Redner: Axel Dyck, Fraktionsvorsitzender

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!

Eigentlich diskutieren wir heute nicht über die Abberufung des Kulturausschusses, sondern über eine Empfehlung des Bewertungsausschusses. Und diese lautete: „Der Leipziger Stadtrat fordert Herrn Dr. Volker Külow auf, sein Mandat umgehend niederzulegen, um auf diese Weise Verantwortung für seine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit während der DDR-Zeit zu übernehmen.“
Ein Antrag dazu war aber nicht rechtskonform und konnte deshalb im Rat nicht beschlossen werden.

Mal sehen wie es in Dresden aussieht, da wird ja auch noch über sein Landtagsmandat entschieden.
Der angemahnten Verantwortung ist Herr Külow bekanntermaßen selbst nicht nachgekommen.   
Ich finde es richtig und wichtig, dass wir Stadträte nunmehr die Möglichkeit zur Stellungnahme, wenn auch über einen selbst eröffneten Umweg bekommen. Obwohl ich zum Antrag selbst kritische Anmerkungen machen werde, dafür erstmal vielen Dank an die Einreicher.

Die SPD-Fraktion hat von Anfang an die Empfehlung des Bewertungsausschusses zum Ausschluss von Herrn Külow aus dem Stadtrat unterstützt und mindestens eine Ämterniederlegung seiner Ausschusssitze erwartet.
Damit erst gar keine Missverständnisse aufkommen. Dies fordern wir auch heute mit allem Nachdruck.

Ich werde mich an dieser Stelle nicht mit den Ansichten und Meinungen Herrn Külows zum Thema Bespitzelung auseinandersetzen. Das Thema ist zu umfassend um hier sowohl im Speziellen als auch im Allgemeinen hinreichend ausdiskutiert zu werden. Aber seine aktuellen Äußerungen zur Stasi im Zusammenhang mit einer Veranstaltung in Leipzig rund um Stasigeneral Großmann lassen schon die Schlussfolgerung aufkommen, dass das, was Herr Külow als noble Entschuldigung bisher anbrachte, in die Nähe einer Heuchelei gerückt werden kann.

Und für mich steht auch fest: In deutschen Parlamenten haben Stasizuträger keinen Platz. Das hat ganz einfach etwas mit Anstand zu tun und nichts mit Gesetzesauslegungen.

Und als letztes hierzu, vor allem auch in Bezug auf die neue Diskussion um die Birthler-Behörde und die dabei aufkommende Reduktion der DDR/SED-Aufarbeitung auf die Stasi-Problematik – das gefällt natürlich einigen – aber auch im Hinblick auf die bevorstehende Würdigung des 9. Oktober und dem daraus folgenden Ende der DDR:
„Es hätte keine Stasi ohne die SED gegeben, aber 40 Jahre SED-Diktatur hat es nur mit der Stasi gegeben.“

Ich möchte in diesem Zusammenhang an die Linksfraktion appellieren, mit aller Entschiedenheit eine Niederlegung des Mandates Dr. Külow herbeizuführen. Die Verantwortung dafür liegt nunmehr allein bei Ihnen, da die Gesetzeslage keine andere Möglichkeit hergibt.
In diesem Hause ist es bisher meist so gewesen – einige Ausnahmen natürlich bei der PDS – dass die Fraktionen den Forderungen des Bewertungsausschusses nachgekommen waren. Das sind mit Sicherheit keine einfachen Entscheidungen gewesen, wenn ich an einige Fälle in den 90er Jahren erinnern darf; die im Übrigen auch meine Fraktion betrafen.

Nun konkret zum Antrag:
Da wie gesagt, die Gesetzlichkeiten einen Ausschluss von Herrn Külow aus dem Stadtrat oder seiner Arbeitsgremien leider nicht hergeben, ist aus unserer Sicht der beantragte Weg über die Auflösung und Neubesetzung des Kulturausschusses und des Betriebsausschusses Kultur nicht Ziel führend und wird von uns abgelehnt.

