[Es gilt das gesprochene Wort]

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Dezernenten,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Anwesende und Gäste,

heute stehen wir an einem entscheidenden Punkt für die Zukunft unserer Stadt Leipzig. Der Doppelhaushalt für die Jahre 2025 und 2026 ist nicht nur ein Zahlenwerk, sondern ein Ausdruck unserer Vision für ein lebenswertes, gerechtes und zukunftsfähiges Leipzig.

Gerade in diesen Zeiten ist eine gute Zukunft kein Selbstläufer, sondern bedeutet harte Arbeit, viele Stunden Verhandlungen und zähe Kompromissfindung. Ich möchte mich hier ausdrücklich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit bei den Stadtratskollegen bedanken. Ich hoffe, wir können auf diesem konstruktiven und respektvollen Umgang zum Wohle unserer Stadt weiter aufbauen.

Ich möchte mich auch bei der Verwaltung bedanken. Die Aufstellung dieses Haushaltsentwurf war keine leichte Aufgabe. Dennoch wurde mit Bedacht der Kurs gehalten. In anderen Städten in Sachsen zeichnet sich ein Bild von blankem Aktionismus und blindwütigen Streichungen.

Deswegen ist aber noch längst nicht alles in Butter. Wir hätten gern im sozialen, kulturellen und sportlichen Bereich deutlich mehr ermöglicht. Ich werbe bei allen Leipzigerinnen und Leipzigern um Verständnis dafür, dass wir in Zeiten knapper Kassen auch die eine oder andere schwere Entscheidung treffen mussten. Ich möchte Ihnen versichern: wir sehen Sie, wir vergessen Sie nicht und wir werden auch beim nächsten Doppelhaushalt wieder für ein soziales, gerechtes und vielfältiges Leipzig streiten.

Anja Feichtinger

Ich bin auch stolz auf das, was meine SPD-Fraktion erreichen konnte:

  • Wir legen deutlich zu bei der Sanierung unserer Gehwege und Sorgen für Sicherheit und Barrierefreiheit für alle die zu Fuß gehen.
  • Wir kümmern uns stärker um den baulichen Unterhalt von Schulen und Mensen.
  • Wir erhöhen den Schutz vor sexualisierter Gewalt und
  • Wir fördern den Breitensport mit einer deutlichen Erhöhung von 50% der Fördermittel pro Vereinsmitglied.

um nur einige zu nennen.

Lassen Sie mich aber auch noch über den zuletzt viel diskutierten Antrag zum Stellenplan sprechen. Ja, wir tragen den Kompromiss mit, der am Ende das Ziel hat, ab 2027 500 Stellen in der Verwaltung abzubauen. Das ist uns nicht leichtgefallen. Uns war wichtig, dass wir eben nicht blindlings sofort 1.000 Stellen streichen – wie es der Originalantrag der CDU gefordert hat -, sondern zunächst die Aufgabenkritik und Organisationsuntersuchung durchführen. Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben, keine Streichungen bei bürgernahen Dienstleistungen oder bei Pflichtaufgaben.

Wir werden als SPD-Fraktion den weiteren Prozess kritisch, aber auch konstruktiv im Schulterschluss mit der Personalvertretung begleiten. Ziel muss eine schlagkräftige, zukunftsfeste und moderne Verwaltung sein, die unsere Stadt nach vorn bringt und Dienstleister für alle Bürgerinnen und Bürger ist.

Kompromisse sind manchmal schmerzhaft – dennoch sind wir davon überzeugt, dass eben nur der Kompromiss die Extreme verhindern kann.

Wenn wir heute den Doppelhaushalt beschließen, sollten wir uns das vor Augen halten. Für die nächsten zwei Jahre, die mit einem freiwilligen Haushaltssicherungskonzept nicht leicht werden, wünsche ich uns die Fähigkeit zum Kompromiss und zu einer Politik mit Augenmaß und Sachverstand. Wir stehen dafür jedenfalls bereit.

Vielen Dank!

[Es gilt das gesprochene Wort]

Pia Heine

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Beigeordnete,

sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,

liebe Gäste auf der Tribüne und im Livestream,

jede dritte Frau erlebt mindestens ein Mal in ihren Leben physische oder sexualisierte Gewalt. Sexuelle Belästigung im Alltag, am Telefon und im digitalen Raum beispielsweise in Form obszöner Anspielungen oder Gesten, dem unerwünschten Zusenden von Bildern oder Videos mit pornografischem Inhalt, über Angrapschen bis hin zu Vergewaltigung, sexuellem Missbrauch, dem Erzwingen sexueller Handlungen, Zwangspornografie – sexualisierte Gewalt hat viele Gesichter.

