Bei den jüngsten Großveranstaltungen (Rammstein, Elton John, Bon Jovi) in der Red-Bull-Arena wurden in Leipzig, insbesondere in den angrenzenden Wohnvierteln, Rad- und Fußwege sowie Parkanlagen zugeparkt.

Wir möchten anfragen:

  1. Wie schätzt die Stadtverwaltung die Situation im Umfeld des Stadions bei Veranstaltungen ein? Was unternimmt die Stadt oder hat die Stadt Leipzig vor den Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung kapituliert?
     
  2. Wie werden die Park-and Ride-Parkplätze – auch in Kooperation mit den Veranstaltern – beworben?
     
  3. Wie viele Bedienstete der Verkehrsüberwachung des Ordnungsamtes waren an den Veranstaltungstagen im Umfeld der Veranstaltungen im Einsatz? (Bitte Aufschlüsselung nach Tagen bzw. Ereignissen.)
     
  4. Wie viele Strafzettel wurden bei den Konzerten und Sportveranstaltungen im Mai in der Red-Bull-Arena und im Umfeld verteilt? (Bitte Aufschlüsselung nach Tagen bzw. Ereignissen.)
     
  5. Wie oft wurden Fahrzeuge am Rande der Konzerte und Sportveranstaltungen abgeschleppt? (Bitte Aufschlüsselung nach Tagen bzw. Ereignissen.)
     
  6. Neben zugeparkten Rad- und Fußwegen war zuletzt auch auffällig, dass auf Grünflächen geparkt wurde. Was unternimmt die Stadt insbesondere gegen zugeparkte Grünflächen?

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, zusammen mit den Stadtwerken Leipzig und dem Abfallzweckverband als Betreiber der Deponie in Seehausen Vorschläge vorzulegen, die in Form einer in den nächsten 3 Jahren abzuarbeitenden Liste von Maßnahmen erstellt wird. Die darin enthaltenen Maßnahmen sind personell und finanziell zu untersetzen, um, trotz der Nutzung der Deponie Seehausen als Solarberg, im Umfeld und vor allem in den Ortsteilen von Seehausen Lebensqualität zu erhalten und zu steigern.

Mindestens sollen folgende Maßnahmen enthalten sein:

1. Ausgleichsmaßnahmen für die Eingriffe in die Natur sollen zu einem großen Teil direkt vor Ort realisiert werden. Dazu sind auch kleinteilige Maßnahmen wie Grün- oder Baumstreifen an Straßen und Radwegen sowie das Anlegen eines Grünstreifens an der Autobahn A 14, als Beitrag des Zweckverbandes auch im B-Plan-Gebiet vor Ort zu prüfen und ggf. zu realisieren. Da die Gebiete Teile der Frischluftschneise der Stadt Leipzig sind und im Rahmen des Wasserkonzeptes z.B. die Nördliche Rietzschke oder Mühlgraben renaturiert werden sollen, könnte eine wasserführende Rietzschke, verbunden mit der entsprechenden Bepflanzung mit geeigneten Bäumen, die Frischluftgewinnung unterstützen.

2. Es soll so viel Grün wie möglich auf dem Berg zu erhalten bleiben und Lücken zwischen der PV-Anlage mit geeigneten Pflanzen begrünt sowie alle Wege rund um die Deponie, so weit möglich, saniert, begrünt und nutzbar gemacht werden (Bsp.: Podelwitzer Weg und Bergweg).
 

3. Orientiert an der Maßnahmenliste der Bürger der Seehausener Ortsteile, werden Gebäude, Flächen und Einrichtungen für eine Vereinsnutzung optimiert und dazu eine gemeinsame Liste geeigneter Maßnahmen für die 3 Jahre in Zusammenarbeit mit dem Ortschaftsrat erstellt und abgearbeitet.
 

4. Geplante Baumaßnahmen an Straßen, Rad- und Fußwegen, die bereits vorgesehen sind, aber bislang eine niedrigere Priorität haben, werden geprüft und ggf. vorgezogen, um zügig einen Ausgleich herzustellen. (Beispiele: Fuß- und Radweg von Göbschelwitz nach Hohenheida, Göbschelwitz zur B2, Gottscheina nach Merkwitz inkl. Radweg, Hohenheida zu BMW inkl. Radweg)
 

5. Im Zuge der Anbindung der Gewerbegebiete rund um Seehausen wird geprüft, wie dabei der ÖPNV auch für die Ortslagen verbessert werden kann und dazu ein Vorschlag vorgelegt.