Aus meiner Sicht ist der Antrag aber auch kontraproduktiv. Warum?
Herr Külow ist bei einer Neubesetzung des Ausschusses, solange er von seiner Fraktion aufgestellt wird und daran ist nicht zu zweifeln, er ist schließlich der örtliche Parteichef, wieder drin. Das Ende vom Lied wird sein: Herr Külow ist im Ausschuss und unter Umständen sind Stadträte der FDP/Bürgerfraktion oder von Bündnis 90/Die Grünen nicht mehr darin vertreten. Das wollen wir nicht.

Es wird darauf hinaus laufen, dass, sofern kein Einverständnis zwischen den Fraktionen bei der Besetzung von Ausschüssen und anderer Gremien mehr erzielt werden kann, wie es bisher ja seit 1994 guter Brauch war – eine komplizierte geheime Mehrheits- und Verhältniswahl zu erfolgen hat. Dies würde aus unserer Sicht die Stadtratstätigkeit nachhaltig negativ beeinflussen und den Stadtrat insgesamt beschädigen. Das wollen wir nicht und nur deshalb sind wir gegen den Antrag. Wir wollen nicht über eine „Lex Külow“ ein Fass aufmachen, wo der Wein sauer wird und wir dann nicht mehr wissen, an welcher Stelle der Essig unsere wichtige Arbeit nachhaltig ungenießbar macht.

Sehr geehrte Damen und Herren,
Politik macht oft traurig: Man muss manchmal etwas rational ablehnen, obwohl man von Herzen dafür ist. Für viele eine schwer verdaubare Kost.
Wenn der Antrag die öffentliche Diskussion über das Mandat Külow und die Stellung seiner Fraktion dazu und zu ihm zum Ziel hatte, dann ist das Ziel erreicht und der Antrag kann zurückgezogen werden.

Redner: Jürgen Wesser, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,                    
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!

Die Verwaltung vergisst nichts und verliert nichts. Auch unser 5 Jahre alter Antrag zur Einrichtung einer öffentlichen Sportfläche in Grünau ist nicht verloren gegangen. Er wurde sorgsam gehütet und lange geprüft.

Bereits im Jahre 2000 hatte der Stadtbezirksbeirat West den Sportplatz zur wichtigen Angelegenheit erklärt. Bis Sommer 2001 sollte der Planungsbeschluss in die Dienstberatung des Oberbürgermeisters.
Irgendwann waren dann auch Planungsmittel eingestellt, die aus den bekannten finanziellen Zwängen für andere Zwecke eingesetzt worden sind.
Es ist also eine gewisse Bewegung in der Sache. Nicht viel, aber immerhin.

Die Verwaltung schlägt nun in Ergänzung unseres Antrags eine erneute, erweiterte Prüfung bei der Erarbeitung des neuen Sportprogramms vor. Wir hoffen zeitnah.
Der Sportverein Lausen mit seinen ca. 700 Mitgliedern braucht den Platz, bevor aus der Kinder- und Jugend-Elf eine Seniorenauswahl geworden ist.

Dass der Grünauer Vereinssport den Platz braucht muss nicht noch mal erläutert werden.

Wirt bitten um Zustimmung im Sinne des Verwaltungsstandpunktes.

Redner: Jürgen Wesser, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,                    
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!

Die Verwaltung lehnt diesen Antrag ab, da er bereits Verwaltungshandeln ist.
Das ist formal sicher richtig und auch der einreichenden Fraktion so klar.
Trotzdem: Es ist wichtig, dass der Antrag eingebracht, diskutiert und beschlossen wird.

Nicht erst seit der Einführung von Harz IV sind die sozialen Lasten und deren Ausgleich in Sachen diametral verteilt.
Geld, das an anderen Stellen dringend gebraucht wird, z.B. für einen Sportplatz in Grünau oder in der Kultur oder in Schulen fließt – bei Entlastung des Haushaltes anderer Kommunen – in die Sozialkassen.

