Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Dezernenten,

sehr geehrte Damen und Herren Städteräte, werte Gäste,

meine Ausführungen halte ich zu dem Antrag der SPD-Fraktion Sofortprogramm Rad und zur Vorlage der Verwaltung Aktionsprogramm Radverkehr.

Anja Feichtinger

Lassen Sie uns einen Blick in das letzte Jahr werfen. Im März 2020 gingen wir in den ersten Lockdown um die Folgen des Ausbruchs des Corona-Virus abzudämpfen. Damals war uns allen nicht bewusst, wie lange uns das Virus beschäftigen und unsere Gewohnheiten verändern wird.

Eine Gewohnheit, die sich verändert hat, ist das Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt. Viele stiegen vom ÖPNV und dem Auto auf das Rad um.

Zum Ende des ersten Lockdowns sprießen in vielen deutschen Städten Pop-up-Radwege aus dem Boden. Ende April 2020 saßen Frau Weyh, Frau Riekewald und ich im Büro von Frau Dubrau, natürlich mit Maske und Abstand, und diskutierten dort die Möglichkeiten für Leipzig entsprechende Pop-up-Bikeline-Politprojekte zu starten und uns zu den aktuellen Umsetzungen zu informieren.

Zum damaligen Zeitpunkt war jedoch die Verwaltung aufgrund von fehlenden Planungen und nicht vorhandenen Mitteln für Abmarkierungen und temporären Straßenbegrenzungen nicht in der Lage, unserem Anliegen Rechnung zu tragen.

Zum damaligen Zeitpunkt wäre es jedoch ein guter Zeitpunkt gewesen, Politprojekte testweise einzurichten, da der Autoverkehr fast zum Stillstand gekommen war.

Das Thema ließ uns nicht los und wir entwickelten in der SPD Leipzig ein Sofortprogramm Rad, das wir ursprünglich zum Stadtparteitag beschließen wollten.

Denn mit dem Radwerksentwicklungsplan und dem Hauptnetzrad mangelt es in Leipzig nicht an Plänen, sondern an deren Umsetzung. Wir wollten, dass schon vor dem Beschluss des Radverkehrsentwicklungsplans 2022 deutlich sicht- und spürbare Verbesserungen für den Radverkehr in Leipzig erreicht werden.

Die Maßnahmenliste des Sofortprogramms übergaben wir auf dem kleinen Dienstweg an die Verwaltung, um mit dieser dazu ins Gespräch zu kommen und Umsetzungsmöglichkeiten abzustimmen. Leider verging der Sommer …. Keine Nachricht, kein Ergebnis ….

Aus diesem Grund reichten wir dann Anfang Oktober 2020 den Antrag Sofortprogramm Rad ein. Schwerpunkte des Vorschlags sind sichere Kreuzungen für Radfahrer gestalten, Lückenschlüsse auf und Abmarkierungen von Radwegen umsetzen, hochwertige Abstellmöglichkeiten schaffen und Pop-Up-Bike-Lines testen.

Lange hörten wir nichts …. keinen Verwaltungsstandpunkt, keine Reaktion der Verwaltung.

Im Januar 2021 legte uns dann die Verwaltung ein Aktionsprogramm Rad zur Mobilitätsstrategie 2030 vor. Dieses Programm begrüßen wir ausdrücklich. Wir freuen uns auch, dass es zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung aus dem Sofortprogramm der SPD in das städtische Programm geschafft haben. viele weitere Maßnahmen sind bereits seit langem Beschlusslage im Rat.  

Das Aktionsprogramm Rad ist ein Schritt, der längst überfällig ist, in die richtige Richtung und die SPD-Fraktion kann auf ihrer Habenseite verzeichnen, dass unser Antrag der Treiber war.

Ganz zufrieden sind wir allerdings dann doch nicht mit dem Aktionsprogramm Rad. Wir haben deshalb einen Änderungsantrag in der Neufassung 04 eingereicht. An dieser Stelle möchte ich mich entschuldigen, es gab technische Schwierigkeiten bei der Einstellung der letzten Neufassung.

