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Die Stadt plant den Neubau einer Grundschule an der Tauchaer Straße. Für die SPD-Fraktion gibt es jedoch einige Punkte in den Planungen, die Fragen aufwerfen und aus ihrer Sicht ein Nachsteuern der Verwaltung erfordern.

Anja Feichtinger

„Die verkehrliche Anbindung des geplanten Schulneubaus ist weder kindgerecht noch sicher“, erläutert Anja Feichtinger, die stellv. Fraktionsvorsitzende, die die Fraktion im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau vertritt. „Die Anbindung ist nur über die Tauchaer Straße gegeben und die Planung des Schulneubaus legt zehn Parkplätze direkt im Eingangsbereich der Schule fest. Das ist nicht optimal gelöst, denn Kinder, die aus der direkten Umgebung kommen, sind dadurch genötigt, den Parkplatz zu überqueren, wenn sie das Schulgebäude oder die Sporthalle erreichen wollen. Wer morgens schon einmal die Situation vor Grundschulen beobachtet hat, weiß, wie chaotisch es dort mitunter zugeht, wenn die ,Elterntaxis‘ in den Stoßzeiten an- und abfahren.“

Entsprechend der derzeitigen Planungen müssten alle Schülerinnen und Schüler aus Mangel an Alternativen den Parkplatz überqueren, um das Schulgebäude zu erreichen. Gepaart mit dort gleichzeitig ankommenden Lehrkräften, die ihr Auto abstellen wollen, und Eltern, die den Parkplatz am Eingangsbereich der Schule nutzen, um ihre Kinder mit dem Auto direkt vor der Schultür abzusetzen, sind dort gefährliche Situationen programmiert. Zudem ist die Erschließungsstraße zur Schule hin weder verkehrsberuhigt noch mit einem Radweg ausgestattet.

„Das ist so nicht vernünftig gelöst“, erklärt Anja Feichtinger. „Kinder brauchen einen sicheren Raum und keine Parkplätze. Gerade vor Schulen treffen sich Kinder und Eltern, reden miteinander und tauschen sich aus. Kinder spielen noch beim Abholen miteinander oder sie spielen vor und nach sportlichen Wettkämpfen miteinander. Mit der derzeitigen Planung sind die Kinder unnötigen Risiken ausgesetzt. Die Planung ist nicht mehr zeitgemäß und muss deshalb angepasst werden.“ Die SPD-Fraktion hat deshalb einen Änderungsantrag zur Vorlage gestellt, der den Vorplatz mit den Parkplätzen aus dem Beschluss ausklammern und die Stadt gleichzeitig mit einer Umplanung beauftragen soll. Ferner wird im Änderungsantrag auch die Planung einer Anbindung des Schulgeländes an die südöstlich gelegene Siedlung mittels eines Fuß- und Radwegs vorgeschlagen.

Die Neuorganisation des urbanen Verkehrs ist eine zentrale Aufgabe, um sowohl der steigenden Einwohnerzahl als auch den Belangen des Klima- und Umweltschutzes gerecht werden zu können. Neben dem Ausbau des ÖPNV bietet vor allem der Radverkehr große Potenziale, den innerstädtischen Verkehr neu zu gestalten.

Im Ratsbeschluss zum Aktionsprogramm Radverkehr 2021/2022 (VII-DS-00547-NF-01-DS-03) wurde u.a. festgelegt, dass während der Laufzeit ein zweijähriges Folgeprogramm 2023/24 zu konzipieren ist. Dieses Aktionsprogramm 2023/24 befand sich nach Auskunft der Verwaltung zur September-Ratsversammlung noch im internen Abstimmungsprozess. Die Vorlage soll dem Stadtrat nach der Bestätigung in der Dienstberatung des Oberbürgermeisters zur Beratung und Beschluss zugehen.

Wir fragen an:

  1. Ist der interne Abstimmungsprozess der Verwaltung zum Aktionsprogramm Radverkehr für 2023/24 abgeschlossen? Wann wird die Vorlage dem Stadtrat übergeben?
  2. Welche Fahrradwege plant die Stadtverwaltung in den Jahren 2023/2024? Bitte detailliert mit Strecke und Fertigstellungsdatum auflisten.
  3. Welche neuen Radwegmarkierungen plant die Stadtverwaltung in den Jahren 2023/2024? Bitte detailliert mit Strecke und Fertigstellungsdatum auflisten.
  4. Welche Radabstellanlagen plant die Stadtverwaltung in den Jahren 2023/2024? Bitte detailliert mit Strecke und Fertigstellungsdatum auflisten.
  5. Welche Fahrradstraßen plant die Stadtverwaltung in den Jahren 2023/2024? Bitte detailliert mit Strecke und Fertigstellungsdatum auflisten.
  6. Welche neuen Fahrradwege und Abmarkierungen plant die Verwaltung über das Aktionsprogramm Radverkehr hinaus in 2023?