Begründung:

Gerade die Ortsteile im Norden der Stadt tragen erhebliche Lasten der wirtschaftlichen Entwicklung, von der die Gesamtstadt profitiert. Deshalb muss ein Anliegen der Stadtverwaltung sein, hier zügig entsprechende Ausgleichsmaßnahmen vorzunehmen, um die Lebensqualität im Norden der Stadt zu erhalten und zu steigern. Das geht auch mit kleineren, zügig umsetzbaren Maßnahmen.

Christina März

Rednerin: Christina März, Stadträtin

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Dezernentinnen und Dezernenten,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

mit der heute vorgestellten Informationsvorlage zur Lebenssituation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans-, Inter- und Queers – kurz LSBTIQ-Personen – in Leipzig hat die Verwaltung einen Antrag der SPD-Fraktion zeitnah umgesetzt.

Vergangenen September hatte unsere Fraktion gefordert, die Sichtbarkeit von und die Solidarität mit homo-, trans- und intersexuellen Menschen im Stadtraum sichtbarer zu machen. Deshalb wurde gestern, am 17. Mai, anlässlich des Internationalen Tages gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie erstmalig auch in Leipzig die Regenbogenfahne vor dem Neuen Rathaus gehisst. Ein wichtiges und sichtbares Zeichen wurde dadurch gesetzt. Nicht nur an dem inzwischen bekannten Christopher Street-Day mit der dazugehörigen CSD-Woche zeigt die Regenbogenfahne seit diesem Jahr alljährlich, dass wir Solidarität mit LSBTIQ-Menschen leben.

Ebenso wichtig ist auch, dass die Verwaltung die von uns geforderte Informationsvorlage zur Lebenssituation von LSBTIQ-Personen in Leipzig zum Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie fertig erstellt hat und sie der Ratsversammlung vorlegen kann.

Ich möchte hierbei einige Punkte hervorheben:

  • Ansprechpartnerin bei der Staatsanwaltschaft
  • Beratungsangebote

Für die Zukunft:

  • Abstammungsrecht reformieren  à Recht muss endlich auch die gesellschaftlichen Realitäten abbilden

Der Beratungsbedarf kann momentan aufgrund des steigenden Bedarfs und der Komplexität der Thematiken noch nicht komplett realisiert werden. Für eine Stärkung und finanzielle Untersetzung werden wir uns in den kommenden Haushaltsverhandlungen stark machen.

Rednerin: Ute Köhler-Siegel, stellv. Fraktionsvorsitzende

Ute Köhler-Siegel

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
verehrte Stadträtinnen und Stadträte,
werte Gäste,

Schulsozialarbeit hat sich an vielen Schule etabliert, zumindest an den Schulen, an denen es Schulsozialarbeit gibt: An Oberschulen, Förderschulen und leider nicht an allen, aber an einer Vielzahl von Grundschulen.

In der heutigen Vorlage soll der Indexwert für Gymnasien auf 1,4 abgesenkt werden. Dadurch können in vier der 25 Gymnasien in städtischer Trägerschaft je ein Schulsozialarbeiter oder eine Schulsozialarbeiterin unterstützend für Kinder und Jugendliche arbeiten.

Das ist zu wenig für rund 17.000 Schülerinnen und Schüler, die in dieser Stadt ein städtisches Gymnasium besuchen. Zu Recht weisen die Schulleiterinnen und Schulleiter der Leipziger Gymnasien seit geraumer Zeit immer wieder darauf hin, dass auch an dieser Schulart Schulsozialarbeit notwendig ist.

Vielfältige Rahmenbedingungen erschweren die Arbeit der Pädagogen. Wie an allen anderen Schularten spielt das Thema Übergänge eine große Rolle. Hierbei geht es nicht nur um den Übertritt von der Grundschule zum Gymnasium, sondern auch um die Schülerinnen und Schüler, die von der Oberschule ins Gymnasium wechseln. Oder Kinder, die trotz gegenteiliger Bildungsempfehlung ein Gymnasium besuchen, obwohl die Oberschule für sie idealer wäre.

Daneben gibt es aber auch in Gymnasium Kinder mit Migrationshintergrund, Bezieher von SGB II, Integrationskinder, Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten oder mit Teilleistungsstörungen.  Und Corona fand auch an Gymnasien statt. Wie für fast alle Jugendlichen in der Pubertät gab es auch in Gymnasien viele Schülerinnen und Schüler, die in dieser Zeit eben nicht optimal zu Hause lernen konnten und daraus Problemlagen entwickelten, für die Lehrerinnen oder Lehrer aufgrund ihrer Ausbildung gar nicht zuständig sein können.

