Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

die Demokratie als Staatsform hat jede Menge Spielarten und jede Menge Vorzüge, aber auch Schwächen – wir kennen sie auch hier im Rat: nicht alles, was schnell gehen sollte, geht auch schnell, weil Themen lange, manchmal auch bis zum letzten Komma ausgehandelt werden.

Dieses Suchen nach Kompromissen, nach dem besten Weg, wird durch autoritäre Bestrebungen als Schwäche und mangelnden Handlungswillen ausgelegt. Auch Deutschland gibt es politische Strömungen, die in den vergangenen Jahren Aufwind bekamen, die die Demokratie als Vehikel ausnutzen, deren eigentliches Ziel aber das Untergraben der Demokratie ist.

Laut des Demokratie-Index von 2021 leben 37,1 Prozent der Weltbevölkerung in einer Diktatur – der Trend ist leicht steigend – und 45,7 % in einer Demokratie. Aber Demokratie ist nicht gleich Demokratie, das kann man auch an den unterschiedlichen und mitunter bereits untergrabenen Demokratien auch bei uns in Europa sehen. Deutschland belegt in diesem Demokratie-Index übrigens Platz 16 von 167 und gehört damit zu den vollständigen Demokratien.

Dennoch, auch wir können uns immer verbessern, aber eines ist sicher, in einer Diktatur leben wir ganz sicher nicht, auch wenn es Leute gibt, die sich hier in einem autoritären Herrschaftssystem wähnen. Wenn man es einmal ganz nüchtern betrachtet, leben wir nicht nur wirtschaftlich, sondern auch mit dem Blick auf unsere garantierten Rechte in einem sehr sehr guten politischen System.

Dass die Stadt nun vorhat, einen Demokratiepreis zu stiften und ihn nach Robert Blum zu benennen, einem der herausragenden Streiter für die Demokratie in Deutschland, halte ich für richtig und angemessen. Robert Blum hat enge Verbindungen nach Leipzig. Ein Großteil seiner politischen Arbeit ging von hier aus. Blum setzte sich unter anderem für Grundrechte und das allgemeine Wahlrecht, also für die Grundfesten jeder Demokratie ein. Er gehörte 1848 dem Vorparlament sowie der Frankfurter Nationalversammlung an und auch ihm und seinem Wirken ist es zu verdanken, dass unsere Stadt ein zentraler Ort der Demokratie geworden ist. Ein Wirken was vielleicht auch eine Grundlage für die friedliche Revolution 1989  war und ihre Kraft in unserer offenen Stadt entfaltet hat.

Zum Lichtfest im Oktober 2021 war der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko unser Festredner und er mahnte uns mit den Worten: „Und auch wenn eine Demokratie einmal aufgebaut ist, müssen wir arbeiten, um sie zu erhalten. Wir müssen ihr Fundament jeden Tag stärken und bildlich gesprochen jeden Stein dieses Fundaments weiter pflegen.“ Er sprach auch von der Konfrontation zwischen Demokratie und Autoritarismus sowie den Versuchen der russischen Führung, die Ukraine in ihren Einflussbereich zu ziehen.

Seine Worte galten und gelten allen Demokratien, denn Demokratie und ihre Werte müssen tagtäglich gegen ihre Feinde verteidigt werden.

Schon seit 2014, aber spätestens seit Ende Februar geht es für die Ukraine nicht nur um die inneren Anstrengungen zum Erhalt der Demokratie. Diese junge Demokratie kämpft jetzt, gerade wo wir hier tagen, um ihr Überleben. Das millionenfache Leid, die Flucht von Millionen Menschen und die Massaker an der Zivilbevölkerung, die es seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gibt, machen das schmerzhaft deutlich. Diese junge Demokratie kämpft auch für unser freiheitliches Europa.

Für den Antrag der CDU-Fraktion den diesjährigen Demokratiepreis bereits vorab an die regimekritische russische Zivilgesellschaft und insbesondere die Demonstrantinnen und Demonstranten die in Russland gegen den Angriffskrieg demonstrieren, zu verleihen, bin ich sehr dankbar und wir werden diesen aus vollster Überzeugung unterstützen. Zeigt er doch, dass auch die Pflanze der Demokratie in Russland trotz Gleichschaltung von Medien, durch Unterdrückung und Ausschalten der Opposition nicht tot ist. Mit der Zustimmung zu diesem Antrag würdigen wir den Mut dieser Menschen. im Gegensatz zu jenen Menschen, die meinen,sie müssten in Deutschland gegen eine „Corona-Diktatur“ demonstrieren oder jetzt mit russischen Fahnen Autokoros  durch deutsche Städte veranstalten und meinen, in Deutschland in einer Scheindemokratie zu leben, setzen sie die Menschen in Russland einer wirklichen Gefahr aus, wenn sie gegen Putin demontrieren.

