Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Rednerin: Anja Feichtinger, Stellv. Vorsitzende der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste!

Die SPD-Fraktion begrüßt den Vorschlag der Verwaltung, die Zeitschienen zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie zu präzisieren. Wir hoffen, dass die genannten Umsetzungszeitpunkte nunmehr realistisch und belastbar sind.

Anja Feichtinger

Die notwendige Beschleunigung der LVB-Maßnahmen auf zahlreichen Hauptachsen soll garantieren, dass die bestellten neuen Straßenbahnen – mit größerer Breite und somit größerem Volumen für Fahrgäste – auch auf die Schiene gestellt werden und umgehend losfahren können. Mit den neuen Bahnen verbessert sich der Komfort für die Nutzer und Nutzerinnen und wir hoffen, dass die neuen Bahnen dann z.B. auch über Wlan verfügen, wie vor zwei Jahren von der Verwaltung angekündigt.

Wichtig ist uns, dass trotz beschleunigtem Verfahren – Stichwort: Fokusprojekte – die örtlichen Vertreter in den Stadtbezirksbeiräten, wie auch wir Stadträte im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau bzw. im zeitweilig beratenden Ausschuss Verkehr gehört und beteiligt werden. Die Planungsphase 0 möchten wir daher mit einer Protokollnotiz festhalten, wie mit Bürgermeister Dienberg und dem Leiter des Verkehrs- und Tiefbauamtes, Herrn Jana, besprochen. Letztendlich muss es ja auch im Sinne der Stadtverwaltung sein, dass ihre Komplexmaßnahmen im Bereich Verkehr, eine möglichst hohe Akzeptanz in der Stadtgesellschaft und speziell bei den betroffenen Bürgern vor Ort erhalten.

Die Änderungsanträge wurden gestern im FA S+B und gerade von Herrn Dienberg aus unserer Sicht nachvollziehbar analysiert und unsere Fraktion wird den Verwaltungsstandpunkten hier folgen. Der Vorlage wird die SPD-Fraktion zustimmen.

Rednerin: Christina März, Stadträtin

Christina März

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Kulturbürgermeisterin Dr. Jennicke,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

Unsere Stadt hat eine reiche historische und kulturgeschichtliche Tradition, die die Identität Leipzigs bis heute prägt. Würde ich hier eine kleine Umfrage starten, dann würden wir wahrscheinlich einige historische Ereignisse und Persönlichkeiten sehr häufig hören, so z.B. die Friedliche Revolution, die Völkerschlacht, Johann Sebastian Bach, Robert Schumann und vieles mehr. Als Sozialdemokratin wäre natürlich in meiner Top Ten auch die Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins im Jahre 1863.  

Das Erinnerungspolitische Konzept ist nun ein erster Rahmen, der es ermöglichen soll, an mannigfaltige Ereignisse zu erinnern. Dies aber ohne, dass die Stadtverwaltung in einem engen Korsett selbst überall in der organisatorischen Verantwortung steht. Im Gegenteil – wir wollen auch die ehrenamtlichen Vereine stärken, die bereits auf diesen Feld unterwegs sind.

Und was mir besonders wichtig ist: Wir wollen vor allem den Kanon der Ereignisse und Persönlichkeiten, an die in dieser Stadtgesellschaft erinnert wird, vergrößern. Vergessene Persönlichkeiten – leider oftmals Frauen – und historische Ereignisse oder Begebenheiten der Alltagsgeschichte sollen auch einen Platz finden, um auch ein vielfältiges und damit vor allem ein realistisches Bild unserer Geschichte zu zeigen. 

Aus unserer Sicht ist es nicht sinnvoll, Jahrestage, Gedenkprogramme und vor allem die Formen des Erinnerns auf Ewigkeiten in Stein zu meißeln. Es soll kein ritualisiertes Gedenken entstehen, das irgendwann allenfalls eine leere Hülle ist und die Menschen nicht mehr abholt. Wir wollen aber auch keine Disneysierung unseres Gedenkens und Erinnerns, weshalb ich die Ansätze im Konzept begrüße, wenn es darum geht, Beteiligungsverfahren zu etablieren und wissenschaftliche Expertise einzuholen. Es ist der richtige Weg, sich immer wieder zu hinterfragen, ob die Art des Gedenkens noch die ist, die die Menschen anspricht.

