Beschlussvorschlag

  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, das vorgesehene Programm anlässlich des 100. Jubiläums des Alfred-Kunze-Sportparks im Jahr 2020 organisatorisch und finanziell zu unterstützen.
  2. Der Oberbürgermeister wird ferner damit beauftragt, bis Ende zweites Quartal einen Zeit- und Maßnahmenplan vorzulegen, wie der Alfred-Kunze-Sportpark in einen verpachtungsfähigen Zustand versetzt wird um auf dieser Grundlage einen Pachtvertrag auszuhandeln.
  3. Die Stadtverwaltung wird beauftragt die Erneuerung des/der Kunstrasen zu priorisieren und sich gegenüber dem Land ebenfalls für eine Priorisierung einzusetzen. Voraussetzung sind fristgerecht und vollständig eingereichte Unterlagen. Dabei sind ökologische Alternativen zum bisher verwendeten Plastikgranulat zu verwenden.

Begründung

Im Jahre 2020 wird der heutige Alfred-Kunze-Sportpark 100 Jahre alt. Im Jahr 1919 plante die damals noch eigenständige Gemeinde Leutzsch die Errichtung des 512.545,83 Mark teuren „Spielplatzes“ mit einer Fläche von 36.410 m². Nach einer Bauzeit von nur einem Jahr waren mehrere Spielfelder, darunter auch Fußballplätze fertiggestellt, sodass im Sommer 1920 der Spielbetrieb aufgenommen wurde. Auch heute noch ist der Alfred-Kunze-Sportpark eine für Leipzig bedeutende Sportanlage und wird im Sportprogramm 2024 als Kernsportstätte ausgewiesen. Zuletzt hat der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags im Rahmen eines Förderprogramms für kommunale Sport- und Kulturstätten eine Hohe Fördersumme zur Erneuerung der technischen Infrastruktur beschlossen.

Seit seiner Eröffnung hat der Sportpark eine wechselhafte Geschichte erlebt. Im Zuge der Eingemeindung Leutzschs ging die Anlage am 1. Januar 1922 in Leipziger Stadteigentum über. In den 1920er Jahren war das Areal Austragungsstätte verschiedenster Fußball-, Sport- und Arbeiterturnvereine. Im Rahmen der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten wurden die in Leutzsch ansässigen Vereine 1933 enteignet und liquidiert. Die Anlagen wurden von der SA für die Ausbildung genutzt. Später war dort eine Fliegergruppe des deutschen Luftsport-Verbandes ansässig. Dennoch blieb die Resonanz für das Gelände unter Arbeitersportlern groß. Seit 1935/36 etwa spielte der FC-Sachsen-Vorgänger SV Tura 1899 Leipzig regelmäßig vor Rekordkulissen von bis zu – damals beachtlichen – 20.000 Zuschauern. Mit dem sich abzeichnenden Kriegsende schließt sich aber bald das Kapitel des SV Tura. Auf Grund der politischen und gesellschaftlichen Umstrukturierungen nach stalinistischem Vorbild entstanden in der Sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR neue Vereine. Alfred Kunze, der spätere Namensgeber, prägte als Trainer die erfolgreichsten Jahre des Areals. In den frühen 1950er sowie in den 1960er Jahren strömten im Schnitt bis zu 27.000 Zuschauer nach Leutzsch. In der Spielzeit 1963/64 errang Chemie Leipzig zur Überraschung der dirigistischen DDR-Sportfunktionäre den DDR-Meistertitel. In Erinnerung daran wurden die Spieler der Mannschaft als Betondenkmal überlebensgroß im Sportpark aufgestellt. In der Saison 1966/67 folgte der FDGB-Pokalsieg. Beim Umbau des Stadions von 1965 bis 1966 wurde der erste Stadionzaun Deutschlands vor den Tribünen errichtet.

Im Rahmen des Jubiläums sollte vor dem Hintergrund er wechselhaften Geschichte auch eine Aufarbeitung der Historie des Sportparks und ihrer Nutzer/-innen insbesondere während der NS-Diktatur und des DDR-Unrechtsstaates stattfinden.

Nach der Insolvenz der beiden Fußballvereine FC Sachsen Leipzig e.V. und SG Sachsen Leipzig e.V. ist die Sportanlage nicht an einen neuen Pächter übergeben wurden, da die Stadt Leipzig zunächst eine Bestandsaufnahme machen und den Alfred-Kunze-Sportpark in einen „verpachtungsfähigen“ Zustand versetzen wollte. Seitdem sind 5 Jahre vergangen. Obwohl der alleinige Nutzer, die BSG Chemie Leipzig e.V., immer nur einen kurzen Nutzungsvertrag von der Stadt Leipzig bekommt, hat er bereits umfangreiche Investitionen vorgenommen. Darunter in die Kalthalle – die dadurch auch wieder von anderen Sportvereinen genutzt werden kann – , in Umkleideräume, die Tribüne und den sogenannten Fuchsbau. Die Stadtverwaltung wird aufgefordert im Jubiläumsjahr einen klaren Zeitplan vorzulegen bis wann die Anlage wieder in einen Verpachtungsfähigen Zustand versetzt wird um auf dieser Grundlage einen Pachtvertrag auszuhandeln.

