspekte in den Ausschüssen zu diskutieren. Schade ….

Aus diesen Gründen haben wir uns dazu entschieden, einen gemeinsamen Änderungsantrag mit den Fraktionen Die Linke und Bündnis 90 Die Grünen einzureichen, der alle fehlenden Aspekte aufgreift. Zur Begründung hat Herr Wehmann schon ausgeführt.

Ich werbe nochmals um Ihre Zustimmung.

Zu den weiter vorliegenden Änderungsanträgen:

Ortschaftsrat Rückmarsdorf:

An dieser Stelle möchten wir das Anliegen des Ortschaftsrats aufgreifen und bitten die Verwaltung nochmals um Prüfung der Liegenschaft „An der Teichmühle 1 und 1a, ob diese nicht doch einer sozialen Nutzung zugeführt werden kann. Dazu ist es erforderlich, diese Liegenschaft temporär aus der Liste der zu übertragenden herauszunehmen.

Ortschaftsrat Liebertwolkwitz:

Dem Antrag können wir in den Punkten 1 bis 6 zustimmen, der Punkt 7 ist mit der Neufassung des Änderungsantrags erledigt und die Punkte 8 bis 9 werden wir ablehnen. Wir bitten deshalb um punktweise Abstimmung dieses Änderungsantrags.

CDU-Fraktion:

Dem Änderungsantrag für die Herauslösung eines Grundstücks in der Engelsdorfer Straße 108/110 werden wir zustimmen.

Vielen Dank!

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Christopher Zenker

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
werte Gäste,

Ich könnte es mich kurzfassen und sagen: Das Programm umfasst Aktionen und Projekte, die das aktive Handeln der Bürgerschaft für die freiheitliche demokratische Grundordnung, für Weltoffenheit sowie gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Dies schließt ausdrücklich Projekte gegen Demokratiefeinde aller Art ein. Ihr Antrag ist daher abzulehnen. Ihnen geht es mit ihrem Antrag aber um etwas anderes: Sie wollen vom Rechtsextremismus ablenken, der auch tief in ihrer Partei verankert ist.

Ich möchte zunächst noch einmal an die Ratsversammlung vom 7. November 2019 erinnern, wo im Rahmen einer aktuellen Stunde nahezu jede Fraktion klar Stellung zu links motivierter Gewalt und Sachbeschädigung bezogen hat.

Ich zitiere aus meiner damaligen Rede: „Für mich als Demokrat, als Christ, als Sozialdemokrat, als jemand der die friedliche Revolution als Kind wahrgenommen hat, gehört es zur Selbstverständlichkeit, Gewalt abzulehnen. Für mich gilt: Keine Gewalt! Gewalt gegen Menschen oder Sachbeschädigungen gehören nicht in die demokratische politische Auseinandersetzung. Dabei ist es mir egal, ob die Gewalt politisch oder religiös motiviert ist. Gewalt sollte daher von Demokratinnen und Demokraten grundsätzlich geächtet werden. Gesetzesbrüche und Straftaten müssen konsequent geahndet werden, ganz gleich wer sie verübt. Da darf es keine falsche Toleranz geben.“

Und dennoch, sehr geehrte Damen und Herren, liegt ein besonderer Schwerpunkt in der politischen Bildung darauf, sich mit dem Rechtsextremismus zu befassen. Ich möchte hier gern den ehemaligen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert zitieren, der das ganz gut auf den Punkt gebracht hat und sicher nicht im Verdacht steht, in besonderem Maße linksaußen zu stehen:

Deutschland ist ein Land, das nach bitteren Erfahrungen mit Extremismus und Gewalt, vielleicht gründlicher als andere Länder seine historischen Lektionen gelernt hat. […] Wir wollen nie wieder zurück in einen solchen braunen Sumpf, wir wollen nie wieder zurück in autoritäre oder totalitäre Verhältnisse, die es im 20. Jahrhundert in verschiedenen Phasen unserer Geschichte leider hierzulande gegeben hat.