Für das Erinnern ist es wichtig, die Zielgruppen zu erkennen, an die sich die verschiedenen Teile der Leipziger Erinnerungskultur richten. Warum das so ist, zeigten unter anderem die Diskussionen beim ersten Anlauf für das Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig. Es gab damals kritische Stimmen von Menschen, die den Herbst 1989 miterlebt haben, weil sie den Ort, also den Leuschner-Platz, für genauso unpassend hielten wie die Art des Denkmals. Aus Sicht der Zeitzeugen ist das durchaus nachvollziehbar. Aber wer sind die Adressaten dieses Gedenkens? Aus meiner Perspektive sind es vor allem jene Menschen, die diese Zeit nicht selbst miterlebt haben, weil sie schlicht zu jung oder noch nicht geboren waren. Ihnen muss nahegebracht werden, weshalb der Herbst `89 und die Friedliche Revolution ein integraler Teil der Identität unserer Stadt sind. Um die Erinnerung an den Mut der Menschen, die sich dem SED-Regime entgegengestellt haben, wach zu halten und damit auch gleichzeitig klar zu machen, weshalb es wichtig ist, sich immer wieder für die Demokratie und für Menschenrechte einzusetzen, müssen wir diese Menschen auch erreichen. Das beugt im Übrigen auch manch einem Versuch vor, eine beschämende Umdeutung der Geschichte und des Gedenkens zu unternehmen. Ich erinnere mich an Versuche, die Friedliche Revolution und die Montagsdemonstrationen umzudeuten und für eine rückwärtsgewandte Politik als Argumentationsgrundlage nutzbar zu machen.

Auch beim erinnerungspolitischen Konzeptist die Stadt Leipzig wieder Vorreiterin. Wenige deutsche Städte haben sich erst auf den Weg gemacht. Ich möchte dem Dezernat Kultur dafür danken, dass wir nun über das Konzept abstimmen können, auch wenn es auf dem Weg bis hierher ein paar Verzögerungen gab. Persönlich freue ich mich, nun über das Konzept abstimmen zu können, weil mich das Thema nicht nur im Rahmen meines Studiums der Kulturwissenschaften beschäftigt, sondern ich mich auch gefreut habe, dass wir im Rahmen der Verhandlungen zum aktuellen Doppelhaushalt die Gelder zur Verfügung stellen konnten.

Wir haben nun eine Grundlage für die erinnerungspolitische Arbeit, die wir in den nächsten Jahren sicher noch anpassen und ergänzen können. Ich finde es gut, dass das Konzept offen strukturiert ist und eben nicht eine zementierte Erinnerungskultur vorschreiben möchte, sondern die Vielfältigkeit und die Eigenarten der Anlässe und Gedenkformen berücksichtigt, wir aber dennoch das Stückwerk der vergangenen Jahre hinter uns lassen. Meine Fraktion wird der Vorlage zustimmen, dem Änderungsantrag der Grünen hingegen nicht.

Vielen Dank!

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

ich habe Freunde in Israel. Freunde, die wochenlang, manche monatelang gegen die Regierung Netanjahus auf die Straße gegangen sind. Israelische Freunde, die für Verständigungen zwischen Arabern, Palästinensern, Muslimen, Juden und Christen geworben haben. Freunde, die bereits in der Vergangenheit regelmäßig in den Schutzräumen waren, wenn die Hamas Raketen auf Israel abgefeuert hat. Freunde, die mir berichten, dass es kaum jemanden gibt, der nicht mindestens eines der über 1.200 Opfer des Terrorangriffs der Hamas vom 7.10.2023 kennt. Unter den Opfern sind auch Menschen aus unserer Partnerstadt Herzliya, die u.a. auf einem Festival feierten.

Ich habe israelische Freunde, die das sozialistische Kibbuz Be’eri in der Nähe des Gazastreifens kennen.  Ein Kibbuz, welches einen Fond für Bewohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens aufgebaut hat. Ein Kibbuz, das für Verständigung stand, wo Menschen aus Gaza arbeiteten. Ein Kibbuz, in dem 130 Männer, Frauen, Kinder, Babies und damit 10 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner von etwa 70 Terroristen abgeschlachtet wurden. Denen die Kopfhaut abgezogen wurde, die erschossen mit Stacheldraht zusammengebunden und angezündet wurden. Kinder, die vor den Augen ihrer Eltern gequält und hingerichtet wurden. Die Terroristen der Hamas haben diese Taten gefilmt und an Familienangehörige der Opfer verschickt. Sie haben Geiseln vom zweijährigen Kind bis zur Rentnerin genommen, Frauen vergewaltigt, schwer misshandelt und die Entführten unter Jubel im Gaza zur Schau gestellt.