Seit Jahren bewirbt sich die BSG Chemie Leipzig um kommunale und Landesmittel für den Bau- und die Sanierung eines Kunstrasenfeldes. Aufgrund der stetig wachsenden Mitgliederzahl ist dieser für das ganzjährige Training zwingend notwendig. Der Bau der/des Platzes sollte daher schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden. Sodass spätestens im Jahr 2020, im Rahmen des Jubiläumsjahres, der Spatenstich gesetzt werden kann. Bei der Planung ist von Seiten der Stadt und des Vereins, der die notwendigen Eigenmittel aufbringen muss, darauf zu achten, dass die jüngsten Planungen der EU zum Verbot von Plastikgranulat berücksichtigt werden und wie vom Stadtrat bereits im Beschluss zum Sonderprogramm „Kunstrasenplätze“ beschlossen ökologische Alternativen dazu verwendet werden. Hintergrund: Das Plastikgranulat von Kunstrasenplätzen soll für bis zu ein Drittel des Eintrags von Mikroplastik in Gewässer verantwortlich sein.

Redner: Ute Köhler-Siegel

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

ein Schulentwicklungsplan stellt vor, wie sich die Entwicklung der Schullandschaft in den nächsten Jahren gestalten soll. Insgesamt hat Leipzig viel zu tun: 21.000 Schüler mehr als heute werden laut Prognosen in 10 Jahren an den Leipziger Schulen lernen.

Leipzig muss bauen. In den monatlichen Sachstandsberichten zur Umsetzung von Schulbaumaßnahem erhalten wir Berichte über den Bau an 3 Förderschulen, 48 Grundschulen, 21 Gymnasien, 25 Oberschulen und 18 Sporthallen.

An den dort aufgeführten Bildungsstätten wird saniert, umgebaut, erweitert oder an vielen Stellen auch neu gebaut.

Das ist gut und es geht auch voran, aber bis zur wirklichen Fertigstellung der ganzen Schulen bleibt es eng, sehr eng.

In den Stellungnahmen der Schulen wird genau dieser Fakt und die Auswirkungen auf die Infrastruktur beschrieben. Es fehlt an Sporthallenkapazitäten, die Mensen sind zu klein, Fachkabinette müssen mit viel Kreativität genutzt werden, die Schulhöfe werden enger, die Schüler haben zum Teil weite Schulwege, und, und, und …

Daran wird auch dieser Schulentwicklungsplan nichts ändern. In den nächsten Jahren bleibt es die Aufgabe der Verwaltung, gemeinsam mit den Stadträten, den Eltern-und Schülervertretungen und den Schulen die Überbelegungen zu managen.

Wir werden uns viele Gedanken darüber machen müssen, wie die Schülerströme gelenkt werden und an den Schulen einigermaßen ordentliche Lern- und Arbeitsbedingungen geschaffen werden können.
Die Fachpolitiker für Schulfragen haben sich daher intensiv mit den Stellungnahmen der Schulkonferenzen beschäftigt. Einige Hinweise wurden bereits in die Neufassung des SEP eingearbeitet, wie einige Änderungen zu den Schulbezirken. Für andere Themen arbeiten wir noch an Lösungen, hier sind vor allem die vielen Hinweise zu den Mensen und Sporthallen zu nennen.
Die Bevölkerungsentwicklung muss weiter beobachtet werden, deshalb muss der SEP ständig evaluiert und angepasst werden. Die Veränderungen im Schulgesetz führten zur Berücksichtigung von Schülern, die integrativ und inklusiv beschult werden. Die Umsetzung hat Auswirkungen auf die Schülerzahlen in den Eingangsklassen. Hier müssen Standortgenau die Entwicklungen beobachtet werden.

Der SER fordert in einem Brief die Überarbeitung des Planes nach 2 Jahren. Das ist, so die Meinung meiner Fraktion, nach jetziger Sicht nicht nötig. So einen Plan zu erstellen, braucht ca eineinhalb bis 2 Jahre und bindet viele Kapazitäten. Eine Überarbeitung ist auf jeden Fall notwendig, wenn sich das Schulgesetz ändert, beispielsweise bei der Einführung von Gemeinschaftsschulen oder wenn der Stadtrat die Notwendigkeit sieht, den Plan anpassen zu müssen.

Eine Entwicklung hat die Planer schon jetzt eingeholt. Im SEP gab es im Bereich der Förderschulen keine Anpassungen. Zunehmend mehr Kinder können inklusiv beschult werden. Das betrifft vor allem die Kinder mit den Förderschwerpunkten sozial-emotionale Entwicklung und Lernen.

Die Nachfrage nach Plätzen für Kinder mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung hat sich für das nächste Schuljahr deutlich und unerwartet erhöht. Es muss ein Interimsstandort eröffnet werden. Diese Schüler stehen unter besonderem Schutz der Gesellschaft und brauchen ein stabiles Lernumfeld. An dieser Stelle wollen wir keine längerfristigen Interimslösungen. Daher stellt die SPD-Fraktion den Antrag, den angedachten Bau einer Förderschule vorzuziehen. Der Planungsbeschluss muss schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden.

