Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren Stadträte,
sehr geehrte Besucher,

zunächst möchte ich dem Oberbürgermeister sehr deutlich für die hier vorgelegte klare Positionierung zum Erhalt der S-Bahn-Linie 1 danken. Mit der Vorlage, die der Stadtrat jetzt gleich beschließen soll, setzen wir uns gemeinsam, Oberbürgermeister und Stadtrat, ganz klar für die Belange der Grünauer und vieler weiterer Bürger im Leipziger Westen ein. Wir fordern den Erhalt der S-Bahn-Linie und die Ausschöpfung aller Alternativen dazu.

Unglücklicherweise liegt die Entscheidung nicht im Ermessen der Stadt Leipzig allein, sondern beim Zweckverband für den Nahverkehr in Leipzig (ZVNL), in genau einer Woche. Dort haben dann eben auch noch die uns umschlingenden Landfürsten ein Wort mitzureden.

Eine Reihe von Gründen sprechen jedoch klar für die S 1:

Mit täglich 3500 bis 4500 Nutzern an Wochentagen, ist die Linie im sachsenweiten Vergleich sehr gut ausgelastet. Das Aufwand-Nutzen-Verhältnis ist nach Angaben der Deutschen Bahn sogar so gut, dass die S 1 in etwa ihre laufenden Kosten selber trägt. Gerade eine solche Linie abzubestellen, um andere hochsubventionierte Linien weiterbetreiben zu können, dass wäre wirtschaftlicher und verkehrspolitischer Irrsinn.
Hinzu kommt aus Sicht der Stadtentwicklung gerade in Grünau die Bedeutung der Linie für die Stabilisierung von Wohnquartieren und Wirtschaftsstrukturen, etwa durch die Anbindung des Allee-Zentrums (immerhin eines von zwei B-Zentren der Stadt) oder des Wohngebietszentrums im WK 8, genau an der Endstelle der S 1. Diese Postkartenaktion an den ZVNL wurde aktuell durch die gemeinsame private Initiative von Sozialverbänden, Investoren und Gewerbetreibenden vor Ort gestartet, die sich um ihren Standort sorgen.

Dass wir überhaupt in der Situation sind, über die Einstellung der S 1 diskutieren zu müssen, liegt an der Fehlentscheidung von FDP-Minister Morlok in Dresden, die Bundesmittel für den Nahverkehr nicht entsprechend an die Nahverkehrsverbünde weiterzuleiten, sondern im sächsischen Haushalt selber zu schlucken. Die Behauptung, der Nahverkehr in Sachsen würde dadurch effizienter ist quatsch. Dies zeigt die schwierige Entscheidungsfindung um die S  1 ganz deutlich. Der Nahverkehr in Sachsen wird nicht effizienter, sondern weniger attraktiv und weniger leistungsfähig. Dies ist im Übrigen auch eine Verschlechterung des Wirtschaftsstandortes Sachsen.

Der Ergänzungsantrag der SPD-Fraktion im Stadtrat verfolgt das Ziel, Forderungen der Bürger vor Ort mit aufzugreifen. Auch nach der Vertragsunterzeichnung für das neue Netz an diesem Montag wollen wir die stetige Zusicherung, daß ab Dezember 2013 die S 1 weiter Bestandteil des ÖPNV-Netzes der Region Leipzig ist. Die geplanten Ausgleichsmaßnahmen sollen Bestandteil des Stadtratsbeschlusses werden. Angelegenheiten, für welche die Stadt nicht selber zuständig ist, wie die Pflege der Anlagen durch die Deutsche Bahn, sollen uns als Akteure vor Ort zumindestens den Rücken stärken, wenn wir diesbezüglich Kontakt mit dem Eigentümer der Bahnanlagen aufnehmen müssen.

Und zuletzt möchten wir auch über erfolgten Prüfungen von Alternativen im ZVNL informiert werden, um sicher zu gehen, dass die auch hier wieder vorgetragenen Argumente, mit allem Ernst, auch im ZVNL verfolgt werden.

Herzlichen Dank!

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!

Die heutige Sondersitzung des Stadtrates ist ein weiteres Kapitel in der Familiensaga der Stadt Leipzig und ihrer Töchter, Enkel und Urenkel – eine unendlichen Geschichte, die noch vor der Gründung der LVV vor 15 Jahren begann und sicherlich noch viele Jahre als Fortsetzungsroman weiter geschrieben werden wird. Vielleicht gibt es auch eines Tages hierzu eine Telenovela, die dann über schnelle Datenleitungen zehntausendfach konsumiert werden kann.

