Redner: Christopher Zenker, Stadtrat der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
werte Gäste!

Die SPD-Fraktion unterstützt ausdrücklich den Wunsch des Migrantenbeirats nach einer Direktwahl. Wir unterstützen dies, obwohl uns bewusst ist, dass dies Geld kostet und obwohl mit einer niedrigen Wahlbeteiligung zu rechnen ist. Letzteres sollte nach den Wahlbeteiligungen bei den letzten Wahlen inklusive Neuwahl im Wahlkreis 9 ohnehin kein Argument mehr sein, da wir dann an unserer eigenen Legitimität zweifeln müssten. Für mich ist eine niedrige Wahlbeteiligung viel mehr ein Grund darüber nachzudenken, wie wir demokratische Willensbildung fördern können. Die Direktwahl des Migrantenbeirats, der sich für die Interessen hier lebender Migrantinnen und Migranten inklusive der Ausländerinnen und Ausländer einsetzt, ist ein Schritt, die Mitbestimmungsrechte eben dieser Bevölkerungsgruppe zu stärken, eine Bevölkerungsgruppe, die zum Teil gar nicht an Wahlen in Deutschland teilnehmen kann.

Wir sehen jedoch noch eine Menge Herausforderungen, die bis zu einer Direktwahl gelöst werden müssen. Hierzu zählt für uns das Wahlverfahren. Dieses ist nämlich nicht ganz so einfach zu lösen, wie sich manche das erhoffen. Sollten wir das Dresdner Modell anwenden, hätte das zur Folge, dass nur noch Personen mit nicht-deutschen Pass wählen dürfen. Dies würde zahlreiche Migrantinnen und Migranten ausschließen. Einen Weg über Eintragung in ein Wählerverzeichnis wiederum würde eine zusätzliche Hürde aufbauen, die zu einer noch niedrigeren Wahlbeteiligung führen wird. Darüber hinaus sind Quotenregelungen zu klären, um eine Durchmischung zu erreichen beziehungsweise sicherzustellen. Es ist eine Wahlsatzung und wahrscheinlich eine separate Satzung für den Migrantenbeirat zu erarbeiten und im Stadtrat abzustimmen. Dies kann einige Zeit in Anspruch nehmen, daher spricht sich die SPD-Fraktion dafür aus, den Migrantenbeirat zunächst nach dem aktuellen Verfahren neu zu bestimmen. Sobald eine Einigung mit dem Migrantenbeirat erreicht wurde und die dazugehörige Beschlussfassung im Stadtrat durchgeführt wurde, findet eine direkte Wahl des Migrantenbeirats statt.

Beschlussvorschlag:

Änderungsvorschlag:

Die Vorlage wird im Punkt 1 geändert und um Punkt 3 ergänzt:
1. Die Ratsversammlung beschließt zur Finanzierung des Leipziger Wirtschafts-, Standort- und
Tourismusmarketings die Erhöhung der jährlichen Grundfinanzierung 2014 auf 2.000.000 Euro,
2015 auf 2.200.000 Euro und 2016 auf 2.300.000 Euro (PSP-Element : 1.100.57.5.0.01 –
Tourismusförderung). Der Ansatz für 2017 wird auf dem Niveau von 2016 festgeschrieben.

2. -unverändert-

3. Die Stadtverwaltung legt die Destinationsstrategie Leipzig und Region (siehe
Ratsbeschlussnummer RBV-1672/13) sowie den Touristischen Entwicklungsplan (siehe Ratsbeschluss RBV-1339/12) spätestens im 1. Quartal 2015 dem Stadtrat zu Beschlussfassung vor.