Zum ÄA der Linksfraktion:
Vor fast genau einem Jahr haben wir das Maßnahmenpaket zur Erweiterung der Schulkapazitäten beschlossen, genau dieser Rat, der heute hier sitzt. Nun fällt es der Linksfraktion ein, den Anbau an der Taro-Schule zu canceln, nach einem Jahr und Fertigstellung der Leistungsphase 3. Ja, die Schule wird groß. Ja, das ist nicht schön. Ja, das ist eine große Herausforderung für die Lehrer, Schüler und Eltern.
Stoppen wir jetzt den Anbau, dann fehlen die Schulplätze. Es ist absolut illusorisch zu denken, dass ein anderes Schulbauvorhaben schneller fertig wird. Stoppen wir das Vorhaben, werden die Überbelegungen an anderen Schulen noch größer und die Schüler müssen weitere Wege auf sich nehmen. Das Taro-Gymnasium steht auf einem der vorderen Plätze bei den Schulanmeldungen. Außerdem hat die Schule auch schon ein interessantes Konzept zur Nutzung des Anbaus entwickelt.
Meine Fraktion vertritt die Auffassung, dass die Bedingungen an die Infrastruktur der Schule umgehend den erhöhten Schülerzahlen angepasst werden müssen. Die Erweiterung der Mensa ist kein Problem, die Sporthalle wohl, aber eine Lösung ist in Sicht. Zusätzliche Fahrradabstellplätze sind zu schaffen und die Anbindung an den ÖPNV wird angepasst. Das Ganze nicht mit sollte, müsste, könnte- nein diese Rahmenbedingungen müssen sein. Und in ein paar Jahren, wenn die ganzen vielen Schulen stehen, dann kann sich der Stadtrat damit befassen, den Erweiterungsbau einer anderen Nutzung zuzuführen.
Bitte lehnen Sie diesen ÄA ab, die Plätze werden gebraucht und es sind schon viele Mittel in die Planungsleistungen geflossen.
Vielen Dank!

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

um es vorweg zu nehmen, die SPD steht ganz klar zum Beschluss zur Einführung von sozialen Erhaltungssatzungen für die im Herbst definierten Gebiete, also Teile von Zentrum-West und Zentrum-Nordwest, von Neustadt-Neuschönefeld, Volkmarsdorf, Anger-Crottendorf, Sellerhausen-Stünz, Reudnitz-Thonberg und Stötteritz, Teile von Plagwitz, Kleinzschocher, Lindenau, Altlindenau, Neulindenau, Leutzsch und Schleußig, von Gohlis-Süd und Eutritzsch sowie Teile von Connewitz.

Für uns steht außer Frage: Erhaltungssatzungen sind ein Baustein, um bezahlbaren Wohnraum in unserer Stadt sichern zu können. Erhaltungssatzungen schaffen aber keinen neuen Wohnraum, sondern verhindern lediglich eine deutliche Verteuerung bestehender Wohnungen. Ohne Neubau und hier vor allem ohne sozialen Wohnungsbau werden wir nicht vorankommen. Weitere Maßnahmen, die wir für notwendig halten, um die Situation am Mietwohnungsmarkt zu entspannen sind u.a. auch ein Zweckentfremdungsverbot, eine funktionierende Mietpreisbremse, Kappungsgrenzen und ganz besonders eine starke LWB. Erhaltungssatzungen können nur ein Baustein in einer Mauer sein.

Wir müssen zu den verschiedenen Maßnahmen greifen, da sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt in Leipzig in den letzten Jahren verschärft hat und weiter verschärft. Das wir bereit sind zu handeln, haben wir in der Vergangenheit gezeigt: Zu nennen sind Beschlüsse zur Einführung der kooperativen Baulandentwicklung, die Fortschreibung und Anpassung des wohnungspolitischen Konzepts an die aktuellen Gegebenheiten, der Beschluss zu Instrumenten und Maßnahmen zur Umsetzung des wohnungspolitischen Konzepts oder das Votum des Stadtrates zu Zweckentfremdungsverboten.

Dennoch, die vorliegenden Anträge und die Diskussion darum sind ein Beispiel schlechter Kommunalpolitik und das in vielerlei Hinsicht.

Da ist zunächst die Stadtverwaltung, insbesondere ihr Dezernat von Frau Dubrau. Beim Beschluss der sozialen Erhaltungsgebiete im Herbst 2018 hier im Rat haben Sie, Frau Dubrau, versprochen, dass die Satzungsbeschlüsse zu den sozialen Erhaltungsgebieten vor der Sommerpause kommen. Sie sind, wie wir sehen, nicht da.

Die Folge: Die Linke witterte ihre Chance auf ein Wahlkampfthema, egal ob man damit Eigentümer, die tatsächlich Luxussanierungen vorhaben, noch mal mit der Nase auf das Thema stupst. Der Antrag sollte, wie zu erwarten war, vor der Wahl durchgepeitscht werden. Einen Tag vor der Entscheidung im Stadtrat taucht ein Verwaltungsstandpunkt mit Behauptungen auf, die sich durch einen ehrenamtlichen Stadtrat auch binnen Wochenfrist nicht klären lassen, da das Thema zumindest für die Stadt Leipzig und damit für die Verwaltung neu ist. Es kommt zur Vertagung, bei der die Linke in dem Fall den Grünen unterstellt, sie würde nur Gründe suchen, um die Satzungen im Oktober abzulehnen. Wahlkampf aus eher unteren Schubladen.

