Die ursprüngliche Anfrage wurde in der Neufassung um die Fragen 8 bis 11 ergänzt.
In der Ratsversammlung im Dezember 2022 wurde die Stadtverwaltung beauftragt eine Organisationseinheit einzurichten, die allein für Einbürgerungsverfahren zuständig ist, einen Zeitplan zu erarbeiten, in welcher Frist Altfälle abgearbeitet werden können, ohne dabei die Bearbeitung von neu hinzugekommenen Anträgen zu verzögern, und bis Ende des 1. Quartals 2023 ein Konzept vorzulegen, wie die Personalintensität pro Einbürgerungsvorgang reduziert werden kann.
Im Mai 2023 haben wir uns bereits einmal nach dem Stand der Umsetzung erkundigt und erfuhren dabei, dass einige Punkte noch in der Erarbeitung waren. Insbesondere das Konzept zur Verminderung der Personalintensität pro Einbürgerungsfall war zu diesem Zeitpunkt noch in der Phase, dass ein interkommunaler Erfahrungsaustausch ausgewertet wurde, um daraus Rückschlüsse für die Prozesse bei der Stadt Leipzig zu gewinnen.
In jüngerer Vergangenheit wurden wir über Bürgerinnen und Bürger zudem darüber informiert, dass es bei der Ausländerbehörde auch Verzögerungen bei der Verlängerung von Aufenthaltsgenehmigungen gibt. Daran hängen jedoch oft auch die beruflichen Existenzen von Menschen, deren Aufenthaltstitel in naher Zukunft auslaufen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir:
- Wie viele Mitarbeiter umfasst das zum 1.1.2023 eingerichtete Sachgebiet „Einbürgerung“ aktuell, konnten die im Mai 2023 avisierten 15 VZÄ besetzt werden?
- Wie sieht aktuell die Entwicklung der Fallzahlen aus und mit welchen Wartezeiten müssen Antragstellende derzeit rechnen?
Auftrag aus dem Beschluss vom Dezember 2022 war es auch, 5 VZÄ für die Abarbeitung von Altfällen bereitzustellen und einen Zeitplan zu erarbeiten, in welcher Frist die schon lange in der Ausländerbehörde anhängigen Altfälle abgearbeitet werden können.
- Gibt es diesen Zeitplan bereits und welche Fortschritte wurden bei der Abarbeitung der Altfälle gemacht?
Zur Absenkung der Personalintensität pro Fall sollte ein Konzept erarbeitet werden.
- Wie ist der Stand bei der Erarbeitung des Konzepts zur Verminderung der Personalintensität pro Fall und was sind die wichtigsten Elemente, die eine zügigere Antragsbearbeitung und Fallentscheidung ermöglichen sollen?
- Wann wird oder wurde mit der Umsetzung des Konzepts begonnen?
- Wie hat sich die Umsetzung des Konzepts auf die Arbeit des Sachgebiets ausgewirkt?
Seit dem 31.12.2022 gilt das Chancenaufenthaltsgesetz, dass es geduldeten Ausländern unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, binnen 18 Monaten einen dauerhaften Aufenthaltsstatus zu bekommen.
- Wie hat sich die Einführung dieses Gesetzes auf die Fallzahlen in der Ausländerbehörde ausgewirkt, d.h. in wie vielen Fällen wurden entsprechende Anträge gestellt, wie viele davon wurden genehmigt und wie lang sind hierbei die Bearbeitungszeiten?
Verringerung der Frist für Einbürgerungen auf 5 bzw., bei besonderen Leistungen, auf 3 Jahre:
- Wie wirkt sich die Gesetzesänderung vom 23. August 2023 zur Verkürzung der Frist für Einbürgerungen auf die Entwicklung der Fallzahlen in der Leipziger Ausländerbehörde aus?
Zum Thema der Verlängerung von Aufenthaltstiteln:
- Wie lang sind derzeit die Bearbeitungszeiten bei Anträgen auf Verlängerung von Aufenthaltstiteln?
- Wie viele Fälle sind in diesem Bereich offen und müssen zeitnah entschieden werden?
- Ist bekannt, bei wie vielen Antragstellern durch die verzögerte Bearbeitung die berufliche Existenz akut gefährdet ist?
