Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Rednerin: Ute Köhler-Siegel, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeister,
verehrte Stadträte,
werte Gäste,

Was können Bevölkerungsprognosen?
oder
Warum fällt es schwer, Schulplätze zu planen, obwohl die Kinder schon seit mindestens sechs Jahren auf der Welt sind?

Die Bevölkerungsprognose aus dem Jahr 2013 liegt dem heute zu beschließenden Schulentwicklungsplan (SEP) zu Grunde. Natürlich haben die Verwaltung und die Mitglieder des UA Schulnetzplan gemerkt, dass es Veränderungen gab.
In diesem Schuljahr wurden ca. 5000 Kinder eingeschult, bis 2020 sollen es bereits 6000 Kinder sein. In fünf Jahren brauen wir also Platz für ca. 40 erste Klassen mehr als heute. An vielen Schulen kann man nicht mehr einfach so eine Klasse mehr eröffnen, denn in den besonders dicht besiedelten Gebieten sind die Kapazitäten erschöpft.
Planungen wurden daraufhin immer wieder geändert. Auch in dem heute vorliegenden Plan wurden seit der Veröffentlichung im Juli 2015 zahlreiche neue Maßnahmen aufgenommen, Schulneubauen und Erweiterungen in fast allen Stadteilen sind geplant und sollen bis 2020 umgesetzt werden.
Der SEP muss sich ständig an aktuelle Entwicklungen anpassen. Deshalb haben sich auch die Fraktionen, die Ortschaftsräte, die Schulen, die Eltern und die Stadtverwaltung immer wieder Gedanken gemacht, wie besser geplant werden kann.

Kann die neue Bevölkerungsprognose vorherberechnen, welche Schullandschaft wir in Leipzig brauchen?
Wahrscheinlich nicht, so wie wir das wünschen und erwarten. Die Bevölkerungsprognose wird uns die Richtung zeigen und wir werden mit Varianten arbeiten müssen.
Für die Entwicklung des Schulnetzes gibt es sehr viele Einflüsse, die in die Berechnung einer Prognose nicht einfließen.Ute_Koehler_Siegel2
Das sind z. B.:
– Übertritte nach der 4. Klasse in Oberschulen und Gymnasien
(Die statistische Berechnung der Durchschnitte wird beachtet, aber der Freistaat erlässt die Zugangsvoraussetzungen.)
– Zuzüge in die Stadt können statistisch berechnet werden, aber das Alter der Kinder, der genaue Wohnort und die damit benötigte Schule sind nicht berechenbar
– Die Anzahl der DaZ- Klassen und die benötigten Integrationsplätze in den verschiedenen Schularten und Stadtteilen betrifft das auch
– Ebenso nicht berechenbar ist die Anzahl der Kinder, die vom Schulbesuch zurückgestellt werden, zumindest nicht so kleinräumig, dass es zu den Grundschulbezirken passt
– Die Zahl der Kinder, die vorzeitig eingeschult werden oder Schulen freier Trägerschaft besuchen sowie die Kinder, die im Jahr vor dem Schulbesuch umziehen

Es gibt viele Parameter, die kaum verlässlich statistisch errechnet werden können. Dennoch muss das Schulnetz funktionieren. Das wird nur gelingen, wenn die Prognosen kleinräumlich sind. Nur dann können Tendenzen im Ortsteil vorhergesehen werden und in die Planung einfließen.
Diesen Themenschwerpunkt haben auch die Fraktionen erkannt und dies in Änderungsanträgen gefordert:

SPD und CDU fordern im gemeinsamen Änderungsantrag (ÄA) eine neue Berechnungsmethode. Eine stadtteilbezogene Prognose müsste mit Hilfe des verwendetet Programms SIKURS, einem Computerprogramm zur Erstellung kleinräumlicher Bevölkerungsprognosen, möglich sein. Auch die Linken fordern in ihrem ÄA, den Stadträten, Stadtbezirksbeiräten und Ortschaftsräten die Zahlen zur Kenntnis zu geben.
Das reicht uns nicht aus, wir wollen jährlich die tatsächlich im Ortsteil wohnenden Kinder erfassen, um Entwicklungen zu erkennen. Wir wissen, dass sich diese Zahlen bis zum Schuleintritt noch deutlich verändern können, aber es geht darum, Veränderungen zu erkennen und diese in die Planung der Grundschulplätze einzubeziehen. Hierbei muss auch das Amt für Stadtentwicklungen stärker einbezogen werden, denn wenn neue Wohnungen und Häuser gebaut werden, hat das auch Einfluss auch die Schülerzahlen in einem Schulbezirk.