Uns hat der eine Monat geholfen, denn dadurch konnten wir uns mit dem Verwaltungsstandpunkt  intensiv auseinandersetzen. Leider ist der Verwaltungsstandpunkt fehlerhaft und schürt Ängste, die es nicht gibt bzw. nicht geben müsste, wenn Sie, Frau Dubrau, in ihrem Dezernat ihre Hausaufgaben gemacht hätten, trotz oder gerade weil sich die Angelegenheit verzögerte. Wir erkennen mit unseren Änderungsantrag an, dass die Stadtverwaltung Leipzig Neuland betritt und es ohne Erfahrung wie in Berlin für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schwierig ist, zu entscheiden, welcher Bauantrag wird aufgeschoben, welcher kann problemlos genehmigt werden. An dieser Stelle ist ihr Verwaltungsstandpunkt falsch oder es wird bewusst gelogen, denn es ist mitnichten so, dass es geschoben werden muss und eine Prozesslawine drohe. Um es Ihnen einfacher zu machen, haben wir Ihnen in unserem Änderungsantrag die Kriterien, die wir aus anderen Erhaltungssatzungen entnommen haben, aufgeschrieben. Auf dieser Grundlage kann die Stadtverwaltung, dann Bauanträge, die in den nächsten 3 ½ Monaten für die entsprechenden Gebiete eingehen, im Einzelfall prüfen. Kriterien sind zum Beispiel der Einbau eines zweiten Bads, der Anbau von Balkonen, der Bau von Stellplatzanlagen, die zu den Wohnungen gehören, oder die Umnutzung von Wohnungen in Gewerberäume. Warum diese Kriterien? Wir wollen schlicht verhindern, dass Maßnahmen, die keine Luxussanierungen sind, sondern beispielsweise dem Erhalt von Wohnhäusern dienen, pauschal zurückgestellt werden, bis Erhaltungssatzungen in Kraft getreten sind. Das könnte durchaus passieren, da die Verwaltung keine Erfahrung mit Erhaltungssatzungen hat und es im Dezernat versäumt wurde, die Mitarbeiter entsprechend zu schulen. Das pauschale Zurückstellen würde niemandem helfen.

Dessen ungeachtet sind wir für Einführung von sozialen Erhaltungssatzungen mit genauen Gebietsabgrenzungen und fordern eine entsprechende Beschlussfassung im Oktober dieses Jahres, Frau Dubrau.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

Den zugehörigen Antrag finden Sie hier.

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

im November 2018, also um den 80. Jahrestag der Novemberpogrome, als auch in Leipzig jüdische Geschäfte geplündert wurden und Synagogen brannten, wurde diese Antrag eingereicht. Heute, wo der Antrag nun zur Beschlussfassung vorliegt, finden zeitgleich die jüdischen Wochen in Leipzig statt. Sie zeigen, dass nach der fast vollständigen Vernichtung bzw. der Vertreibung der Leipziger Jüdinnen und Juden während des Dritten Reichs, in Leipzig wieder jüdisches Leben seinen Platz hat. Mit dem Beschluss des Antrags können wir ein kleines, aber wichtiges Signal senden.

Ich möchte kurz privat werden, was auch ein Punkt ist, warum mir das Thema so wichtig ist: Vor mittlerweile etwas mehr als 10 Jahren habe ich meine Frau geheiratet. Mütterlicherseits eine jüdische Familie. Ich gebe zu, ich hatte damals großen Respekt bzw. etwas Angst vor dem ersten Treffen mit der Familie, insbesondere weil ihr Opa, damals Mitte 90 Jahre, den zweiten Weltkrieg noch er lebte und damals als Feuerwehrmann in London arbeitete. Ich wusste nicht, wie er auf einen „Kraut“, einen Deutschen, reagieren würde. Ich wurde offen in der Familie empfangen, worüber ich sehr dankbar bin, selbstverständlich ist das für mich nicht. Auch wenn ich weiß, dass ich keine Verantwortung für die Nazidiktatur trage, so trage ich doch auch eine Verantwortung dafür, dass sich so etwas nicht wiederholt. Ein Bestandteil, dass es sich nicht wiederholt, ist unsere Erinnerungskultur.

Ich möchte mich an die Vertreter der AfD hier im Stadtrat wenden, die bereits kritisiert haben, dass sie nicht als Mitantragsteller eingeladen wurden. Wenn sie zur Eröffnung der jüdischen Wochen anwesend gewesen wären, müsste ich ihnen das heute nicht noch einmal sagen: Ihr Parteivorsitzender bezeichnet die NS-Zeit mit Millionen von Toten, darunter sechs Millionen vernichtete Jüdinnen und Juden als „Vogelschiss in der Geschichte“. Der Thüringer AfD-Co-Vorsitzende Höcke sagte, ich zitiere:  „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Und ergänzt: „Und diese dämliche Bewältigungspolitik, die lähmt uns heute noch viel mehr als zu Franz Josef Strauß‘ Zeiten. Wir brauchen nichts anderes als eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad.“