Nicht dass wir uns falsch verstehen: Wer bedürftig ist muss unterstützt werden!
Aber auch dafür muss das Geld in Sachsen gerechter verteilt werden.
Das lässt sich nur durch penetrantes Bohren in der Wunde erreichen.

Deshalb unterstützen wir den Antrag der Linksfraktion.

Rednerin: Dr. Margot Trexler, Stadträtin der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!
Die SPD-Fraktion hat in der Ratsversammlung am 19.9.2007 mehrheitlich dem Verkauf der beiden Grundstücke zugestimmt, um einen wirtschaftlichen Schaden für die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) abzuwenden.
Wie bereits mehrfach in der Presse berichtet wurde, benötigt das Bach-Archiv Erweiterungsflächen. Dieser Bedarf wird gegenwärtig durch den Umbau der Gebäude Thomaskirchhof 15/16 abgesichert. Ein weiterer Raumflächenbedarf wird erst für den Zeitraum 2015-2020 durch das Bach-Archiv erwartet, den der potentielle Käufer dann sicherstellen würde.

Die Vorhaltung der Grundstücke durch die LWB für diese lange Zeitspanne führt zu einem hohen wirtschaftlichen Verlust. Die Einnahmen von 1,6 Mio. EUR bei einem jetzigen Verkauf würden ausfallen und zusätzlich jahrelang hohe Kosten durch folgende Situation anfallen:

  • Durch den fast vollständigen Leerstand der in den Baujahren 1886 und 1889 errichteten Gebäude, die bereits jetzt schon einen hohen Sanierungsaufwand erfordern, beschleunigt sich der Verschleiß extrem und die Kosten für die Sanierung steigen weiterhin an.
  • Die Gebäude beanspruchen über viele Jahre lfd. Ausgaben für Notbewirtschaftungs- und Sicherungsmaßnahmen.

Darüber hinaus würde der Stadt Leipzig für das historisch wertvolle und touristisch international bedeutsame Umfeld des Thomaskirchhofes durch die über Jahre hinweg unsanierten, leerstehenden Gebäude ein Imageschaden entstehen.

Antrag der SPD-Fraktion

Beschlussvorschlag:

  1. Der Oberbürgermeister wird in Umsetzung des BPKt. 4a) des o.g. RB vom 15.11.2006 beauftragt, bei einem Vorschlag über die Mittelverwendung die Stärkung der finanziellen Handlungs- und Investitionsfähigkeit der Stadt und die vom Stadtrat beschlossenen strategischen Ziele in den Mittelpunkt zu stellen.
  2. Dementsprechend sind die Gelder, die im Zuge einer vollständigen Tilgung des an die LVV GmbH ausgereichten Gesellschafterdarlehens dem Haushalt zufließen sollen, einzusetzen für:
    1. eine nachhaltige Entschuldung entsprechend den bisherigen Vorgaben zur Haushaltssicherung in Höhe von 112 Mio. € sowie darüber hinaus zur Deckung etwaiger Fehlbeträge bis 2009,
    2. einen Abbau des nach wie vor – insbesondere im Schul- und Kindertagesstättenbereich – bestehenden Investitionsstaus, sowie zur Ko-Finanzierung von ASW-Maßnahmen zur Stadtteilsanierung,
    3. Maßnahmen und Projekte im Zusammenhang mit der Ansiedlung neuer und/oder Erweiterung bestehender Unternehmen am Standort Leipzig.
  3. Der nach Abzug der für 2.1 erforderlichen Mittel vorhandene Betrag wird im Haushalt 2008 zunächst einer zweckgebundenen Rücklage für Investitionen zugeführt. Zusammen mit den dann auflaufenden Zinsen sind die Gelder ausschließlich zur Ko-Finanzierung von Maßnahmen unter Pkt. 2.2 und 2.3 auf Basis gesonderter Beschlusslagen einzusetzen.
  4. Ein ggf. über den Betrag zur Tilgung des Gesellschafterdarlehens hinausgehender Verkaufserlösanteil ist ebenfalls zur Entschuldung und/oder für Investitionen – vor allem für Zukunftstechnologien – zu verwenden. Hierbei sind insbesondere auch den Erfordernissen einer nachhaltigen Entschuldung und Investitionstätigkeit des LVV-Konzerns Rechnung zu tragen.