Begründung:

Eine Anpassung der Zuschüsse wegen Gehaltsanpassungen, stärkeren Anstrengungen im Bereich des Online-Marketings sowie aufgrund der höheren Anforderungen an die Tourist-Information bzw. das Call-Center ist durchaus nachvollziehbar.
Andererseits stellen die Zuschüsse an die LTM GmbH bereits heute den Löwenanteil am
Zuschussbudget des Dezernates VII dar. So ist der LTM-Zuschuss bereits heute größer als der
Zuschuss zu Clusterförderung, Technologieförderung, Ansiedlungsförderung, Mittelstandsförderung,
Gewerbeflächenvorbereitung, Hochschulkooperationen und Co-Finanzierung von EU-Projekten zusammen. Bereits im Haushaltsjahr 2014 ist LTM von den 10-prozentigen Sparvorgaben zulasten der anderen Bereiche ausgespart geblieben. Die von uns vorgeschlagene Erhöhung ermöglicht bereits die o.g. nachvollziehbaren Verwendungen sowie eine leichte Erhöhung der weiteren Marketing und Vertriebsaufwendungen. Eine darüber hinausgehende Erhöhung ist im Rahmen der weiteren wirtschafts- und haushaltspolitischen Herausforderungen unverhältnismäßig und nicht ausreichend begründet.
Darüber hinaus wurden in den Jahren 2012 und 2013 im Stadtrat Beschlüsse zur strategischen
touristischen Entwicklung gefasst. Leider liegt dem Stadtrat bis dato kein entsprechendes Konzept
vor, auf dessen Grundlage die künftige finanzielle Unterstützung der LTM GmbH diskutiert werden
kann. Aus diesem Grund fordern wir, dem Rat diese Konzeption bis zum 1. Quartal 2015
vorzulegen.

Beschlussvorschlag:

Der Beschlusspunkt wird wie folgt geändert:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, gemeinsam mit dem Migrantenbeirat bis Ende des
2. Quartals 2015 ein Verfahren (Wahlverfahren, Quoten, Wahlberechtigte etc.) zu entwickeln, durch
das die Mitglieder des Migrantenbeirates, die nicht zugleich Mitglieder des Stadtrates sind, in
direkter Wahl bestimmt werden können.
Befristet bis zur Beschlussfassung einer entsprechenden Wahlsatzung für die direkte Wahl von Mitgliedern des Migrantenbeirates wird der Migrantenbeirat mit dem Beginn der neuen Wahlperiode nach dem bisher üblichen Verfahren gebildet.
Nach Beschluss der Wahlsatzung im Stadtrat und einer möglicherweise notwendigen Anpassung
der Geschäftsordnung des Beirates wird die Wahl für den Migrantenbeirat zum nächst möglichen
Zeitpunkt angesetzt.

Begründung:

Die direkte Wahl der Mitglieder des Migrantenbeirates, die nicht zugleich Mitglieder der
Ratsversammlung sind, ist begrüßenswert. Allerdings ist bislang nicht geklärt, wer unter welchen Umständen wahlberechtigt ist und wie die Wahl erfolgt, sodass eine direkte Wahl der Mitglieder des Beirates sinnvoll und rechtssicher vonstatten gehen kann.
Möglicherweise kann hier die Dresdner Satzung für die Wahl des Ausländerbeirates hilfreich sein,
auch wenn dort nicht alle Migranten ein aktives Wahlrecht haben, denn lediglich Ausländer (!), die
mindestens drei Monate mit Hauptwohnsitz in Dresden gemeldet sind, dürfen dort wählen. Deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund haben bei dieser Wahl kein Wahlrecht.

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, einen Beschluss der Ratsversammlung zur „Sozialgerechten Bodennutzungsverordnung“ (SoBoN) bis Mitte 2015 vorzubereiten.

Begründung:

Unter der Bezeichnung „Sozialgerechte Bodennutzung“ schuf die Stadt München ein Instrument zur Mitfinanzierung städtebaulicher Planungen und damit auch zur Entlastung des städtischen Haushalts. Die SoBoN leistet seit ihrer Einführung bis heute einen wesentlichen Beitrag zur zeitnahen Realisierung einer bedarfsgerechten und qualitativ anspruchsvollen Stadtplanung.
Die SoBoN ist ein Regelwerk für den Abschluss städtebaulicher, d.h. planungs-begleitender Verträge und Vereinbarungen. Sie sorgt für Transparenz der Verhandlungen, Kalkulierbarkeit der Kosten und Bindungen für die Investorenseite und die Stadt, sie sorgt für Gleichbehandlung der Vertragspartnerinnen und -partner. Die SoBoN beruht auf der Einsicht, dass wünschenswerte und erforderliche städtebauliche Planungen in der Regel – bei allen Vorteilen für die urbane Entwicklung – mit großen wirtschaftlichen Belastungen für Städte und Gemeinden verbunden sind,
die aus den allgemeinen Haushaltsmitteln nicht vollständig finanziert werden können. Soll die Stadtplanung trotzdem kontinuierlich weitergeführt werden, bleibt nur die Alternative, auch die Planungsbegünstigten, denen primär die Vorteile in Form von planungsbedingten Grundstückswertsteigerungen zufließen, zur Finanzierung der Voraussetzungen und Folgen solcher Planungen mit heranzuziehen und bestimmte Planungsziele vertraglich zu verankern.
Dabei muss den Betroffenen aber ein angemessener Teil des planungsbedingten Wertzuwachses verbleiben, damit ein Investitionsanreiz besteht und die individuellen Kosten – einschließlich eines angemessenen Ansatzes für Wagnis und Gewinn – gedeckt werden können.
Auch andere Städte wie Hamburg und Frankfurt/Main haben ähnliche Regelwerke.

Beschlußvorschlag:

1. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, bis Januar 2015 für das Objekt in der Klingenthaler Straße 14 in Thekla gemeinsam mit dem Träger des dort ansässigen Freizeittreffs (OFT) Internationaler Bund (IB) ein tragfähiges Entwicklungskonzept zu erarbeiten.
2. Mit dem Konzept sind Wege aufzuzeigen, wie das Gebäude schrittweise saniert
werden kann, so dass die Arbeitsfähigkeit des OFT und der anderen dort tätigen Vereine/Institutionen in den nächsten Jahren gesichert ist.

Begründung:

Im Mai diesen Jahres wurden die Nutzer des Objektes in der Klingenthaler Straße 14 in Thekla vom Amt für Jugend, Familie und Bildung informiert, dass sie in diesem Gebäude aufgrund des hohen Sanierungsbedarfs keine Perspektive haben. Sie wurden aufgefordert, sich nach anderen Räumlichkeiten umzusehen.

Hauptnutzer des Gebäudes ist der OFT „50° NordOst“ in Trägerschaft des IB. Es ist der einzige Freizeittreff für Kinder und Jugendliche im Planungsraum. Laut Jugendhilfeplan ist ein Angebot der Offenen Kinder- und Jugendarbeit im Planungsraum Nordost vorzuhalten. Die Suche nach alternativen Räumlichkeiten hat ergeben, dass es diese zumindest im näheren Umfeld nicht gibt. Das hat die Antragsteller bewogen, zu beantragen, das Objekt in der Klingenthaler Straße so weit zu entwickeln und instandzusetzen, dass die Arbeitsfähigkeit der dort ansässigen Vereine und Institutionen für die nächsten Jahre gesichert ist.

Geänderter Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister legt bis zum IV. Quartal 2014 dem Stadtrat ein Betreiberkonzept für das Bürgerhaus Völkerfreundschaft vor.

Folgende Prämissen sind dabei zu beachten:
 
• „Die Betreibung für das gesamte Gebäude wird einem Betreiber übertragen. Dies kann sowohl ein städtisches Amt als auch ein privater oder freier Träger sein. Die notwendigen finanziellen   Mittel werden dem Betreiber zur Verfügung gestellt.
 
• Die Völkerfreundschaft steht als offenes Haus den verschiedenen Vereinen, Institutionen, Initiativen, der Stadtverwaltung und der Öffentlichkeit für Veranstaltungen (vorzugsweise in den Bereichen Kinder- und Jugendarbeit, Seniorenarbeit, Kultur und Sport) zur Verfügung.
 
• Der Offene Freizeittreff bleibt als ein Angebot der offenen Kinder- und Jugendarbeit in kommunaler Trägerschaft erhalten.