Antwort der Verwaltung:

  1. Ist der interne Abstimmungsprozess der Verwaltung zum Aktionsprogramm Radverkehr für 2023/24 abgeschlossen? Wann wird die Vorlage dem Stadtrat übergeben?

Der Abstimmungsprozess der Verwaltung wird mit der Bestätigung der Vorlage in der DB OBM abgeschlossen. Angestrebt ist, dem Stadtrat die Vorlage im I. Quartal 2023 zur Beratung zu übergeben.

Die Fragen 2-5 werden zusammen beantwortet:

  1. Welche Fahrradwege plant die Stadtverwaltung in den Jahren 2023/2024? Bitte detailliert mit Strecke und Fertigstellungsdatum auflisten.
  2. Welche neuen Radwegmarkierungen plant die Stadtverwaltung in den Jahren 2023/2024? Bitte detailliert mit Strecke und Fertigstellungsdatum auflisten.
  3. Welche Radabstellanlagen plant die Stadtverwaltung in den Jahren 2023/2024? Bitte detailliert mit Strecke und Fertigstellungsdatum auflisten.
  4. Welche Fahrradstraßen plant die Stadtverwaltung in den Jahren 2023/2024? Bitte detailliert mit Strecke und Fertigstellungsdatum auflisten.

Die Inhalte können der Vorlage zum Aktionsprogramm 2023/24 und ihrer Bestätigung in der DB OBM nicht vorweggenommen werden.

  1. Welche neuen Fahrradwege und Abmarkierungen plant die Verwaltung über das Aktionsprogramm Radverkehr hinaus in 2023?

Der besseren Übersicht wegen werden in der Vorlage neben den dem Aktionsprogramm zuzurechnenden Maßnahmen auch sämtliche anderen Aktivitäten zum Radverkehr für die Jahre 2023-24 nachrichtlich benannt, so dass die Antwort auf diese Frage auch mit der Vorlage erfolgt.

Beschlussvorschlag:

In die Planung zur Sanierung der Petersstraße werden auch neue Sitzgelegenheiten aufgenommen, optimalerweise in Kombination mit Pflanzkübeln (Beispiel Wien).

Das vom Stadtrat im Juni 2020 beschlossene Sitzbankkonzept Innenstadt Leipzig – VI-DS-06722 – soll bei der geplanten Sanierung der Petersstraße ab April 2023 Berücksichtigung finden.

Begründung:

Gemäß Sitzbankkonzept sind vier potentielle Standorte für neue Sitzbänke in der Petersstraße zwischen Markt und Preußergäßchen benannt.

Laut aktueller Planung sollen nur die vorhandenen Bänke erneuert werden.

Mit Zustimmung zum Doppel-HH 21/22 hatte der Stadtrat beschlossen, in den Haushalt der Stadt Leipzig für 2021 50.000 EUR und für 2022 100.000 EUR für die Anschaffung neuer Sitzbänke sowie die Reparatur bereits bestehender Sitzbänke im öffentlichen Raum bereitzustellen.

Für die Umsetzung des Sitzbankkonzeptes Innenstadt und für weitere Geschäftsstraßen in Leipzig wurden zusätzliche Mittel in den Doppel-Haushalt 2021/2022 eingestellt, für 2021 50.000 EUR und für 2022 100.000 Euro. Damit soll insbesondere die Aufenthaltsqualität gestärkt werden.

Beschlussvorschlag:

Die Vorlage wird um folgende Punkte ergänzt:

1. Der Eingangsbereich bzw. der Vorplatz mit Parkplätzen und die Zuwegung wird von der Beschlussfassung ausgenommen.

2. Der Eingangsbereich der neu zu errichtenden Grundschule ist so neu zu planen, dass

  • ein einladender Platz mit ausreichend Aufstellfläche für die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern geschaffen wird.
  • die KFZ- Parkplätze, die Zuwegung zu den Parkplätzen und der Radverkehr werden vom Eingangsbereich baulich abgetrennt.
  • die Umplanung wird in den bereits mit der Vorlage befassten Ausschüssen und Gremien vorgestellt, von der AG Schulwegsicherheit begutachtet und danach dem Stadtrat spätestens im II. Quartal 2023 zur Beschlussfassung vorgelegt.