Für meine Fraktion ist es wichtig, dass wir alle Kinder und deren Probleme gleich wichtig nehmen. Wir haben schon oft Anträge gestellt, in denen wir besonders die Gleichbehandlung von Oberschulen eingefordert haben.

Heute fordern wir mit unserem ÄA die Gleichbehandlung der Gymnasien bei der Ausstattung mit Schulsozialarbeit. Grundschulen erhalten ab einem Indexwert von 1,0 einen Schulsozialarbeiter, Oberschulen und Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Leipzig werden grundsätzlich mit einer Stelle bedacht.In der heutigen Vorlage soll der Indexwert der Gymnasien auf 1,4 festgelegt werden. Ich hatte eingangs bereits darauf hingewiesen, dass damit lediglich in 2 weiteren Gymnasien Stellen für Schulsozialarbeit geschaffen werden könnten – insgesamt in vier Gymnasien von 25. Das reicht uns nicht. Meiner Fraktion ist klar, dass die Bereitstellung zusätzlicher Stellen mit erheblichen finanziellen Aufwänden verbunden ist. Uns ist auch klar, dass in der Vorlage der Satz steht: „Neben der vorgenannten Priorisierung ist jeweils das Vorhandensein finanzieller Mittel mitentscheidend für Einrichtung und Ausbau und – falls notwendig – den Rückbau von Schulsozialarbeit.“ Dennoch ist es für uns wirklich wichtig, das Thema Schulsozialarbeit weiterzuentwickeln. Der Ausbau muss vorangetrieben werden. Das Ziel bleibt, dass es an jeder Schule mindestens einen Schulsozialarbeiter oder eine Schulsozialarbeiterin geben muss.

Heiko Bär

Redner: Heiko Bär, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,

das Thema, wie wir in unserer Stadt mit dem russischen Generalkonsulat umgehen, erfordert eine hohe Sensibilität. Denn einerseits wollen wir unmissverständlich klar machen, dass wir die Menschen- und Völkerrechtsverletzungen der russischen Regierung, welche das Konsulat betreibt, nicht akzeptieren und tolerieren. Auf der anderen Seite müssen wir uns genauso unmissverständlich und klar gegen jedwede antirussische Stimmung, von wem auch immer, stellen. Beides muss gleichzeitig gehen und erfolgen. Wir müssen deutlich trennen zwischen dem Umgang mit einer Einrichtung der russischen Regierung einerseits und russischen Menschen andererseits, die nicht auf ihre Herkunft reduziert werden dürfen. Diese Sensibilität war bereits im Ursprungsantrag angelegt, wurde in der Neufassung, die wir heute zur Abstimmung stellen aber nochmal deutlich herausgehoben.

Die Verwaltung hat bereits damit begonnen, die protokollarischen Beziehungen mit dem Generalkonsulat auszusetzen. Das ist gut und richtig. Der Antrag hier im Stadtrat ist dennoch nötig. Erstens handelt es sich um ein hochpolitisches Thema, für welches der Stadtrat als oberstes Beschlussgremium der Stadt zuständig ist. Zweitens wird mit einem Stadtratsbeschluss auch nur der Stadtrat diesen wieder aufheben können, sofern eines Tages die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Das wollen wir auch nicht einfach als untergeordnete Verwaltungsangelegenheit behandelt wissen. Drittens gehen die Beschlussvorschläge heute weit über das Verwaltungshandeln hinaus.

Die Neufassung baut auf dem Verwaltungsvorschlag auf. Im Beschlusspunkt 1 macht die Formulierung „bis auf weiteres“ deutlich, dass erst der Stadtrat hier einen anderen Sachverhalt feststellen kann. Im Beschlusspunkt 2 bitte ich zu verstehen, dass uns ein „bilateraler Dialog“ zu weit geht. Mit der Vertretung der russischen Regierung wollen wir keinen freundschaftlichen Austausch zu politischen Fragen und aktuellen Entwicklungen, wie die Verwaltung vorschlägt. Richtig ist aber, dass wir uns über notwendige technische und Koordinationsfragen abstimmen müssen. Schließlich nimmt Beschlusspunkt 3 die Diskussionen aus dem Verwaltungsausschuss und dem Migrantenbeirat auf, sich deutlich gegen antirussische Ressentiments zu stellen und unter uns Leipzigern, egal welcher Herkunft, ein friedliches und respektvolles Zusammenleben zu ermöglichen.