Die Terroristen wollten töten. Ihnen waren die Menschen egal. Sie haben ganz bewusst und gezielt keine Rücksicht genommen auf zivile Opfer, auf Babies, Kinder, Frauen und alte Menschen. Nach einem solchen Terrorakt, dem massivsten Zivilisationsbruch gibt es kein „Ja, aber“, kein Relativieren!

Insofern erfüllt es mich mit Entsetzen, dass der Terrorrangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 nicht gesamtgesellschaftlich, partei- und religionsübergreifend von allen „ohne Wenn und Aber“ verurteilt wird. Stattdessen müssen wir erleben, dass dieser menschenverachtende Terrorangriff auch in Deutschland von Islamistinnen und Islamisten bejubelt wird und auf den Straßen zur Feier Süßigkeiten verteilt werden. Wir müssen erleben, dass dieser Terrorakt zwar verurteilt wird, aber im nächsten Moment durch ein „ja, aber Israel hat“ oder „ja, aber die Juden haben doch“ relativiert wird.

In der Vergangenheit haben wir vor allem einen Antisemitismus von rechts erleben müssen. Auf diesen waren 90 Prozent der antisemitischen Straftaten zurückzuführen. Seit dem 7.10. müssen wir erleben, wie sich islamistischer und linker Antisemitismus Bahn brechen. Wir erleben, wie das Existenzrecht Israels auf so genannten propalästinensischen Demonstrationen in Frage gestellt oder verneint wird. Wir werden Zeugen, wie Jüdinnen und Juden noch weniger als zuvor öffentlich zu ihrem Glauben stehen können, weil sie Angst haben, eine Kippah zu tragen oder hebräisch zu sprechen.

Wir müssen auch feststellen, wie tief israelbezogener Antisemitismus auch in Leipzig wirkt. Israelbezogener Antisemitismus liegt vor, wenn an den einzigen jüdischen Staat andere Maßstäbe angelegt werden, als an alle anderen Länder dieser Welt.  Israelbezogener Antisemitismus liegt vor, wenn Israels Recht auf Selbstverteidigung in Frage gestellt wird. Es ist israelbezogener Antisemitismus, wenn die berechtigte Selbstverteidigung Israels gleichgesetzt wird mit den schrecklichsten Taten der Menschheit, der Shoah oder Genoziden an anderen Völkern.

Zu unterscheiden ist davon übrigens die Kritik an Regierungen, die selbstverständlich auch an der israelischen, wie an jeder anderen Regierung zulässig ist. Kritik, die an vielen Punkten wichtig und geboten ist. Kritik, wie sie im Übrigen zu 100.000enden von den Israelis selbst geübt wurde und wie sie auch die ehemalige Bürgermeisterin unserer Partnerstadt Herzliya geübt hat, indem sie mit der erneuten Vereidigung von Netanjahu von ihrem Botschafteramt in Paris zurückgetreten ist, da sie für diese Regierung nicht tätig sein wollte.

Es ging mir nah, als auf einer Kundgebung am 9.11.2023 die Namen der 242 durch die Hamas Entführten verlesen wurden. Mir treibt es auch die Tränen in die Augen, wenn ich das furchtbare Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen sehe. Das ist Leid, das durch die Hamas verursacht wurde und wird. Denn alles wird knapp im Gazastreifen, Lebensmittel, Wasser, Strom, Medikamente, Benzin, aber die Raketen der Hamas scheinbar nicht. Für die Hamas spielen die Belange der zivilen Bevölkerung des Gaza-Streifens keine Rolle. Das Gegenteil ist der Fall: zivile Opfer sind Teil ihres Kalküls. Die Situation im Nahen Osten macht traurig und wütend. Auch wenn es in weiter Ferne scheint: Ich wünsche mir Frieden für die Menschen im Nahen Osten, ich wünsche mir eine Zwei-Staaten-Lösung. Diese wird nur ohne die Hamas gehen und auch nur wenn die Länder der Region dieses Ziel gemeinsam verfolgen.