3. Für die Tauchaer Straße wird im Schulumfeld ein Verkehrskonzept erstellt, dass auf die Bedürfnisse der Kinder ausgerichtet ist und einen sicheren Schulweg und Freiraum ermöglicht. Die Schule soll für Kinder zu Fuß und per Rad erreichbar sein. Der Verkehr vor der Schule ist baulich zu beruhigen. Eine gesicherte Radweganbindung (protected bikelane) ist bis zur Eröffnung der Schule zu errichten.

4. Der Bolzplatz ist öffentliche Infrastruktur und so umzugestalten, dass er auch für die Kinder des Umfelds in der Freizeit ohne Vereinsmitgliedschaft als Spiel- und Bolzplatz nutzbar ist. Die Stadt Leipzig legt dafür ein Konzept vor und berücksichtigt, die Wegeverbindung in das Umfeld der Schule (Weg am Eichberg).

5. Die Stadt Leipzig informiert die zuständigen Fachausschüsse Sport und Jugend/Schule/Demokratie, wie durch den Abriss der beiden Sporthallen im Stadtteil Thekla Schul- und Vereinssport sichergestellt werden sollen.

6. Die Stadt Leipzig beteiligt Kinder und künftige Schulleitung bei der Ausgestaltung der Schule insbesondere zur Raumplanung und Freiflächengestaltung.

Begründung:

Die verkehrliche Anbindung des geplanten Schulneubaus ist weder kindgerecht noch sicher. Die Anbindung ist nur über die Tauchaer Straße gegeben Die Planung des Schulneubaus legt zehn Parkplätze direkt im Eingangsbereich der Schule fest. Die Vorlage beschreibt: „Im vorderen Bereich der Schule und seitlich der Sporthalle erschließen sich ein Vorplatz mit Fahrrad- und Pkw-Stellplätzen, welcher zum Holen und Bringen der Kinder sowie für die Nutzung der Sporthalle für Wettkämpfe zur Verfügung steht.“

Aus der direkten Umgebung ankommende Grundschulkinder im Alter von 6-10 Jahren sind damit genötigt, durch den Parkplatz zum Schulgebäude bzw. zur Sporthalle zu laufen. Das Schulgebäude ist nur über den Parkplatz erreichbar und das Erreichen wird noch erschwert durch den Parkverkehr der gleichzeitig ankommenden Lehrer. Darüber hinaus geht die Planung offenbar davon aus, dass „Vorplatz mit Fahrrad- und Pkw-Stellplätzen, welcher zum Holen und Bringen der Kinder sowie für die Nutzung der Sporthalle für Wettkämpfe zur Verfügung steht.“ Es ist somit davon auszugehen, dass Eltern den Parkplatz am Schuleingang als Drop-Zone für ihre „Elterntaxis“ nutzen werden.

Die Straße als Erschließungsstraße ist weder verkehrsberuhigt noch mit einem Radweg ausgestattet.

Kinder brauchen sicheren Raum und keine Parkplätze. Gerade vor Schulen treffen sich Kinder und Eltern, reden miteinander und tauschen sich
aus. Kinder spielen noch beim Abholen miteinander oder albern vor sportlichen Wettkämpfen miteinander rum. Mit der derzeitigen Planung sind die Kinder unverantwortlich unnötigen Risiken ausgesetzt. Die Planung ist nicht mehr zeitgemäß.

Darüber hinaus ist das Umfeld der Schule (Durchwegung des Schulgeländes und Anbindung der dahinterliegenden Siedlung über einen Fuß- und Radweg) in die Planung einzubeziehen. Dies ist bisher nicht erfolgt.

Aus Gesprächen mit Vereinen für Kinder- und Jugendsport vor Ort wurde deutlich, dass zeitgleich im Stadtgebiet Leipzig Nord-Ost zwei Hallen abgerissen werden. Es ist zu befürchten, dass dann nicht genügend Kapazitäten für Schul- und Vereinssport (insbesondere für Kinder und Jugendliche) zur Verfügung steht. Auch hier ist vor Abriss der bestehenden Halle ein Konzept mit den Vereinen vor Ort abzustimmen und dem Stadtrat vorzulegen. 