Die Stadtverwaltung muss bei der Schulentwicklungsplanung andere Wege gehen.
Das betrifft die Berechnungsmethodik der Gesamtplanung, aber auch die Kriterien, die eben auch zum Schulbetrieb gehören.
Im Schulbetrieb ist es sicherlich möglich, eine DaZ-Klasse aufzunehmen oder über einen absehbaren Zeitraum bis zum oberen Kapazitätsrichtwert ausgelastet zu werden. Aber zum Schulbetrieb gehören nicht nur die Klassenräume, sondern auch die Turnhallen. Die Turnhallenkapazitäten gehören in die Schulentwicklungsplanung. Ebenso die Kapazitäten in den Schulmensen. Auch hier gibt es erhebliche Probleme. Im Rahmen einer Anfrage meiner Fraktion wurde mit der Stadtverwaltung eine Berechnungsgrundlage für die Auslastungsquote der Speiseräume erarbeitet. Eine Analyse aller Schulgebäude muss erfolgen, um daraus Erweiterungen und Finanzierungsbedarfe zu ermitteln. Auch die Größe der Schulhöfe und die Bedarfe für die Hortnutzung gehört in eine Schulentwicklungsplanung.

Für die neue Berechnungsmethodik erwarten wir auch Grundlagen für die Planung der Raumbedarfe für Integration, Inklusion und für DaZ-Klassen.

Die neue Schulentwicklungsplanung wird uns vor weitaus größere Herausforderungen stellen, als das in der heutigen Vorlage abzusehen ist.
Schulentwicklung darf nicht mehr Krisenplanung sein, bei der man froh ist, im nächsten Schuljahr für alle Schüler einen Platz gefunden zu haben. Schulentwicklungsplanung muss einen Rhythmus finden. Das Schuljahr beginnt am 1. August, das ist eine der wenigen absolut feststehenden Planungsparameter.
Schulentwicklungsplanung muss auch Visionen aufzeigen. In einer wachsenden Stadt darf diese Pflichtaufgabe nicht erschrecken und nur Sorgenfalten verursachen. Es wird Zeit für einen Ausblick auf Schulentwicklung 3.0.
Um uns dieser Aufgabe zu stellen, bedarf es einer Zusammenarbeit, die nicht nur geprägt ist von der Beantwortung der Fragen nerviger Stadträte, einer unsynchronisierten Vorbereitung auf das nächste Schuljahr und Vertröstungen von Schulleitern und Elternvertretern.
Nur bei der Zusammenarbeit von Politik und Verwaltung, mit den Eltern- und Schülervertretern und mit den Schulleitern und Lehrern, einer Zusammenarbeit der Ämter mit Ehrlichkeit, Berechenbarkeit, einem geregelten Informationsfluss und mit Respekt, bei partnerschaftlichem Miteinander – nur dann wird es gelingen, diese Mammutaufgabe zu meistern.

Wir Stadträte können keine Schulen bis zur Leistungsphase 3 planen, wir können keine Fördermittelanträge schreiben und keine Finanzplanung vorlegen. Aber wir wollen Entscheidungen mittragen, Visionen entwickeln, uns mit Schulleitern, Eltern und Schülern auseinandersetzen und dieses Thema voranbringen.
Die Bürgermeister und die beteiligten Ämter müssen deutlich enger, strukturierter und miteinander arbeiten. Hier fehlt die Koordination, auch das Personal- aber das können wir Stadträte auch nicht einstellen. Alle Bürgermeister, alle Ämter müssen sich der Aufgabe bewusst sein und entsprechend handeln. Und Sie, Herr Oberbürgermeister, müssen die Brisanz und die Entwicklungspotentiale dieser Aufgabe erkennen und straff führen.
Wir erwarten, dass die vom Land Sachsen zur Verfügung gestellten Fördermittel vollständig ausgeschöpft werden und die Anträge dafür pünktlich eingereicht werden. Nur so können wir beim Freistaat glaubhaft dafür weiter kämpfen, dass wir die langfristige Zusage für Fördermittel mindestens auf der Höhe des ehemaligen kreisfreien Städteprogramms dringend brauchen. Der Fördermittelantrag für das geplante Gymnasium in der Karl-Heine-Straße ist hoffentlich auch dabei, bei diesem Projekt gab es schon zahlreiche Verzögerungen, deshalb muss nun auf die zügige Umsetzung gedrängt werden.

