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Redner: Professor Dr. Getu Abraham

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Beigeordnete,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates der Stadt Leipzig, meine Damen und Herren,

momentan verbinde ich den Eutritzscher Freiladebahnhof eigentlich nur mit dem TV-Club – der mir übrigens sehr am Herzen liegt, weil ihn meine Kommilitoninnen und Kommilitonen von der „Tierproduktion“ (T!) und der „Veterinärmedizin“ (V!) seinerzeit gegründet haben.

Damals in der Johannisallee, gut gelegen in der Nähe des Friedensparks. Ich kann Ihnen sagen: Das waren dunkle Zeiten!

Prof. Dr. Getu Abraham
Prof. Dr. Getu Abraham

Aber Spaß beiseite: Die Entwicklung des öffentlichen Raums ist die vornehmste Aufgabe der öffentlichen Hand. Sie ist es, weil Sie hier in außerordentlicher und in unmittelbarer Weise Lebensumfelder und damit Lebenssituationen von Menschen beeinflussen kann.

Die Entwicklung des öffentlichen Raums ist deshalb nicht vordergründig eine Frage bloßer Verkehrs- oder Transportinfrastruktur, wie sie sich beispielsweise aus der Schaffung von Flughäfen, Bahnhöfen oder Straßennetzen ergibt.

Die Entwicklung des öffentlichen Raums denkt ganzheitlich und plant vorausschauend. Es geht daher nie allein um das Platzieren öffentlicher Gebäude, die – so wichtig das auch sein mag – lediglich der kulturellen oder sozialen Infrastruktur dienen oder Gebäude, an denen allein die öffentliche Hand – ob nun als Kommune oder durch ihre Gesellschaften – eine Aktie hat und deren Nutzung bestimmt.

Öffentlicher Raum kann nur gelingen, wenn er die Balance zwischen kulturellen, bildungsspezifischen und sozialen Bedürfnissen vermittelt, ohne wirtschaftliche – und das schließt ausdrücklich auch privatwirtschaftliche ein – Interessen zu vernachlässigen. Denken Sie gerne an Ihren Bäcker um die Ecke, Ihren Bioladen des Vertrauens oder den Kiosk, der Ihnen immer das neueste Sudoku-Heft zuschanzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle wollen eine Stadt, die lebenswert ist. Eine Stadt, die trotz ihrer Großstädtigkeit nicht in der Anonymität versinkt. Wo es nicht nur möglich, sondern selbstverständlich ist, durchs Wohnviertel zu gehen, Nachbarn zu grüßen, einzukaufen, die Kinder in die Kita oder die Schule zu bringen und schnell – ob nun zu Fuß, auf dem Rad, mit Bus, Tram oder S-Bahn – in die City oder zur Arbeit zu düsen.

Für das Quartier, das mit und um den Eutritzscher Freiladebahnhof entstehen soll, kann ich mir solch eine Entwicklung des öffentlichen Raums gut vorstellen – und mit ihrem Entwurf des Masterplans stellt die Verwaltung die Weichen dazu richtig:

Es sollen Kitas und Schulen entstehen, es wird an generationenübergreifendes und bezahlbares Wohnen gedacht – ebenso an die Alltagsversorgung.

Vermutlich wir alle – zumindest für die SPD kann ich das bestätigen -, die wir hier sitzen, haben genau das in unseren Wahlprogrammen gefordert und wollen dafür einstehen. Zum Wohl aller Leipzigerinnen und Leipziger.

Lassen Sie uns deshalb bei allem gebührenden Respekt gegenüber der bisher geführten intensiven und sachlichen Debatte nicht mehr nur reden, sondern auch entscheiden.

Der vorliegende Entwurf zum Masterplan ist ein belastbarer Startpunkt für die weitere Projektentwicklung – und über deren Verlauf, dazu kenne ich uns alle inzwischen gut genug, werden wir noch oft genug diskutieren. Wir sollten nur endlich mit der Entwicklung des Areals beginnen.

Der Rest – und das haben wir aus den Bauarbeiten zum BER gelernt – dauert sowieso noch lang genug.

Vielen Dank!