Begründung:

Mit Ratsbeschluss vom 15.11.2006 (DS Nr. IV/1897) wurde der Oberbürgermeister beauftragt, im Falle eines Veräußerungsvorschlages von bis zu 49,9% der Gesellschaftsanteile der LVV an den Stadtwerken Leipzig GmbH, zugleich dem Stadtrat einen Vorschlag für die Mittelverwendung zu unterbreiten. Der vorliegende Antrag soll dazu Eckpunkte definieren. Der Antrag fußt dabei auf folgenden Grundlagen bzw. trägt entsprechenden Notwendigkeiten Rechnung:
Oberste Priorität muss der Wiederherstellung der finanziellen Handlungs- und Investitionsfähigkeit der Stadt beigemessen werden. In diesem Zusammenhang sind die dafür einschlägigen Grundlagen auf Basis von Ratsbeschlüssen, wie z.B. das „Mittelfristige Haushaltssicherungskonzept 2007-2009“ (DS IV/2288) oder die Entschuldungskonzeption (DS IV/1941) zu beachten.
Dies bedeutet, dass von einem etwaigen Verkaufserlös zunächst zwingend die bereits beschlossenen und/oder seitens der Rechtsaufsichtsbehörde beauflagten Prämissen für eine nachhaltige Entschuldung (s.a. Genehmigungsbescheide bzgl. Haushalte 2005ff. u. Haushaltssicherungskonzepte) zu berücksichtigen sind. Im Ergebnis bedeutet dies, dass von einem etwaigen Verkaufserlös zunächst das seitens der Stadt an die LVV GmbH ausgereichte Gesellschafterdarlehen von dieser vollständig zu tilgen ist. Von dem bei der Stadt dadurch ankommenden Betrag sind zunächst 112 Mio. Euro zur nachhaltigen Entschuldung einzusetzen. Darüber hinaus wären weitere Beträge zum Ausgleich ggf. noch bestehender Altfehlbeträge bzw. Defizite zu verwenden. Durch die dadurch mögliche nachhaltige Entschuldung werden zukünftige Haushalte der Stadt infolge entfallender Verpflichtungen für Zins- und Tilgungszahlungen entlastet und Handlungsspielräume zur Finanzierung erforderlicher Aufgaben eröffnet.
Darüber hinaus sind aus unserer Sicht die „Strategischen Ziele der Kommunalpolitik für die Haushaltsplanung ab 2006“ zu beachten. Diese setzen weitere Rahmenbedingungen, an denen sich eine etwaige Mittelverwendung zu orientieren hat. Die SPD-Fraktion sieht in diesem Zusammenhang die dringende Notwendigkeit für Zukunftsinvestitionen in die kommunale Infrastruktur, insbesondere in den Bereichen „Wirtschaftsnahe Infrastruktur“ und „Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur“ als maßgeblich an.
Im Mittelpunkt müssen hier zwingend notwendige Investitionen in die Bereiche „Kindertagesstätten und Schulen“ einerseits und in die Fortführung erfolgreicher Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsprojekte andererseits stehen. Gerade im erstgenannten Bereich besteht ein Investitionsstau in dreistelliger Millionenhöhe. Dessen schnellstmöglicher Abbau muss ein Markenzeichen familienfreundlicher Politik der Stadt Leipzig werden. Im letztgenannten Bereich besteht aufgrund der absehbaren negativen Entwicklung der Förderkulisse dringender Handlungsbedarf.
Mit einem Einsatz entsprechender Gelder in obige drei zentrale Bereiche wird sichergestellt, dass neue kommunale Vermögenswerte geschaffen und bestehende, z.B. durch entsprechende Sanierungsmaßnahmen, vergrößert werden. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass z.B. mit einem Euro Eigenmittel durchschnittlich zwei Euro Fördermittel akquiriert werden können. D.h. mit z.B. 10 Mio. € Einsatz von Verkaufserlösgeldern können Investitionen von rd. 30 Mio. € in der Stadt Leipzig erfolgen. Von diesem Investitionsvolumen, welches auf anderem Wege gerade nicht generierbar wäre, wird nicht zuletzt die regionale Wirtschaft im Zuge der Auftragsvergabe profitieren, was dort wiederum Arbeitsplätze sichert und im Ergebnis auch Sozialkosten vermeidet.
Die SPD-Fraktion möchte in diesem Zusammenhang zudem sicherstellen, dass, bis zur Vorlage entsprechender Konzeptionen und/oder Maßnahmen für entsprechende Investitionen, die finanziellen Mittel insgesamt zunächst einer entsprechenden zweckgebundenen Rücklage zugeführt werden. Dabei wird es als notwendig erachtet, dass über den konkreten Mitteleinsatz der Stadtrat jeweils anhand entsprechender Einzelvorlagen gesondert entscheidet.
Entsprechend der bekannten Verschuldungsproblematik einerseits und der Notwendigkeit der Finanzierung des ÖPNV auch nach einem Verkauf von Minderheitsanteilen an den Stadtwerken Leipzig andererseits ist es aus unserer Sicht zudem erforderlich, dass auch seitens der LVV aufgenommene Darlehen zur nachhaltigen Entschuldung des Konzerns zurückgeführt werden. Dafür wäre dann ebenfalls ein entsprechender Anteil am Verkaufserlös einzusetzen.