Die Hamas hat einen Krieg entfesselt, der begleitet von Demonstrationen auch die Sicherheit von Israelis sowie Jüdinnen und Juden in Deutschland, auch in unserer Stadt Leipzig, gefährdet. Israelische und jüdische Einrichtungen und Geschäfte müssen wieder verstärkt geschützt werden. Unsere jüdischen und israelischen Freundinnen und Freunde, unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in Leipzig haben Angst. Wir spüren diese Angst und wir nehmen sie ernst. Dass wie sie ernst nehmen, müssen wir jedoch noch stärker zeigen: Durch unsere Anteilnahme, durch ein deutliches Bekenntnis zum Miteinander, durch eine klare unmissverständliche Verurteilung des Terrors der Hamas, ganz ohne “ja, aber“. Denn für die Verbrechen der Hamas gibt es keine Relativierung!

Ich bin 1979 geboren. Ich trage keine Schuld an den Verbrechen der Nazis, an der Shoa. Aber ich trage Verantwortung. Verantwortung dafür, dass so etwas wie die Shoa nie wieder passiert. Deshalb setze ich mich ein: gegen Diskriminierung, gegen Rassismus und gegen Antisemitismus.

Ich verurteile Antisemitismus, wenn er von rechts kommt, z.B. durch die Relativierung der NS-Vergangenheit, wie sie die AfD regelmäßig betreibt, oder durch den Anschlag auf die Hallenser Synagoge am 9.10.2019. Aber ich verurteile Antisemitismus auch und erhebe meine Stimme, wenn Antisemitismus – getarnt als „Israelkritik“ in Worten und Taten – von islamistischer oder linker Seite kommt.

Wenn wir es ernst meinen, Antisemitismus nicht zu dulden, dann gilt das für alle Formen des Antisemitismus: Egal, ob er israelkritisch daherkommt, islamitisch, rechtsextrem oder links geprägt ist.

Nur dann meinen wir es ernst mit „Nie wieder“. Denn „Nie wieder“ ist jetzt!

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender und sozialpolitischer Sprecher

Es gilt das gesprochene Wort!

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, verehrte Stadträtinnen und Stadträte, werte Gäste,

mit unserer Anfrage zur Entwicklung der Vergabe von Plätzen in kommunalen Kindertagesstätten sowie jenen in freier Trägerschaft aufgeschlüsselt nach Betreuungsverträgen, Integrationskindern und Kindern mit Migrationshintergrund wollte unsere Fraktion prüfen, ob sich bestimmte Eindrücke bestätigen.

Erstens, der Eindruck, dass Kitas in kommunaler Trägerschaft Betreuungsvereinbarungen nach tatsächlich genutzter Stundenzahl vergeben und deshalb weit weniger Verträge über 45h pro Woche abschließen. Der direkte Vergleich der Zahlen zeigt: nur 47% der Verträge wurden in kommunalen Kitas über 45 h/Woche abgeschlossen, bei den freien Trägern waren es hingegen über 75 %.

Es ist zu hinterfragen, ob Kinder in Kitas in freier Trägerschaft tatsächlich länger betreut werden müssen oder ob den Eltern in einer Vielzahl der Kitas in freier Trägerschaft ausschließlich 45h oder 40 h pro Woche-Verträge angeboten werden. Zunächst muss jede Kita den Eltern die Möglichkeit geben, einen Betreuungsvertrag mit der Höhe der Stundenzahl abzuschließen, wie sie die Eltern tatsächlich benötigen. Es ist sicherzustellen, dass allen Eltern das Wunsch- und Wahlrecht in jeder Kita zugestanden wird.

Wie allgemein bekannt, zählen aber aufgrund des Betreuungsschlüssels des Landes ausschließlich Verträge ab 45h/Woche als voll anzurechnende Betreuungsverträge. Die Anzahl der abgeschlossenen 45h/Woche-Verträge pro Kita haben somit erhebliche Auswirkungen auf die Höhe der zugeteilten Personal- und Sachkosten pro Kita. Hier muss nach tatsächlich geleisteten Stundenzahlen verteilt werden.