Für uns ist es wichtig, dass folgende Punkte noch in das Aktionsprogramm einfließen:

  • Aufnahme der Maßnahmenliste aus unserem Antrag als Reservemaßnahmen
  • Regelmäßiger Umsetzungsbericht im Ausschuss Stadtentwicklung und Bau, erstmals zum Ende des 4. Quartals 2021
  • Die Einrichtung von Fahrradstraßen, besonders innerorts, um Anreize zu schaffen mit dem Fahrrad, anstelle des Autos, von A nach B zu gelangen. Sie machen Radverkehr zudem im besonderen Maße auch sichtbar und steigern damit die Akzeptanz
  • Die Einrichtung einer Fahrradzone im Stadtgebiet bis Ende 2022 sowie
  • Die Aufnahme der Maßnahmenliste aus dem Sofortprogramm Rad in den Radverkehrsentwicklungsplan 2023 zur Prüfung und prioritären Umsetzung.

Wir haben von der Verwaltung ein Signal erhalten, dass unser Änderungsantrag in der Neufassung 04 übernommen werden kann. Wenn dieses Signal bestätigt wird, werden wir unseren Antrag Sofortprogramm Rad für erledigt erklären.

Zum Änderungsantrag CDU: Diesem Antrag können wir dem Grunde nach folgen, haben hier jedoch Bedenken, dass es zu zeitlichen Verzögerungen kommt, wenn wir jede Maßnahme aus dem Programm nochmals beraten. Wir würden daher anregen, dass die größeren Maßnahmen im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau zur Information vorgelegt werden (analog der letzten Sitzungen). Es steht dem Gremium dann frei, dort nochmals ausführlich zu beraten.

Zum Änderungsantrag Grüne – Promenadenring: Diesen Antrag lehnen wir ab.

Zum Änderungsantrag Grüne/Linke/Freibeuter: Der Antrag ist für uns nicht ganz schlüssig. Besonders Satz 2 bereitet uns Bauchschmerzen. Denn Grundlage des Aktionsprogramms bilden die Maßnahmen, für die überhaupt Planungen vorliegen. Dass nach sieben Jahren grüner Führung des Dezernats Stadtentwicklung & Bau nicht mehr Planungen für Radwege oder ein strategischer Ansatz vorliegt, kann man jetzt nicht mit einem Satz wegbeschließen. Nimmt man den Satz wörtlich, heißt das, dass zuerst die Maßnahmen auf IR-II Radwegen und zuletzt auf IR IV Radwegen umgesetzt werden. Passt aus unserer Sicht nicht zu der Zeitschiene des Aktionsprogramms. Außerdem passt es nicht dazu, wie das Hauptnetz Rad die Radwege kategorisiert. Denn es geht ja nicht um die tatsächliche Bedeutung oder Nutzung, sondern um die Verbindung von Gebieten mit bestimmten Funktionen. Folgt man diesem Punkt auch grundsätzlich, werden wir zunächst nur Radwege für Bürgerinnen und Bürger bauen, die weite Strecken in der Stadt mit dem Rad zurücklegen (IR II). Der Großteil des Radverkehrs spielt sich aber auf kurzen Strecken ab. Maßnahmen, die kurzfristig helfen und den tatsächlichen Bedarf abdecken, müssen sich also auf Lückenschlüsse in diesem Bereich konzentrieren. Bildlich gesprochen: Sollen die Bauarbeiten für den Radweg auf der Karl-Heine-Straße nun gestoppt werden, bis die Neue Linie asphaltiert ist?!

Es wäre schön, wenn Sie diesen Satz nochmals erklären könnten. Sonst müssen wir uns zu diesem enthalten. Satz 3 des Antrags werden wir zustimmen, obwohl bis auf die Poller bereits Inhalt des Programms und damit Beschlusslage. Zu Satz 4 und 5 werden wir uns enthalten. Die im Doppelhaushalt beschlossenen zusätzlichen Mittel und zusätzlichen Stellen müssen aus Sicht der SPD-Fraktion in die strategische Ausrichtung des Radverkehrs in Leipzig fließen. Wir haben große Aufgaben vor uns. Die Planung des Radschnellwegs Leipzig-Halle, die Aktivachse Süd, die Anbindung dieser Wege an das städtische Netz. Das Hauptproblem des Radverkehrs ist, dass es fast keine Planungen gibt und damit auch keine mittelfristige Perspektive. Daran müssen wir arbeiten!