Wir werden der Vorlage und dem CDU Antrag zustimmen. Vielen Dank!

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

sehr geehrter Herr Leisner, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im BfR,

wie konnte denn das nun wieder passieren? Offenbar sind im ALLRIS einige alte und neue Datenbanken durcheinandergeraten. Ich habe die Vorlage zur Shakespeare-Straße mehrfach neu geladen, aber leider wird mir bis heute der aktuelle Text mit einer Planung, die offensichtlich aus dem Jahr 1992 stammt angezeigt.

Als Stadtrat, der nun schon in der vierten Wahlperiode hier an Bord ist, ist es tatsächlich spannend zu sehen, wie man in den 1990ern Stadtplanung gedacht hat. Damals ging ich noch zur Schule, auf den Straßen fuhren neu gekaufte alte Westautos und schicke Mantas mit Fuchsschwänzen an den Antennen. Plötzlich wurde überall in der Stadt wild geparkt, das neue schicke Westauto brauchte Platz. Verkehrsregeln galten eher erstmal weniger. Damals hat sich für uns als Kinder viel geändert, plötzlich konnten wir nicht mehr auf Nebenstraßen in den Wohngebieten spielen, die mit Kreide auf die Straße gemalten Himmelhöllen verschwanden und zum Radfahren mussten wir in den Park. Ja, so war das und so hat sich das in den letzten 30 Jahren leider verfestigt.

Wenn ich jetzt diese alte Planung sehe, verstehe ich auch, wie es soweit kommen konnte, dass heute eben in Wohngebieten keine Kinder mehr allein auf dem Fußweg, den Plätzen spielen können oder um die Häuser ziehen und Vermieter auch in Nebenstraßen Schallschutzfenster einbauen müssen.

Diese Planung ist ein einziger Flashback in die 1990er Jahre.

Herr Leisner, ich weiß natürlich, dass das BfR nicht verantwortlich ist. Das macht die Situation aber leider nicht besser, ganz im Gegenteil: Diese Vorlage macht mich sprachlos und ratlos!

Ich zitiere aus den strategischen Zielen aus der Vorlage:  „Eine qualitätsvolle, ausgewogene Innenentwicklung umfasst die Sicherung, Entwicklung und Qualifizierung der öffentlichen Räume, um die Lebensqualität in den bestehenden Quartieren zu erhalten und weiter zu verbessern. Ziel ist die Umweltqualität in Leipzig zu verbessern, indem u.a. Lärmbelastung, Schadstoffemissionen sowie gesundheitliche Belastung durch Überwärmung reduziert werden und ein nachhaltiger Beitrag zur notwendigen Anpassung an den Klimawandel geleistet wird.“

Soweit so gut, das klingt sehr vielversprechend, genau das verlangen wir auch von Investoren, die neue Quartiere entwickeln: Sie sollen verkehrsberuhigt, mit viel Grün und hoher Aufenthaltsqualität bauen.

Liest man die Vorlage weiter wird aber schon bei der Beschreibung der Maßnahme deutlich, dass hier zwischen Anspruch und Wirklichkeit gewaltige Lücken klaffen: „Bei der Shakespearestraße handelt es sich um eine Straße innerhalb von Tempo-30-Zonen. Radabstellanlagen und Straßenbäume sind bisher nicht vorhanden. Die Shakespearestraße besitzt im Straßennetz der Stadt Leipzig eine untergeordnete Funktion als Anliegerstraße. Die baulichen und ausstattungstechnischen Bedingungen lassen Mängel bezüglich der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer und der Verkehrsqualität erkennen.“

Herr Dienberg ich habe viele Frage und bin sehr unzufrieden.

Warum bitte muss eine Anliegerstraße mit untergeordneter Funktion mitten in einem dicht bebauten Wohngebiet zweispurig ausgeführt werden?

Warum ist mitten im Wohngebiet eine Straßenbreite von über 4,75m notwendig?

Warum wird eine Anliegerstraße mit untergeordneter Funktion in einer Tempo-30-Zone nicht als Einbahnstraße angelegt?