Antrag der SPD-Fraktion

Beschlussvorschlag:

Die Ratsversammlung fasst folgende Beschlüsse:

  1. Grundsatzbeschluss zur künftigen Direktvergabe des öffentlichen Dienstleistungsauftrages zur Erbringung von Verkehrsdienstleistungen an die LVB entsprechend Artikel 5 der künftigen EG-Verordnung über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße
  2. Beauftragung der Leipziger Verkehrsbetriebe mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen – entsprechend des EuGH-Urteils „Altmark Trans“ – für die öffentliche Zuschüsse gewährt werden und Anpassung des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrages (VLFV) an die Kriterien des EuGH-Urteils zur Sicherstellung einer beihilfekonformen Finanzierung

Begründung:

Mit dem Beschluss zur 29. Ratsversammlung zur Umsetzung des mittelfristigen Haushaltsicherungskonzeptes 2006 – 2009 wurde die Veräußerung von 49,9 % der Gesellschafteranteile der Stadtwerke Leipzig GmbH (SWL) und die Vorlage eines Vorschlages zur Veräußerung von einer Minderheit der Gesellschaftsanteile an der LVV GmbH bis zum 30. Juni 2009 verabschiedet. Laut Beschluss ist in diesem Zusammenhang die Finanzierung des ÖPNV über die LVV-Gruppe sicherzustellen, sowie die Stadt Leipzig von jeglicher künftigen finanzieller Verpflichtung zur Finanzierung des ÖPNV freizustellen. Vor diesem Hintergrund darf der Erhalt des steuerlichen Querverbundes zur Finanzierung des ÖPNV nicht gefährdet werden.
Die EG-Verordnung über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (Nachfolgeverordnung 1191/69) sieht künftig grundsätzlich zwei Formen der Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen durch die jeweils zuständige Behörde, die Stadt Leipzig, vor. Die Stadt kann dabei entsprechende Dienstleistungsaufträge europaweit ausschreiben oder aber, wenn sie selbst, oder ein Unternehmen, welches sich in ihrem Eigentum befindet, Verkehre betreibt, den Dienstleistungsauftrag direkt an diesen internen Betreiber vergeben.
Eine künftig alternativ mögliche Ausschreibung von Verkehrsleistungen könnte dazu führen, dass der öffentliche Auftrag an einen Dritten vergeben wird. Damit wäre die Finanzierung über den steuerlichen Querverbund mit den entsprechenden Steuervorteilen hinfällig, da ein Drittunternehmen nicht Mitglied der steuerlichen Organschaft der LVV ist. Darüber hinaus müsste die LVB auch nach Vergabe an einen Dritten ihre Beschäftigungsverhältnisse fortsetzen und die damit verbundene Finanzierung bis Ende 2015 sicherstellen. Da bei den LVB beginnend ab dem Jahr 2009 bis 2012 sämtliche Liniengenehmigungen für Busverkehre auslaufen, würde eine Neuvergabe dieser Verkehrsleistungen bereits unter das Vergaberegime der neuen Verordnung fallen.