Die SPD-Stadtratsfraktion fordert in einer Neufassung ihres Änderungsantrages zum Bebauungsplan Wilhelm-Leuschner-Platz die Schaffung erlebbarer Grünflächen mit einem Bewegungs- und Gesundheitspark sowie einem integrativen Spielplatz. Damit bleibt der Wilhelm-Leuschner-Platz den Namen „Sportstadt“ und „Grüne Stadt“ Leipzig treu. Die Integration eines Spielplatzes erhöht die Aufenthaltsattraktivität des Parks.

Prof. Dr. Getu Abraham
Prof. Dr. Getu Abraham

Prof. Dr. Getu Abraham, stadtentwicklungs- und umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion erklärt dazu: „Das Areal soll so entwickelt sein, dass generations-, milieuübergreifend, barrierefrei rund um die Uhr sicher durch alle Leipziger genutzt werden kann. Das wäre ein einmaliges Angebot Deutschlandweit – ergänzt und wertet die Innenstadt so auf, –  dient als Schnittstelle für Handel (Markt, Brühl, Hauptbahnhof, Peterstr.) Gastronomie/Tourismus, dichte Wohnbebauung, Kultur (Oper, Gewandhaus, Theater, Museen, Bibliothek), die Stadtverwaltung, Kitas, Schulen, Universität/Hochschulen, Kirchen, Sicherheit (Polizei, Feuerwehr), usw.“

„Mit Rückblick auf den Denkmalswettbewerb gab es den Entwurf des Herbstgartens, der eine größere Grünfläche auf dem Areal vorsah. Dieser Entwurf könnte zumindest in Teilens als Impuls genutzt werden“, ergänzt Abraham, der seinen Wahlkreis in Leipzig-Mitte hat.

Christopher Zenker

„Mehr Grün in den Innenstädten ist insbesondere auch vor dem Hintergrund des Klimawandels ein besonders aktuelles Thema. Die Bebauung auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz bietet die Möglichkeit, hier neue Konzepte auszuprobieren und die Innenstadt durch vertikales Grün besser an die sich wandelnden klimatischen Bedingungen anzupassen. Beispiele für solche Arten der Stadtbegrünung gibt es in Singapore, wo grüne Hochhäuser bereits Realität sind, oder auch in Mailand, denn mit ihren Bosco Verticale ist die Stadt Vorreiter beim vertikalen Wald. Wir hatten bereits im Zuge der Diskussion um die Leitlinien für die Weiterführung des Aufstellungsverfahrens Ende 2015 beantragt, den Punkt Stadtökologie/Klima der Leitlinien um den Punkt Sky Farming/vertikaler Wald/Begrünung von Fassaden zu ergänzen. Leider haben damals dafür keine Mehrheit bekommen. Wir hoffen jedoch das mindestens die Grünen von ihrer ablehnenden Haltung inzwischen abgerückt sind uns unser erneuter Vorstoß damit diesmal eine Mehrheit findet. Die Thema Kampf gegen den Klimawandel und Biodiversität gewinnen immer mehr an Bedeutung, auch und gerade in Großstädten, wollen wir mit dem neuen Anlauf den Versuch unternehmen, Ersatz für die künftigen versiegelten Flächen direkt auf dem Leuschner-Platz zu finden“, erläutert Christopher Zenker, SPD-Fraktionsvorsitzender.

„Damit die vom Stadtrat beschlossene Stärkung des Radverkehrs weiter umgesetzt wird, soll im Rahmen des weiteren Bebauungsplanverfahrens geklärt werden, wie und wo zusätzliche Fahrradstellplätze geschaffen werden können, dabei ist, flächensparend auch eine Fahrradgarage ein vorstellbarer Weg“, sagt Zenker abschließend.

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Prof. Dr. Getu Abraham

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

selbst als Betroffener fällt es mir echt schwer, inkognito zu bleiben und über dieses Thema nicht zu reden – gleichzeitig mache ich mir echte Sorgen, wofür diese ganze Debatte um den einen, ich betone, den einen Beirat unter vielen im Rat gut sein soll und das seit über 5 Jahren. Dieser Beirat soll nach meinem Verständnis eine Brücke zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen, also jenen Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, schaffen.

Ich bin nun seit mehr als 30 Jahren in Leipzig. Diese Stadt bietet viele Chancen – und sie hat sie auch mir geboten.