Zweitens, der Eindruck, dass kommunale Kitas viel mehr Integrationskinder sowie Kinder mit Migrationshintergrund betreuen. Gerade bei Kindern mit Migrationshintergrund geht die Schere weit auseinander. 2022 wurden knapp 29% von ihnen in Kitas in freier Trägerschaft betreut, während die kommunalen Kitas 70% der Kinder betreuten.

Der Segregation in Kindertagesstätten muss aber entgegengewirkt werden, wir wollen eine soziale Durchmischung der Kinder in allen Leipziger Kitas. Nur so kann Integration wirklich gelingen. Zudem bedeuten die derzeitigen Zahlen eine höhere Arbeitsbelastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der städtischen Kindergärten, da sie mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert sind, die im interkulturellen Zusammenleben entstehen, denn viele Eltern und Kinder mit Migrationshintergrund sprechen kaum Deutsch.

In der vorliegenden Neufassung unseres gemeinsamen Antrags mit der Linken-Fraktion fordern wir deshalb entsprechende durch die Verwaltung erarbeitete Handlungsrichtlinien. Diese müssen gewährleisten, dass alle Erzieherinnen und Erzieher, unabhängig davon, ob sie in einer Kita in kommunaler oder freier Trägerschaft oder eines städtischen Eigenbetriebes arbeiten, einem ähnlichen Arbeitspensum ausgesetzt sind und den Eltern das Wunsch- und Wahlrecht zusteht. Auch braucht es dringend Weiterbildungsangebote für die Erzieher und Erzieherinnen, die Kinder mit Migrationshintergrund betreuen.

Wir übernehmen in weiten Teilen den Verwaltungsstandpunkt, fordern aber mehr Transparenz bei der Ausarbeitung der Kita-Grundsatzvereinbarung. So soll den aufgrund unserer Anfrage aufgeführten Missständen –  der Sicherung des Wunsch- und Wahlrechts bei der Betreuungszeit sowie der Segregation der Kinder – entgegengewirkt werden.

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

Christopher Zenker
Christopher Zenker

die ausreichende finanzielle Unterstützung, insbesondere für förderfähige Investitionen unserer Sportvereine war und ist der SPD-Fraktion ein wichtiges Anliegen, eine Herzensangelegenheit. Dies haben wir auch im Haushalt mit entsprechenden Anträgen bereits deutlich gemacht.

Gemeinsam mit den Kollegen der Linksfraktion und kurzfristig auch mit dem Olympiasieger und Stadtrat Jens Lehmann hatten wir daher einen Antrag im Oktober eingereicht, damit die investive Sportförderung zur Sicherung von Fördermitteln des Freistaats Sachsen und zur Abfederung von Mehrkosten bei den durch die Sportvereine getätigten Investitionen in 2023 um 1,5 Millionen Euro erhöht wird. Hintergrund ist, dass der Freistaat Sachsen – vertreten durch die Sächsische Aufbaubank – anders als in den Vorjahren, mehr Projekte zur Förderung in Leipzig vorgesehen hat, als durch das kommunale Budget zur investiven Sportförderung finanziert werden können. Unsere Forderung war daher, dass die Stadtverwaltung zusätzliche Mittel bereitstellt, um die Mittel für weitere fünf größere, geplante Baumaßnahmen von Sportvereinen abrufen zu können und Mehrkostenanträge für begonnene Baumaßnahmen abzudecken.

Das Thema haben wir auch häufig im Sportausschuss erörtert und nachgefragt, wieviel Geld notwendigerweise bereitgestellt werden muss, um die Fördermittel möglichst vollständig abrufen zu können. Hier hätten wir, ehrlich gesagt, etwas mehr Initiative von der Verwaltung erhofft. Wir sind aber jetzt froh, dass der kurzfristige Verwaltungsstandpunkt unseren Antrag weiterqualifiziert. Es sind zwei nur zwei der von uns avisierten fünf Projekte übrig geblieben, da die anderen drei laut Aussage der Stadtverwaltung noch nicht die notwendige Bewilligungsreife haben. Wir holen mit unserem Beschluss noch einmal soviel Geld nach Leipzig, dass wir Turbine Leipzig und dem Verein Leipziger Sportverein Südwest dabei helfen können, zwei große Projekte mit jeweils über einer Million Euro Investsumme zu stemmen. Die Bedarfe und der Investitionsbedarf sind bei den Sportvereinen weiterhin hoch. Jede Maßnahme, die früher umgesetzt werden kann, hilft uns. Vom Freistaat und der SAB erwarten wir dennoch ein transparentes und abgestimmteres Verfahren zur Fördermittelvergabe, denn wie die Auswahl der Förderprojekte des Freistaates zustande kommt, konnten uns die Vertreter im Ausschuss bisher nicht wirklich erklären.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Abstimmung im Sinne des Verwaltungsstandpunktes.

