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Die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat hat mit großem Interesse die Detailuntersuchung zur Zweckentfremdung von Wohnraum im Auftrag der Stadt Leipzig vernommen.

„Auf kommerzielle Übernachtungsplattformen wie Airbnb, Windu oder 9flats werden viele Wohnungen in Leipzig für Touristen als Feriendomizil angeboten. Darunter sind häufig auch Wohnungen zu finden, die eigens dafür angemietet wurden, um sie als Ferienwohnungen an Touristen unterzuvermieten“, erklärt SPD-Fraktionschef Christopher Zenker und ergänzt: „Das hat natürlich Auswirkungen auf dem Mietmarkt, denn ihm wird so dauerhaft Wohnraum entzogen. Bei einer Leerstandquote von unter zwei Prozent ist das nicht hinnehmbar“, erklärt Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender der SPD.

Christopher Zenker

Die SPD-Fraktion hatte deshalb im Jahr 2018 einen Antrag eingebracht, in dem die Stadtverwaltung aufgefordert wurde, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um dies zu verhindern. Ein Punkt dabei war auch eine Studie, durch die ermittelt werden sollte, wie die Lage tatsächlich ist. Die Ergebnisse dieser Studie hat die Stadt Leipzig nun veröffentlicht.

„Die Zahlen bestätigen unsere Annahmen. Allein für den Marktführer Airbnb geht die Studie von inzwischen etwa 2000 Wohnungen, die als komplette Wohnung vermietet werden. Zudem geht die Studie davon aus, dass jährlich 200 bis 300 Wohnungen dazu kommen. Besonders drastisch ist die Situation im Zentrum und zentrumsnahen Gebieten, wo bis zu 14 Prozent der Wohnungen zweckentfremdet werden. Die Entwicklung offenbart den Handlungsbedarf. Es kann nicht sein, dass wir auf der einen Seite Millionen ausgeben müssen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und auf der anderen Seite Mietwohnungen vom Markt gewonnen werden, um sie als Ferienwohnungen zu vermieten.“, so Zenker weiter.

Die Untersuchung der Zweckentfremdung von Wohnraum bildet eine wichtige Grundlage zur Umsetzung des auch im Integrierten Stadtentwicklungskonzept verankerten Zieles „Leipzig schafft soziale Stabilität“ mit dem Handlungsschwerpunkt „Bezahlbares Wohnen“. Die Untersuchung liefert den Beleg, dass es zur mittel- bis langfristigen Sicherung bezahlbaren Wohnraums für die Gesamtstadt kommunale Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit Wohnraumzweckentfremdung braucht. Dieser Nachweis ist erforderlich, um – wie vom Sächsischen Staatsministerium des Innern gefordert – den Antrag auf Erlass einer Rechtsverordnung durch den Freistaat Sachsen für ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in der Stadt Leipzig zu begründen.

„Die Stadt kann ein Zweckentfremdungsverbot leider nicht alleine einführen, sie ist hierbei auf Schützenhilfe der Staatsregierung angewiesen. Der Ball liegt nunmehr in Dresden. Im aktuellen Koalitionsvertrag wurde auf Landesebene vereinbart, den Kommunen zu ermöglichen, bei Fehlentwicklungen auf dem Wohnungsmarkt geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dazu zählen neben der Mietpreisbremse und Kappungsgrenzen auch Zweckentfremdungs- und Umnutzungsverbote. Wir setzen darauf, dass eine entsprechende landesrechtliche Regelung zeitnah gefunden wird, damit die Kommunen, die davon Gebrauch machen möchten, ein Zweckentfremdungsverbot umsetzen können“, so Zenker abschließend.

Vorlage

Die Stadt hat entsprechend der Antwort auf die Anfrage VII-F-00686 ausgeführt, dass eine Datengrundlage, wie sie mit dem Antrag VI-A-05427 „Maßnahmen gegen die Zweckentfremdung von privatem Wohnraum“ beauftragt wurde, erarbeitet wurde und nun in der Endabstimmung ist. Zudem wurde die Stadt beauftragt, Gespräche mit der Staatsregierung hinsichtlich der Schaffung einer notwendigen Rechtsgrundlage zur Einführung von Zweckentfremdungsverboten zu führen. Durch den aktuellen Koalitionsvertrag für die sächsische Staatregierung wurde das Thema „Zweckentfremdungsverbote“ zudem auf die politische Agenda gehoben. Vor diesem Hintergrund fragen wir an:  

1. Zu welchem Ergebnis haben die Gespräche mit der Staatsregierung geführt?

2. Gibt die Studie, die die Stadtverwaltung durchgeführt hat, Aufschluss über eine räumliche Häufung bei der Zweckentfremdung von Wohnraum in bestimmten Stadteilen?

3. Wenn ja: Wo und welche Maßnahmen sollen daraus abgeleitet werden?

Frage 1: Wie ist der Stand hinsichtlich dieser Datengrundlage?