Der Weg als Migrantin, als Migrant ist nicht immer einfach, wenn es darum geht, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Und aus eigenem Erleben kann ich Ihnen sagen: Selbst wählen zu können und andererseits selbst gewählt zu werden – also Dinge, die in einem demokratischen Rechtsstaat für Sie alle, wie Sie hier sitzen, selbstverständlich sind. Wenn man jedoch nicht von Geburt an den „Heimvorteil“ besitzt, ist es das eben nicht.

„Nicht selbstverständlich“ heißt aber eben nicht „unmöglich“.

Wenn sich Chancen bieten, ist es keineswegs ehrenrührig, diese auch zu ergreifen. Das setzt aber auch eigene Initiative voraus. Oft auch Zeit und Kraft. Dennoch: Es lohnt sich!

Der Vorschlag der Verwaltung öffnet eine Tür, wie sich auch diejenigen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die nicht (oder noch nicht) über die Möglichkeit der unmittelbaren Wahl verfügen, in unsere Gesellschaft einbringen können.

Und genau deshalb fokussiert diese Vorlage richtig: Es geht darum, Menschen vorzubereiten, sie zu stärken, sie für die Beteiligung an eine demokratisch verfasste Gesellschaft zu befähigen, in der sie nicht nur zuschauen und abnicken, sondern schließlich auch aktiv mitgestalten sollen können.

Menschen einen guten und nachhaltigen Weg aufzuzeigen, wie sie in unserem Gemeinwesen ihre Rechte selbstbewusst und ihre Pflichten verantwortungsbewusst wahrnehmen – DARUM geht es bei Integration und Inklusion.

UND: Es geht um das Zusammenführen von Menschen. Nicht um die Spaltung der Gesellschaft.

Der Verwaltungsvorschlag setzt auf transparente Kriterien, die dabei helfen sollen, unsere Gesellschaft – auch die postmigrantische – im Migrantenbeirat repräsentativ und ausgewogen widerzuspiegeln.

Einige der Änderungsanträge z.B. der Grünen-Fraktion aber auch der Linken setzt hingegen auf schlichte Mehrheiten im Rat.

Mir macht das, ehrlich gesagt, Sorgen. Denn nicht nur diejenigen, die Migranten-Wählervereine im Rücken haben und über gute Netzwerke verfügen, und vermutlich genau deshalb besonders interessant für manche politische Strategien scheinen, haben etwas mitzuteilen.

Es gibt auch die anderen. Und deren Recht auf Mitwirkung schützt der grüne und linke Änderungsantrag nicht, sondern allein der Verwaltungsvorschlag.

Lassen Sie uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb den Vorschlag der Verwaltung als guten und um Ausgleich bemühten Kompromiss unterstützen. Einen, der Mitwirkung stärkt – und Menschen mit Migrationsgeschichte nicht zuerst als Instrument politischer Eigeninteressen begreift.

Vielen Dank!

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Prof. Dr. Getu Abraham

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

es ist bereits viel Richtiges dazu gesagt worden – übrigens nicht nur hier, sondern auch im zuständigen Fachausschuss –, was eine lebendige Luppe braucht und was ihr im Weg steht.

Ich möchte daher gern eine leichte Fokusverschiebung vornehmen:

Sinn parlamentarischen Arbeitens ist es, sich mit offenen Fragen und Problemstellungen auseinanderzusetzen, darüber zu reden, zu diskutieren, um die besten Lösungen zu ringen und diese im besten Falle zu beschließen.

Dabei ist nicht jede dieser Fragestellungen grundsätzlicher Natur, nicht jede Problemstellung universal und kosmisch oder mindestens weltpolitisch. – Übrigens auch hier nicht. Das ist leider so, auch wenn das jetzt der einen oder dem anderen wehtut.

Und genau weil das so ist, gibt es eben Fachausschüsse, die in der Sache ein Anliegen bereits vorab diskutieren und für den weiteren parlamentarischen Arbeitsprozess aufbereiten. Deutsche Parlamente sind Arbeitsparlamente. Das gilt für den Bundestag, die Landtage – und es gilt für uns.

Seit Beginn dieser Wahlperiode (das ist mein Erlebnis) haben wir neben den Fragen, bei denen es tatsächlich um Entwicklung, Vereinbarung und Entscheidung geht, immer wieder – und leider nicht zu knapp – auch Zeit darauf verwandt, im großen Plenum über Dinge zu streiten, die weitgehend Konsens sind und in der Sache bereits stehen:

Bewilligte Förderprojekte! Noch einmal: Bewilligte Förderprojekte; ich kann viele Beispiele nennen:

Auch bei der Vorlage zur lebendigen Luppe, wie wir sie gerade vor uns haben, handelt es sich um ein solches Projekt. Es handelt sich um eine Projektidee, die so, wie sie formuliert worden ist, den Projektträger/Drittmittelgeber davon überzeugen konnte, dieses Vorhaben der Stadt Leipzig mit einer Fehlbedarfsförderung von fast 90% extern zu unterstützen.