Wir sind davon überzeugt, dass wir heute einen Vorschlag zur Abstimmung vorlegen, der die Hinweise aus den Vorberatungen aufnimmt und eine breite Mehrheit hier im Rat finden kann. Vielen Dank dafür.

Prof. Dr. Getu Abraham
Prof. Dr. Getu Abraham

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

verehrte Stadträte,

werte Gäste,

vorab: Ich halte diese Rede heute stellvertretend für meine Kollegin, Ute Köhler-Siegel.

Schulsachbearbeiterinnen und Schulsachbearbeiter leisten viel. Daher ist es gerechtfertigt, dass geprüft wird, ob die Stellenbeschreibung als auch die Eingruppierung noch zeitgemäß und angemessen sind.

Im Fachausschuss haben wir das Thema besprochen und die Verwaltung evaluiert bereits. Die Ergebnisse sollen bis Ende des 2. Quartals 2022 präsentiert werden, also spätestens im Juni.

Mit Verwunderung nahm meine Fraktion daher den Antrag der Grünen und Linken zur Kenntnis.

Es wir die Prüfung folgender Punkte gefordert:

  • Eingruppierung
  • Anpassung der Stellenbeschreibung

Das Ergebnis soll bis zum Ende des 2. Quartals, also bis Juni vorgelegt werden.

Ich gehe fest davon aus, dass die Verwaltung genau zu diesen Punkten prüft. Also sind die Punkte 1a, 1b und der Punkt 2 des Antrags bereits Verwaltungshandeln.

Außerdem gehe ich davon aus, dass die Verwaltung den bereits beschlossenen Stellenplan umsetzt und sofort die bislang nicht abgerufenen 5 Stellen besetzt. Frau Felthaus, bitte berichten Sie in den nächsten Sitzungen des Fachausschusses darüber. Damit ist der Punkt 3 auch erledigt.

Die Antragssteller fordern zudem zusätzliche Stellen für den Springerpool und die Fachaufsicht.

Sehr geehrte Damen und Herren der antragstellenden Fraktionen, über die Schaffung zusätzlicher Stellen wird im Rahmen der Haushaltsplanung gesprochen.

Daher kann meine Fraktion diesen Punkten heute nicht zustimmen. Nachdem die Verwaltung die Evaluationsergebnisse präsentiert hat, werden wir uns im Rahmen des Haushalts- und Stellenplans mit diesem Thema befassen.

Meine Fraktion wird den Verwaltungsstandpunkt übernehmen. Sehr geehrte Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker der antragstellenden Fraktionen, wir haben uns im Fachausschuss mit dem Thema Schulsachbearbeitung beschäftigt, die Verwaltung ist im Prüfverfahren. Nun preschen Sie mitten im Evaluationsprozess und außerhalb der Haushaltsplanung mit diesem Antrag vor. Sie wollten das Thema besetzten, die Guten sein. Aber gut meinen und gut machen sind eben zwei verschiedene Dinge. Um im Bereich Schulsachbearbeitung einen echten Qualitätssprung zu erreichen, sollten wir uns gemeinsam auf Sachpolitik konzentrieren. Nach Vorlage der Evaluierungsergebnisse ist meine Fraktion für Gespräche und auch für gemeinsame Anträge offen.

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Prof. Dr. Getu Abraham
Prof. Dr. Getu Abraham

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

erlauben Sie mir eingangs eine Anekdote: Vor 25 Jahren wartete ich hier in Leipzig mit einem Kommilitonen, der aus Mali stammte, an der Haltestelle auf die Straßenbahn. Wir unterhielten uns auf Deutsch – denn wie Sie möglicherweise wissen, ist die Überschneidung zwischen Bambara, dass man in Mali spricht, und Amharisch, das in Äthiopien Amtssprache ist, eher gering. Eine freundliche ältere Dame kam auf uns zu und fragte uns, weswegen wir Deutsch sprächen – wir kämen doch beide aus Afrika.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Stereotypie erschöpft, Klischees erschöpfen – und es erschöpft, wenn man dabei, ebensolcher Stereotypie, ebensolchen Klischees entgegenzuwirken, selbst in Vorurteil und Vorverurteilung verfällt. Es ist richtig und es ist entscheidend, dass wir uns in Leipzig als einer internationalen und weltoffenen Stadt dem ergebnisoffenen und kritischen Diskurs stellen, gerade wenn es um Fragen des Rassismus oder der kulturellen Aneignung geht. Nur, ist es auch so, dass Diskurs, das Dialog keine Einbahnstraße ist. Ohne Zweifel, das Thema ist ein emotionales – aber der beste Weg, Emotionales anzugehen, ist das Gespräch. Gespräche hat es auch gegeben. Unter anderem zwischen Herrn Okasha und Herrn Prof. Junhold. An einem solchen durfte ich selbst teilnehmen.