In Umsetzung der Ratsbeschlüsse „Maßnahmen gegen die Zweckentfremdung von privatem Wohnraum“ sowie „Fortschreibung der Instrumente und Maßnahmen des Wohnungspolitischen Konzepts“ aus dem Juni bzw. September letzten Jahres, wird derzeit eine Untersuchung zur Erfassung der Zweckentfremdung von Wohnraum durchgeführt. Ergebnisse sollen spätestens im 2. Quartal 2019 vorliegen und dem Freistaat für die von Ihnen angeführte Anhörung zur Verfügung gestellt werden.

Frage 2: Wie viele Wohnungen wurden in den vergangenen zwei Jahren legal zu Ferienwohnungen umgewidmet bzw. für wie viele Ferienwohnungen wurde eine Umwidmung beantragt?

2017 wurden vier Bauanträge zur Nutzungsänderungen von insgesamt 20 Wohnungen in Ferienwohnungen gestellt und alle vier genehmigt.
2018 wurden neun Nutzungsänderungen von insgesamt 24 Wohnungen in Ferienwohnungen beantragt. Davon wurden drei mit insgesamt 4 Wohnungen genehmigt, drei mit insgesamt 12 Wohnungen abschlägig beschieden und über die drei übrigen Anträge mit insgesamt 8 Wohnungen wurde noch nicht entschieden.

 

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

im Februar dieses Jahres ist unser Antrag zum Zweckentfremdungsverbot von privatem Wohnraum ins Ratsverfahren gegangen.  Das Thema scheint zu bewegen, denn nachdem wir den Antrag  eingereicht haben, bekamen wir weitere Hinweise von Leipzigerinnen und Leipzigern auf zweckentfremdeten Wohnraum, denen die LWB bzw. die Stadtverwaltung jetzt nachgehen. Auch Airbnb als größte Plattform meldete sich, weil sie befürchteten, wir wollten ihr Geschäftsmodell torpedieren. Das wollen wir insgesamt natürlich nicht. Oder um präziser zu werden, wir wollen dort nicht eingreifen, wo jemand seine Wohnung untervermietet, wenn er oder sie selbst nicht da ist, oder einzelne Zimmer vorübergehend Touristen überlassen werden. Allerdings wollen wir dort einen Riegel vorschieben, wo Wohnraum eigens zum Zweck der Untervermietung an Touristen angemietet bzw. umgenutzt wird. Damit wird dem Wohnungsmarkt regulärer Wohnraum entzogen und das teilweise sogar illegal, weil es oft sowohl den Bedingungen der meisten Mietverträge und auch der baurechtlich genehmigten Nutzung  widerspricht.

Auch Leerstand kann Zweckentfremdung sein. Beispielhaft sind hier Hamburg und München zu nennen: Wenn in der Hansestadt Wohnungen längere Zeit leerstehen und damit dem Wohnungsmarkt ebenfalls nicht zur Verfügung stehen, kann die Kommune den Eigentümer unter bestimmten Bedingungen temporär enteignen, die Wohnungen notfalls herrichten und vermieten. Der ursprüngliche Eigentümer bekommt die Wohnungen dann nach eine gewissen Frist samt Mietern und einer möglichen Sanierungsrechnung wieder zurück. In München geht man nicht ganz so weit, dort können aber Bußgelder von bis zu 500.000 Euro verhängt werden. Auch in Leipzig gibt es noch Wohnraum, der als aktuell nicht marktaktiv bezeichnet werden kann.  Nicht selten handelt es sich dabei vor allem um Spekulationsobjekte und diese haben für die Stadtgesellschaft keinen Nutzen. Wir können uns deshalb vorstellen, dass der Freistaat Sachsen seinen Kommunen ähnliche Möglichkeiten einräumt, wie es sie Hamburg oder München gibt.

Der Wohnungsmarkt in Leipzig hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Konnte man vor wenigen Jahren noch geräumige, sanierte Wohnungen zu einem günstigen Preis finden, wir es heute schon für Durchschnittsverdiener schwierig, adäquaten und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Das brauche ich Ihnen eigentlich nicht zu sagen, denn Sie alle waren ja dabei, als wir über die Fortschreibung des Wohnungspolitischen Konzepts diskutiert haben und sie alle haben nun die Vorlage zur Fortschreibung der Instrumente des Wohnungspolitischen Konzepts bekommen. In dieser Vorlage sind Zweckentfremdungsverbote unter den möglichen Instrumenten erwähnt. Das ist gut, aber generell bleibt die Vorlage zum Instrumentarium der Wohnungspolitik aus meiner Sicht noch sehr vage. Unter anderem werden uns dort Prüfungen von Maßnahmen vorgeschlagen, die eigentlich schon seit Jahren hätten umgesetzt sein sollten, wie beispielsweise die Übertragung städtischer Wohnimmobilien an die LWB. Unser Antrag dazu ist von 2013, also schon hornalt, und auch ein entsprechender Beschluss wurde 2015 schon gefasst. Das ist in Anbetracht der Entwicklungen am Wohnungsmarkt auch schon eine halbe Ewigkeit her. Auch bezüglich Erhaltungssatzungen bzw. Milieuschutzsatzungen bleibt die Vorlage noch sehr unbestimmt. Eine mutigere Vorlage wäre an dieser Stelle besser gewesen.