Schulentwicklung 3.0 kann aber nicht nur bei der Planung der Schulkapazitäten stehenbleiben, es muss ein Investitionsplan vorliegen, der nicht nur die Erweiterungen der Kapazitäten, sondern auch die Erhaltung der Bestandsgebäude im Blick hat.
An dieser Stelle muss auch an Schüler und Lehrer das Signal gegeben werden, dass sich die Stadt nicht nur um den Schulneubau und Erweiterungen kümmert.
Dem ÄA der Linken stimmen wir zu.
Um den Investitionsplan mit aktuellen Zahlen zu unterlegen, soll der nächste SEP bereits 2017 zur Beteiligung veröffentlicht werden. Dies ist eine Forderung aus dem ÄA der SPD und CDU (Punkt 5)

Die Anträge der Ortschaftsräte Engelsdorf, Lindenthal und Böhlitz-Ehrenberg können nach Ansicht meiner Fraktion nicht herausgelöst beschlossen werden. Die Anliegen sind nachvollziehbar, aber Synergieeffekte mit anderen Schulen und angrenzenden Stadtteilen müssen betrachtet werden. In Engelsdorf muss auch schnell auf steigende Schülerzahlen reagiert werden, daher ist eine genaue Betrachtung des Schulbezirks und gegebenenfalls eine Änderung der erste Schritt. Beide Anträge sollten als Protokollnotiz mit aufgenommen werden um im Ausschuss zügig beraten zu werden.

Zusammenlegungen von Schulbezirken sind ein Instrument, um Schulen optimal auszulasten. Dieses Instrument der Schulentwicklungsplanung kommt dem derzeitigen Mangel an Räumen und Lehrkräften entgegen. Aber Zusammenlegungen von Schulbezirken haben für meine Fraktion auch Grenzen: Wenn Schulwege zu lang werden, es zu Verschärfung von sozialen Gegensätzen führt oder nur um den Klassenteiler in der Stadt zu optimieren. Der Klassenteiler wird ja nicht nur vom Schulgesetz und dem Schulentwicklungsplan geregelt, auch der Brandschutz und die Raumgrößen spielen hier eine entscheidende Rolle.

Kurze Wege für kurze Beine, Schulen in Wohnortnähe – dafür steht meine Fraktion auch weiterhin ein, denn dieses Konzept fördert die soziale Durchmischung. Eltern, die eine weiterführende Schule auswählen, wollen eine wohnortnahe Schule. Dieses Auswahlkriterium haben wir verstanden. Bei der Einrichtung neuer Oberschulen und Gymnasien achtet meine Fraktion weiterhin darauf, dass diese dort sind, wo auch die Kinder wohnen. Das setzt ein strategisches Vorgehen beim Grundstückserwerb für soziale Infrastruktur voraus. Dieses Thema wurde im Rat schon mehrfach diskutiert, deshalb verzichte ich heute auf eine erneute Vertiefung.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte die bildungspolitische Stunde auch nutzen, um dem Stadtelternrat (SER) und dem Stadtschülerrat (SSR) für die gute Zusammenarbeit zu danken. Herr Meier als Vertreter des SER und Herr Englisch als Vertreter des SSR (und seine Vorgänger) waren im UA Schulnetzplan verlässliche Partner und leisteten einen wichtigen Beitrag, um die Sichtweisen und Nöte der Eltern und Schüler darzustellen. Ich danke Ihnen für Ihre Arbeit, Ihre Zeit, Ihre Geduld und Ihr Engagement.

Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, die heute vorliegende Fassung des SEP ist mit der Datengrundlage nicht auf der Höhe der Zeit, aber wichtige Maßnahmen für einzelne Schulen wurden benannt. Diese müssen finanziert, geplant und umgesetzt werden. Mehr kann die Stadtverwaltung im Moment mit dem zur Verfügung stehenden Personal nicht leisten.
Für die Planung der nächsten Jahre wurden wichtige Weichen gestellt. Der Antrag der SPD zur Einbeziehung der LESG in den Schul- und Kitabau und der Antrag der SPD und der Linken zur Entschuldungskonzeption, das zusätzliches Geld aus der Tilgungsreduzierung für soziale Infrastruktur freigibt, sind weiterhin wichtige Grundlage zur Umsetzung des SEP.
Der Vorliegende SEP zeigt auf, was in den nächsten zwei Jahren geschafft werden muss, bevor die neue Planung mit den noch deutlich höheren Schülerzahlen vorliegt.
Die SPD-Fraktion stimmt dieser Vorlage zu.

Rednerin: Ingrid Glöckner, Sprecherin für Stadtentwicklung und Bau

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Stadtratskolleginnen und –kollegen,Ingrid_Gloeckner2
werte Gäste!