Das Gespräch ist ein mühevoller Weg der Lösungssuche und es wäre mehr als vermessen, zu erwarten, dass eine alle Seiten zufriedenstellende Lösung nach zwei oder drei Begegnungen erreicht ist. Die Aufarbeitung kolonialen Erbes in Leipzig wird Zeit brauchen. Und sie wird nur gelingen, wenn sie um eine breite gesellschaftliche Akzeptanz dessen wirbt, was sie herausstellen will: Das Ende von Narrativen, die lange Gesellschaft geprägt haben, aber deshalb nicht stimmen müssen.

Der vorliegende Antrag des Migrantenbeirats schlägt nun einen völlig anderen Weg ein, denn er wartet das Gespräch nicht ab – er will, wenn schon nicht Ergebnisse, so doch wenigstens das Verfahren determinieren. Und viel mehr noch: Er will diejenigen festschreiben, die offensichtlich alleine das Recht haben, über den Postkolonialismus in unserer Stadt zu sprechen, seine Aufarbeitung vorzunehmen. Das tut niemandem einen Gefallen, zuletzt der Sache.
Ich weiß nicht, weshalb der Zoo die bisherigen Veranstaltungsformate so benannte, wie er sie benannt hat. Meinen Geschmack treffen die Titel auch nicht unbedingt – ich wäre aber weit davon entfernt, zu behaupten, dass hier ein bewusstes Deklassieren vorliegt. Vielmehr ein – mit Blick auf unsere Debatte – mäßiges Werben um Öffentlichkeit, Suchen von Aufmerksamkeit mit eingeübten Narrativen.

Und noch einmal: Narrative, die lange Gesellschaft geprägt haben, müssen nicht stimmen!

Wir verlieren jedoch den Kampf um die Akzeptanz, wenn uns die Selbstgerechtigkeit wichtiger scheint, als die breitest mögliche Einbindung der Gesellschaft in die Debatte. Und mit Verlaub – ich komme selbst aus diesem Milieu, deshalb sage ich das so frei – allein akademisch schaffen wir das nicht.
Die Veranstaltungen die hier im Fokus der Auseinandersetzung stehen, zielen auf breite Bevölkerungsschichten – nicht nur akademische. Und diesen Charakter müssen sie auch unbedingt bewahren, wenn sie, wie der Migrantenbeirat in seinem Antrag fordert „in aufklärerischer Absicht“ wirken sollen. Ich denke, dass Prof. Junhold das durchaus im Blick und auch ein Gespür dafür hat, wie man Menschen erreicht.

Ich komme zum Schluss: Wünschenswert wäre, die Zooleitung und die Skeptikerinnen und Skeptiker der Abendformate finden im Gespräch zusammen und suchen ohne den Zwang eines von uns hier gefassten Beschlusses nach einem der Sache dienlichen, doch eben auch breite Bevölkerungsschichten erreichenden Format. Das Thema ist es wert mit Überzeugung und entschieden in der Sache vorzugehen – nicht aber mit Zwang. Skepsis ist angebracht. Kritik ebenso. Waches Hinterfragen ohnehin. Doch nicht nur die der anderen, sondern auch die eigene Sichtweise.

Mein Freund aus Mali und ich hätten seinerzeit die freundliche ältere Dame als Rassistin bewerten und uns von ihr abwenden können. Wir haben das nicht getan, ihrer Feststellung, dass wir Afrikaner Deutsch sprächen, lächelnd zugenickt und festgehalten, dass Deutsch ja auch eine schöne Sprache sei.
Die Abendformate kann man, wenn beide Seiten das wollen, mit Blick auf die postkoloniale Aufarbeitung besser machen. Ohne sich dabei gegenseitig und ohne dabei den Leipziger Zoo zu beschädigen.
Müssen wir in dieser Stadt inzwischen wirklich Gesprächsfähigkeit beschließen?

Vielen Dank.