Das konnte nur gelingen – und diejenigen von Ihnen, die nicht nur in der Drittmitteleinwerbung unterwegs sind, sondern dort erfolgreich unterwegs sind, wissen, wovon ich spreche –, das konnte nur gelingen, weil ein überzeugender Antrag viel und intensive Vorarbeit leisten muss: Zielstellungen eruieren, Zeit- und Maßnahmenpläne definieren, Kosten- und Finanzierungspläne aufstellen.

Je überzeugender und fundierter eine solche Vorarbeit geleistet wird, desto wahrscheinlicher, dass Sie am Ende für Ihre Idee Geld in der Tasche haben. Und – nun mit Blick auf unsere Vorlage: Herr Rosenthal hat das Geld in der Tasche, Gratulation.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung kenntnisreich an die Erarbeitung eines Projektantrags gemacht haben; die beschriebene Idee hat in dieser Darstellung auch einem externen Gutachten standgehalten.

Auch hier wissen diejenigen von Ihnen, die mit Fördermittelakquise befasst sind, dass einem solchen Gutachten standzuhalten, je nach Summe um die es geht, mitunter nicht ohne ist.

Und was machen wir hier im Rat?

Wir diskutieren mit Vorliebe darüber, wie wir Ziele, Inhalte und Meilensteine bewilligter Projekte retrospektiv verändern können und überbieten uns dabei gegenseitig mit Änderungsanträgen zu Änderungsanträgen.

Überbieten uns mit diesen Änderungswünschen anstatt unsere Zeit kurz, prägnant und konzentriert dafür zu nutzen, einem offensichtlich überzeugenden Projekt den Weg zur Umsetzung freizumachen.

Ich komme deshalb noch einmal zu meinem Ausgangsgedanken zurück:

Viel Verständigung in der Sache kann – wenn das gewollt ist – im Fachausschuss laufen. Gerade dann, wenn es darum geht, bewilligte Drittmittel in die Umsetzung zu überführen.

Ich empfehle uns allen auch – das geht sowohl in Richtung der Verwaltung, lieber Herr Oberbürgermeister, als auch unser Plenum –, künftig Debatten zu Inhalten eines zu beantragenden Drittmittelprojektes im engen Wechselspiel zwischen Rat und Verwaltung vor der Antragstellung zu führen. Einfach, um Ideen bereits in die Antragsentwicklung besser integrieren oder sie verwerfen zu können. Vor allem aber um mögliche förderschädliche Entscheidungen des Rats im Nachgang zu vermeiden.

Ich komme zum Schluss: Mehr Ideendebatte und Disziplin in den Ausschüssen als Arbeitsgremien würde auch uns Stadträtinnen und Stadträten helfen, intensiv, konstruktiv und v.a. gelassen, vielleicht sogar ohne überflüssige Showeinlagen, an den besten Lösungen zu feilen.

Vielleicht schaffen wir es so auch, unser Beschlusspensum – für das die Ratsversammlung eigentlich gedacht ist – endlich wieder wie früher in einer anstatt, wie inzwischen üblich, zwei bis drei Ratsversammlungen pro Monat zu absolvieren. Unser berufliches und familiäres Leben im Ehrenamt wird uns das vielleicht ebenso danken wie Leipzigs Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Vielen Dank!

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Prof. Dr. Getu Abraham

dass Menschen unabhängig ihres Geldbeutels in Leipzig leben können, weil Wohnraum bezahlbar bleibt, ist – glaube ich – sozialer (eher: politischer Konsens?) Konsens auch hier im Rat.

Zumindest stütze ich meine Annahme auf den Plakate-Wald und die Kilometer bedruckten Papiers in den Wahlprogrammen aller hier vertretenen Parteien und Wahlvereinigungen zur letzten Kommunalwahl, die bezahlbarem Wohnen besonderen Platz eingeräumt haben. Korrigieren Sie mich ruhig, wenn ich falsch liege!