Der vorliegende Antrag ist eine Fortsetzung und Stärkung unserer demokratischen Erinnerungskultur, die Sie abschaffen wollen. Mit Verlaub, Sie haben auf einem solchen Antrag mit solchen Äußerungen nichts zu suchen. Felix Klein der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung sagt dazu: „Wenn Erinnerungspolitik angegriffen und Gedenkstätten in Frage gestellt würden, führe das zu einer Atmosphäre, in der antisemitische Theorien aufblühen. Schuldabwehrmechanismen werden begünstigt. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass dann antisemitisch gehetzt wird.“‘

Wenn es um Diskriminierung geht, sind Rechtsradikale und Nazis immer ganz vorne mit dabei, so ist es auch nicht verwunderlich, dass die mit Abstand meisten antisemitischen Vorfälle rechtsmotiviert sind. Wer mit offenen Augen durch Leipzig läuft oder fährt, dem sind sicher auch antisemitische Graffitis oder Aufkleber, meist mit Fußballbezug, aufgefallen. Dennoch, und das unterscheidet Antisemitismus von vielen anderen Formen der Diskriminierung, beschränkt er sich nicht auf Neonazis, sondern man findet ihn auch im linken Milieu, in der „Mitte der Gesellschaft“ sowie mit islamischer oder christlicher Konnotation. Antisemitismus ist keine starre Ideologie, sondern leider lebendig und wandelbar. Die ewiggleichen Ressentiments werden immer wieder neu formuliert und an den jeweiligen Zeitgeist angepasst. Anders als bei anderen Formen der Diskriminierung wird mit Überhöhungen gearbeitet. Antisemitische Ressentiments werden unterschwellig bedient, wie zum Beispiel auf der Plattform „Freie Welt“, die Frau von Storch mit ihrem Mann betreibt: Dort kann man Aussagen lesen wie: „Ex-Rothschild-Banker Emmaunal Macron löst Merkel als Hauptmarionette der Finanzglobalisten ab“. Ähnliches findet man über den jüdischen Investor Soros. Damit werden die klassischen Märchen von der jüdischen Weltverschwörung aufgewärmt. Antisemitismus ist dadurch daneben eine Ideologie, die sich auch gegen Nicht-Juden richtet, wie es  auch schon die Nazis  beispielsweise mit den Roma und Sinti gemachten haben. Diese wurden unter dem Vorwand vernichtet Teil der jüdischen Weltverschwörung zu sein. Sie wären, wie man heute in bestimmten Kreisen sagt, Invasoren für den Bevölkerungsaustausch.

Aus diesen Gründen benötigen wir beim Thema Antisemitismus auch für Leipzig einen ganzheitlicheren Ansatz, wie in den Beschlusspunkten eins bis vier des Antrags beschrieben.

Die Antragsteller hat vor einigen Wochen ein Brief erreicht, wir würden mit dem Beschluss zum BDS die Meinungsfreiheit einschränken, um zu verhindern, dass es Kritik an der Regierung in Israel gibt. Dem ist nicht so. Selbstverständlich kann ich, was ich hiermit auch tue, ein solchen Beschluss ohne Wenn und Aber unterstützen, auch wenn ich Netanjahu und seine Koalition nicht mag, ich kann die Siedlungspolitik kritisieren und die Zweistaatenlösung unterstützen, wie in der Neufassung des Antrags geschehen. Bei BDS geht es weder um Nahostpolitik noch um Meinungsfreiheit, es geht um Antisemitismus.

In den USA oder Lateinamerikanischen Ländern gehen BDS-Aktivitäten inzwischen häufig mit Übergriffen einher, öffentlich bekannt geworden sind zum Beispiel die Morddrohungen gegen Spieler der Argentinischen Nationalmannschaft und deren Familien nachdem diese ein Freundschaftsspiel in Isreal durchführen wollten. Richtig ist, dass nicht jeder BDS-Unterstützer Antisemit ist, die einseitige Ausrichtung gegen Israel und die Wirkung von BDS ist es schon. Die Zweistaatenlösung findet man im Aufruf von 2005 mit keinem Wort. Der Schlachtruf „From the river to the sea, Palestine will be free“ ist so formuliert, dass er auf die Auslöschung des jüdischen Staates abzielt. Die Antragsteller fordern daher, dass die Stadt Leipzig sehr genau prüft, wie es verhindert werden kann, dass Antisemiten kommunale Flächen oder Räume nutzen.

Weil wir heute auch den Antrag zum Antiromaismus behandeln, möchte ich auch dazu noch ein paar Worte sagen: Wir sind grundsätzlich für den Antrag und werden ihm in der vorliegenden Neufassung zustimmen. Meine Fraktion hält es für vernünftig durch Aufklärungsarbeit dazu beizutragen, dass Vorurteile gegen Sinti und Roma abgebaut werden, und das Thema auch bei Schulungen zur interkulturellen Kompetenz eine Rolle spielt.

Vielen Dank!

Fragen:

1. Kann die Stadtverwaltung die Absenkung des Wasserspiegels am Kulkwitzer See bestätigen? Gibt es hierzu regelmäßige Messungen? Wenn ja, was sind die Ergebnisse der Messungen?

Antwort:

Der Wasserspiegel im Kulkwitzer See ist stark von den Niederschlagsbedingungen abhängig und „antwortet“ relativ schnell auf Niederschläge oder Trockenheit.