Gemeinsamer Antrag mit der CDU-Fraktion

Beschlussvorschlag:

Beschlusspunkt 2 wird wie folgt geändert:

Die nicht in Anspruch genommenen Mittel i. H. v. insgesamt 125.000 T€ verbleiben auch nach Ablauf des Jahres 2022 in der Leipziger Dok-Filmwochen GmbH und können für die Jahre 2023 und 2024 als Verlustausgleich rückzahlbare, nicht ergebniswirksame Liquiditätsreserveverwendet werden (Mittelumwidmung und -übertragung). Bis Ende 2024 nicht verbrauchte Mittel Diesewerden Ende 2024 an den städtischen Haushalt zurückgeführt.

Die mit diesem Beschluss geänderte Vorlage finden Sie hier.

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

zunächst vielen Dank an die Stadtverwaltung, die mit der Vorlage einen Beschluss der Ratsversammlung umsetzt und einen Vorschlag unterbreitet, damit die Leipziger Sportvereine mit Mehrkosten für Investitionsprojekte auf kommunalem Grund und Boden nicht alleine gelassen werden. Dass die Stadtverwaltung nur für den kommunal geförderten Anteil der Investitionskosten einen Vorschlag macht, ist nur allzu verständlich, war doch unser aller Hoffnung, dass der Freistaat bzw. das Innenministerium und die SAB doch noch einlenken und für ihren Förderanteil die Mehrkosten mittragen.

Leider jedoch misst man bei der SAB mit zweierlei Maß. Bei der eigenen Zentrale, andere sagen Protzbau, der sicher schön anzusehen ist und bei Influencerinnen und Influencern beliebt ist, sind Kostensteigerungen von 60 Mio. auf 164,8 Mio. Euro –  das ist fast eine Verdreifachung der urprünglich geplanten Summe – kein Problem und kein Grund Abstriche zu machen.

Wenn jedoch Sportvereine, die nicht selten mit einem hohen Anteil an Eigeninitiative aufwarten und das Ganze im Ehrenamt stemmen, mit Mehrkosten von 10, 20 oder 30 Prozent kommen, wird kategorisch der Daumen gesenkt.

Als Sportausschuss haben wir daher in mehreren Sitzungen nach Lösungen gesucht und gerungen, damit die begonnenen Projekte abgeschlossen werden und die Vereine ihre Projekte abschließen können, ohne  immense Schäden, die unter Umständen auch das Risiko von Insolvenzen birgen können.

Wir möchten dem Stadtrat mit unserem Änderungsantrag daher heute einen Vorschlag unterbreiten, der die Projekte sichert. Wir greifen dabei ausschließlich auf Mittel aus dem Sportamt zurück.

Da der Freistaat nach intensiven Verhandlungen –vielen Dank auch an Dirk Panter –  zumindest bei dem Spitzensportprojekt aus der Liste, dem Erweiterungsbau am Bootshaus Klingerweg, mehr Fördermittel zur Verfügung stellt, gewinnen wir 200.000 Euro Spielraum, die wir zur Refinanzierung des Landesanteils bei anderen Projekten einsetzen können. Weitere 43.000 Euro sollen aus dem Projekt für den Bau der geplanten Großsporthalle entnommen werden. Durch das Schieben von zwei weiteren Projekten aus der Maßnahmenliste, für die wir im nächsten Jahr dann eine Lösung suchen müssen, können wir mit dem Vorschlag für alle übrigen Projekte die gesamten Mehrkosten, abzüglich des Eigenanteils, tragen.

Wenn u.a. Herr Schultz und ich, schweren grün-weißen Herzens, ein Projekt des geilsten Sportvereins in dieser Stadt, der BSG Chemie Leipzig, ins nächste Jahr schieben, um damit unter anderem für den Verein, der liebevoll auch Traktor Dösen genannt wird, die Finanzierung zu sichern, dann sollten die blau-gelben Vertreter hier im Stadtrat, insbesondere Herr Tornau und Herr Kasek, auch über ihren Schatten springen und sich solidarisch für den Leipziger Breitensport zeigen. Neben dem Verein am Südfriedhof sichern wir, wenn sie heute zustimmen, Projekte des Roten Stern Leipzig, des SSV Stötteritz und der Schachgemeinschaft Leipzig. Da es heute die letzte Sitzung vor Weihnachten ist, wäre eine Zustimmung ein schönes Weihnachtsgeschenk und ein Signal, dass wir den Sport nicht im Regen stehen lassen. Danke auch an die Mitglieder des Sportfachausschusses für die unkomplizierte Zusammenarbeit.