Ich lebe seit über 40 Jahren in diesem Viertel – niemand muss mit dem Auto oder gar LKW mitten durch das Wohngebiet von der Bernhard-Göring-Straße zur Karl-Liebknecht-Straße fahren.

Warum kann die Aufenthaltsqualität mitten im Wohngebiet nicht als verkehrsberuhigte Zone erhöht werden?

Warum kann nicht ein Spielplatz oder eine wenigstens eine Spielfläche gebaut werden – Platz ist genug?

Warum werden nicht Freiflächen auch für Gastronomie mit eingeplant?

Wo sind die öffentlichen Fahrradgaragen?

Warum wird nicht eine Fahrspur zur Grünfläche mit Sitzbänken und Beeten umgebaut?

Ich könnte jetzt noch lange weitere Fragen stellen. Diese Vorlage ist nicht nur nicht entscheidungsreif, sie ist nicht mal entscheidungswürdig. Statt wirklich einen Schritt zu mehr Aufenthaltsqualität in einem beliebten Wohngebiet zu machen liegt hier nur die Planung für eine neu gepflasterte breite Straße mit etwas Kosmetik vor.

Richtig dreist ist es, diese Vorlage auch noch eilbedürftig vorzulegen. Bitte welche Eile gibt es denn? Diese Planung fällt doch nicht zufällig vom Himmel? Hier wurde doch mit Sicherheit seit Jahren geplant. Diese – in meinen Augen schlechte Planung – sollen wir jetzt mal eben eilbedürftig durchwinken?  Nein!

Herr Dienberg, so geht das nicht. Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie uns eine Planung vorlegen, die in das Jahr 2022 passt. Die die Menschen im Wohnviertel in den Mittelpunkt stellt, die unnötigen Verkehr aus Wohnvierteln heraushält, die den Willen zur Mobilitätswende wenigstens erkennen lässt. Ich möchte eine Planung sehen und diskutieren, in der Anwohner vor ihren Häusern auf dem Freisitz oder auf einer Bank sitzen können, wo Kinder auf der Straße Roller und Rad fahren lernen können, wo Blumenbeete den Straßenrand säumen, wo man nachts das Fenster offen lassen kann und kein Verkehr durch das Wohngebiet rast und und und… Leider ist es Verwaltung mal wieder gelungen, uns vor vollendete Tatsachen zu stellen und, uns mit dem Verweis auf die nur jetzt zur Verfügung stehenden Mittel, diese Planung überzuhelfen und Änderungen nicht mehr zuzulassen. Dem Grünen-Antrag werde ich persönlich zustimmen, auch wenn er nur Kosmetik auf Grundlage der bestehenden Planung ist. Zur Vorlage werde ich mich, wenn dieser durchgeht, enthalten und, wenn der Änderungsantrag nicht durchgeht, werde ich die Vorlage ablehnen.

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir erreichen, dass ein Teil des Geländes der Pachtfläche des Schützenhofes früher an die Stadt Leipzig zurückfällt. Der aktuelle Pachtvertrag läuft bis 2045. Unser Ziel ist es, durch Investitionen im rechts der kleinen Luppe liegenden Teil und damit auch Konzentration des Vereinslebens auf dieser Seite, den links liegende Teil vorzeitig aus dem Pachtvertrag herauszulösen, damit dort eine Renaturierung, gegebenenfalls mit Auwald verträglicher Nutzung, stattfinden kann. Den Antrag der Grünen halten wir leider für Kontraproduktiv, denn er zementiert den aktuellen Zustand und verursacht beim Verein Ängste.

Ein solcher Prozess geht aber nur gemeinsam mit dem Verein „Leipziger Schützengesellschaft“, der Stadt und dem Land. Ohne Investitionen, darunter auch wichtige in den Lärmschutz, wird es keine vorfristige Herauslösung geben und es kann dadurch bis frühestens 2045 nichts renaturiert werden. Die Kosten für die Sanierung hat der Verein in seiner Entwicklungskonzeption auf knapp eine Million Euro beziffert. Das heißt nach unserer aktuellen Sportförderrichtlinie muss der Verein etwa 100.000 Euro tragen, die Stadt 400.000 Euro und das Land 500.000 Euro. Bisher gehen die Investitionen nur schleppend voran.

Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass das Konzept bis spätestens 2030 umgesetzt wird, um den Pachtvertrag für das Gelände links der Kleinen Luppe aufzulösen zu können. Dabei ist unser Antrag nicht als Deadline zu verstehen, sondern als Zielstellung, als Arbeitsauftrag an die Stadt und ein Stück weit auch an das Land, schließlich nutzt auch die Polizei das Gelände. Sollte es etwas länger dauern, steht die Zeit natürlich zur Verfügung, wir wollen jedoch den Druck erhöhen, schließlich kann dort dem Auwald ein Stück Natur zurückgegeben werden.

Damit wäre die Möglichkeit gegeben, der Kleinen Luppe einen natürlicheren Flußlauf zu geben, was sich positiv auf den angrenzenden Auwald auswirkt. Die Stadtverwaltung soll deshalb mit dem Pächterverein über eine vorzeitige Auflösung des Pachtvertrags verhandeln und das Gelände wieder an die Stadt übergeben wird, sobald die Modernisierungsmaßnahmen abgeschlossen sind und der Schießstand nicht mehr genutzt wird. Das Ganze soll möglichst bis 2030 realisiert werden und damit hoffentlich 15 Jahre eher als bisher geplant. Sollte dies gelingen, wäre es ein Win-Win-Situation – für den Sportverein und für den Auwald.

Ich bitte Sie statt dessen natürlich um Zustimmung zu unserer Neufassung.

Vielen Dank!

Redner: Christian Schulze, Stadtrat

Christian Schulze

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen,
lieber Bernd Stracke, lieber Sven Wetzig, lieber Olaf Schubert, liebe Anke Hoffmann,
werte Gäste,

Bernd Stracke sitzt heute hier oben auf der Gästetribüne und vertritt damit auch die anderen Genannten. Das sind die Freundinnen und Freunde von vor fast 40 Jahren, die den Mut hatten vor der Weltöffentlichkeit zur Eröffnung der DOK Film Woche am Kino – Capitol Kerzen zu entzünden und damit für den Frieden zu demonstrieren. Wie wichtig Frieden zwischen den Völkern ist, wird uns gerade jetzt 1000 km östlich vor Augen geführt.  

Ich kam 1981 nach Leipzig und hatte schnell Kontakt zu diesen und anderen jungen Leuten meines Alters in Lindenau und Leutzsch aber auch im Waldstraßenviertel wie auch im besetzten Haus in der Brüderstr. 39, wo wir nach dem montäglichen Friedensgebet in der Nikolaikirche noch zum Tee oder Rotwein zusammenkamen und überlegt haben „wie wir die Welt verändern können“.

Das war die Zeit wo ich mir den Aufnäher „Schwerter zu Pflugscharen“ auf die Jacke nähte und natürlich hoppgenommen wurde, zum Glück nur für drei Stunden.

Die Kerzendemonstranten vorm Capitol hatten dieses Glück nicht. Sie bekamen bis zu zwei Jahre Haft aufgebrummt. Mit etwa 20 Freundinnen und Freunden ließen wir es uns nicht nehmen zum Prozess zu erscheinen. Wir wurden allerding nur zur Urteilsverkündung zugelassen und dann wieder rausgeschickt. Im Anschluss mussten wir erleben, wie Sven, Olaf und die anderen an Knebelketten an uns vorbeigezerrt wurden, so dass kaum eine Verabschiedung von Eltern und Großeltern möglich war. Dieses Bild hat sich mir tief eingebrannt.

An dieser Stelle Dank an Mandy Gehrt und Thomas Kumbernuss für die Antragsidee. Die bisherige öffentliche Berichterstattung allerdings, hat nicht nur die Akteure von damals sondern auch mich geärgert.

Die Erinnerung an die Kerzendemo, die seit 1983 zur DNA der Dokfilm-Woche gehört, aber auch als wichtige Vorläuferin von Rosa-Luxemburg-Demo, Straßenmusikfestival, Pleißepilgerweg, Stattkirchentag (mit Doppel-T) gelten muss, ist wichtig. Wichtig bei der Erinnerung ist aber auch, die Namen der Akteure zu benennen, die für diese Aktion in jungen Jahren mit Gefängnis bezahlt haben.   

Das war der LVZ Anfang März leider nicht gelungen. Mit Foto und permanenter wörtlicher Rede kam in dem Artikel nur der Museumsleiter der Runden Ecke zu Wort. Er mag seine Verdienste haben, aber das stieß mir sauer auf, zumal Akteure von damals ja befragt werden könnten.