Die Ablehnung der Stadt Leipzig als Oberzentrum zum vorliegenden Bebauungsplanentwurf der Gemeinde Großpösna begründet sich allein daraus, dass hier mit der Bevölkerungsentwicklung der Stadt Leipzig und nicht mit der Eigenbedarfsentwicklung argumentiert wird.
Dabei hat die Bürgermeisterin von Großpösna im Fachausschuss durchaus genügend Argumente für den Bedarf einer Eigenentwicklung vorgetragen. In Großpösna gibt es derzeit keine Kapazitäten für neuen Wohnraum.
Auch die Verwaltung musste einräumen, dass es ein Fehler war, dass die Gemeinde nicht den Eigenbedarf in Ihrer Begründung zum B-Plan hervorgehoben hat, sondern das Bevölkerungswachstum der Stadt Leipzig. Nach unserer Einschätzung sollte dem Anliegen der Gemeinde Großpösna stattgegeben werden, da die Gemeinde durchaus genügend Argumente für eine Eigenentwicklung hätte vortragen können. Eine erhebliche Auswirkung der geplanten Bebauung auf die Stadt Leipzig können wir nicht erkennen.
Wir sehen in diesem Zusammenhang auch die Notwendigkeit der Entwicklung einer gemeinsamen Strategie des Oberzentrums Leipzig und der Gemeinden nicht nur in Bezug auf Wohnbauflächen.
Der Regionale Planungsverband Westsachsen wird sich künftig dieses Themas annehmen.
Wir können das nur unterstützen! Partizipiert doch die Stadt Leipzig vom Umland genauso wie die Gemeinden von der Stadt Leipzig.

Redner: SPD-Stadtrat Christopher ZenkerChristopher_Zenker2

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Stadtratskolleginnen und –kollegen,
werte Gäste!

Die Diskussionen, mit diversen Sondersitzungen verschiedener Ausschüsse, um die beiden Vorlagen für Flüchtlingsunterkünfte in der Diezmannstraße und auf dem Prager Dreieck haben zumindest eines sehr deutlich gemacht: Es muss Schluss sein mit Eilvorlagen, die ein solches Finanzvolumen haben und eine Entscheidung mit langfristiger Bindung darstellen. Wir reden hier immerhin über ein Gesamtvolumen von bis zu 15,7 Mio. Euro.

Zudem hatte man den Eindruck, dass unter dem Druck der Eilbedürftigkeit auch nur eilig und ungenau gearbeitet wurde. Vier Fassungen haben wir für die beiden Standorte vorgelegt bekommen, das spricht eindeutig nicht für die Qualität der ersten Vorlagen.

Es war daher gut, dass wir uns die Zeit genommen haben, intensiv diese zwei Vorlagen zu diskutieren und auch, dass dadurch die Bauträger die Projekte in Ausschüssen vorstellen mussten. So konnten viele Fragen geklärt werden und bei dem einen oder anderen hat sich die Meinung zu den Vorhaben geändert.

Neben den hohen Kosten reden wir bei beiden Standorten über eine faktisch unbegrenzte Nutzungsdauer, denn wenn wir mehr als 15 Mio. Euro in die Hand nehmen, kann es nicht nur um eine Nutzung der Objekte von fünf oder noch weniger Jahren als Flüchtlingsunterkunft gehen. Wenn sich heute eine Mehrheit findet, fassen wir damit unter Umständen auch einen Beschluss für Sozialwohnungen, Studentenwohnungen, Handwerkerunterkünfte, Ausbildungswohnheime oder Obdachlosenunterkünfte. Deswegen ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass mit den überarbeiteten Vorlagen nun Konzepte vorliegen, die auf eine langfristige Nutzung abzielen. Da es nicht nur um eine Nutzung von fünf Jahren als Flüchtlingsunterkunft gehen kann, sondern eben um eine Langfristigkeit, dürfen wir auch nicht am falschen Ende sparen und sollten, wenn wir uns für einen oder beide Standorte entscheiden, eine Bauweise beschließen, die lange Bestand hat und ggf. mit geringen Aufwand für andere Nutzungsarten umgebaut werden kann. Schiffscontainer, die vielleicht billiger sind, sind für mich keine langfristige Lösung.

Auch wenn die Platzkosten am Standort Prager Dreieck höher sind als in der Diezmannstraße, ist uns als Fraktion die Entscheidung hier einfacher gefallen. Denn der Standort liegt verkehrsgünstig, relativ zentral und ist sozialräumlich gut angebunden. Zudem ist das Grundstück zwar als Gewerbegrundstück ausgewiesen, befindet aber nicht in einem Gewerbegebiet und der vorhandene B-Plan lässt problemlos eine Umnutzung als Studenten- bzw. Sozialwohnungen zu. Auch durch die Lage, angrenzend an vorhandene Wohnbebauung, ist es für eine Nachnutzung prädestiniert, zum Beispiel für Sozial- oder Studentenwohnungen.