Die Zahl der einschlägigen Straftaten im Bereich sexualisierte Gewalt steigt in Leipzig jährlich an. Die Dunkelziffer hinter den offiziellen Statistiken wird jedoch noch viel höher geschätzt – Behörden und Beratungsstellen gehen davon aus, dass beispielsweise nach wie vor 85-95% aller Vergewaltigungen nicht zur Anzeige gebracht werden.

Um die Präventionsarbeit zum Schutz vor sexualisierter Gewalt und die dafür nötige Opferberatung in Leipzig intensiver als bisher zu fördern, beantragen wir in einem gemeinsamen Haushaltsantrag der Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke für das Haushaltsjahr 2025 zusätzlich 100.000 EUR und für das Jahr 2026 zusätzlich 200.000 EUR. Damit sollen Träger wie beispielsweise Frauen für Frauen e.V., Bellis e.V. und weitere freie Träger mit Schwerpunkt auf Beratungsleistungen im Bereich sexualisierte Gewalt unterstützt werden.

Im Verwaltungsstandpunkt wird dargelegt, dass mit der Einrichtung der kommunalen KIS (Koordinierungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking) nun eine zusätzliche Beratungsstelle bereitsteht. Wir begrüßen die Einrichtung der KIS über alle Maßen, aber sie widmet sich den Bereichen häuslicher Gewalt und Stalking. Für die Opfer sexualisierter Gewalt hat die Stadt Leipzig Stand Oktober 2024 nur drei Fachberaterinnen. Bei der 45. Sicherheitskonferenz des Kommunalen Präventionsrates im vergangenen Oktober hat sich die Stadt Leipzig zum Ziel gesetzt, das Beratungsnetz für Opfer von sexualisierter Gewalt auszubauen. Es wurde dargelegt, dass in einer Stadt wie Leipzig eigentlich etwa 40 Mitarbeitende für die Beratung nötig wären. Eine reine Dynamisierung der bisherigen Förderung reicht also nicht aus, um den Bedarf auch nur annähernd zu decken.

Nun sind wir uns der angespannten Haushaltslage natürlich bewusst – deswegen beschränken wir uns mit unserem Antrag auf eine Aufstockung bestehender Strukturen in der vorhandenen Trägerlandschaft, deren Angebote bereits erfolgreich laufen, aber schlichtweg an ihre Grenzen stoßen. Vielleicht ein Beispiel: Allein bei der Beratungsstelle bei Bellis e.V. gingen im vergangenen Jahr mehr als 150 Beratungsanfragen ein. Durch einen kontinuierlichen Bedarfsanstieg und steigender Bekanntheit des Angebots in Leipzig wie auch im Landkreis kann der Beratungsbedarf mit den wenigen vorhandenen Ressourcen nicht mehr gedeckt werden. Dies führt dazu, dass sich die Wartezeiten für Betroffene – aktuell 8-10 Wochen – stetig erhöhen und diese Personen (zunächst) abgewiesen werden müssen.

Ziel unseres Antrags ist es deswegen, die Unterstützungslandschaft im Bereich sexualisierter Gewalt zu stärken und in der Konsequenz auch Betroffene damit zu bestärken, mehr Straftaten zur Anzeige zu bringen.

Wir bitten deswegen um Zustimmung. Vielen Dank!

[Es gilt das gesprochene Wort]

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Dezernenten,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Anwesende und Gäste,

die SPD-Fraktion möchte mehr Personal für den Fachdienst Eingliederungshilfe im Kontext Schule.

Seit September 2023 stieg die Anzahl der zu prüfenden Vorgänge um fast 30% an. Hintergründe dafür sind vor allen die gestiegene Zahl der Kinder, die inklusiv beschult werden.

Viele dieser Kinder haben Anspruch auf Eingliederungshilfe. Die Prüfung ist recht komplex, auch weil das Landesamt für Schule und Bildung kaum noch entsprechend notwendige psychologische Gutachten erstellt. Dennoch ist es nicht hinzunehmen, dass das Fachamt eine riesige Bugwelle noch nicht bearbeiteter Anträge vor sich herschiebt. Wir erfuhren in einer Anfrage, dass im November letzten Jahres 631 Anträge noch unbearbeitet waren. Das sind ungefähr die Hälfte der Anträge, die in einem Jahr eingehen.