Ich freue mich auf eine übergroße Mehrheit für diesen Antrag und auf Ideen für die Umsetzung.  An dieser Umsetzung müssen die Akteure von damals und natürlich auch die heutigen Akteure der Dokfilm-Woche unbedingt beteiligt werden.

Vielen Dank für´s Zuhören.

Rednerin: Anja Feichtinger, stellv. Fraktionsvorsitzende

Anja Feichtinger

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

unsere Stadt wächst und es wird an allen Ecken gebaut. Eine stetige Begleiterscheinung von Baustellen sind Bauzäune. Im Grunde dienen sie lediglich der Baustellensicherung, aber schön anzusehen sind sie nicht und einen – ich nenne es mal – ökologischen Zusatznutzen haben sie auch nicht. Ich erinnere Sie gern an den Bauzaun, der die im Volksmund damals als „Lehmann-Grube“ bezeichnete Baugrube am Petersbogen über Jahrzehnte „schmückte“. Das war im Grunde eine Bretterwand, bei der versucht wurde, zumindest mit farbiger Gestaltung noch etwas zu retten. Es gelang nicht wirklich…

Für solche längerfristigen Baustellenabsperrungen, also bei Baustellen, die mindestens 18 Monate im Stadtbild sichtbar sind, haben wir angeregt, dass dort eine Lösung für begrünte Bauzäune gesucht wird. Einerseits sehen diese besser aus als Absperrungen aus Stahlgeflecht oder eben besagte Bretterwände, andererseits haben solche Bauzäune dann auch noch einen Zusatznutzen, in dem sie temporär mehr Grün in der Stadt schaffen, womit auch die Luftqualität ein Stück weit verbessert und die Feinstaubbelastungen reduziert werden kann sowie ein Kühlungseffekt vor allem in den Sommermonaten einhergeht.

Andere europäische Stadt nutzen solche begrünten Bauzäune bereits. In Wien gehören sie beispielsweise schon heute zum Stadtbild.

Die Stadtverwaltung hat in ihren Verwaltungsstandpunkt vorgeschlagen, auf dem Markt nach verfügbaren Bauzaunsystemen mit positiven Effekten für die Umwelt zu suchen und diese zunächst an geeigneten städtischen Baustellen zu testen. Das entspricht unserer Intention, weshalb wir auch den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung stellen. Auch wenn die Stadtverwaltung in ihrem Standpunkt darauf hinweist, dass ihre Einflussnahmemöglichkeiten bei Bauzäunen, die Dritte, also nicht die Stadt selbst, zu verantworten haben, begrenzt sind, gehen wir dennoch davon aus, dass, sollte der städtische Testlauf für solche Systeme positiv sein, hier dennoch darauf hingewirkt wird, dass auch andere Bauherren solche Systeme nutzen.

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

seit dem morgen des 24.2.2022 ist unserer Welt eine andere. Wie mir geht es sicher einigen von Ihnen. Trotz der der Angriffe auf Georgien, der Annexion der Krim, des Einmarsches in der Ostukraine, des Zerbombens von Aleppo und anderen syrischen Städten, der Einschüchterung, Verschleppung und Ermordung der eigenen Bevölkerung haben wir immer noch auf Diplomatie gesetzt und gehofft die engen wirtschaftlichen Verflechtungen werden Putin davon abhalten nach der kompletten Ukraine zu greifen.

Inzwischen wissen wir, das imperialistische Großmachtsstreben von Wladmir Putin kennt keine Grenzen. Und wir müssen beobachten, wie die europäische Friedensordnung pulverisiert wurde. Der Aggressor sind ausschließlich Putin und sein Umfeld.

Noch im letzten Oktober, zum Lichtfest, mahnte uns Vitali Klitschko, der Bürgermeister unserer ukrainischen Partnerstadt, dass Demokratie immer wieder aufs neue verteidigt werden muss. Jetzt wird diese junge Demokratie angegriffen und uns erreichen fast täglich Hilferufe aus unserer Partnerstadt.

In Folge des Krieges sind inzwischen nach Schätzungen des UNHCRs mehr als 2 Mio. Menschen auf der Flucht. Die meisten noch Binnenflüchtlinge, aber 100.000ende sind bereits in den demokratischen Anrainerstaaten angekommen. Viele sind auch schon Leipzig bzw. auf dem Weg. Grobe Schätzungen gehen von12.000 oder 15.000 Geflüchteten aus, die nach Leipzig kommen werden bzw. bereits da sind.