Deutlich kontroverser haben wir die Diskussion zur Vorlage zum Standort Diezmannstraße geführt. Denn dieser Standort liegt in einem Gewerbegebiet und weist dadurch eine wesentlich schlechtere sozialräumliche Anbindung auf. Zudem erschwert die Lage im Gewerbegebiet die Nachnutzungsmöglichkeiten. Denn um unterschiedlichste Wohnformen an diesem Standort zu realisieren, müsste das Gewerbegebiet aufgegeben werden. Tut man das nicht, fallen studentisches Wohnen oder Sozialwohnungen an diesem Standort weg. Ausbildungswohnheime oder Handwerkerwohnungen wären dagegen weiter möglich.

Demgegenüber steht, dass die Platzkosten pro Flüchtling gegenüber dem Prager Dreieck um 3.000 Euro günstiger sind, dennoch reden wir über, inkl. Grundstückserwerb, fast 9 Millionen Euro. Nach etwa 17 Jahren, wenn man einen Quadratmeterpreis von 7,50 Euro als Mietkosten gegenüberstellt, wäre das Objekt refinanziert. Die verkehrliche Anbindung ist auch in Ordnung. Hinzu kommt, dass wir zwar nicht wissen, wie sich die Flüchtlingszahlen entwickeln werden, wir wissen jedoch, dass kurzfristig bis März nächsten Jahres knapp 2.000 Plätze nicht mehr zur Verfügung stehen, da zum Beispiel in ehemaligen Schulgebäuden Sanierungsmaßnahmen beginnen, damit diese wieder als Schulen genutzt werden können. Darüber hinaus sind etwa 1.500 Flüchtlinge in kommunalen Notunterkünften wie Zeltstädten, Messehallen oder ehemaligen Baumärkten untergebracht. Diese Unterbringungsform ist nicht nur unmenschlich, sie kosten uns in der Betreibung deutlich mehr, da mehr Personal im Bereich Sicherheitsdienst und Brandwachen notwendig ist. Wir sind hier schnell bei einem sechsstelligen Betrag pro Unterkunft und Jahr, die Energiekosten sind dabei noch nicht einmal erfasst. So lange wir solche eigentlich unmenschlichen und in der Betreibung teuren Objekte betreiben müssen, in den es faktisch keine Privatsphäre gibt, sollten wir weitere Kapazitäten schaffen um diese Unterkünfte abzulösen. Auch die Umstände der Unterbringung bedingen die Integrationschancen.

In Abwägung der Pro- und Contra-Argumente wird die SPD-Fraktion bei der Diezmannstraße mehrheitlich, aber nicht geschlossen für die Vorlage stimmen, weil die Argumente von jedem unterschiedlich gewichtet werden.

Dem Antrag der Linken dagegen werden wir zustimmen, da dieser nicht nur versucht die Kosten zu senken, sondern indirekt auch die Verkaufs- und Ankaufspolitik des Liegenschaftsamtes kritisiert. Denn während wir uns bei Grundstückskäufen vom Liegenschaftsamt immer wieder anhören müssen, dass der Marktpreis leider über dem Verkehrswert bzw. Bodenwert liegt und wir daher diesen Preis schlucken müssen, erfolgen Verkäufe oft zum Verkehrswert bzw. Bodenwert. Diese Doppelmoral muss ein Ende haben! Deswegen stimmen wir für den Änderungsantrag der Linken.

Unabhängig davon, wie die Abstimmungen heute ausgehen, hoffen wir, dass uns Vorlagen dieser Größenordnung und Tragweite zukünftig nicht mehr als Eilvorlagen erreichen und qualitativ besser vorbereitet sind.

Zudem erwarten wir, dass die Erfahrungen, die wir mit dem Bau einer oder beider Unterkünfte sammeln auch auf andere Bereiche, wo wir schneller werden müssen, übertragen werden. Warum nicht auch Schulen oder Sozialwohnungen in Modulbauweise errichten, bei einer Kita hat es ja auch schon geklappt. Modulbauweise ist inzwischen auch soweit aus den Kinderschuhen, dass auf individuelle Wünsche eingegangen werden kann und die Qualität vergleichbar ist mit konventioneller Bauweise.

Redner: Heiko Oßwald, Stellv. Vorsitzender der SPD-FraktionHeiko_Osswald2

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
werte Gäste!

