Christina März

Rednerin: Christina März

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Sehr geehrter Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste hier im Rathaus und am Livestream,

eine neue Polizeiverordnung bietet immer auch einen Anlass, sich erneut damit auseinanderzusetzen, was nach der Auffassung der Gesellschaft ein angemessenes und erwünschtes Verhalten darstellt und welches Verhalten wir als ordnungswidrig erachten und auch mit entsprechenden Sanktionen versehen wollen. In diesem Abwägungsprozess sind stets  unterschiedliche Rechtsgüter und Interessen in Einklang  miteinander zu bringen, Spannungsfelder im öffentlichen Raum aufzulösen und es zeigen sich in jeder Debatte die unterschiedlichen rechtspolitischen Auffassungen der einzelnen Fraktionen. Zugespitzt könnte man sagen, es zeigt sich, wer Lösungen für Probleme sucht und wer nur stumpf sanktioniert.

Als SPD-Fraktion liebäugeln wir nicht mit einem Verbot nach dem anderen, sondern versuchen stets einen geeigneten Ausgleich unterschiedlicher Interessenslagen zu finden und dabei dennoch einen effektiven Schutz wichtiger Rechtsgüter zu gewährleisten.

Die Vorlage bietet auch erneut Anlass dazu, uns an die ein oder andere Aufgabe zu erinnern, die durchaus präventive Aspekte deutlich macht und vorbeugend dazu dient, Spannungsfelder im öffentlichen Raum, beispielhaft in unseren Parkanlagen, aufzulösen.

So sind wir uns beispielsweise sicherlich alle einig darüber, dass urinieren im öffentlichen Raum kein erwünschtes Verhalten ist. Gleichzeitig müssen wir als Stadt aber unser Angebot an öffentlichen Toiletten gerade auch in der Nähe von Parks deutlich verbessern.

Ähnlich sieht es auch beim Thema Grillen aus: Natürlich sind uns hier auch die Umweltbelange als SPD-Fraktion wichtig, sodass wir dem Änderungsantrag zum Verbot von Einweggrills unterstützen können. Nicht zuletzt haben wir in der vergangen Legislatur auch für mehr öffentliche Grillplätze gekämpft.

Beim Thema Sprühkreide unterstützen wir die Änderungsanträge der Linken und Grünen. Abwaschbare Sprühkreide stellt beispielsweise in Rahmen von Kundgebungen ein Mittel der Meinungsäußerung dar. Die entsprechenden Änderungen schaffen endlich Rechtssicherheit. Auch ist uns nicht ersichtlich, welche Bedenken demgegenüber stehen sollten.  Denn Schriftzüge, Symbole oder ähnliches, die rechtswidrig sind, werden auch dadurch nicht weniger sanktionsfähig. Wir wollen allerdings zu bedenken geben, ob der Passus zur Sprühkreide dahingehend angepasst werden sollte, dass rein kommerzielle Zwecke von der Regelung ausgenommen werden.

Beim Thema Obdachlosigkeit zeigen die konservativen und rechten Parteien wieder einmal, dass sie Ursache und Wirkung nicht auseinanderhalten können. Obdachlosigkeit ist kein selbstgewähltes Schicksal, sondern eine gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe. Wir müssen und können diesen Leute helfen und sollten sie nicht einfach sinnlos sanktionieren. Die Grenze bei der Errichtung einer Behausung ist sicherlich da zu ziehen, wo baurechtliche Belange zum Tragen kommen. Ein Schlafsack auf einer Parkbank sollte nicht zu einem Bescheid durch die Ordnungsbehörden führen, sondern unser soziales Netz in Gang setzen. Wieder einmal heißt es, Prävention statt Repression.

Beim Thema Kinderbetteln werden Sie ein differenziertes Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion wahrnehmen. Aus meiner Sicht müssen wir auch hier auf geeignete und bewährte soziale und sozialrechtliche Maßnahmen zurückgreifen. Eine erkannte Kindeswohlgefährdung kann bereits jetzt mit den bestehenden Handlungsmöglichkeiten, z.B. des Kindernotdienstes, begegnet werden ohne, dass es einer  Regelung in der Polizeiverordnung bedarf.

Begegnen wir doch den sozialen und gesellschaftlichen Problemen in unserer Stadt mit den Maßnahmen, die sie beheben und nicht mit Sanktionen einer Polizeiverordnung. Denken wir nach vorn, denn Law and Order ist keine Sozialpolitik und genau diese benötigen wir in den von mir beschriebenen Situationen.