9 Millionen Euro möchte die Stadt im Rahmen einer Soforthilfe in die Hand nehmen, um hier vor Ort die Versorgung der ankommenden Flüchtlinge sicherzustellen, aber auch um direkt in der Ukraine zu helfen. Ich bin der Stadtverwaltung dankbar, dass sie mit dieser Vorlage nicht nur Mittel bereitstellt, um die Geflüchteten hier vor Ort zu versorgen, sondern auch, um humanitäre Hilfe auf der Achse unserer Partnerstädte von Leipzig über Krakau nach Kiew zu leisten. In diesem Umfang ein Novum, soweit ich mich erinnere. Drei Millionen Euro sollen für Medikamente und sonstiges medizinisches Material sowie Schutzausrüstung und technische Hilfsgüter zur Linderung der humanitären Lage in der Ukraine zur Verfügung gestellt werden. Das ist gelebte Städtepartnerschaft auch in schwierigsten Zeiten.

Auch hier vor Ort wird Solidarität groß geschrieben. Unzählige Freiwillige bieten Schlafplätze an, empfangen und geben Geflüchteten Hilfe am Bahnhof, holen sie aus den Grenzregionen zur Ukraine ab, sammeln Spenden, begleiten zu Behördenterminen und vieles mehr. Krieg bringt das Schlimmste im Menschen hervor, aber scheinbar auch das Beste. Vielen Dank an alle, die sich engagieren. Ohne diese Hilfe könnte die Stadt, könnten wir, die aktuelle Situation nicht bewältigen.

Auch wenn einige der Ehrenamtlichen vielleicht das Gefühl haben, es geht in den Behörden alles zu langsam, so wird auch hier beachtliches geleistet. Sozialamt, Gesundheitsamt, Kliniken, Branddirektion, Ordnungsamt, Einwohnermeldeamt, Ausländerbehörde, Schulamt, Jugendamt und viele mehr arbeiten Hand in Hand.

Inzwischen wurden hunderte neue Plätze geschaffen, Hallen als Notschlafstellen umfunktioniert, Hotels und andere Unterbringungsobjekte angemietet, so dass bisher niemand auf der Straße schlafen musste. Die Unterbringung wird die Stadt aber auch die Träger Einrichtungen wie DRK, ASB oder Johanniter auch in den nächsten Wochen und Monate vor enorme Herausforderung stellen.

Parallel dazu hat die Stadt in wenigen Tagen ein Ankommenszentrum quasi aus dem Boden gestampft. Bis zu 100 bis 200 Personen können dort täglich registriert werden. Das ist noch zu wenig, um zügig auch die zu registrieren, die bereits bei Privatpersonen in Leipzig untergekommen sind. Die Kapazitäten müssen daher weiter aufgebaut, digitale Terminvergabe realisiert und das Online-Vorabausfüllen der Dokumente ermöglicht werden. Dennoch wird mindestens in den nächsten zwei Wochen noch zu Engpässen kommen.

Es mag der Eindruck entstanden sein, ehrlicherweise auch bei mir, dass in der Verwaltung nur bis 16 oder 17 Uhr gearbeitet wird. Ich konnte mich aber davon überzeugen, dass dies nicht stimmt. Auch gestern war im Ankommenszentrum nach 19 Uhr, als mein Ausschuss vorbei war, noch Betrieb und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialamts haben Geflüchtete aus der Ukraine registriert.

Daher auch meine Bitte an alle, die bereits Geflüchtete untergebracht haben, wenn sie die Möglichkeit haben, noch ein, zwei Wochen bis zur Registrierung zu überbrücken, bitte geben sie der Stadt die Möglichkeit, die Kapazitäten aufzubauen, auch wenn ich weiß, dass das viel verlangt ist, da sie bereits Großartiges leisten.

Putin hat in der Vergangenheit immer versucht Europa zu spalten und hat bewusst europakrische Parteien unterstützt. Aktuell hat er das Gegenteil erreicht, Europa steht zusammen, wie lange nicht mehr, und das nicht nur bei den Sanktionen, sondern auch wenn es darum geht, Geflüchteten Schutz zu bieten.

Ich bin daher überzeugt, gemeinsam wird es Europa gelingen, die Folgen des Krieges zu bewältigen, sei es bei der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten oder seien es die wirtschaftlichen Folgen.