Um es gleich vorweg zu nehmen, nein wir Sozialdemokraten wollen nicht wieder mehr Schulden machen. Ja, wir bekennen uns zum nachhaltigen Schuldenabbau in unserer Stadt, nur nicht mehr in diesem Tempo. In einer Zeit, in der Leipzig rasant wächst und gezwungen ist, die kommunale Infrastruktur nicht nur zu erneuern, sondern auch auszubauen. Angesichts der immensen Investitionsbedarfe ist ein Umsteuern in der städtischen Finanzpolitik bitter nötig. Es geht einfach um die richtige Balance. Leipzig ist die am schnellsten wachsende Stadt Deutschlands. Durch zunehmende Wirtschaftskraft, neue Arbeitsplätze, noch vorhandenen preiswerten Wohnraum sowie ein reichhaltiges Kulturleben wird dieser Ansturm auf Leipzig auch noch die kommenden Jahre anhalten. Daher muss die Entschuldungskonzeption an die Realität angepasst werden und die durch das Wachstum ausgelösten Investitionsmehrbedarfe müssen finanziell abgesichert werden.

Wie groß die finanzielle Herausforderung alleine im Schulneubau ist, zeigt uns die jetzt aktuell vorliegende Schulentwicklungsplanung – Fortschreibung 2016. Darin wird ausgeführt: „Nach heutigem Stand bringen die finanziellen Bedarfe die Stadt Leipzig an die Grenzen der Leistungsfähigkeit und die Unterstützung des Freistaates Sachsen mit Fördermitteln für den Schulbau wird dringend benötigt. Mit unserem Antrag wollen wir genau hier ein Stück weit gegensteuern. Dieser sieht vor, in den nächsten vier Jahren die Nettokredittilgung um maximal 100 Millionen Euro abzusenken. Unter Nutzung von Fördermitteln aus dem erst kürzlich beschlossenen Kommunalfinanzpaket “Brücken in die Zukunft“ würden dann ca. 200 Millionen Euro für den Schulneubau und Schulsanierungsmaßnahmen zusätzlich zur Verfügung stehen und somit den Investitionshaushalt spürbar entlasten.

Wir wissen aber auch, dass angesichts der großen Investitionsbedarfe auf anderen Gebieten, wie Straßen und Brückenbau, öffentlicher Nahverkehr und Hochwasserschutz, um nur einige zu nennen, noch viele weitere Kraftanstrengungen nötig sind, um dies in den nächsten Doppelhaushalten auch annähernd abzubilden. Jedem muss klar sein: Nicht alles, was wünschenswert und nötig ist, ist auch bezahlbar und kann umgesetzt werden. Einiges muss warten, anderes wird gar nicht kommen. Denn eine erneute Nettoneuverschuldung wie in den neunziger Jahren wird es mit uns nicht geben. Das haben wir auch im Antrag festgeschrieben.

Leider mussten wir noch einen Passus in unseren Antrag aufnehmen, auf den wir gern verzichtet hätten. Die Beschlüsse dieses Antrages stehen vorbehaltlich des Ausganges des KWL-Prozesses in London, da das Berufungsverfahren im Oktober letzten Jahres zugelassen wurde. Aber wir sind hier zuversichtlich, dass wir zügig zu einem positiven Ausgang kommen.

Abschließend sei noch folgendes angemerkt. Es ist nicht viel besser, der nächsten Generation statt Kreditverbindlichkeiten kaputte Straßen oder marode Schulgebäude zu hinterlassen. Mit einem Euro an Eigenmitteln insgesamt zwei Euro zu investieren ist wirtschaftlicher, als mit einem Euro in der Schuldentilgung zwei Cent Zinsen zu sparen. Gerade weil wir der nachfolgenden Generation eine lebenswerte prosperierende Stadt übergeben wollen, müssen wir in Leipzigs Zukunft investieren. Nur so bleibt Leipzig attraktiv und wird von steigenden Steuereinnahmen profitieren.

Redner: SPD-Stadtrat Christopher ZenkerChristopher_Zenker2

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste!

Rein sachlich betrachtet hat der Antrag der CDU zwei Aspekte. Beide Beschlusspunkte greifen aktuelle Diskussionen auf. Zum Einen führen wir in den letzten Monaten in Grundstücksfragen grundsätzlich die Diskussion, dass wir als Stadt eigene Grundstücke halten müssen, sei es weil Grundstücke das Einzige sind, was nicht vermehrbar ist oder weil wir diese als strategische Flächen für Gewerbe, Wohnen oder soziale Infrastruktur benötigen könnten. Zum Anderen führen wir eine intensive Diskussion über Schulneubauten und deren Standorte.