Unsere Stadt profitiert davon, dass Menschen unterschiedlicher Einkommensklassen, Religionen und Berufe, Herkunftsgeschichten, unterschiedlichem Aussehens und Denkens zusammenleben.

Sie profitiert aber noch mehr davon, wenn sie Impulse setzt, auch wirklich zusammenleben zu wollen – und Ansätze bietet, dass sich die Leipzigerinnen und Leipziger in ihrer ganzen Unterschiedlichkeit auch zusammenraufen. Dass sie gerne Nachbarschaften erweitern und neu knüpfen.

Eine soziale Erhaltungssatzung kann hier als ein Instrument – ich hebe es noch einmal hervor: EIN Instrument – verstanden werden.

Aber – und das bringt zum Kern meines Beitrages: Stadtentwicklung eignet sich nicht zum „Klassenkampf“!

Wir setzen keine Impulse und bieten keine Ansätze für ein lebendiges, vielfältiges Miteinander, wenn wir Erhaltungssatzungen in Leipzig auf Ecken beschränken, die wir entweder als sozialräumlich problematisch stigmatisieren oder deren „Kiez“-Klientel wir mit Entscheidungen im Sinne der Gesamtstadt lieber nicht verärgern wollen.

Wir setzen keine ehrlichen Impulse, für ein gedeihliches Zusammenleben, wenn wir der ganzen Debatte aus ideologischer Selbstverliebtheit einen diffusen Luxus-Begriff zugrunde legen, Drohbilder von Mietexplosionen entwerfen und darüber aus dem Blick verlieren, dass die bauliche Instandsetzung im status quo verharrt. Ich weiß nicht, wie sie das sehen, aber ich bin der Meinung, dass nicht jede verputzte Ziegelwand oder funktionierende Wasserspülung Luxus ist.

Wer Durchmischung will, muss auch der Vielfalt der Leipziger Bevölkerung Rechnung tragen können. Es ist daher ratsam, nicht im Fünf-Jahres-Abstand auf die Evaluierung zu warten, sondern noch während des derzeit für das Eisenbahnstraßen-Quartier geplanten Verfahrens, gleiche oder ähnliche Prozesse in Stadtteilen zu beginnen, die den Anschein erwecken, schlecht durchmischt zu sein.

Und lassen Sie uns hier im Rat – unabhängig unserer parteipolitischen Ausrichtung, verbunden aber durch die Frage, wie Zusammenleben und bezahlbares Wohnen in einer wachsenden Stadt wie Leipzig gelingen kann –, lassen Sie uns hier im Rat gemeinsam und ernsthaft daran arbeiten,

  • dass Quartiere aufzuwerten nicht automatisch heißen muss, Anwohnerinnen und Anwohner zu verdrängen.
  • und: Dass Milieuschutz nicht bedeutet, sich mit städtischem Freibrief gegen Stadtentwicklung und Gemeinwohl abzuschotten.

Wir möchten den Oberbürgermeister zu einer Protokollnotiz bewegen, dass er sich gegenüber Bund, Land und Deutschem Städtetag dafür einsetzt, dass eine Rechtsgrundlage geschaffen wird, die es möglich macht, auch das gewachsene Gewerbe in den Gebieten zu schützen, in denen entsprechende soziale Erhaltungssatzungen gelten. Wir würden vor diesem Hintergrund unseren Änderungsantrag zum gewerblichen Milieuschutz heute zurückziehen.

Hier, meine Damen und Herren, sind wir für Leipzig in der Pflicht. Vielen Dank.

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Prof. Dr. Getu Abraham

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

ich weiß ja nicht, wie Sie das sehen, aber ich gewinne zunehmend den Eindruck, dass das Tauziehen in Sachen Parken im Waldstraßenviertel das schafft, was der Lindenstraße verwehrt blieb: Verlängerung bis in alle Ewigkeit.

Spaß beiseite: In zahlreichen Städten – ich habe mir mal erlaubt, das zu recherchieren –, in Städten wie Berlin, Köln, Fürth oder auch Duisburg   besitzt einen Anspruch auf Erteilung einer Parkerlaubnis, wer in dem bekanntgegebenen und angeführten Bereich der jeweiligen Straßen meldebehördlich registriert ist und dort auch tatsächlich wohnt. Ob es sich um eine Hauptwohnung oder eine Zweitwohnung mit Steuernachweis handelt, ist dabei unerheblich.