Wenn wir jetzt konsequent den Ausbau der regenerativen Energien vorantreiben und massiv in die Forschung im Bereich Wasserstoff investieren und damit unabhängiger von despotischen Staaten werden, gemeinsame Außenpolitik betreiben und wenn wir den neu gewonnenen Zusammenhalt bewahren, Demokratie und Freiheit fördern, bleibt Europa auch als Union gestärkt. Ein starkes Europa ist auch ein Garant dafür, dass Putin nicht nach weiteren osteuropäischen Staaten greift. Vielleicht erleben wir, wie es einige Kremlkritiker bereit beschreiben, tatsächlich den Niedergang von Putins Herrschaft, auch und gerade weil viele Ukrainer auch die Werte Europas verteidigen und immer mehr Menschen in Russland unter großen Gefahren gegen den Angriffskrieg auf die Ukraine demonstrieren. Die Antikriegsallianz ist größer und geschlossener als es Putin erwartet hat.

Heiko Bär

Redner: Heiko Bär, Stadtrat und Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Digitales

Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Dr. Leonhardt, sehr geehrter Herr Laguna,
meine Damen und Herren,

wir haben ein gelungenes Thema zu unserer wirtschaftspolitischen Stunde gefunden. Innovationen sind tatsächlich ein Schlüssel, um globale Herausforderungen unseres Planeten und der Menschheit bewältigen zu helfen:

  • Sie können beim Klimaschutz und Anpassung an Klimawandel helfen.
  • Innovationen können zu einer sicheren, preiswerten Energieversorgung beitragen, ein ganz aktuelles Thema.
  • Innovationen helfen uns, aus Müllbergen Ressourcenberge zu machen oder die Ernährung, Gesundheit und Bildung von 8 oder bald 10 Milliarden Menschen zu ermöglichen.
  • Wir haben sogar direkt hier in Leipzig, in der Baumwollspinnerei Unternehmen, die (unter anderem) darüber nachdenken, wie Künstliche Intelligenz Gewalt zwischen Menschen, vielleicht irgendwann sogar Kriege, verhindern kann.
  • Und Innovationen können helfen, Debatten über Postwachstum überflüssig zu machen und globale Herausforderungen mit Wachstum und Wohlstand zu verbinden.

Und auch wenn die meisten Innovationen von kleinerer Dimension sind und nicht gleich eine Sprunginnovation sind, so lohnt es sich, für Innovationen aufgeschlossen und optimistisch zu sein. Optimistisch heißt dabei nicht blauäugig oder weltfremd. Denn das Scheitern von Ideen und Projekten gehört dazu. Und eine politische und gesellschaftliche Kultur, die weniger Angst vor und weniger Häme und Besserwisserei zum Scheitern hat, ist deutlich innovationsfreundlicher.

Und wie können wir konkret in Leipzig ein innovationsfreundliches Klima befördern?

(1) Innovationsfreundliche Verwaltung und Politik

Herr Laguna, Sie haben in einigen Interviews über die Herausforderungen Ihrer Agentur mit Ministerien, mit Jahresscheibendenken im Bundeshaushalt oder dem Rechnungshof bei übertariflicher Bezahlung berichtet. Aber auch Politik und Verwaltung in Leipzig machen Innovatoren mit Vorschriften und Bedenken das Leben eher schwerer, statt sie zu unterstützen. Hier müssen wir bereits in unserer Mentalität dazu besser werden. Wir müssen z.B. darauf eingestellt sein, dass es immer wieder neue Lösungen, Konzepte und Ideen gibt, für die kein vorgesehener Paragraph oder Unterpunkt in einer Sondernutzungssatzung existiert und die trotzdem ermöglicht werden müssen. Es geht dabei nicht darum, den jeweils vorgegebenen Rechtsrahmen zu überschreiten. Aber wir können uns in ihm als Ermöglichungs- anstatt Verhinderungsstadt für Innovationen verstehen.

Herr Laguna, Sie berichteten z.B. auf Ihrer Internetseite über einen Leipziger Ingenieur, der eine Höhenwindanlage fürs Binnenland auf über 200 Meter hohen, drehbaren Türmen entwickelt hat. Ich würde mir wünschen, dass es uns gelingt, die erste Anlage zu dieser Entwicklung aus Leipzig auch auf dem Gebiet der Stadt Leipzig zu bauen. Und bitte lassen Sie uns das BauGB dann dafür verwenden, zu sagen, wie es geht, und nicht dafür, wie es nicht geht. Wir müssen als Politik und Verwaltung solche Projekte ermöglichen helfen und Verhinderungslogiken abstellen.