Die Stadtverwaltung kann bestätigen, dass sich der See augenscheinlich um ca. 70 cm abgesenkt hat. Die Wasserstände werden regelmäßig vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie erfasst. Hier spiegeln sich auch die extrem geringen Niederschläge sowie die hohen Temperaturen mit einhergehender starker Verdunstung in 2018.

Wasserstandsmessungen werden durch die Stadtverwaltung Leipzig nur im Rahmen von Stichtagsmessungen, so letztmalig in den Jahren 2012 und 2017, durchgeführt. Die Messungen selbst ergaben für den Kulkwitzer See keine wesentlichen Unterschiede.

2. Was sind aus fachlicher Einschätzung der Stadtverwaltung die ökologischen und tourismuswirtschaftlichen Folgen einer dauerhaften Absenkung des Wasserspiegels. Bitte um Untergliederung nach Stärke der Absenkung.

Antwort:

Der Kulkwitzer See besitzt ein gutes ökologisches Potential. Ökologische und touristische Folgen sind bei einem temporären Rückgang des Wasserspiegels, was auf Grund des trockenen Jahres 2018 hier vermutlich der Fall ist, vernachlässigbar. Unabhängig davon wird der Wassertourismus auf dem Kulkwitzer See bereits jetzt im wasserrechtlichen Vollzug streng reglementiert, um die Gewässerverträglichkeit zu gewährleisten.

3. Was sind aus fachlicher Sicht der Stadtverwaltung die möglichen Ursachen des niedrigeren Wasserspiegels am Kulkwitzer See? Gibt es neben natürlichen Entwicklungen des Grundwasserleiters auch künstliche Eingriffe in der Umgebung, welche als Ursache herangezogen werden können? Falls ja, welche wären das?

Antwort:

Wie bereits unter Frage 1 benannt, ist die Absenkung des Wasserspiegels im Kulkwitzer See vorrangig auf die Trockenheit in 2018 zurückzuführen. Es war das trockenste Jahr seit Beginn der Niederschlagsaufzeichnungen. Zudem war es sehr heiß, die Verdunstung von der Seefläche damit sehr hoch. Die Grundwasserleiter haben sich, trotz vergangener Regenereignisse, noch nicht wieder vollständig gefüllt. Es herrscht nach wie vor, flächendeckend im gesamten Freistaat Sachsen, ein Wasserdefizit im Oberflächen-  und Grundwasser. Künstliche Eingriffe (wie z.B. Abpumpen von Grundwasser) werden grundsätzlich ausgeschlossen.

 4. Sind der Stadtverwaltung Raumplanungen in der Umgebung bekannt, welche in absehbarer Zukunft einen weiteren Einfluss auf den Grundwasserleiter zum See haben könnten? Falls ja, welche sind das und in welcher Dimension kann nach heutigen Erkenntnissen der Einfluss eingeschätzt werden?

Antwort:

Der Stadtverwaltung Leipzig sind keine diesbezüglichen Raumplanungen bekannt.

5. Welche Maßnahmen sind aus fachlicher Sicht der Stadtverwaltung denkbar, um den Wasserspiegel am Kulkwitzer See zu stabilisieren? Wie sind solche Maßnahmen grob nach Kosten, weiteren Folgewirkungen und Genehmigungsfähigkeit zu beurteilen?

Antwort:

Der Kulkwitzer See wird durch Grundwasser gespeist. Würde man z.B. das derzeitige Defizit von ca. 1 Mio. Kubikmeter Wasser mit Wasser aus dem öffentlichen Trinkwassernetz ausgleichen wollen, würden Kosten in Höhe von ca. 2 Mio. Euro entstehen. Andere Quellen zur Auffüllung des Kulkwitzer Sees gibt es nach Kenntnislage nicht.

Beschlussvorschlag

Änderungs- bzw. Ergänzungsantrag zu den Anträgen mit den Tagesordnungspunkten 16.28-16.37. Änderungen bzw. Ergänzungen (neue BPe 3 und 4) sind fett gedruckt.

  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den Aufstellungsbeschluss im Amtsblatt am 17. August 2019 bekannt zu machen. Mit Veröffentlichung im Amtsblatt erhalten die Aufstellungsbeschlüsse Gültigkeit.
  2. Die Zurückstellung von Baugesuchen gem. §§ 172 Abs. 2, 15 Abs. 1 BauGB soll von der Stadtverwaltung insbesondere bei Vorhaben geprüft werden, die mindestens eines der folgenden Merkmale aufweisen:
    • Einbau eines zweiten Bades oder einer zweiten Dusche.
    • Grundrissänderungen, die eine Veränderung der ursprünglichen Zimmeranzahl oder eine Veränderung der Wohnfläche, Verlegung und Neubau von Kammern, Schaffung von Wohnküchen und Veränderungen von bereits voll ausgestatteten Bädern beinhalten.
    • Wohnungsteilungen und Wohnungszusammenlegungen, auch bei Zusammenlegung von bereits bestehendem mit neu geschaffenem Wohnraum (zum Beispiel Dachgeschoss-Maisonetteeinheit).
    • Maßnahmen zur Energieeinsparung, die über die Anpassung an die baulichen oder anlagentechnischen Mindestanforderungen der EnEV an bestehende Gebäude und Anlagen hinausgehen.
    • Schaffung von Balkonen, Loggien, Terrassen und Wintergärten.
    • Schaffung von besonders hochwertiger Wohnungs- und Gebäudeausstattung, zum Beispiel Fußbodenheizung, Gegensprechanlage mit Videobildübertragung, Einbau eines Innenkamins, hochwertige Bad- und Küchenausstattung, bodentiefe Fenster.
    • Schaffung von zur Wohnung gehörigen Stellplatzanlagen.
    • Abriss von Wohngebäuden oder einzelnen Wohneinheiten.
    • Die Nutzungsänderung von Wohnraum in Gewerbe.