Axel Dyck

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, sehr geehrte Gäste!

Wenn ich pro finanzielle Unterstützung des Katholikentages spreche, rede ich aus der Position eines „Nichtglaubenden“ und „Konfessionslosen“, ich bin da also völlig unverdächtig.
Eine Million sind eine sehr hohe Summe – absolut und psychologisch.
Wir sind hier aber nicht im Supermarkt, wo 9,90 Euro eben keine 10 Euro sind.

Die in Diskussion stehende Summe, die sehr hoch ist, kann von zwei Seiten aus betrachtet werden und zwar:
entweder unabhängig vom Ereignis des 100. Katholikentages, also runtergebrochen auf die nackte haushalterische und wirtschaftliche Bilanz sowie überregionale Aufmerksamkeit für Leipzig, oder wir reden auch politisch über dieses Ereignis an sich und die Kirche im Besonderen.
Beides zu vermengen fällt mir schwer.

Nach letztem, uns allen bekanntem Stand des Finanzplanes wird bei strikter Anwendung der Vollkostenrechnung ein substantieller Teil des Zuschusses direkt an die Stadt und städtische Unternehmen zurückfließen.
Vom strapazierten Begriff der Umwegerentabilität und ihrer positiven Wirkung in die Stadt hinein ganz zu schweigen.
Das ist übrigens auch ein Grund, warum es meiner Fraktion nunmehr mehrheitlich möglich ist, der Vorlage zuzustimmen.

In der öffentlichen Diskussion wurde die Frage gestellt, wie erkläre ich die Summe den Bedürftigen dieser Stadt? Ich kann das hier nicht beantworten, frage aber, wie argumentieren die Fragesteller die „Bedürftigkeit“ bei anderen Ereignissen, die wir ebenso großzügig unterstützen?
Zum Beispiel im nächsten Jahr bei der Kofinanzierung einer sportlichen B-Veranstaltung – der Hallenhockey-WM. Mit Stadtratsbeschlüssen direkt untersetzt und durch Sponsoring städtischer Unternehmen indirekt, kommen da auch eine halbe Million Euro zusammen. Für ein Ereignis, welches außerhalb der Arena in Leipzig kaum einer mitbekommen wird.
Eine transparente Vollkostenrechnung liegt uns hier nicht vor und wird sicherlich auch nicht vorgelegt werden, es sei denn, wir fordern dies in Zukunft bei allen Veranstaltungen die wir unterstützen ein.
Für den Katholikentag fordern wir dies mit unserem Antrag 3.
Zwischenfrage: Wo sind da mit Blick auf den Änderungsantrag 1 die gesellschaftlich relevanten Relationen zwischen Hallenhockey und Kirchentag.

Und da bin ich beim Katholikentag. Ich verstehe all die, die den Kirchen und der katholischen insbesondere so kritisch gegenüberstehen, dass sie sagen – kein Geld. Das wäre konsequent, aber bitte nicht die Höhe des Zuschusses vorschieben – das ist dann im wahrsten Sinne des Wortes scheinheilig.
Als Atheist bin ich dafür, dass wir Kirchentage unterstützen, katholische wie evangelische. Und auch in dieser Höhe. Und zwar aus einem einzigen Grund.
Keine andere gesellschaftliche Kraft und die hier im Rat vertretenen Parteien schon gar nicht, ist aktuell in der Lage, in solch einer gebündelten Form, Breite und thematischen Vielfalt die uns alle drängenden Fragen des Zusammenlebens der Menschen in Deutschland und darüber hinaus streitbar zu diskutieren.
Das müssen wir in unserer politischen Verantwortung fördern und unterstützen.
Gehen wir also alle hin und diskutieren mit oder hören zu und fordern die Leipziger ebenso dazu auf.
Zugangsbarrieren müssen hierbei seitens der Veranstalter abgebaut werden.
Ich hoffe, dass da am Ende des Sonntags auch eine ganze Menge geistige Substanz für unsere Stadt übrig bleiben kann.