Christopher Zenker

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Die Corona-Pandemie, die uns nun schon ein Jahr in verschiedenen Eskalationsstufen einiges abverlangt, hinterlässt auch Spuren in unserer Innenstadt, an den Magistralen oder in den Stadtteilzentren.

Gastronomiebetriebe oder Einzelhändler, wenn sie nicht gerade Lebensmittelhändler, Apotheken oder Drogerien sind, haben durch Maßnahmen der Pandemieeindämmung mit enormen Einbußen zu kämpfen. Auch die Hilfsprogramme von Bund und Land – sofern sie denn pünktlich ausgezahlt wurden – können da nur Teile kompensieren.

Die Pandemie hat eine Entwicklung beschleunigt, sie wirkt wie ein Brennglas auf das was vorher schon zu beobachten war. Der Leerstand bei Geschäften wächst, es besteht die Gefahr einer schleichenden Verödung, weil immer mehr Menschen online einkaufen und sich in den Geschäftsstraßen fast nur noch bestehen bleiben Filialisten und selbst diese ziehen sich teilweise zurück.

Wir sollten daher schon jetzt den Blick auf die Zeit nach der Pandemie richten, denn die wird kommen und wir sollten hier vorbereitet sein. Einkaufen in der Stadt muss ein Erlebnis sein – mit Anfassen, Sehen, Riechen und Schmecken und darf nicht zum Klick im Internet verkommen, denn dann verlieren wir Arbeitsplätze und viel buntes, quirliges und attraktives was unserer Stadt ausmacht.

Mit unserem Antrag wollen wir einerseits die Umsetzung des in Erarbeitung befindlichen Innenstadtkonzepts befördern und andererseits zur Belebung von Innenstadt, Magistralen und Stadtteilzentren beitragen, denn auch dafür werden finanzielle Mittel benötigt. Als mögliche Instrumente sehen wir unter anderem zusätzlicher Märkte und Veranstaltungen in der Innenstadt und auf Geschäftsstraßen, die Förderung von Projekten ortansässiger Händler und Gewerbetreibender oder die Unterstützung von Aktionen von Vereinen, Verbänden oder Interessengemeinschaften zur Steigerung der Attraktivität des Einzelhandels. Aber auch baulich muss was getan werden, wir benötigen mehr Plätze zum Verweilen, seien es Bänke oder Grünflächen und gerade in der Innenstadt mehr Grün, Bäume, Sträucher und begrünte Fassaden. Dazu benötigen wir Geld und Planung.

Wir wollen mit den beantragten Mitteln eine nachhaltige Belebung von Innenstadt, Magistralen und Stadtteilzentren erreichen. Anders liest sich der Antrag der AfD-Fraktion und deswegen werden wir diesen ablehnen. Diese möchte über einen Fonds i.H.v. 1.000.000 Euro Gewerbetreibende direkt unterstützen möchte. Wenn wir davon ausgehen, dass es in Leipzig rund 1.900 Gastronomiebetriebe und 5.000 Unternehmen im Einzelhandel gibt, von denen wir rund ein Fünftel abziehen müssten, weil das Lebensmittelläden, Drogerien und Apotheken sind, die nicht in dem Maße betroffen waren, bleiben noch insgesamt rund 5.900 Unternehmen, die sich eine Million Euro „teilen“ müssten. Pro Unternehmen wären das knapp 170 Euro. Damit ist keinem wirklich geholfen. Bitte stimmen Sie der Neufassung des Antrags von SPD und CDU zu.

Christina März

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

ich freue mich – auch ganz persönlich, dass wir heute im Rat darüber beschließen, wer neue Betreiberin des Gohliser Schlösschen werden wird. Das Gohliser Schlösschen hat als kulturelle und gastronomische Einrichtung eine große Bedeutung nicht nur für den Stadtteil Gohlis selbst sondern auch darüber hinaus und ist zudem einer der wichtigen kulturellen Ankerpunkte im Leipziger Norden.

Das Verfahren zur Suche nach einer neuen Betreiberin war langwierig, aber ich denke es hat sich gelohnt, hier sehr sorgfältig vorzugehen. Wichtig war auch, dass zuvor eine Potenzialanalyse gemacht wurde, um zu sehen, welche Entwicklungsmöglichkeiten es gibt, und hierbei auch Akteure aus dem Stadtteil sowie die interessierte Bürgerschaft eingebunden wurden. Ich möchte hier explizit den Bürgerverein Gohlis und den Freundeskreis „Gohliser Schlösschen“ nennen, die sich intensiv und konstruktiv eingebracht sowie, im Falle des Freundeskreises, sogar über viele Jahre die Verantwortung für diesen schönen Ort übernommen haben.