 

  1. Die Oberbürgermeister wird beauftragt, spätestens zur Ratsversammlung am 10.2019 für das Untersuchungsgebiet im Ergebnis der Detailuntersuchung zum Einsatz von Sozialen Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB entsprechende rechtssichere Satzungsentwürfe der Ratsversammlung zum Beschluss vorzulegen. Im Rahmen der Satzungen sind die endgültigen Gebietsabgrenzungen vorzunehmen, da die Untersuchungsgebiete der Voruntersuchung auf der räumlicher Ebene statistischer Bezirke lief, es jetzt aber um die Abbildung konkreter Siedlungsstrukturen geht

Begründung:

Aufstellungsbeschlüsse über soziale Erhaltungssatzung sind keine notwendige Voraussetzung für die Wirksamkeit der späteren Satzung. Gleichwohl ermöglicht der Aufstellungsbeschluss zweierlei:

  • die Zurückstellung von Baugesuchen gem. § 172 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 BauGB und
  • die Begründung von Vorkaufsrechten gem. § 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB. Die entgegenstehende Behauptung des Verwaltungsstandpunktes (S. 4) ist inhaltlich unzutreffend.[1]

Die vorliegenden Anträge der Fraktion die Linke zielen offensichtlich auf die erste Wirkung. Die Aufstellungsbeschlüsse über soziale Erhaltungssatzungen sind dabei notwendige Voraussetzung für die Zurückstellung von Baugesuchen. Der Aufstellungsbeschluss entfaltet aber nicht aus sich heraus diese Wirkung. Denn die Zurückstellung von Baugesuchen i.S.d. § 15 Abs. 1 BauGB ist eine Einzelfallentscheidung, die aus folgenden Schritten besteht:

  • Nach Eingang eines Baugesuchs entscheidet die Stadt Leipzig im Einzelfall darüber, ob das Baugesuch zurückgestellt werden soll. Ob diese Entscheidung vom Stadtrat oder als Geschäft der laufenden Verwaltung in der Verantwortung des Oberbürgermeisters liegt, richtet sich nach dem Landesrecht. In Sachsen spricht viel dafür, dass es sich um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt und daher dem Oberbürgermeister in eigener Verantwortung obliegt.[2]
  • Die Entscheidung über die Zurückstellung kann nur unter der Voraussetzung eines Aufstellungsbeschlusses getroffen werden. Ein Aufstellungsbeschluss allein genügt jedoch nicht, um willkürlich Baugesuche zurückzustellen. Entscheidend kommt es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 BauGB an, namentlich darauf, ob ein Vorhaben die Durchführung der sozialen Erhaltungssatzung zumindest wesentlich erschweren, also ihren Zielen entgegen würde. Diese Anforderungen ergeben sich aus dem jeweiligen Planungsstand innerhalb der Verwaltung.[3]

 

Die Zurückstellung kann technisch auf zwei Weisen vollzogen werden. Bei baugenehmigungsbedürftigen Vorhaben wird die Entscheidung über den Bauantrag verschoben. Nicht baugenehmigungsbedürftige Vorhaben werden hingegen vorläufig untersagt. Der Verwaltungsstandpunkt verweist zwar zurecht darauf, dass dieses Verfahren einen zusätzlichen Aufwand für die Verwaltung bedeutet. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass Baugesuche auch heute bereits zu prüfen sind und die relativ kurze Zurückstellung um wenige Monate bis zum geplanten Satzungserlass im Oktober keinen ausufernden Begründungsaufwand nach sich zieht, da es sich um einen vergleichsweise geringen Eingriff die die Rechte der Antragsteller*innen handelt.

 

Der Vorliegende Änderungsanträg fügt mit dem Punkt 3 eine Liste von Vorhaben an, bei denen die Zurückstellung durch die Verwaltung geprüft werden soll. Die Zurückstellung richtet sich im Einzelfall nach den vorliegenden Planungszielen so, wie sie dem Planungsstand der Verwaltung entspricht.