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

ich möchte heute zu den beiden Anträgen meiner Fraktion reden, die sich mit der Erinnerung an das jüdische Leben in Leipzig befassen. Wir sind froh, dass es 85 Jahre nach der Reichspogromnacht, 77 Jahre nach Ende der Nazidiktaur wieder jüdisches Leben in Leipzig gibt. Auch wenn dieses nun, sechs Wochen seit dem Angriff der Hamas und anderer islamistischer Terrorgruppen auf Israel und den damit auch auf in Leipzig lebende Jüdinnen und Juden verbunden Auswirkungen, unter noch höherem Druck steht. Viele Jüdinnen und Juden haben aufgrund dieser Ereignisse und deren Folgen Angst haben. Um so wichtiger ist aktives Erinnern, denn neben dem Wachhalten des Gedenkens zeigt es vor allem auch Solidarität und Emphatie mit den Jüdinnen und Juden, die heute in Leipzig leben.

Es war daher etwas beruhigend für mich, dass am 9. November dieses Jahr viel mehr Menschen unterwegs waren. Stolpersteine geputzt haben sowie Blumen und Kerzen niedergelegt haben. Dieses sichtbare Erinnern schafft Berührungspunkte, schafft Gedenken und hilft, nicht zu vergessen.

Leipzig hatte vor der Machtübertragung an die Nationalsozialisten ein reiches jüdisches Leben mit 13.000 Jüdinnen und Juden. Nach dem Krieg waren es keine 20 mehr. In den 1920er-Jahren gab es in Leipzig die sechst größte jüdische Gemeinde im damaligen Deutschland.

Die jüdischen Friedhöfe, die es in Leipzig gibt, sind ein Zeugnis dieser langen Geschichte. Der erste jüdische Friedhof innerhalb der Leipziger Stadtgrenzen befand sich im Johannistal und wurde um 1814 eingerichtet. Über 50 Jahre blieb dieser Friedhof in Betrieb, bis eine Gesetzesänderung einen Weiterbetrieb unmöglich machte und auf die Bestattungen in der Folge auf einem neuen Friedhof an der Berliner Straße, dem heutigen Alten Israelitischen Friedhof stattfanden. Der erste jüdische Friedhof im Johannistal blieb zunächst erhalten und war ab den 1830er-Jahren von Kleingärten umgeben. 1937 kündigte die Stadt den Pachtvertrag für den ersten Friedhof, beseitigte die Grabsteine, exhumierte die Gebeine und schlug das Areal der umgebenen Kleingartenanlage zu. Wir wollen, dass künftig an diesen ersten Friedhof erinnert wird und freuen uns, dass die Stadt hier schon weiter ist, als wir gedacht hatten. Wir nehmen den Verwaltungsstandpunkt zu Kenntnis und ziehen unseren Antrag hiermit zurück.

Der zweite Antrag befasst sich mit der Erinnerung an die früheren Synagogen und Bethäuser. Um es vorweg zu nehmen, den ziehen wir nicht zurück und der Verwaltungsstandpunkt geht auch nicht in die Richtung, die wir uns vorstellen. Digitale Erinnerung ja, aber bitte nicht als einziges Element, sondern als ergänzender Teil. Zuletzt standen in Leipzig verschiedene beleuchtete Stelen, die an die früheren Synagogen und Gebetshäuser erinnerten. Dieses Projekt war nur temporär angelegt, könnte aber aus unserer Sicht ein mögliches Vorbild für eine dauerhafte Erinnerung an die Orte des Leipziger jüdischen Lebens sein. Anders als der Verwaltungsstandpunkt umreißt, geht es uns nicht unbedingt darum, dieses Projekt 1:1 zu verstetigen – auch wenn das Projekt sehr gelungen war.  Wir wollen, dass überhaupt dauerhaft in einer geeigneten Weise an diese Orte erinnert wird und diese im öffentlichen Raum wahrnehmbar werden. Der Verwaltungsstandpunkt umreißt zudem einige Problemlagen, die einer dauerhaften Lösung im Weg stehen könnten, aber es müssen nicht unbedingt Stelen oder größere Installationen sein, mitunter würden vielleicht auch besondere Gehwegplatten an den Standorten der früheren Synagogen oder Beträume eine Möglichkeit des Erinnern bieten . Ich möchte hier allerdings allzu sehr eingreifen, denn es ist ja der Auftrag an die Verwaltung eine geeignete Form der analogen Erinnerung zu finden. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag für die Erinnerung an ehemalige Synagogen und Bethäuser.