Wir alle haben zumindest Kenntnis von den früheren Zwist zwischen dem Freundeskreis und damaligen Unterpächter der Gaststätte, die sich durchaus negativ ausgewirkt haben. Umso mehr begrüße ich es, dass die Fäden für die kulturellen und gastronomischen Angebote im Schlösschen künftig in einer Hand zusammenlaufen sollen. Ich erhoffe mir dadurch wertvolle Synergien, die die Bedeutung des Schlösschens als Ort für die Soziokultur im Stadtteil aber auch als Ausflugort und Touristenmagnet weiter stärken.

Auch jetzt im Rahmen der Betreibung ist es uns wichtig, dass die Akteure vor Ort weiterhin beteiligt werden und Synergieeffekte und Erfahrungen genutzt werden. Wir setzen darauf, dass die neuen Betreiber neuen Schwung in das Schlösschen bringen, indem das Kulturprogramm sinnvoll erweitert wird, denn auch so lassen sich neue Zielgruppen für diesen historischen und vor allem schönen Ort erschließen. Insbesondere mit Blick auf die jüngere Bevölkerung müssen neue und innovative Angebote entwickelt werden. Ich freue mich auf jeden Fall nach der Pandemie wieder der ein oder anderen Veranstaltung im Park des Schlösschens beizuwohnen.

Prof. Dr. Getu Abraham
Prof. Dr. Getu Abraham

Redner: Professor Dr. Getu Abraham

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

in meiner Rede zum Forstwirtschaftsplan habe ich bereits 2019 darauf hingewiesen, dass das Leipziger Waldgebiet ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens in der Stadt ist – ohne den Wald ist Leipziger Lebensqualität kaum vorstellbar.

Derzeit mache ich mir wenig Sorgen um die Qualität und Richtigkeit des Forstwirtschaftsplans 2021, denn in ihm wird für den Leipziger Auwald festgestellt, dass „[d]ie wichtigste Aufgabe der Bewirtschaftung im Leipziger Auenwald […] die nachhaltige Sicherung des Baumartenreichtums sowie der Strukturvielfalt der Hartholzaue, um dadurch die gesamte Biodiversität (Artenreichtum) zu erhalten“ bleibt.

In der Umkehr heißt dies: Die Bewirtschaftungsaufgabe ist die nachhaltige Sicherung der Biodiversität! Dennoch: Auch den Forstwirtschaftsplan kann man optimieren:

Momentan schlägt mein Herz immer ziemlich in die Höhe, wenn ich den Wald betrete – und vielleicht geht es mir nicht alleine so. Nicht nur, weil dort kein Tempolimit herrscht und ich das Lauftempo nach oben drehen kann und auch nicht, weil mir Tiger und Co entgegenkommen, auf die Ranger das Feuer eröffnen…

Spaß bei Seite: Nein, ich bewege mich nicht gelassen im Wald, weil immer häufiger Bäume umstürzen und ich mir Sorgen mache, wer alles zu Schaden kommen kann. Vielleicht brauchen wir in den Leipziger Waldgebieten künftig mehr Sanitäter statt Ranger.

Die Bewirtschaftung des Leipziger Walds muss aus unserer Sicht auch der Verkehrssicherung stärker Rechnung tragen – zumindest, wenn wir den Wald als gefahrlosen Aufenthalts-, Begegnungs-, Sport- und Erholungsort für alle Leipzigerinnen und Leipziger begreifen wollen.

Der Forstwirtschaftsplan geht hier durchaus bereits in eine gute Richtung; eine offensivere Öffentlichkeitsarbeit würde positive Effekte möglicherweise noch verstärken. Doch wie dem auch sei: Als SPD-Fraktion werden wir den weiteren forstwirtschaftlichen Entwicklungsprozess kritisch und konstruktiv begleiten.

Vielen Dank!