Das Dritte Reich endete in einem Fanal. Millionen Menschen haben in der Zeit des Nationalsozialismus ihr Leben verloren, sei es durch Verfolgung und Ermordung, weil es Andersdenkende oder, in Jargon der Nazis, „Minderwertige“ waren, oder im durch das NS-Regime losgetretenen Weltkrieg. Und es gibt immer noch Menschen, die einer Ideologie der Ungleichheit, in der menschlichem Leben, je nach Herkunft, eine unterschiedliche Wertigkeit gegeben wird, anhängen. Das ist eine Gefahr für unsere Gesellschaft, denn die veranstalten nicht nur Konzerte, wie bspw. auf dem Themarer Grundstück eines AfD-Funktionärs, sondern verfolgen wie bspw. der NSU und seine Unterstützer Pläne zum Umsturz.

Der Rechtsstaat darf auf keinem Auge blind sein und er darf auch religiösen Fanatismus nicht aus den Augen verlieren. Warum jedoch in der demokratischen Bildung, die immer auch eine Ablehnung von Extremen ist, ein besonderer Fokus auf dem Rechtsextremismus liegt, möchte ich ihnen mit allein 26 Gründen nur aus Sachsen, davon zehn aus Leipzig untermauern:

1991 – Jorge João Gomondai – Dresden     

1991 – Gerhard Sch. – Leipzig

1992 – Waltraud Scheffler – Geierswalde

1993 – Mike Zerna – Hoyerswerda     
1994 – Klaus R. – Leipzig   

1994 – Michael Gäbler – Zittau

1995 – Peter T. – Hohenstein-Ernstthal

1995  – Sven Silbermann – Dresden

1995 –  Michael Silbermann – Dresden

1995  – Gerhard Helmut B. – Leipzig

1995  – Horst K. – Leipzig

1995  – Mario L. – Leipzig
1996  – Bernd Grigol – Leipzig       
1996  – Achmed Bachir – Leipzig       
1998  – Nuno Lourenço – Leipzig       
1999  – Patrick Thürmer  – Hohenstein-Ernstthal
2000  – Bernd Schmidt  – Weißwasser     
2003  – Günter T. – Riesa     

2003  – Christa G. – Wurzen          
2003  – Thomas K.  – Leipzig       
2008  – Karl-Heinz Teichmann – Leipzig       
2009  – Marwa El-Sherbini – Dresden       
2010  – Kamal Kilade – Leipzig       
2011  – André Kleinau – Oschatz       
2017  – Ruth K. – Döbeln       
2018  – Christopher W. – Aue   

Das sind Namen von Menschen die seit der friedlichen Revolution durch politisch bzw. mutmaßlich rechts motivierte Gewalttaten ums Leben gekommen sind.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Anja Feichtinger

Rednerin: Anja Feichtinger, stellv. Fraktionsvorsitzende

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
werte Gäste,

 

wir wollen die Stadt beauftragen, im Rahmen des Förderprogramms „Klimaschutz durch Radverkehr“, das der Bund im Sommer 2019 aufgelegt hat, ein oder mehrere Modellprojekte zu erarbeiten und damit für die Förderperiode 2020 entsprechende Mittel aus dem Programm zu beantragen.

Wir sehen dadurch die Chance, neue Maßnahmen, gern auch in den eingemeindeten Ortsteilen auf den Weg zu bringen, denn dort ist die Radverkehrsinfrastruktur geringer ausgeprägt als im innerstädtischen Bereich.

Der Stadtrat hat sich 2018 für das Nachhaltigkeitsszenario bei der künftigen Organisation des urbanen Verkehrs entschieden. Neben den ÖPNV spielen dort auch der Rad- und der Fußverkehr eine wichtige Rolle. Vor diesem Hintergrund halten wir es für richtig, verschiedene Förderprogramme zu nutzen, um – in diesem Fall beim Radverkehr – die Infrastruktur entsprechend auszubauen.