Antwort der Verwaltung
1. Wie viele Mitarbeiter umfasst das zum 1.1.2023 eingerichtete Sachgebiet „Einbürgerung“ aktuell, konnten die im Mai 2023 avisierten 15 VZÄ besetzt werden?
Das Sachgebiet umfasst derzeit eine Sachgebietsleitung und dreizehn Stellen für die Sachbearbeitung. Dabei konnten alle der 15 avisierten Stellen besetzt werden. Die letzte Umsetzung erfolgt zum 01.04.2024.
2. Wie sieht aktuell die Entwicklung der Fallzahlen aus und mit welchen Wartezeiten müssen Antragstellende derzeit rechnen?
Die hohe Nachfrage nach Einbürgerungen ist nach wie vor ungebrochen. Hinzu kommt eine gesteigerte Zahl an Anfragen seit dem Beschluss des Bundestages zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts. Es gehen täglich mehr Anfragen ein, als bearbeitet werden können. Die Wartezeiten konnten daher noch nicht signifikant verkürzt werden.
3. Gibt es diesen Zeitplan bereits und welche Fortschritte wurden bei der Abarbeitung der Altfälle gemacht?
Bezüglich des erarbeiteten Zeitplans wurde eine Informationsvorlage erstellt, welche sich aktuell im Verwaltungsverfahren befindet. Die Altfälle werden chronologisch abgearbeitet.
4. Wie ist der Stand bei der Erarbeitung des Konzepts zur Verminderung der Personalintensität pro Fall und was sind die wichtigsten Elemente, die eine zügigere Antragsbearbeitung und Fallentscheidung ermöglichen sollen?
Die Erarbeitung des Konzepts zur Verringerung der Personalintensität pro Einbürgerungsvorgang befindet sich in den finalen Zügen und wird demnächst ins Verfahren gegeben. Zentrale Punkte des Konzepts sind 1.) der Umgang mit Beratungsterminen, 2.) die Hinzuziehung von Hilfskräften für Routineaufgaben sowie 3.) die Einführung eines Einbürgerungslotsensystems. Daneben soll der Internetauftritt des Bereichs Einbürgerung grundlegend neu konzeptioniert werden mit dem Ziel, relevante Informationen zu Ablauf und Verfahren sowie zum aktuellen Bearbeitungsstand (transparentes Wartelistenmanagement) anschaulich und gut strukturiert zur Verfügung zu stellen.
5. Wann wird oder wurde mit der Umsetzung des Konzepts begonnen?
Mit der Umsetzung des Konzepts wurde seit Gründung des Sachgebiets begonnen.
6. Wie hat sich die Umsetzung des Konzepts auf die Arbeit des Sachgebiets ausgewirkt?
Besonders die Implementierung einer Sachgebietsleitung hat sich als äußert gewinnbringend erwiesen. So war es möglich, weitere Punkte des Konzeptes umzusetzen. Zum Beispiel konnte ein intensiver Austausch mit dem Regierungspräsidium Darmstadt stattfinden, um zu prüfen, ob das dort entwickelte Programm „E-Staatsangehörigkeit“ in Leipzig genutzt werden kann. Auch für die Personalverstärkung war die Einrichtung der Sachgebietsleitung unverzichtbar, um den Prozess der Personalauswahl engmaschig zu betreuen. Bei drei Ausschreibungsrunden sind insgesamt 76 Bewerbungen eingegangen. Es mussten daher zeitintensiv zahlreiche Unterlagen gesichtet und Auswahlgespräche geführt werden, um das Sachgebiet bestmöglich zu verstärken. Weiterhin konnte der Einsatz von Praktikanten in dem Sachgebiet organisiert werden, welche zur Unterstützung eingesetzt wurden. Aufgrund des schnell gewachsenen Teams musste zudem das Zugehörigkeitsgefühl und die Mitarbeiterzufriedenheit gestärkt werden, um eine Fluktuation zu vermeiden.