Rednerin: Anja Feichtinger, stellv. Fraktionsvorsitzende

Anja Feichtinger

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Dezernenten,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste,

Tempo-30 als Regelgeschwindigkeit innerorts wird in der Praxis rege diskutiert und ist zugleich ein noch zu wenig erforschter Aspekt in der Verkehrswissenschaft. Vorhandene Regelungen werden selten evaluiert und es gibt keine Qualitätsstandards für Begleituntersuchungen. Die heutigen Re-gelwerke beruhen teilweise auf veralteten Erkenntnissen und sie sind an vielen Stellen missverständlich, wenn nicht gar widersprüchlich. Gleichzeitig ist das Thema sehr dynamisch, es kommen praktisch täglich neue Erkenntnisse hinzu.

Deshalb begrüßt die SPD-Fraktion den Verwaltungsstandpunkt zu den eingereichten Anträgen ei-nen Modellversuch mit weiteren Städten in Deutschland durchzuführen.

Auch begrüßen wir es, dass die Fraktionen Bündnis 90/Die Grüne und Die Linke auf uns zugekommen sind, um unseren Änderungsantrag als gemeinsame Neufassung zu beiden Anträgen auf den Weg zu bringen.
Da eine Tempo-30 Regelung aus unserer Sicht auch Einfluss auf den ÖPNV aufgrund der besonderen Gegebenheiten in unserer Stadt haben kann, ist es uns enorm wichtig, dass die Leipziger Verkehrsbetriebe in das Projekt als auch der Stadtrat in die Auswahl der Modellregion in Leipzig eng eingebunden werden.

Über die fachlichen Wirkungsuntersuchungen und die rechtlichen Anpassungen hinaus, erfordert das Thema aber auch eine breite gesellschaftliche Diskussion. Ich bin hier optimistisch, dass mit den Erkenntnissen aus den Modellversuchen in den verschiedenen Städten diese Diskussion sachlich und wertungsfrei geführt werden kann.
Vielen Dank!

Christian Schulze

Redner: Christian Schulze, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
geehrte Damen und Herren Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat,
sehr geehrter Herr Thomaskantor Schwarz,
hallo Ihr Thomasser im Netz und, ausdrücklich,
lieber Herr Reize vermutlich noch in  Solothurn einige Wochen vor der Abreise nach Leipzig,

als Mitglied der Auswahlkommission bin ich seit vergangenem Freitag im Austausch mit allen möglichen Beteiligten des Themas „Neuer Thomaskantor“. Wie andere auch, bin ich verstört, irritiert und wähne mich im falschen Film.

Das letzte Auswahlverfahren vor 5 Jahren war ja ein ziemliches Desaster. Man hat mit den Kandidaten öffentliche Konzerte gegeben und dabei teilweise die Kandidaten verbrannt.

Und am Ende konnte man sich nicht einmal auf einen Kandidaten einigen. So etwas wollten wir nicht nochmal erleben. Dankenswerter Weise hat sich Gotthold Schwarz in dieser schwierigen Situation auf einen 5-Jahres-Vertrag – er wollte keinen Vertrag auf Lebenszeit – eingelassen. Völlig klar, dafür sind wir noch heute dankbar.

Dass dieser Vertrag im Sommer 2021 ausläuft war also klar. Superintendent Richter, in den 80er- und 90er-Jahren an der Thomaskirche tätig, hat mir den Satz geprägt „Pacta sunt servanda -Verträge sind einzuhalten“. Nun ist trefflich darüber zu streiten, ob wir dem Wunsch von Gotthold Schwarz hätten nachgeben sollen, seinen Vertrag zu verlängern. Wir haben es nicht getan und es ist müßig, darüber heute zu diskutieren.

Schon ab Sommer 2019 ist allen Beteiligten signalisiert worden, dass 2020 ein neues Verfahren stattfindet, um im Sommer 2021 einen neuen Thomaskantor zu haben. 

Diesmal ist von vornherein gesagt worden, dass da nicht jeder mitbestimmen kann. Es wurde den Thomanern und deren Umfeld klar gesagt: Wir werden nicht jeden Thomaner und nicht jeden Mitarbeiter im Alumnat fragen, welcher der Kandidaten es werden soll.  

Das heißt aber nicht, dass der Chor nicht beteiligt wurde. Das zur Klarstellung bzgl. mancher Verlautbarung der letzten Tage.