Ich bitte Sie unserem Antrag zuzustimmen. In unserer Neufassung haben wir zudem versucht, den Änderungsvorschlag der CDU, in dem zurecht auf die eingemeindeten Ortschaften hingewiesen wird, aufzunehmen.

Prof. Dr. Getu Abraham

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

ehrlich gesagt, ich kann mich nicht mehr wirklich erinnern, wie hell oder dunkel es im Friedenspark war, wenn ich seinerzeit als Student vom TV-Klub über die Johannesallee hinterm Apothekergarten ins Wohnheim in die Straße des 18. Oktober gelangte.

Ehrlich gesagt, war ich – wie viele andere auch – damals überhaupt froh, irgendwo hinzugelangen. In der stillen Hoffnung, dass es früh dann doch nicht zu schnell zu hell wird. – Spaß bei Seite!

Wenn wir heute über den Ausbau der Beleuchtung im Friedenspark reden, dann denken wir zuerst an unser eigenes Sicherheitsbedürfnis: Sturzfrei durch den Park kommen. Mit dem Fahrrad nicht hängen bleiben.

Tatsächlich aber blenden wir trotz aller Leuchtkraft einen mindestens ebenso wichtigen Aspekt aus: Lichtverschmutzung – also Dauerbeleuchtung – stört nicht nur Ökosysteme, sie macht Menschen krank. Und Tiere.

Es ist deshalb auch für uns hier in Leipzig sorgsam abzuwägen, wo, wie und in welcher Weise wir die Beleuchtung ausbauen – gerade auch in innerstädtischen Ökosystemen wie dem Friedenspark. Und gerade vor dem Hintergrund, dass die Hauptwege bereits wesentlich mit Laternen ausgeleuchtet werden.

Die andauernde Erhellung der Nacht kann für Pflanzen und Tiere gravierende Folgen haben. Eine durchgehende Lichteinwirkung führt wiederum erwiesenermaßen zur Störung von Biorhythmen, Mangel an Abwehrkraft, Absenkung der Fortpflanzungsfähigkeit (wir müssen was lernen).

Pflanzen und Tiere sind anders als Menschen – und da hoffe ich, Sie stimmen mir zu – nicht in der Lage, einfach mal das Rollo herunterzulassen und sich vor übermäßigem Lichteinfluss zu schützen.

Ich bin kein Experte für Beleuchtungsfragen. Aus medizinischer Sicht aber muss ich sagen, dass es weniger sinnvoll ist über die Ausweitung von Beleuchtung zu sprechen, als über die Qualifizierung von Beleuchtung:

Andere Kommunen, wie beispielsweise Fulda oder Frankfurt am Main, haben sich bereits auf den Weg gemacht, verzichtbare Lichtquellen nachts abzuschalten, oder sogar abzubauen. Dort, wo Beleuchtung aus Sicherheitsgründen zwingend ist, werden Laternen durch Strahler ersetzt, die gezielt und mit engem Lichtwinkel die unmittelbar relevanten Bereiche des Wegs ausleuchten.

Mit Blick auf den im Stadtraum ohnehin schon lange festgestellten Rückgang der Artenvielfalt sowie der Schädigung von Flora und Fauna durch Emissionen unterschiedlicher Art sollte deshalb zu allererst die Notwendigkeit geprüft werden, bevor die weitere „Verlichtung“ von Parks und Grünanlagen in Leipzig vorangetrieben wird.

Wenn Sie das nun als Statement gegen eine weitere Lichtverschmutzung verstanden haben, dann haben Sie mich richtig verstanden. Das heißt aber eben nicht, dass wir komplett auf Beleuchtung verzichten wollen. Das würde zu weit gehen. Speziell mit Blick auf das Sicherheitsempfinden sollten wir den Spagat versuchen, mehr Sicherheit durch Beleuchtung auf Hauptwegen in unseren Parkanlagen zu erreichen, ohne dabei den ganzen Bereich taghell auszuleuchten. Die technischen Möglichkeiten, die Beleuchtung zielgenauer, effizienter und mit weniger negativen Auswirkungen auf Tier und Umwelt steuern zu können, gibt es. Wir wollen, dass die Stadt dies auch in ihre Überlegungen zur Beleuchtung von Hauptwegen einbezieht.