Zur Wiederholung: Berlin, Köln, Fürth und Duisburg    kommen heute schon ihren Bürgerinnen und Bürgern in einer Weise entgegen, die Leipzig den rund 160 Bewohnerinnen und Bewohnern mit Zweitwohnsitz im Waldstraßenviertel verwehrt.

Wir erleben darüber hinaus, wie mit dem Bürgerverein Waldstraßenviertel ein engagierter Quartiersverein voll und ganz auch hinter diesen Bewohnerinnen und Bewohnern steht – die Stadtverwaltung will aber (übrigens aus kaum überzeugenden Gründen) „Nein“ sagen und diese Menschen im schlechten Sinne NICHT auf der Straße stehen lassen.

Auch die Bewohnerinnen und Bewohner mit einem verbürgten Zweitwohnsitz sind Bewohnerinnen und Bewohner des Waldstraßenviertels. Im Sinne der Gleichbehandlung appelliere ich deshalb an unsere Versammlung auch ihnen den Weg zum Bewohnerparken zu öffnen und dem Antrag des Stadtbezirksbeirates Mitte zu folgen.

Vielen Dank.

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Prof. Dr. Getu Abraham

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

ohne Licht kein Leben. Eine einfache Formel, die von der biblischen Schöpfungsgeschichte bis zum modernen Wissen über die Photosynthese funktioniert. Ohne Licht kein Leben.

Und ohne Zweifel: Es ist an uns allen, verantwortungsvoll mit Licht und dessen Folgen umzugehen. Besonders in einer Stadt wie Leipzig, die wie keine andere in Sachsen häufig einem Lichtermeer gleicht und damit ihren ganz eigenen Beitrag auch zur „Lichtverschmutzung“ leistet.

Denn oft genug stellen wir unsere ureigenen (und durchaus legitimen) Bedürfnisse nach Sicherheit, Unterhaltung, Dauererreichbarkeit über das gesundheitliche Wohl der Allgemeinheit. Lichtverschmutzung – also Dauerbeleuchtung – stört nicht nur Ökosysteme, sie macht Menschen krank. Und Tiere. Sie stört in erheblichem Maß den „natürlichen“ Tag-Nacht-Rhythmus.

Meine Damen und Herren, ich will hier keinen Teufel an die Wand malen, sondern Sie viel mehr dafür sensibilisieren, dass ein Lichtkonzept oder Lichtmasterplan ein wertvolles Werkzeug sein kann, Interessensausgleiche zu schaffen:

Aktuell reden wir – und das auch aus verständlichen Gründen – zuerst über Instrumente, die die Wirtschaftskraft in unserer Stadt wieder beleben. Schaufenster und Werbebeleuchtungen sind Visitenkarten des Einzelhandels, können als dessen „Bühne“ verstanden werden. Die rein pragmatische Ausleuchtung im funktionalen oder technischen Sinn nach Licht-Kenngrößen tritt dabei zugunsten der Präsentationsatmosphäre zurück. Trotzdem können wir hierauf nicht verzichten.

Gewerbe braucht Werbung. Ohne Werbung kein Gewerbe. Und Leipzig ohne Gewerbe – ich denke, hier sind wir uns einig – funktioniert nicht. Aber nicht nur Handel und Gewerbe benötigen Beleuchtung. Auch Apotheken, Kliniken, Tierkliniken, oder Schlüsseldienste sollten von weitem sichtbar sein.

Werbeanlagen sind notwendig. Aber wir brauchen Vereinbarungen, die von allen Beteiligten mitgetragen werden. Nur dann können wir auch davon sprechen, dass sie zu neuer Qualität im abendlichen Stadtraum beitragen können. Kommerzielle Beleuchtung muss sich deshalb in die öffentliche einfügen.

Und das nicht zum Selbstzweck, denn, um zum Ausgangsgedanken meiner Rede zurückzukehren: Mit Blick auf das Gemeinwohl ist ein Lichtkonzept geeignet, sorgsam mit Licht umzugehen, Lichtverschmutzung zu vermeiden, kurzum: Regeln zu schaffen, dass neue Lichtquellen sich nicht in den Vordergrund spielen, sondern die bereits existierenden behutsam unterstützen.

Pflanzen, Tiere und Menschen werden es uns danken.

Vielen Dank.