Zwei vom Chor benannte Thomaner aus der Oberstufe wurden, als man sich auf vier Kandidaten geeinigt hat (der jetzt gewollte war dabei), hinzuzugezogen. Sie konnten vor der Auswahlkommission als Erste nach den jeweiligen Aufführungen sprechen und haben auch gut dargelegt, wie die unterschiedlichen Altersstufen im Chor die Proben mit den Kandidaten wahrgenommen haben. Sie konnten mit uns diskutieren, und die fachliche Kritik, die jetzt geäußert wurde, kam damals so nicht.  Das wird nun in die Welt gesetzt, um dem neuen Kantor zu schaden. Das hat offenbar eine gewisse Tradition. Die jetzige Reaktion bestätigt mir, dass man die Thomaner in der Kantorenfrage zwar beteiligen sollte, aber mit der Entscheidung sind sie offensichtlich überfordert.  Das ist im Leben so, da kann man nicht überall mitentscheiden, auch das gehört zur Demokratie. Bzw. auch ein Thomaner muss lernen, demokratische, sehr transparente Entscheidungen zu akzeptieren.

Ich habe Andreas Reize noch am Freitag geschrieben, er möge an der Idee festhalten, Thomaskantor zu werden.

Wir haben im Januar im Stadtrat endgültig und in großer Einmütigkeit entschieden. Am Sonntag bekam ich Antwort. Natürlich ist auch er irritiert, hat aber seit Freitag viele nur positive Meldungen aus Leipzig bekommen. Inzwischen gibt es wohl auch Meldungen, die ihn zum Aufgeben bringen wollen. Ich bin fest davon überzeugt, dass er dafür keinen Grund hat. Die Thomasgemeinde, das Gewandhaus, die Auswahlkommission, der Stadtrat, die Verwaltungsspitze stehen hinter Ihnen, Herr Reize.

Es wäre ein Desaster für den Chor und unsere Stadt, wenn der Brief vom letzten Freitag ein neues Verfahren nach sich zöge. 

Klar, es ist jetzt auch eine schwierige Situation für die Thomaner, sie haben seit Monaten keinen direkten Kontakt zueinander, sie können nicht singen,  da wird man vielleicht auch anfällig, besonders sensibel zu reagieren. Ja, auch manche Reaktion auf den Brief der Obernschaft war vielleicht pädagogisch nicht sehr wertvoll.

Zum Schluss eine Bitte an den hochgeschätzten Thomaskantor Gotthold Schwarz:

Lieber Herr Schwarz, Sie hätten die Autorität, die Jungs aus der Sackgasse zu führen. Nehmen Sie bitte Ihre Verantwortung für den Chor und eine geordnete Übergabe an Herr Reize wahr. Das ist jetzt Ihr Job. Sie wissen genau, dass Sie der Schlüssel zur Lösung sind. Bitte handeln Sie entsprechend.

Abschließend: Lieber Herr Reize, wir freuen uns auf Sie. Bleiben Sie gesund. Alles wird gut.

Ergänzungen bzw. Änderungen zum Verwaltungsstandpunkt sind fett und kursiv gedruckt.

  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, mit mehreren deutschen Städten und unter Einbezug des Deutschen Städtetags, die Rahmenbedingungen für einen Modellversuch zur testweisen Einführung von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts in einem abgegrenzten Stadtgebiet zu untersuchen, den Inhalt einer wissenschaftlichen Begleitung abzustimmen, sowie den Modellversuch anschließend möglichst gemeinsam mit diesen weiteren Städten durchzuführen.
  2. Der Oberbürgermeister unterbreitet dem Stadtrat bis Ende des 4. Quartals 2021 einen Vorschlag, welches abgegrenzte Stadtgebiet in Leipzig für einen solchen Modellversuch sinnvoll nutzbar wäre.
  3. Der Oberbürgermeister setzt sich im Rahmen der Definition dieses Modellversuchs dafür ein, dass der Versuchsaufbau so gewählt wird, dass neben Betrachtungen des Verkehrsflusses eben auch Fragen der zu erwartenden Schadstoffemissionen und der Verkehrssicherheit eine besondere Berücksichtigung finden. Da eine Tempo-30-Regelung immer dann einen besonderen Einfluss auf den ÖPNV hat, wenn er sich den Straßenraum mit dem motorisierten Verkehr teilt, sollen für den Versuch in Leipzig auch die Leipziger Verkehrsbetriebe eingebunden werden.