Redner. Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Prof. Dr. Getu Abraham
Prof. Dr. Getu Abraham

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

als wir Ende ‘89 nach Leipzig zum Studium kamen, Koffer auf dem Kopf, kaum 24 Stunden da, auch so ein Glück, landeten wir am Herder-Institut, zum Deutschkurs. Es ging gleich zur Sache.

Vier Wochen später sollte man einen Vortrag über Leipzig in der heimischen Sprache halten – ich hatte ganz schnell begriffen und gelernt, dass Leipzig alles hat: Messestadt, Musikstadt, Universitätsstadt, Kulturstadt, Kunststadt, tolle Stadt – dieser Glanz hat zur Notenverbesserung in der Sprache beigetragen …

Das mit Kultur und Kunst ist hängen geblieben, das mit der Universität ohnehin.

Was die Stadt und die Künstler brauchen, sind Ateliers, also Räume. Wenn meine Recherche stimmt, hat Leipzig pro Einwohner eine Künstlerdichte von rund 0,23%, ist vergleichbar mit Berlin, dort sind es rund 0,22%. Derzeit arbeiten also rund 2200 professionelle bildende Künstler in Leipzig, zählt man das engere Umland dazu, sind es mindestens ca. 2.500. Hinzuzählen muss man jährlich ca. 100 Absolventen aus der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) und mindestens 200 Künstler, die temporär in Leipzig arbeiten.

Die Tendenz ist entsprechend den Daten der Künstlersozialkasse steigend – mit einer durchschnittlichen jährlichen Steigerung aller Künstler von 2%, und mit der jährlichen Steigerung bis zu 8% der bildenden Künstler zu benennen.

Seit Jahren wächst die Bevölkerung in Leipzig, Stadtviertel werden saniert, die Mieten steigen aufgrund der höheren Nachfrage nach Wohnraum und des besseren Sanierungsstandards. Für Künstlerinnen und Künstler stellt sich deshalb die Ateliersuche als immer schwieriger dar. Nicht nur gibt es weniger bezahlbaren Raum in Leipzig, auch werden bestehende Atelierhäuser saniert und im besten Fall mit deutlich höheren Mietpreisen neu an Künstler vermietet. Viele Künstler verlieren so ihre Ateliers oder teilen sie sich gruppenweise zu kleinsten Arbeitsplätzen, da sie die neuen, gestiegenen Mieten nicht mehr zahlen können.

Ein zentraler Faktor für die Verdrängung von künstlerischen Arbeitsräumen liegt, neben der generellen Raumnot, in dem sehr geringen bis nicht vorhandenen Mieterschutz. Im Vergleich zu Wohnraummietverträgen sind Gewerbemietverträge weit weniger bis gar nicht reguliert.

Berlin hat z.B. ein Atelierprogramm und dort erfolgt Kunstproduktion im gemischten Quartier, als Ausdruck der offenen Gesellschaft. Die Gemischte Stadt als vielfältige Stadt kultureller und sozialer Gruppen ist nicht ohne die Vermittlungsrolle zu denken.

Deshalb fordern wir mit unserem Antrag, dass die „gemischten Quartiere“ in Leipzig erhalten bleiben sollen, also, Bestandsschutz für bestehende Atelierräume. Bei Neubauten sollen Ateliers mit geplant werden.. Eine lebendige und kulturell attraktive Stadt braucht bildende Künstler.

Wir bitten um Ihre wohlwollende Zustimmung zu unserem Antrag für die Künstler in Leipzig. Die ÄA der Linken und Grünen Fraktion übernehmen wir. Vielen Dank nochmals an die Kolleginnen Gehrt und Körner für die konstruktive Zusammenarbeit.

Vielen Dank!