Um die Einarbeitung der neuen Beschäftigten effektiv zu gestalten, zeitnah abzuschließen und im Hinblick auf die Aus- und Weiterbildung der bestehenden Mitarbeiter/-innen werden gewonnene Erfahrungen zur Dokumentation von Grundsatzentscheidungen und Entwicklung von standardisierten Vorlagen genutzt. Somit entsteht eine fortlaufende Prozessanalyse und -optimierung, welche durch die Sachgebietsleitung begleitet wird. Zudem wurde der Internetauftritt des Bereichs Einbürgerung angepasst. Neben einer kurzen und verständlichen Darstellung des Verfahrensablaufs ist dort der aktuelle Bearbeitungsstand der Warteliste sowie eine Prognose für die nächsten sechs Monate zu finden. Des Weiteren wurde die automatische Ansage der Hotline angepasst, damit Interessierte bereits dort notwendige Auskünfte erhalten. Durch diese Transparenz können sich Betroffene online und telefonisch schnell und unkompliziert ohne persönliches Gespräch zum aktuellen Stand erkundigen, womit die Anzahl der individuellen Anfragen per Hotline oder Mail gesunken sind.
Gleichzeitig konnte mit der Gründung des Sachgebiets „Einbürgerung“ das Sachgebiet „Asyl, Aufenthaltsbeende Maßnahmen“ (zu dem der Bereich „Einbürgerung“ zuvor gehörte) gestärkt werden. So war es möglich, die Umsetzung des Chancenaufenthaltsrechts zeitnah zu gewährleisten und die Herausforderungen der aktuellen Asylsituation zu bewältigen.
7. Wie hat sich die Einführung dieses Gesetzes auf die Fallzahlen in der Ausländerbehörde ausgewirkt, d.h. in wie vielen Fällen wurden entsprechende Anträge gestellt, wie viele davon wurden genehmigt und wie lang sind hierbei die Bearbeitungszeiten?
Von den rund 1.400 potentiellen Begünstigten, die die Voraufenthaltszeit für einen Chancenaufenthalt erfüllen, haben seit dem 31.12.2022 insgesamt 979 Personen einen Antrag auf Erteilung eines entsprechenden Aufenthaltstitels gestellt (Stand: 31.01.2024). Dies entspricht einer Quote von 70 Prozent. Hiervon konnten bisher 606 Anträge (62 Prozent) positiv beschieden werden, während 28 Anträge (3 Prozent) abgelehnt werden mussten. Eine Auswertung der durchschnittlichen Antragsbearbeitungszeit ist leider nicht möglich.
8. Wie wirkt sich die Gesetzesänderung vom 23. August 2023 zur Verkürzung der Frist für Einbürgerungen auf die Entwicklung der Fallzahlen in der Leipziger Ausländerbehörde aus?
Es wird zunächst darauf hingewiesen, dass das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts noch nicht in Kraft getreten ist. Es kann daher nur vermutet werden, welche konkreten Auswirkungen dieses auf die Fallzahlen haben wird. Dennoch ist damit zu rechnen, dass nach Eintritt der Gesetzesänderung verstärkt Anträge von Personen gestellt werden, für welche die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit in der Vergangenheit der Hinderungsgrund einer Einbürgerung darstellte und vor allem auch für Kinder die Einbürgerung beantragt wird, bei denen eine Entlassung aktuell erst ab Volljährigkeit möglich wäre. Zusätzlich wird auch die Verkürzung der Aufenthaltszeiten unmittelbar nach Inkrafttreten zu einer nicht unwesentlichen Zunahme der Antragstellungen führen. Gerade seit den letzten drei Jahren ist festzustellen, dass ein Einbürgerungs-interesse unmittelbar nach Erreichen der Gesetzesfrist bekundet wird, teilweise bereits davor. Generell wird bundesweit von einer Zunahme der Anträge in zwei- bis dreifacher Menge ausgegangen. Gleichzeitig sinkt die mittlere Bearbeitungszeit durch den Wegfall der Entlassungsverfahren nur geringfügig.
Die Stadt Leipzig hat sich in den vergangenen Wochen umfassend mit den voraussichtlichen Auswirkungen beschäftigt und wird dem Stadtrat in der nächsten Ratsversammlung eine entsprechende Beschlussvorlage vorlegen.