Meine Damen und Herren, es sei daher auf den Friedenspark zurückkommend abschließend zu fragen erlaubt, ob tatsächlich jeder Weg die Nacht hindurch erhellt sein muss, wenn es auch zumutbare Alternativstrecken gibt.

Vielen Dank!

Prof. Dr. Getu Abraham

Christina März

Rednerin: Christina März

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Sehr geehrter Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste hier im Rathaus und am Livestream,

eine neue Polizeiverordnung bietet immer auch einen Anlass, sich erneut damit auseinanderzusetzen, was nach der Auffassung der Gesellschaft ein angemessenes und erwünschtes Verhalten darstellt und welches Verhalten wir als ordnungswidrig erachten und auch mit entsprechenden Sanktionen versehen wollen. In diesem Abwägungsprozess sind stets  unterschiedliche Rechtsgüter und Interessen in Einklang  miteinander zu bringen, Spannungsfelder im öffentlichen Raum aufzulösen und es zeigen sich in jeder Debatte die unterschiedlichen rechtspolitischen Auffassungen der einzelnen Fraktionen. Zugespitzt könnte man sagen, es zeigt sich, wer Lösungen für Probleme sucht und wer nur stumpf sanktioniert.

Als SPD-Fraktion liebäugeln wir nicht mit einem Verbot nach dem anderen, sondern versuchen stets einen geeigneten Ausgleich unterschiedlicher Interessenslagen zu finden und dabei dennoch einen effektiven Schutz wichtiger Rechtsgüter zu gewährleisten.

Die Vorlage bietet auch erneut Anlass dazu, uns an die ein oder andere Aufgabe zu erinnern, die durchaus präventive Aspekte deutlich macht und vorbeugend dazu dient, Spannungsfelder im öffentlichen Raum, beispielhaft in unseren Parkanlagen, aufzulösen.

So sind wir uns beispielsweise sicherlich alle einig darüber, dass urinieren im öffentlichen Raum kein erwünschtes Verhalten ist. Gleichzeitig müssen wir als Stadt aber unser Angebot an öffentlichen Toiletten gerade auch in der Nähe von Parks deutlich verbessern.

Ähnlich sieht es auch beim Thema Grillen aus: Natürlich sind uns hier auch die Umweltbelange als SPD-Fraktion wichtig, sodass wir dem Änderungsantrag zum Verbot von Einweggrills unterstützen können. Nicht zuletzt haben wir in der vergangen Legislatur auch für mehr öffentliche Grillplätze gekämpft.

Beim Thema Sprühkreide unterstützen wir die Änderungsanträge der Linken und Grünen. Abwaschbare Sprühkreide stellt beispielsweise in Rahmen von Kundgebungen ein Mittel der Meinungsäußerung dar. Die entsprechenden Änderungen schaffen endlich Rechtssicherheit. Auch ist uns nicht ersichtlich, welche Bedenken demgegenüber stehen sollten.  Denn Schriftzüge, Symbole oder ähnliches, die rechtswidrig sind, werden auch dadurch nicht weniger sanktionsfähig. Wir wollen allerdings zu bedenken geben, ob der Passus zur Sprühkreide dahingehend angepasst werden sollte, dass rein kommerzielle Zwecke von der Regelung ausgenommen werden.

Beim Thema Obdachlosigkeit zeigen die konservativen und rechten Parteien wieder einmal, dass sie Ursache und Wirkung nicht auseinanderhalten können. Obdachlosigkeit ist kein selbstgewähltes Schicksal, sondern eine gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe. Wir müssen und können diesen Leute helfen und sollten sie nicht einfach sinnlos sanktionieren. Die Grenze bei der Errichtung einer Behausung ist sicherlich da zu ziehen, wo baurechtliche Belange zum Tragen kommen. Ein Schlafsack auf einer Parkbank sollte nicht zu einem Bescheid durch die Ordnungsbehörden führen, sondern unser soziales Netz in Gang setzen. Wieder einmal heißt es, Prävention statt Repression.