Ute Köhler-Siegel

Manche Kinder sind ohne eine Schulbegleitung nicht oder nur teilweise beschulbar. Jeder Tag, jede Stunde, die diese Kinder nicht am Unterricht teilnehmen vergrößert die Lernrückstände.

Dieses Amt bearbeitet auch alle Anträge, die mit dem Thema Teilleistungsstörung einhergehen. Das sind zum Beispiel Kinder mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche oder Dyskalkulie. Auch hier vergrößern sich die Lücken mit jedem Tag, an dem das Kind nicht entsprechend gefördert wird.

Inklusion ist ein Menschenrecht. Alle Kinder haben das Recht, in einem inklusiven Bildungssystem zu lernen. Es kann nicht sein, dass Eltern oft ein Jahr von der Antragsstellung auf die Bewilligungsbescheide warten müssen.

Die SPD steht für inklusive Bildung. Die Stadt Leipzig hat den Auftrag, diese Anträge gründlich und zügig zu prüfen und zu bescheiden. Dafür braucht es mehr Personal. Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu.

Beschlussvorschlag:

Der Beschlussvorschlag wird wie folgt ergänzt:

2. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, sich über den Deutschen Städtetag für eine bundesweite Reform des Paragraphen 265a StGB einzusetzen.

Begründung:

Wir denken, dass der veraltete Paragraph §265a StGB aus dem Jahr 1935 endlich gestrichen werden sollte. Unter der Drucksache 20/14257 wurde im Dezember 2024 u.a. dazu ein Gesetzentwurf zur Modernisierung des Strafrechts in den Bundestag eingebracht.

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, ein verkehrsrechtliches Gutachten zur Prüfung der Vereinbarkeit des Konzepts Schulstraße in Leipzig – temporäre Sperrung von Straßenabschnitten vor Schulzugängen zu Schulbeginn und Schulende – mit dem deutschen Straßenverkehrsrecht erstellen zu lassen. 

Mit dem Gutachten sollen 

◦ die grundsätzliche verkehrsrechtliche Zulässigkeit des Konzepts untersucht, 

◦ Möglichkeiten der verkehrsrechtlichen Anordnung aufgezeigt sowie 

◦ Umsetzungsmöglichkeiten für temporäre Absperrungen der Straßen dargestellt

werden. 

Außerdem sollen allgemeine Rahmenbedingungen von Schulstandorten aufgezeigt werden, die eine verkehrsrechtliche Zulässigkeit des Konzepts darlegen.

Begründung:

Sogenannte „Schulstraßen“ werden aktuell durch einige deutsche Kommunen als Instrument zur Entschärfung des Bring- und Holverkehrs im Sinne der Schulwegsicherheit und zur Förderung des aktiven Schulwegs erprobt. 

Als Schulstraßen werden im derzeitigen Sprachgebrauch Straßenabschnitte im unmittelbaren Einzugsbereich von Zugängen zu Schulen bezeichnet, die zeitlich beschränkt vor Schulbeginn für den Kraftfahrzeugverkehr gesperrt werden. Die Sperrungen können auch bei Schulschluss erfolgen. Ziel ist die Förderung der selbstständigen und sicheren Teilnahme von Kindern am Straßenverkehr auf ihrem Schulweg.

Die Stadt Wien hat das Konzept Schulstraße bereits in Piloten erprobt und evaluiert und richtet seitdem Schritt für Schritt weitere Schulstraßen ein. In Frankfurt am Main wird derzeit eine Schulstraße in einem Verkehrsversuch erprobt. München hat aktuell die rechtlichen und praktischen Voraussetzungen geprüft, unter denen erste Schulstraßen erprobt werden können.

[Es gilt das gesprochene Wort]

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Dezernenten,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Anwesende und Gäste,

das Thema Schulwegsicherheit an der Parkstadt Portitz beschäftigt den Rat schon seit vielen Jahren. Mehrere Anfragen und Anträge der CDU, durch meine Fraktion als auch durch den ortsansässigen Bürgerverein, der Grundschule, des Elternrats und von Anwohnerinnen werden bis heute mit dem Verweis auf den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages mit dem Investor von der Stadtverwaltung abgewiesen.