9. Wie lang sind derzeit die Bearbeitungszeiten bei Anträgen auf Verlängerung von Aufenthaltstiteln?
Eine konkrete mittlere Verfahrensdauer ist aus den Systemen der Ausländerbehörde leider nicht auswertbar. Erfahrungsgemäß ist es uns in der Regel möglich spätestens drei Monate nach Antragseingang auf diesen zu reagieren. (Intern haben wir uns das Ziel spätestens nach vier Wochen eine Eingangsbestätigung / Unterlagenanforderung zu versenden.) Kann über den Antrag dabei aufgrund unvollständiger Unterlagen oder weiterer Prüf- bzw. Beteiligungsbedarfe nicht entschieden werden, wird den Antragstellern eine Fiktionsbescheinigung zugeschickt. Diese weist nach, dass der Aufenthaltstitel bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend gilt (siehe: Informationen zur Fiktionsbescheinigung – Stadt Leipzig). Das umfasst auch die mit dem Aufenthaltstitel verfügte Arbeitserlaubnis.
Dabei variiert die Bearbeitungsdauer von Fall zu Fall stark und ist sowohl von der Arbeitsauslastung des jeweiligen Mitarbeiters, als auch der Vollständigkeit der Unterlagen und der Rückmeldegeschwindigkeit der Antragsteller abhängig. Im Musterfall: Student, Aufenthaltstitel nach § 16b AufenthG, vollständige Unterlagen, mittelmäßig ausgelasteter Mitarbeiter, kann innerhalb von einer Woche nach Antragseingang über den Antrag entschieden werden. Der Antragsteller erhält innerhalb von weiteren drei Wochen einen Termin zur Aufnahme seiner biometrischen Daten für den elektronischen Aufenthaltstitel und kann diesen zwei Wochen später abholen. Verschiebt man das ein oder andere Merkmal an dieser Konstellation kann die Bearbeitung jedoch deutlich länger dauern. In seltenen Ausnahmefällen kommt es durch Überlastung und/oder mehrfache Veränderungen der Sachlage (Arbeit, keine Arbeit, Arbeit in Probezeit, Ermittlungsverfahren, langsame Rückmeldung) zu Verfahrensdauern von Jahren.
10. Wie viele Fälle sind in diesem Bereich offen und müssen zeitnah entschieden werden?
Die Ausländerbehörde bearbeitet im Jahr rund 20.000 Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. Hinzu kommen einige tausend Duldungen, Gestattungen und Anträge auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis. Die Bearbeitungsdauer für sich genommen bewirkt, dass zu jeder Zeit ein entsprechender Bestand offener Fälle existiert, der für sich genommen jedoch nicht problematisch ist. Aus dieser Gesamtheit eine Menge an Anträgen zu ziehen, die zeitnah entschieden werden muss ist statistisch leider nicht auswertbar. Wir setzen daher darauf, dass wir für die Betroffenen ansprechbar und erreichbar sind und in Eilfällen pragmatisch und flexibel zu helfen – soweit uns dies rechtlich möglich ist. Die Ausländerbehörde verringert daher die in den letzten Jahren aufgelaufenen Bearbeitungsrückstände kontinuierlich und steigert die telefonische und elektronische Erreichbarkeit.
(Im Zeitraum 11/22 – 10/23 erreichten uns allein auf der zentralen Hotline der Ausländerbehörde 70.000 Anrufe, von denen 20.000 beantwortet wurden. Das entspricht einer Quote von rund 30%. Unser Ziel ist diese in 2024 auf 60% zu steigern.)
Dabei hilft uns auch der Umstand, dass wir zum Jahreswechsel die Mehrbedarfsstellen des HH 23/24 besetzen konnten. Die Einarbeitung läuft derzeit. Weiterhin haben wir mit verschiedenen Netzwerkpartnern (Leistungsbehörden, Migrationsberatungsstellen, Arbeitgebervertreter, IHK, Forschungseinrichtungen, Hochschulen) Eskalationsmechanismen für Eilfälle etabliert und unser Kontaktformular um eine Abfrage für eilige Fälle ergänzt. Diese werden priorisiert bearbeitet.
Um hier konkreter zu antworten müssten wir den problembehafteten Bereich konkreter gefasst bekommen. Allerdings wäre auch in diesem Fall keine eindeutige Identifikation „zeitnah“ zu bescheidender Anträge möglich.
11. Ist bekannt, bei wie vielen Antragstellern durch die verzögerte Bearbeitung die berufliche Existenz akut gefährdet ist?
Hierzu ist keine Aussage möglich, da wir die akute Existenzgefährdung unmittelbar nach Bekanntwerden abstellen. Die über die o. g. Eskalationsschleifen an uns herangetragenen Eilfälle bewegten sich in den letzten Monaten im einstelligen Bereich.