Auch das heute zu behandelnde Kapitel hat eine sehr lange Vorgeschichte. Die meisten Protagonisten der Vergangenheit, darunter ein paar große und kleine Könige, aber auch eine ganze Reihe Vasallen sind einem großen Teil, der heute hier in diesem Saal in Verantwortung für unsere Stadt stehenden Stadträte, Bürgermeister, Oberbürgermeister und Geschäftsführer nicht einmal mehr vom Namen her bekannt.

Noch weniger gegenwärtig sind fast allen Anwesenden hier im Saal die konkreten Umstände und Hintergründe, warum 1997 – Stichwort Gesellschafterdarlehen oder 2003 – Stichwort Rückkauf von 40% SWL-Anteilen, die Entscheidungen, übrigens alle durch Beschlüsse des Stadtrates untersetzt, so und nicht anders gefallen sind.
Deshalb ist es auch nicht opportun, ja sogar unredlich, die damaligen Entscheidungen mit dem Hintergrundwissen von heute per se mit dem Attribut „falsch“ oder „richtig“ zu belegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Parlamente, also auch der Stadtrat, entscheiden nicht jedes Mal vom Grundsatz her neu, auch nicht wenn politische Mehrheiten wechseln.
Sondern, sie bauen auf demokratisch legitimierten Entscheidungen auf und haben die Pflicht, diese Entscheidungen jeweils neuen Gegebenheiten gegenüber anzupassen.

Warum hole ich soweit aus? Weil ich den Eindruck habe, dass es auch unter uns Stadträten einige gibt, die sich vor dieser Verantwortungsübernahme scheuen. Ja mehr noch, ich habe den Eindruck, und das ist mir in den letzten Wochen mehr als klar geworden, das der gesamte Stadtrat, mich und meine Fraktion eingeschlossen, seit 2008 nicht sorgsam genug mit der LVV–Problematik und den eigenen Beschlusslagen umgegangen ist.

Zum einen hat der Stadtrat im Oktober 2008 die Eigentümerziele für die LVV formuliert, darin u. a., dass die LVV im Konzern die vollständige Finanzierung des ÖPNV im steuerlichen Querverbund sicher stellt und die Tilgung des Gesellschafterdarlehens umsetzt.
Der Ehrlichkeit halber ist hinzuzufügen, dass darüber hinaus Erwartungen gegenüber der Geschäftsführung formuliert wurden, die zusätzliche Haushaltsbeiträge oder Investments beinhalteten und realisierten.

Im Ergebnis der Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der LVV vor allem in Bezug auf die Erwartungshaltung der Eigentümerin, also der Stadt Leipzig, hier vertreten auch durch den Stadtrat wurde dieser bereits spätestens mit der Ratsversammlung im Januar 2009 über eine finanzielle Deckungslücke bis 2012 in Höhe von 145 Mio. Euro informiert. 145 Mio. Euro – übrigens auch ein Ergebnis des Bürgerentscheides von 2008.
Die Reaktion des Stadtrates bis Mitte/Ende letzten Jahres: freundliche Kenntnisnahme und Hoffen auf bessere Zeiten.

Die LVV hat seit 2008 in immer kürzer werdenden Schritten dem Stadtrat gegenüber kein Hehl daraus gemacht, dass ein Baustein zur Verbesserung der Konzernfinanzierung die Veräußerung von Beteiligungen darstellt.
Der Oberbürgermeister hat pflichtgemäß und in Verantwortung für die Stadt und den Konzern gehandelt, durch Beschlussvorlagen im Aufsichtsrat und uns gegenüber.
Verzögert und gezögert hat wiederum der Stadtrat.
Ich persönlich werde diese defensive Haltung nicht mehr verantworten wollen.