 

Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Aufstellungsbeschlüsse

 

Der Verwaltungsstandpunkt hält die Aufstellungsbeschlüsse aus unterschiedlichen Gründen für rechtswidrig,4 die einer näheren Prüfung aber nicht standhalten. Dem Verwaltungsstandpunkt muss widersprochen werden, wenn er behauptet für den Beschluss sei die präzise Nennung der betroffenen Flurstücke erforderlich. Diese Anforderung findet im Gesetz keine Stütze. Entscheidend ist, dass die Satzung so bestimmt ist, dass die Adressaten aus ihr ersehen können, ob ihre Grundstücke betroffen sind oder nicht. Die hinreichende Bestimmtheit ergibt sich bei den vorliegenden Aufstellungsbeschlüssen aber schon daraus, dass die Gebiete durch Straßen- und Flussverläufe abgegrenzt sind und insofern eindeutig ist, ob ein Grundstück innerhalb oder außerhalb des betroffenen Gebiets liegt.[4]

Weiterhin findet sich im Verwaltungsstandpunkt das Argument, dass die Erhaltungsziele noch nicht hinreichend konkret seien, um einen Aufstellungsbeschluss fällen zu können. Grundsätzlich ist es aber unschädlich, dass die Erhaltungsziele noch nicht genau absehbar sind, entscheidend ist vielmehr der aktuelle Stand der Planungen.[5] Dies ist gerade der Sinn der Aufstellungsbeschlüsse. Erste Erhaltungsziele ergeben sich bereits aus den geleisteten Voruntersuchungen (Grobscreening), der Intention der Stadtratsbeschlüsse mit sozialen Erhaltungssatzungen die Verdrängung durch bauliche Aufwertungen zu verhindern und den fortschreitenden Planungsstand innerhalb der Verwaltung. Konkrete Erhaltungsziele sind also nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Aufstellungsbeschlüsse, sondern für die Rechtmäßigkeit der Zurückstellung im Einzelfall.

Es erscheint daher auch unschädlich, wenn die Gebiete der Aufstellungsbeschlüsse und der späteren Satzungen voneinander abweichen. Denn dort, wo die Stadt keine Erhaltungsziele verfolgt und entsprechend keine Satzung erlassen wird, ist auch die Zurückstellung von Baugesuchen nicht gerechtfertigt und die Stadt darf von der Prüfung der Zurückstellungsmöglichkeit in eigenem Ermessen absehen.

 

Festzuhalten ist somit, dass Aufstellungsbeschlüsse für soziale Erhaltungssatzungen in Leipzig getroffen werden können, ihre Wirkung aber nicht überschätzt werden darf – weder mit Blick auf die Sorge vor einer Überarbeitung und Klagefluten, noch mit Blick auf die Verhinderung von baulichen Aufwertungen in den betroffenen Gebieten.

 

 

[1] Mit Vorliegen eines Aufstellungsbeschlusses kann das Satzungsvorkaufrecht begründet werden. Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr (Hrsg.), Baugesetzbuch, 13. Auflage 2016, § 25, Rn. 5.

[2] Das OVG Lüneburg (Beschluss vom 28.03.2017 – 1 ME 7/17) hat festgestellt, dass es keines Antrags nach § 15 Abs. 1 BauGB bedarf, wenn Gemeinde zugleich Bauaufsichtsbehörde ist, wie es auch in Leipzig der Fall ist. Das Antragserfordernis hat insbesondere nicht die Aufgabe, innergemeindlich eine bestimmte Stelle zu bestimmen, welche von derjenigen zu unterscheiden ist, die über Baugesuche verbindlich zu entscheiden hat. Ein solcher Regelungszweck ginge über die Befugnisse des Bundesgesetzgebers hinaus. Bei einer Gemeinde, die die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde selbst erfüllt, ist nach Ansicht des OVG nicht anzunehmen, dass die Zurückstellung nur vom Rat zu verantworten sein kann.

[3] OVG Münster, Beschluss vom 26.02.2014 – 10 B 139/14.

[4] Auch für andere, eingriffsintensivere Sicherungsmittel des Baurechts ist anerkannt, dass eine Abgrenzung in Kartenform genügt, siehe Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch. 131. EL, 2018, § 14 Rn. 33

[5] Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch. 131. EL, 2018, § 172 Rn. 85

 

Abbiegeassistenten sind verfügbare technische Lösungen, die im Straßenverkehr Leben retten können: Sie warnen Lastkraftwagen (Lkw)- oder Busfahrer, wenn beim Abbiegen Fußgänger oder Radfahrer gefährdet würden. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) setzt sich deshalb mit Nachdruck sowohl in der Europäischen Union (EU) als auch bei der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) dafür ein, dass Abbiegeassistenzsysteme europaweit vorgeschrieben werden.

Für die Nachrüstung mit Abbiegeassistenzsystemen gibt es nun Empfehlungen für Mindestanforderungen, die das BMVI auf Grundlage von Kriterien der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) erstellt hat. Um verstärkt auf freiwillige Nachrüstung zu setzen, hat das BMVI die „Aktion Abbiegeassistent“ gestartet. Das Kraftfahrbundesamt hat im März dieses Jahres eine erste Allgemeine Betriebserlaubnis für ein Nachrüstsystem vergeben.

Das BMVI legt ein Förderprogramm für die freiwillige Aus- beziehungsweise Nachrüstung von Lkw und Bussen mit Abbiegeassistenzsystemen auf. Damit sollen schwere Unfälle mit Radfahrern und Fußgängern vermieden werden. Das neue Förderprogramm wird ein Volumen von fünf Millionen Euro pro Jahr haben und voraussichtlich fünf Jahre gelten.

Wir fragen an:

  1. Wie ist der Stand bei der Nachrüstung von LKWs der Stadt Leipzig, ihrer Eigenbetriebe und der kommunalen Unternehmen mit Abbiegeassistenten?
  2. Wird die Stadt Leipzig an der „Aktion Abbiegeassistent“ teilnehmen?