Redner: Heiko Oßwald, Stadtrat der SPD-Fraktion
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!
Mit dem Beschluss über die Einführung eines Doppelhaushaltes treffen wir heute keine einfache Entscheidung. Auch meine Fraktion hat die vielen Argumente, die für und gegen einen Doppelhaushalt sprechen, sorgfältig abgewogen. Ich möchte daher einen Teil der Fragen widerspiegeln, die uns beschäftigt haben.
Hatten wir nicht schon bei der Aufstellung der Einzelhaushalte in den letzten Jahren Planungsschwankungen bei großen Einnahme- und Ausgabepositionen? Mit der Aufstellung eines Doppelhaushaltes wird die Planung noch ungenauer. Aber ist es nicht zuerst die eigentliche Aufgabe bei der Haushaltsaufstellung, wesentliche strategische Ziele und Schwerpunkte zu setzten, wofür die Stadt ihre finanziellen Ressourcen einsetzten soll?
Gibt der Stadtrat wesentliche Gestaltungsmöglichkeiten aus der Hand, da nur noch alle zwei Jahre über den Haushalt entschieden wird? Aber werden nicht die wesentlichen strategischen und politischen Entscheidungen an anderer Stelle getroffen? Mit den Beschlüssen über die zukünftige Struktur der Eigenbetriebe Kultur, den Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag, die Entschuldungskonzeption, das Sozialticket oder die Eigentümerziele für kommunale Unternehmen, um nur einige zu nennen, werden schon wesentliche finanzielle Mittel in den Haushaltsplänen gebunden. Und hierüber hat der Stadtrat entscheidende politische und finanzielle Vorgaben gemacht. Nicht über Haushaltsanträge, die sich jedes Jahr zum großen Teil wiederholen und nur noch zu kosmetischen Veränderungen im Haushaltsplan führen. Ich will dieses Verfahren nicht schlecht reden. Und sicherlich haben viele Anträge ihre Berechtigung, auch wenn es sich nur um kleine Summen handelt. Aber die strategischen Weichenstellungen werden nicht im Haushaltsantragsverfahren getroffen.
Ein weiteres wichtiges Thema war der Zeitpunkt der Einführung für einen Doppelhaushalt. Warum gerade jetzt am Ende der Legislatur? Überfordern wir mit dieser Entscheidung den neuen Stadtrat? Es ist sicherlich anzunehmen, dass auch im neuen Stadtrat wieder altgediente Stadträte sitzen. Und wer einen Doppelhaushalt nicht versteht, ist der nicht auch mit einem einjährigen Plan überfordert und andersrum? Genau genommen beschließen wir ja zwei Einzelpläne.
Gelingt es uns Investitionen zu beschleunigen, da es weniger Stillstand zwischen dem Haushaltsbeschluss und dessen Genehmigung geben wird? Schaffen wir nicht auch und gerade für Vereine und Verbände Planungssicherheit für zwei Jahre?
Meine Fraktion sieht überwiegend mit der Aufstellung des Doppelhaushaltes auch eine große Chance. Eine Chance, aus dem jährlichen, zeit- und kraftraubenden „Hamsterrad“ Haushaltsplanaufstellungsverfahren, auszubrechen und somit Zeit und Raum zu gewinnen, für politische Diskussionen über strategische Weichenstellungen, die die finanziellen Rahmenbedingungen unserer Stadt in den nächsten Jahren bestimmen werden.
Wie wollen wir in zehn Jahren wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen und unser Steueraufkommen positiv entwickeln? Welche sozialen Fördermaßnahmen sind sinnvoll und müssen verstetigt werden, welche müssen auf den Prüfstand? Wie gelingt es uns, Leipzig als Kultur und Sportstadt weiterzuentwickeln und welche finanziellen Schwerpunkte müssen da gesetzt werden? Wie gelingt es uns, weiterhin Einfluss auf die städtebauliche Entwicklung zu nehmen und welche Rolle spielen dabei auch strategische Flächenerwerbe?
Auf diese Fragen und sicherlich noch viele andere sollte der Stadtrat eine Antwort finden. Ein Anfang ist hierzu ja auch mit der Einrichtung einer fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe gemacht, die diese Diskussion führen soll.
Was wir erwarten von der Verwaltung, ist eine zeitnahe vierteljährliche Berichterstattung über die Haushaltsdurchführung und rechtzeitige Informationen bei wesentlichen sich verändernden Rahmenbedingungen. Auch sollte die Einführung eines Doppelhaushaltes mittelfristig zu Rationalisierungseffekten in der Verwaltung und damit auch zu abrechenbaren Einsparungen im Dezernat Finanzen führen.