Worum geht es?
Zu allererst um die Erkenntnis, dass wir heute über die Leistungsfähigkeit der Gesamtstadt als Einheit von städtischem Haushalt und Konzernbilanz zu entscheiden haben. Und zwar ganz konkret bereits für den Haushalt 2011.
Mit der uns vorliegenden Beschlussempfehlung, die durchaus für eine ganze Reihe Stadträte, einen schwer verdaulichen Kompromiss darstellt, gehen wir über die reine Frage einer Teilprivatisierung von zwei kommunalen Unternehmungen deutlich hinaus. Es werden darüber hinaus Lösungen zur Neuordnung der Finanzströme zwischen LVV und Stadt angestrengt und es wird nach 2008 bereits erneut die Effizienz der Konzernstruktur hinterfragt. Beides muss sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wenn wir heute diesen vorgeschlagenen Weg nicht gehen – andere, belastbare Lösungen wurden von den Kritikern leider bis heute nicht aufgezeigt – verschärfen wir das Finanzproblem der Stadt und des Konzerns in unverantwortbarer Art und Weise.
Sollte der Finanzbürgermeister durch den Stadtrat gezwungen werden, den Haushalt zu kassieren, plädiere ich persönlich für einen radikalen Schnitt bei den freiwilligen Leistungen. Im investiven Bereich dürfen wir den uns dann noch verbleibenden kleinen Spielraum für die Zukunftsgarantie unserer Stadt nicht verbauen.

Den Gegnern der heutigen Beschlusslage werfe ich falsches Spiel vor. Ehrlich wäre es von denen am vergangenen Sonnabend gewesen, wo durch den Finanzausschuss in Kenntnis der heutigen zu behandelnden Thematik weitere Ausgaben von über zwei Millionen beschlossen wurden, jegliche Ausgabenerhöhungen dann auch konsequenterweise abzulehnen. Der Topf ist leer gelöffelt.
Wer die Lösung in fiktiven Gewerbesteuereinnahmen sieht, möge daran denken, dass diese aus Unternehmensgewinnen fließen, zum weitaus großen Teil aus privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen, die bei Ablehnung ein Signal aus dem Stadtrat erhalten, welches man auch so interpretieren kann: Unternehmer und deren Investments sind in dieser Stadt unerwünscht.

Beschlussvorschlag:
1. Das Verkehrsschild an der Ecke Wundtstraße/Karl-Tauchnitz-Straße „Für LKW frei bis F.-Rhode-Straße“ wird entfernt und durch ein übliches LKW-Verbotsschild ohne Ortshinweis ersetzt.
2. Die Stadt soll bis zum 30.06.2011 eine Verkehrszählung in quantitativer und qualitativer Hinsicht für LKW ab 3,5 Tonnen und Schwerlaster vornehmen. Dabei soll eruiert werden, wie hoch die Anteile von Durchgangs- und Zielverkehren sind.
3. Sollte es sich um einen erheblichen Anteil von Durchgangsverkehren handeln, soll ein generelles LKW-Verbot (mit Ausnahme Lieferverkehr frei) innerhalb des Autobahnringes, wie in München bereits eingeführt, für Leipzig geprüft und umgesetzt werden.
4. Das bisherige Verkehrskonzept der Stadt soll generell überprüft und weiter entwickelt werden. Dazu wird dem Stadtrat in diesem Jahr eine entsprechende Beschlussvorlage vorgelegt.

Begründung:
Die aktuelle Entwicklung im Musikviertel hinsichtlich der Proteste gegen die Verkehrssituation gibt Anlass zur Sorge. Die Ferdinand-Rhode-Straße, als Anwohnerstraße ausgewiesen, ist überhaupt nicht, sowohl vom Zustand als auch vom Verlauf, für Durchgangsverkehr geeignet. Vor allem sind hier direkt mehr Anwohner – besonders Familien und Senioren – betroffen als in der Harkortstraße, die nun vom Schwerlastverkehr befreit ist.
In der F.-Rhode-Straße befindet sich ein großer Kindergarten. Viele Eltern bringen und holen ihre Kinder mit dem Auto ab. Die Gefahrenquellen, die man damit schafft, sind keinesfalls hinnehmbar und auch nicht durch den Luftreinhalteplan zu rechtfertigen.
Im Zuge der Weiterentwicklung des gesamtstädtischen Verkehrskonzeptes muss insbesondere die Reduzierung des LKW-Durchgangsverkehrs eine Schlüsselrolle spielen.

Ansprechpartner: Heiko Oßwald (Kontakt: 0179-2157105)

Beschlussvorschlag:
Der Leipziger Stadtrat spricht sich im Rahmen der Schließung der Sparkassen-Filiale Selliner Straße für den Einsatz von Selbstbedienungsautomaten für Bargeld und Überweisungen (SB-Filiale) als Ausgleichsmaßnahme aus. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, im Rahmen seiner Tätigkeit als Vorsitzender des Verwaltungsrates der Sparkasse Leipzig sich für dieses Anliegen einzusetzen.