Der Antrag der CDU wurde jedoch zu einem Zeitpunkt gestellt, zu dem in Medien intensiv über Wagenplätze diskutiert wurde. Es drängt sich dadurch, ob nun berechtigt oder unberechtigt, der Verdacht auf, dass es der CDU eigentlich nicht um die Schule ging, sondern darum geht, den Wagenplatz Focke 80 zu schließen, der seit 1999 durch das zur Verfügungsstellen des Grundstückes seitens der Stadtverwaltung existiert.

Letztendlich hilft uns diese Diskussion aber nicht weiter und immerhin haben wir einige Gemeinsamkeiten. Wir sind uns weitestgehend darin einig, das Grundstück nicht zu verkaufen. In den letzten Monaten haben wir mehrere derartige Beschlüsse gefasst und sollten es auch in diesem Punkt nicht anders handhaben. Auch in dem Punkt, dass wir Standorte für Schulen, vor allem in den stark wachsen Stadtbezirken, benötigen, dürfte Einigkeit bestehen. Weniger Einigkeit besteht dagegen darüber, ob der Standort in der Fockestraße 80 geeignet ist und ob Wagenplätze eine experimentelle Wohnform sind, die man unterstützen bzw. dulden möchte. Für mich persönlich steht fest: Ja, Wagenplätze gehören zu einer vielfältigen und bunten Stadt, auch wenn mir persönlich ein Wagen als Wohnraum zu klein und beengt wäre.

Nach intensiver Diskussion, auch in meiner eigenen Fraktion, habe ich mich dazu entschlossen, einen Änderungsantrag einzubringen, der zum einen den Verwaltungsstandpunkt aufgreift und so das Grundstück als kommunales Grundstück sowie als potentiellen Schulstandort sichert.

Gegenüber einem Schulstandort Fockestraße gibt es viel Skepsis, die aus meiner Sicht nicht ungerechtfertigt ist, denn das Grundstück befindet sich direkt an einer als Autobahnzubringer angelegten Bundesstraße, die dadurch sehr stark befahrenen ist. Das Gelände liegt zudem verkehrsungünstig in einer Randlage im Stadtteil bzw. Stadtbezirk und das Grundstück ist hochwassergefährdet. Auch die Stadtverwaltung schreibt in ihrer Stellungnahme, dass es für eine endgültige Eignung weitere Untersuchungen bedürfe. Es ist daher fraglich ob das Grundstück tatsächlich als Schulstandort genutzt werden kann. Für den aktuellen Schulentwicklungsplan wurden zudem Alternativen gefunden. Dies bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass dies auch für die Fortschreibung gelingt. Daher sollte man sich die Option offen halten.

Dass die Nutzerinnen und Nutzer des Wagenplatzes, obwohl ihnen das Grundstück durch die Stadt Leipzig zur Verfügung gestellt wurde, nach über 16 Jahren Nutzung keinen Vertrag erhalten haben, ist ein klares Versäumnis des Liegenschaftsamtes. Denn ein Vertrag regelt Rechte, aber eben auch Pflichten. Mit einem Änderungsantrag möchte ich erreichen, dass das zügig nachgeholt wird. In einem langfristigen Vertrag sollte aber eine Ausstiegsklausel verankert werden, die sicherstellt, dass, falls das Grundstück als Schulstandort genutzt werden muss bzw. kann, es auch für diesen Zweck zur Verfügung steht.

Ich hoffe daher, dass der Änderungsantrag einen Kompromiss darstellt, den eine Mehrheit hier im Rat unterstützen kann.

Redner: Heiko Oßwald, Stellv. Vorsitzender der SPD-FraktionHeiko_Osswald2

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
werte Gäste!