Zum besseren Verständnis schauen wir mal auf die Zeitachse sowie Daten und Fakten:

Der Bebauungsplan für das Gebiet in Portitz wurde 1997 als Satzung gefasst. Dieser ist somit schon 28 Jahre alt. Die Verhandlung eines städtebaulichen Vertrags könnte demnach schon so weit fortgeschritten sein, dass man zumindest in Teilbereichen schon in die Umsetzung gehen könnte.

Mittlerweile ist die Einwohnerzahl in Portitz weiter gewachsen; in 2020 hatte Portitz 2 928 und in 2024 bereits 3 441Einwohnerinnen und Einwohner. Es gehen aus dem Gebiet der Parkstadt Portitz ca. 70 Kinder in die Grundschule und queren täglich die Tauchaer Straße in Höhe der Straße Am Künstlerbogen.

Ich sehe ein, dass die bisherige Auslastung des Baugebiets und die Einwohnerzahlen bis 2020 der Einschätzung der Verwaltung entsprechen, jedoch mit Zuzug nun nicht mehr tragbar ist.

Somit ist es jetzt an der Zeit, die Situation vor Ort neu zu bewerten.

Die Argumente von der Verwaltung, wie z.B.

Anja Feichtinger
  • Die Querungssituation über die Tauchaer Straße wird grundsätzlich als sicher eingeschätzt, mit Verweis auf den bestehenden Fußgängerüberweg an der Krätzbergstraße (etwa 200 Meter entfernt).
  • Eine temporäre Lichtsignalanlage oder ein Fußgängerüberweg in der Tauchaer Straße/Am Künstlerbogen sowie eine Querungsinsel wurden geprüft, jedoch als nicht durchführbar bewertet.
  • Verhandlungen über einen städtebaulichen Vertrag zur Resterschließung des BP 25 laufen, aber ein Vertragsabschluss mit der Verpflichtung zur Herstellung einer Lichtsignalanlage ist derzeit nicht durchsetzbar.

zeigen oder stellen klar, dass sie nicht Willens sind, die Situation vor Ort anzupacken und pragmatisch zu lösen.

Ich jedenfalls kann diese Argumente, auch aufgrund des Zeitablaufs (28 Jahre Baugebiet) nicht hinnehmen.

Es liegen viele Vorschläge auf dem Tisch.

Aus meiner Sicht könnte die Einrichtung bzw. die Ausweitung der Tempo-30-Zone und der schnellstmögliche Abschluss des städtebaulichen Vertrages ein Bestandteil einer kurzfristigen Lösungsfindung sein. Ich habe gehört, der Investor ist durchaus gesprächsbereit.

Lassen Sie uns gemeinsam eine Lösung finden. Elternvertreter, Schulleitung, Bürgerverein, die Fraktionen und Sie als Verwaltung. Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen um Unterstützung des Antrags. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Es gilt das gesprochene Wort]

Pia Heine

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Beigeordnete,

sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,

liebe Gäste auf der Tribüne und im Livestream,

ich möchte heute zunächst als Leipziger Gästeführerin zu Ihnen sprechen. Leipzig ist eine auch touristisch attraktive Stadt. Ein Großteil der Menschen, die an meinen Führungen teilnehmen, sind auswärtige Touristinnen und Touristen. Wenn ich sie frage, warum sie Leipzig besuchen, dann ist es entweder die Neugier auf ostdeutsche Städte, manchmal sind es die Kinder, die hier studieren – und sehr, sehr häufig fällt dabei auch der gute Ruf als weltoffene, bunte Stadt, explizit übrigens auch in Abgrenzung zur Landeshauptstadt Dresden.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass es die hiesige Zivilgesellschaft vor einigen Jahren erfolgreich geschafft hat, fremdenfeindliche Bündnisse wie Legida von der Straße zu fegen. Dass wir einen Oberbürgermeister haben, der sich seinerzeit vor die Gegenproteste gestellt hat und klar gemacht hat: Wir sind und bleiben eine weltoffene, eine solidarische Stadt. Und: Zum guten Ruf Leipzigs gehört auch die zusätzliche Aufnahmebereitschaft für Menschen in Not im Rahmen des Bündnisses Sicherer Häfen.

Nun wissen wir: Dresden hat mithilfe der konservativen Mehrheit im dortigen Rat das Bündnis Sicherer Häfen vor einiger Zeit verlassen. Dass die AfD das begrüßt, ist wenig verwunderlich.