Beim Thema Kinderbetteln werden Sie ein differenziertes Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion wahrnehmen. Aus meiner Sicht müssen wir auch hier auf geeignete und bewährte soziale und sozialrechtliche Maßnahmen zurückgreifen. Eine erkannte Kindeswohlgefährdung kann bereits jetzt mit den bestehenden Handlungsmöglichkeiten, z.B. des Kindernotdienstes, begegnet werden ohne, dass es einer  Regelung in der Polizeiverordnung bedarf.

Begegnen wir doch den sozialen und gesellschaftlichen Problemen in unserer Stadt mit den Maßnahmen, die sie beheben und nicht mit Sanktionen einer Polizeiverordnung. Denken wir nach vorn, denn Law and Order ist keine Sozialpolitik und genau diese benötigen wir in den von mir beschriebenen Situationen.

Christopher Zenker

 

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

wir wollen heute die über aktuelle Kitabedarfplanung abstimmen. Und in der Gesamtschau der Planungen der letzten Jahre fällt auf, dass wir bei der Bereitstellung von Kinderbetreuungsplätzen deutliche Fortschritte gemacht haben. Warum betone ich das?

Vor fast fünf Jahren, als wir über die Kita-Bedarfsplanung für die Jahre 2015/16 gesprochen haben, habe ich gesagt, dass ich uns auf einem guten Weg sehe, weil wir damals schon jede Menge erst Spatenstiche, Grundsteinlegungen und Richtfeste für neue Kindertagesstätten verzeichnen konnten.

Dieser Eindruck hat sich durchaus bestätigt: Nach Jahren, in denen wir dem davongaloppierenden Bedarf an Kita- und Hortplätzen nur hinterherhecheln konnten, stehen wir nun vor der Situation, den Bedarf an Betreuungsplätzen in Kitas und Horten Ende dieses Jahres decken zu können. Das ist nur möglich, weil die Stadt in Größenordnungen in Neubau, Sanierung und Erweiterung von Kindertagesstätten investiert hat.

Wenn ich mir die prognostizierten Zahlen für Ende 2020 anschaue, dann stehen – wenn alles soweit nach Plan läuft – rund 35.000 Kindern, die einen Platz in der Tagespflege oder einer Kindertagesstätte benötigen, 36.200 Betreuungsplätze zur Verfügung. Eng kann es allerdings noch bis zum Schuleintritt werden, aber danach stehen ausreichend Plätze zur Verfügung, um neue Kinder in die Kinderkrippe aufzunehmen. Erfreulich ist auch, dass im Hortbereich die Bedarfe im Schuljahr 2020/21 gedeckt werden können und sich die Kapazitäten mit der Eröffnung neuer Grundschulen in Nord, Mitte, Südwest und Altwest weiter erhöhen.

Was mich persönlich freut, ist die Tatsache, dass sechs der zwölf Leipzig-Kitas, deren Bau im Paket erst auf Initiative meiner Fraktion ins Rollen kam, in Betrieb genommen werden bzw. schon 2019 ans Netz gegangen sind. Dadurch kommen schließlich über 900 zusätzliche Plätze hinzu, die vorher nicht vorgesehen waren.

Was uns die aktuelle Kitabedarfsplanung allerdings auch klarmacht: Wir dürfen nicht nachlassen, wenn es um die Sanierung und Erweiterung des Bestands an Kitas und Horten sowie den Bau neuer Einrichtungen geht, denn wenn wir dieses Jahr den Bedarf decken können, sieht das im kommenden Jahr vermutlich wieder anders aus, wenn wir hier nicht am Ball bleiben.

Wir werden der Kita-Bedarfplanung natürlich zustimmen.