(2) Innovationsorientierung in Clusterförderung und Mittelstandsförderprogramm

Wir haben mit der Clusterförderung und dem Mittelstandsförderprogramm bereits Instrumente, um Innovationen zu unterstützen. Hier ist insofern regelmäßig zu prüfen, inwieweit die Mittel wirken und tatsächlich Innovatoren weiterhelfen. Die Aufträge dafür hat der Stadtrat erteilt, die Ergebnisse sollen dieses Jahr vorliegen. Als SPD-Fraktion werden wir bei diesen anstehenden Evaluationen weiter auf die zielgerichtete Innovations- und Wachstumsorientierung achten.

(3) Gründungs-, Forschungs- und Innovationszentrum

Das Smart Infrastructure Hub in Leipzig soll die Stadt zu einem Standort der Transformation von Forschungsergebnissen in reale Wirtschaft werden lassen. Das Forschungsnetzwerk der Leipziger Hochschulen und der Risikokapitalfonds sind bereits bestehende Säulen des Hubs. Eine zentrale Säule fehlt aber noch, nämlich das Gründungs-, Forschungs- und Innovationszentrum mit der Erweiterung des Leipziger SpinLabs. Hier ist leider viel Zeit verloren gegangen. Lassen Sie uns deshalb nach den sorgsamen Verhandlungen zum Ankauf der Immobilie, alles unternehmen, um zumindest unsererseits diesen zentralen Kern der Innovationsfähigkeit des Standorts Leipzig ohne weitere Verzögerungen umzusetzen.

(4) Entwicklung der EnergyCity

Sie wissen, dass im Rahmen der Energiewende der Bund mehrere Milliarden Euro zum Strukturwandel bereit gestellt hat. Davon fließt auch einiges nach Leipzig und in die Region. Die Begehrlichkeiten sind groß, wir haben ja im Rahmen der zugehörigen Vorlage dazu diskutiert. Im Sinne unseres heutigen Themas ist aber noch einmal festzuhalten, dass ein Technologie- und Gewerbezentrum für innovative Energiesysteme, kurz „EnergyCity“ höchste Priorität genießen muss.

Herr Oberbürgermeister Jung und Herr Schülke, wir machen Ihnen Mut, im Regionalen Begleitausschuss zur Verteilung der Strukturfördermittel für die EnergyCity zu kämpfen, und zwar so wie es für Leipziger Löwen würdig wäre!

(5) MINT-Orientierung in der Ausbildung

Die MINT-Fächer sind entscheidend für Innovationsfähigkeit, sind aber leider auch eine gewisse strukturelle Schwäche in der Region Leipzig. Wir unterstützen deshalb jede Initiative zur Berufsorientierung zugunsten der MINT-Fächer, die Stärkung der Berufsschullandschaft in der Region und die MINT-Orientierung unserer Hochschulen. Dazu werden wir die Unterstützung unserer Landespolitiker brauchen und ich bitte alle hier vertretenen Fraktionen, dabei mitzuhelfen.

(6) Innovationsfreundliches Bestandspflegekonzept

Ich sehe schon bildlich vor mir: Wenn ich „Bestandspflegekonzept“ sage, rollen wieder viele Augen im Amt für Wirtschaftsförderung. Aber ja: Wir reden viel über Gründungen und Forschung, beschäftigen uns mit Vorlagen zu Neuansiedlungen und so weiter. Aber wichtige, ungehobene Schätze für Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit lagern in den Bestandsunternehmen. Es mag dabei oft am Willen und am Mut für Innovationen fehlen, aber nicht weniger oft an schwierigen Voraussetzungen. Und hier erwarten wir, dass diese systematisch erkannt und angegangen werden. Frau Dr. Leonhardt hat auf einige Fördermöglichkeiten hingewiesen. Diese müssen aber auch bei den Unternehmen ankommen. Wir wollen deshalb in dieser Legislaturperiode ein Bestandspflegekonzept im Rat und im Amt für Wirtschaftsförderung durchsetzen, welches auch (aber nicht nur) die Innovationsfähigkeit der Bestandsunternehmen in den Blick nimmt.

Wir laden Sie ein, mit uns gemeinsam für die Umsetzung dieser 6 genannten Punkte zu streiten. Vielen Dank dafür und für die Aufmerksamkeit!