Die künftige Direktvergabe des öffentlichen Auftrages zur Erbringung von Verkehrsleistungen an die LVB vorausgesetzt, kann vor dem Hintergrund einer EuGH-konformen Finanzierung der LVB bereits heute eine langfristige Finanzierung der LVB über den steuerlichen Querverbund sicher gestellt werden.
Der EuGH hatte in seiner Entscheidung vom 24. Juli 2003 Kriterien aufgestellt, die zu berücksichtigen sind, damit öffentliche Zahlungen an Unternehmen des ÖPNV außerhalb des Beihilferechts gewährt werden können. Die Kriterien 1 bis 3, die auch in den Text der künftigen Verordnung eingeflossen sind, betreffen dabei das beiderseitige Verhältnis zwischen der Stadt Leipzig und LVV auf der einen und der LVB auf der anderen Seite. Öffentliche Zuschüsse und Ausgleichszahlungen sind demnach zulässig, wenn:

  1. Das begünstigte Unternehmen mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut worden ist, und diese Verpflichtungen klar definiert sind
  2. Die Parameter für den finanziellen Ausgleich im Vorfeld transparent und objektiv aufgestellt worden sind
  3. Die Ausgleichsleistung nicht über den Betrag hinausgeht, welcher für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und einen angemessenen Gewinn notwendig sind.

Die Einhaltung dieser Kriterien ist durch die LVB sicherzustellen.

Rednerin: Dr. Anke Kästner, Stadträtin der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung,
werte Damen und Herren Bürgermeister,
Kollegen und Kolleginnen des Stadtrates,
liebe Gäste!

Einerseits begrüße ich es ausdrücklich, dass die Drucksache zum Thema Einführung eines Chipkartensystems zur Versorgung der Asylbewerber uns endlich zur Abstimmung vorliegt. Andererseits macht es mich aber auch sehr unzufrieden.
Ich begrüße es deshalb, weil ich weiß, dass sich im Rathaus seit mehreren Jahren die sog. Asylrunde trifft, die sich während dieser Zeit u.a. immer wieder der Landesebene gegenüber dafür eingesetzt hat, dass derzeitig noch praktizierte Katalogbestellsystem abzuschaffen und stattdessen auf humanere und weniger diskriminierende Verfahren umzustellen, und zwar besonders deshalb, weil

  1. die Artikel im Katalog überteuert angeboten werden
  2. eine diskriminierende Ausgrenzung der Asylbewerber vom normalen Einkaufsalltag und damit auch aus wesentlichen Teilen der Gesellschaft stattfindet
  3. verhindert wird, dass die Asylbewerber in Geschäften ihrer Landsleute bzw. ähnlicher Kulturkreise einkaufen können und damit auch ein Stück Heimatgefühl verlieren
  4. das Geld in der Regel der lokalen Ökonomie verloren geht.