Begründung:
Das Wohngebietszentrum im Grünauer WK 8 versorgt etwa 10.000 Einwohner der Stadt Leipzig. Es ist als ein Stabilisierungskern innerhalb des Stadtumbaugürtels in Grünau ausgewiesen. Bisher wird dies insbesondere durch private Investitionen gewährleistet. Zur langfristigen Funktionsfähigkeit eines solchen Zentrums gehören jedoch neben diversen öffentlichen Investitionen auch grundlegende Dienstleistungen wie Bargeldversorgung und Zahlungsabwicklungen.
Durch die Schließung der Selliner Straße als Vollfiliale kann die Sparkasse Leipzig bereits deutliche Einsparungen am Standort vornehmen. Die verbleibenden Kosten für den Betrieb von Selbstbedienungsautomaten müssen von der Sparkasse Leipzig im Rahmen ihres Versorgungsauftrages weiter getragen werden. Von einer deutlichen und hohen Nachfrage kann aufgrund der bisher möglich gewesenen Nutzung als Vollfiliale ausgegangen werden. Auch die Lage im Herzen des WK 8, inmitten eines Ärzte-, Einkaufs- und Kulturzentrums sprechen dafür.

Ansprechpartner: Heiko Bär (Kontakt: 01577-1583356)

Beschlussvorschlag:
Die Geschäftsordnung für die Ratsversammlung (Stadtrat) der Stadt Leipzig und ihre Ausschüsse wird unter §13 Anfragen wie folgt geändert:

(4) Für die Beantwortung von Anfragen nach Abs. 1 steht je Sitzung ein Zeitraum von einer Stunde zur Verfügung. In Ausnahmefällen kann eine schriftliche Beantwortung vereinbart werden. Nicht erledigte Anfragen und unbeantwortet gebliebene Zusatzfragen werden vom Oberbürgermeister innerhalb einer Frist von zehn Tagen schriftlich gegenüber allen Stadträten beantwortet. Alle Antworten, ob sie mündlich in der Ratsversammlung oder entsprechend schriftlich beantwortet wurden, werden umgehend in das elektronische Ratsinformationssystem eingepflegt.

Form der schriftlich beantworteten Anfragen:
Jeder einzelnen Antwort in einer Anfrage ist die zugehörige Frage voranzuführen.

Ansprechpartner: Mathias Weber (Kontakt: 0341-1232139 – über die Fraktionsgeschäftsstelle)

Beschlussvorschlag:
Verweist eine Vorlage oder Information, die dem Stadtrat oder dessen Gremien vorgelegt werden soll, auf zurückliegende Beschlüsse respektive Drucksachen, so ist durch das zuständige Dezernat zu prüfen, ob diese im „Elektronischen Ratsinformationssystem“ vollständig vorhanden sind.

Ist dies nicht der Fall, sind alle fehlenden Dokumente in elektronischer Form zeitgleich mit den Dokumenten nach RBIV-1121/08 an das Büro für Ratsangelegenheiten zu übergeben.

Begründung:
Eine Vielzahl von Drucksachen verweisen auf ältere Beschlüsse. Durch das Einpflegen aller notwendigen Dokumente kann auch für neue Stadträte die Konsistenz des Verwaltungshandelns nachvollzogen werden.


Ergänzungsvorschlag:

Der Beschlussvorschlag wird wie folgt ergänzt:

Beschlusspunkt 4:
… Die Stadt Leipzig erwartet außerdem die Zusicherung des ZVNL, dass mit Betriebsaufnahme des „Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes“ die Wiederaufnahme des Betriebes der S 1 erfolgt.

Neuer Beschlusspunkt 5:
Sofern die vorübergehende Stilllegung der S 1 unausweichlich ist, sind aus Sicht der Stadt Leipzig folgende Kompensationsmaßnahmen (s. Punkt 4) vorzunehmen:
– Führung der Buslinie 80 von Wahren über Möckern nach Grünau
– dichterer Takt des Grünolino
– ggfl. eine zusätzliche Straßenbahn auf der Stadtbahnlinie 15 in der Frühspitze

Zu prüfen ist, inwieweit die Instandsetzung der S-Bahn-Brücke Miltitzer Allee mit Mitteln des ZVNL finanziert werden kann.
Die Deutsche Bahn ist nachdrücklich anzuhalten, eine regelmäßige Beräumung von Verunreinigungen auf den vorübergehend stillgelegten Bahnanlagen durchzuführen.

Neuer Beschlusspunkt 6:
Die Stadtverwaltung informiert den Stadtrat in geeigneter Weise über die im ZVNL geprüften Optionen und ihrer Ergebnisse.