Ich möchte mich allerdings wieder auf die Zweckentfremdungsverbote konzentrieren und nach all der Kritik auch ein Lob aussprechen: Ich freue mich, dass die Stadtverwaltung in ihrem Verwaltungsstandpunkt drei von vier Beschlusspunkten unseres Antrags zustimmt und den vierten Punkt, konkret den BP2, noch direkt mit finanziellen Mitteln untersetzt, um die Datengrundlage, die wir für den Erlass einer Zweckentfremdungsverbotssatzung bräuchten, zeitnah schaffen zu können. Vielen Dank! Je eher wir die Grundlage schaffen und wenn wir parallel dazu auf den Freistaat Sachsen einwirken, dass ein entsprechendes Gesetz erlassen wird, desto eher können wir zweckentfremdete Wohnungen zurückgewinnen. In München waren es immerhin 1100 Wohnungen, die so seit 2013 wieder dem Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt werden konnten.

Abschließend: Das Thema Wohnen bewegt die Menschen sehr, das zeigt auch die aktuelle Bürgerumfrage. Zweckentfremdungsverbote dürfen daher nur eine Maßnahme bleiben, wir müssen die gesamte Palette wohnungspolitischer Maßnahmen nutzen, wie den Mietspiegel, Kappungsgrenzen, Erhaltungssatzungen oder Konzeptvergaben. Wir benötigen darüberhinaus eine wirkungsvolle Mietpreisbremse – hier ist der Bund gefragt – , müssen auch mal Vorkaufsrechte nutzen und es müssen vor allem neue Wohnungen entstehen, auch kommunale.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank!

Auf kommerzielle Übernachtungsplattformen wie Airbnb, Windu oder 9flats werden auch viele Wohnungen in Leipzig für Touristen als Feriendomizil angeboten. Darunter sind häufiger auch Wohnungen, die eigens dafür angemietet wurden, um sie als Ferienwohnungen an Touristen unterzuvermieten. Dadurch wird dem Mietmarkt dauerhaft Wohnraum entzogen und das ist bei einer Leerstandquote von unter zwei Prozent nicht hinnehmbar. Die SPD-Fraktion hat deshalb im Februar dieses Jahres einen Antrag eingebracht, in dem die Stadtverwaltung aufgefordert wird, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um dies zu verhindern.

„Die Stadt kann ein Zweckentfremdungsverbot leider nicht alleine einführen, sie ist auf Schützenhilfe von der Staatsregierung angewiesen. Schließlich fehlt bislang die rechtliche Grundlage für Kommunen, Zweckentfremdungsverbote zu erlassen“, erklärt SPD-Fraktionschef Christopher Zenker. „Wir haben deshalb auch den Oberbürgermeister in unserem Antrag aufgefordert, sich beim Land dafür einzusetzen, dass eine entsprechende Verordnung erlassen wird, um den Kommunen die Möglichkeit zu geben, gegen solche Arten der Zweckentfremdung von Wohnraum vorzugehen.“

Mittlerweile hat sich auch die Stadtverwaltung zum Antrag positioniert, stimmt diesem zu und präzisiert einzelne Punkte sogar noch.

„Uns freut es natürlich, dass unsere Initiative hier auf fruchtbaren Boden gefallen ist, denn das Thema ist wichtig in einer wachsenden Stadt, wo auch für den Durchschnittsverdiener bezahlbarer Wohnraum immer knapper wird“, so Zenker. „Ein wichtiges Signal aus dem Verwaltungsstandpunkt ist, dass für dieses Jahr noch 30.000 Euro bereitgestellt werden sollen, um die notwendige Datengrundlage zu erarbeiten, die die Stadt vorlegen muss, um begründen zu können, weshalb ein Zweckentfremdungsverbot in Leipzig sinnvoll und notwendig ist.“

Auch das wohnungspolitische Konzept muss in Teilbereichen präzisiert werden, gerade da, wo es um Maßnahmen bei einem angespannten Wohnungsmarkt geht. Die Verwaltung hatte bereits Zweckentfremdungsverbote als mögliche Instrumente benannt und muss das nun schnellst möglich inhaltlich untersetzen.

„Die Fortschreibung der Instrumente und Maßnahmen des wohnungspolitischen Konzepts sollen dem Stadtrat noch im 2. Quartal 2018 vorgelegt werden. Ich bin gespannt, ob das klappt, denn das 2. Quartal endet am 30. Juni und auch vom Mai ist nicht mehr allzu viel übrig. Wichtig ist es jedoch, dass wir zügig vorankommen, denn es geht um mehr als nur Zweckentfremdungsverbote. Ein weiterer wichtiger Baustein gegen zu starke Mietpreissteigerungen sind zum Beispiel Milieuschutzsatzungen und auch diese werden wir aktiv einfordern“, erklärt Christopher Zenker abschließend.

Den entsprechenden Antrag der SPD-Fraktion finden Sie hier.
Den Standpunkt der Stadtverwaltung zum Antrag finden Sie im Ratsinformationssystem der Stadt Leipzig.