Leipzig verzeichnet mittlerweile ein so immenses Bevölkerungswachstum, dass eine Prognose nach der anderen nach oben korrigiert werden muss. Die Schülerzahlen werden in den nächsten sechs Jahren um weitere 10.000 auf dann 60.000 steigen, welches den Neubau von ca. weiteren 13 Schulen erforderlich macht.
Der Stadtrat hat in den letzten beschlossenen Haushalten fraktionsübergreifend dem Schulhausneubau und der Sanierung und Erweiterung von Schulgebäuden oberste Priorität eingeräumt und dafür die finanziellen Weichenstellungen eingeleitet. Doch neben dieser finanziellen Herausforderung, der wir zunehmend Rechnung tragen, stoßen wir auf personelle und organisatorische Grenzen in der Verwaltung. Wenn von den für 2015 im Doppelhaushalt geplanten Mitteln für Schulinvestitionen nur ca. 30 Prozent umgesetzt werden konnten, dann ist dies nicht nur daher gesagt, sondern bittere Realität. Die Verwaltung bekommt das vom Stadtrat beschlossene Geld nicht mehr in diesem Umfang auf die „Straße“. Und damit haben wir mittlerweile auch ein immenses Zeitproblem.
Aus unserer Sicht sind daher alle Optionen ideologiefrei zu prüfen, wie sich Investitionen im Schulbereich beschleunigen lassen. Die verstärkte Einbindung unserer stadteigenen Projetentwicklungsfirma LESG ist für uns hier die nahe liegende Option. Zunächst war unser ursprünglicher Antrag nur als Prüfauftrag an die Verwaltung gedacht. Doch nachdem der Verwaltungsstandpunkt bereits diese Prüfergebnisse liefert, haben wir uns zu der jetzt vorliegenden Neufassung entschlossen. Die Prüfergebnisse lauten verkürzt wie folgt: Eine verstärkte Einbindung macht Sinn, soweit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der LESG dies zulässt. Diese reicht aber nicht aus, um nennenswerte zusätzliche Projekte zu realisieren. Also soll alles beim alten bleiben. Daher unsere Neufassung, die darauf zielt, die LESG wirtschaftlich in die Lage zu versetzen, in größerem Umfang Schulbauprojekte anzugehen. Die LESG hat bereits zahlreiche Projekte realisiert z.B. die Grundschule in Böhlitz-Ehrenberg. Die können das also und zwar zuverlässig und im Kostenrahmen. Natürlich ist auch die LESG an die üblichen Fristen im Planungs- und Bauprozess gebunden. Aber sie kann parallel zur Verwaltung zusätzliche Vorhaben umsetzten. Und natürlich ist es ausdrücklich gewollt und auch notwendig, dass im Rahmen des Investoren- und Dienstleistungsmodells mehr Personal eingestellt werden muss und mehr Verbindlichkeiten aufgenommen werden müssen. Nur so lassen sich mehr Projekte umsetzten, dafür braucht es die Unterstützung der Stadt.
Auch die Einbindung von privaten Investoren im Einzelfall kann eine weitere Lösung sein, den Schulneubau zu beschleunigen. Deshalb befürworten wir auch den diesbezüglichen CDU- Antrag.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Stadträtinnen und Stadträte, werte Gäste,
auch meiner Fraktion wäre es lieber, wenn die Stadtverwaltung selber alle notwendigen Schulvorhaben zeitgerecht umsetzen könnte. Aber mittlerweile sind wir eben in einer Situation, wo wir neue Partner brauchen, auch wenn wir damit nicht immer den finanziell nachhaltigsten Weg einschlagen. Bei Investorenmodellen mit der LESG verbleibt die Rendite wenigstens in der kommunalen Familie. Der Zeitdruck ist groß, die Schulpflicht lässt sich nicht abschaffen, deshalb ist unser Handeln gefragt. Bitte stimmen Sie unserem Antrag in der Neufassung zu.

Zu den Vorlagen „Privatrechtliche Entgeltordnung der Stadt Leipzig für das GRASSI Museum für Angewandte Kunst, für das Stadtgeschichtliche Museum und das Museum der bildenden Künste“ erklärt die Stadträtin der SPD-Fraktion, Katharina Schenk:Katharina_Schenk2

„Zahle so viel du willst“ – „Pay as you wish“ – ist ein interessantes Konzept, Bürgerinnen und Bürgern einen sehr kostengünstigen Besuch von kulturellen Einrichtungen zu ermöglichen, gleichzeitig aber auch an den Wert von Kultur zu erinnern. Meine Fraktion freut sich, dass unsere Anregung aufgenommen wurde. Die mögliche Ausgestaltung des „Zahle so viel du willst Tags“ sollen die städtischen Museen zusammen mit der Stadtverwaltung dem Stadtrat darstellen. Bei unseren ersten Gesprächen mit einigen Museen gab es bereits ein positives Feedback. Wir sind gespannt, welche Form sich am Ende anbietet.
Zudem haben wir uns für eine intensive Befassung mit den Besucherinnen und Besuchern stark gemacht. Besucher/-innenforschung hilft dabei, Veränderungen in der Struktur des Museumspublikums und Aussagen zu der Wirkung bestimmter Angebote zu erhalten. Trendanalysen, direkte Befragungen, Erhebungen zur Wirksamkeit von Werbung, Forschungen zu museumspädagogischen Angeboten und zur Nutzung neuer Medien im Museum – es gibt zahlreiche Möglichkeiten. Wir erhoffen uns daraus Anregungen für die weitere Ausgestaltung der für Leipzig so wichtigen Museumslandschaft.“