Der Asylrunde gehören Vereine, Verbände Behörden usw. an, wie z.B. Caritas, RAA, Sozialamt, der Ausländerbeauftragte und andere. Die Mehrheit von ihnen machte sich hierbei aber von Anfang an für die Auszahlung von Bargeld stark, ein Verfahren, was auch von unserer Fraktion bevorzugt wird, weil:
–    die Lebensqualität der Asylbewerber durch freie Lebensmittel- und Geschäftswahl deutlich erhöht wird
–    eine Gleichbehandlung aller Bevölkerungsgruppen, die Sozialhilfe beziehen, gewährleistet wird (so muss das Argument der Kontrollmöglichkeit über die Verwendung der Geldmittel, z.B. in Bezug darauf, was bei den Kindern ankommt; entweder für alle gelten, oder für keinen). Alles andere wäre diskriminierend, wenn nicht gar rassistisch.

Dieses war jedoch bis dato aufgrund der Regelung, dass die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erbringenden Leistungen für Asylsuchende im Freistaat Sachsen grundsätzlich als Sachleistungen zu erbringen sind, so nicht möglich, was mich bzw. unsere Fraktion sehr unzufrieden macht.
Daraufhin versuchte die Stadt Leipzig mehrmals wenigstens die Genehmigung zur Einführung eines Chipkartensystems zu erhalten, was zwar nicht optimal wäre, aber dennoch deutlich besser als das derzeitige Katalogbestellsystem. Jedoch auch das schien bisher so nicht möglich.

Seit kurzem, genauer gesagt seit dem 1. Dezember letzten Jahres haben wir in Sachsen eine etwas veränderte Situation. Nachdem in der Stadt Dresden das Chipkartensystem vom Stadtrat beschlossen und vom SMI bestätigt wurde, aber dennoch kein Anbieter gefunden wurde, der die geforderten Ausschreibungskriterien erfüllen konnte, läuft dort bis zum 30 Juni 2008 ein Modellprojekt zur Bargeldauszahlung.
Dieses soll im Anschluss ausgewertet werden, wobei zu hoffen ist, dass dabei herauskommt, dass dieses das humanere, kostengünstigere und von Seiten der Verwaltung gesehen am wenigsten aufwendige Verfahren ist. Aber das kann dauern!

Da wir möchten, dass sich endlich und vor allem schnellstmöglich etwas zum Vorteil der Asylbewerber bewegt, und wir glauben, dass die erfolgreiche Umsetzung des Antrages der Linken, so sympathisch uns dass inhaltliche Anliegen auch ist, nicht gelingen wird, schlagen wir aufgrund der Erfahrungen, die Dresden gemacht hat, folgenden Ergänzungsantrag vor:
Einführung eines Punktes 3. im Rahmen des Vergabeverfahrens ist unter Beteiligung des Fachausschusses JSGS zu prüfen

  • ob die bestellten fachinhaltlichen Anforderungen an den Betrieb eines Chipkartensystems vollständig abgedeckt werden sowie
  • das System gegenüber Alternativlösungen wirtschaftlich ist.

Nach dieser Prüfung ist entweder das System zu beauftragen oder eine Ausnahmegenehmigung beim SMI bezüglich der Barauszahlung von Taschengeld und Sachleistungen (per Zahlungsanweisung) zu beantragen. Die Definition der fachinhaltlichen Anforderungen können von uns bzw. der Verwaltung bestimmt werden.

Deshalb und nur deshalb, weil wir glauben, das dieser Weg der am schnellsten zielführende ist, möchten wir sie bitten den Antrag der Linken abzulehnen und stattdessen der Verwaltungsvorlage einschließlich unseres Ergänzungsantrages zuzustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!