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

in Deutschland sind an eine Einbürgerung hohe Voraussetzungen geknüpft. Aktuell: Mindestens acht Jahre rechtmäßiger, unbefristeter Aufenthalt in Deutschland, eine geklärte Identität und Staatsangehörigkeit sowie notwendige Sprachkenntnisse. Man muss u.a. den Lebensunterhalt für sich und seine Familie selbst bestreiten können, darf sich nichts zuschulden kommen lassen haben, muss das Bekenntnis zur unserer Rechts- und Gesellschaftsordnung nachweisen, bereit sein, seine bisherige Staatsangehörigkeit abzulegen und so weiter und so fort.

Trotz dieser hohen Anforderungen schaffen wir es nicht, die Menschen mit Migrationsgeschichte, die diese Anforderung erfüllen, in einer angemessenen Zeit einzubürgern. Ich war immer, als Leipzig vor Corona seinen Empfang für die Neuleipzigerinnen und -leipziger ausgerichtet hat, stolz auf meine Stadt. Wir hatten mit jährlich 500-600 Einbürgerungen mit Abstand die meisten in Sachsen und haben das auch wie eine Monstranz vor uns her getragen. Nachdem ich vor der Sommerpause mehr und mehr Beschwerden über die langen Wartezeiten erhalten habe, kann ich das nicht mehr sagen. Denn die Ausländerbehörde hat über Jahre nicht das Personal bekommen, das notwendig war. Bei den Fällen, zu denen ich in der Ausländerbehörde angefragt hatte, beträgt die Wartezeit bis zu Erstberatung in einem Fall drei Jahre, also bis weit in das Jahr 2025 hinein. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, denn die Warteliste in Leipzig umfasst rund 3500 Fälle, es dauert beim aktuellen Personalbestand also bis zu 7 Jahren bis eine Entscheidung da ist.  

Wir rühmen uns damit, weltoffen zu sein und nutzen dies sogar in Werbevideos der Stadt. Wir feiern uns, wie kürzlich nach der Delegationsreise nach Vietnam, damit, Fachkräfte im Ausland einzuwerben. Fachkräfte für inzwischen fast die gesamte Bandbreite unserer Wirtschaft. Ohne diese Fachkräfte wäre auch unsere Wirtschaft in Leipzig längst zusammengebrochen, vor allem der Gesundheitssektor. Und dennoch behandeln wir diese Menschen wie Menschen zweiter Klasse. Das Versprechen, sich bei uns ein neues Leben aufbauen zu können, geben wir mit unserer Einbürgerungspolitik nicht ab. Das grenzt an modernen Kolonialismus. Wir treten unsere, hier im Stadtrat beschlossenen strategischen Ziele, „Leipzig stärkt seine Internationalität” und „Leipzig besteht im Wettbewerb“, mit Füßen.

Sehr geehrter Herr Rosenthal, sehr geehrter Herr Jung,

sie merken, ich bin bei dem Thema sehr emotional. Das liegt auch daran, dass wir selber verantwortlich sind. Über Jahre ist die Bugwelle, die wir bei den Einbürgerungen vor uns herschieben, größer geworden und es wurde nichts getan. Es wurde weggeschaut und der Stadtrat wurde nicht informiert. Durch unser Agieren stoßen wir jenen Menschen vor den Kopf, die zum Arbeiten, der Liebe wegen oder durch Flucht vor Krieg und Vertreibung nach Leipzig gekommen sind, sich hier ein neues Leben aufgebaut haben und sich heimisch fühlen. Wir geben ihnen dadurch, trotz ihrer Bemühungen, das Gefühl, nicht dazu zu gehören. Das beschämt mich.

Ich bin froh, dass die Stadtverwaltung nach öffentlichen Debatten und nach mehreren Anträgen endlich reagiert und das Personal noch in diesem Jahr aufstocken möchte. Schade dass man nicht selber auf die Idee kommt. Diesen Punkt übernehmen wir aus dem Verwaltungsstandpunkt. Wir erwarten jedoch, dass auch Abläufe optimiert werden, die Ausländerbehörde ggf. umgebaut wird und dass die zuständigen Ausschüsse und der Migrantenbeirat zukünftig regelmäßig über den Stand der Abarbeitung informiert werden. Abschließend erwarten wir noch im Januar die Information, bis wann mit dem zusätzlichen Personal der Stau abgearbeitet ist, denn nur so können wir entscheiden, ob wir unseren Haushaltsantrag als erledigt betrachten.

An dieser Stelle noch ein Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um Herrn Ermisch in der Ausländerbehörde, die trotz zu wenig Personal jährlich deutlich mehr Einbürgerungen schaffen als Dresden.