Im Begründungstext der AfD-Fraktion tauchen Worthülsen wie „gefährliche moralgetriebene und gesinnungsethische Symbolpolitik“ auf. Solche Formulierungen schmerzen mich nicht nur moralisch, sondern tun mir auch als Germanistin weh. Meine Damen und Herren, die einzigen, die hier „gesinnungsethische Symbolpolitik“ betreiben, sind Sie, und zwar im Geiste Ihrer völkischen, abschottenden Grundüberzeugungen! Und wenn Sie in Bezug auf Seenotrettung schreiben, dass allein der Verdacht auf strafwürdiges Verhalten die Mitgliedschaft im Bündnis zu „einem Ding der Unmöglichkeit“ mache, dann muss ich sagen: Chapeau, wenn’s um Verdachtsfälle geht, sind Sie als Partei ja normalerweise ganz vorne dabei. Deswegen sollten Sie vielleicht an dieser Stelle mal besser ganz kleine Brötchen backen.

Dass die CDU-Fraktion den ohnehin schon unsäglichen Originalantrag der AfD aber noch verschärft, zeigt deutlich, dass man anscheinend auch weiterhin versucht, die AfD hier sogar noch rechts zu überholen. Sie behaupten, der „Aspekt der Ordnung“ sei nicht mehr gegeben und die überplanmäßige Aufnahme geflüchteter Menschen überlaste unsere Stadt. Laut offiziellem Verteilungsschlüssel übernimmt Leipzig 15,1% der dem Freistaat Sachsen zugewiesenen Geflüchteten. Auch mit unserer Mitgliedschaft im Bündnis nehmen wir aber derzeit nur wenige – etwa 3-5 – Personen mehr auf, als der Verteilungsschlüssel vorsieht. Sieht so für Sie schon Überlastung aus?

Im Verwaltungsstandpunkt wird sehr gut dargelegt, welche Vorteile die Mitgliedschaft im Bündnis für die Stadt bringt – ohne dabei übrigens auch nur einen Cent zu kosten. Und es wird deutlich, welche fatalen Folgen ein Austritt aus dem Bündnis auch in Hinblick auf unser Standing im nationalen und internationalen Kontext hätte.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin froh, in Leipzig und nicht in Dresden zu leben. Dass unsere Stadt sich als „sicherer Hafen“ versteht, ist für mich Ausdruck von Humanität und Solidarität und darauf bin ich stolz. Als altehrwürdige Messe- und Universitätsstadt steht Leipzig wie kaum eine andere deutsche Metropole für Weltoffenheit und interkulturelle Verständigung.

Ja, die Mitgliedschaft im Bündnis und das damit verbundene Bekenntnis zur Seenotrettung ist selbstverständlich zugleich auch ein Symbol: Ein Symbol dafür, dass wir Menschen nicht im Mittelmeer ertrinken lassen. Dass wir Menschen hier ein sicheres Leben ermöglichen wollen und sie nicht in Länder zurückschicken, in denen ihnen Verfolgung und Tod drohen. Jeder Mensch hat ein Recht auf ein sicheres Leben. Kein Mensch ist illegal!

Ein Austritt aus dem Bündnis wäre in aller erster Linie ebenfalls ein Symbol und zwar dafür, künftig den Kurs der Abschottung einzuschlagen und Menschen, die in Not sind, abzuweisen.

Nun bin ich nicht nur Stadtführerin, sondern auch Historikerin. Und als solche sage ich Ihnen ganz klar: Deutschland war, ist und wird ein Einwanderungsland sein, ob Ihnen das nun gefällt oder nicht. Und solange weltweit Menschen auf der Flucht sein müssen, wird sich an dieser Situation auch vorerst nichts ändern.

Wenn Sie, liebe CDU, das C in ihrem Parteinamen ernst nehmen, dann lassen Sie uns doch bitte dafür sorgen, dass Menschen, die bei uns Schutz suchen, diesen hier erhalten. Dass sie schnellst- und bestmöglich hier integriert werden. Lassen Sie uns in menschenwürdige Unterbringung, in Begegnung und interkulturelle Verständigung investieren, statt zu spalten. Und hören Sie bitte auf, mit populistischen Anträgen auf Kosten von Menschenleben die Stimmung weiter anzuheizen.

Wir lehnen sowohl den Originalantrag wie auch den Änderungsantrag der CDU selbstverständlich ab – Humanität ist für uns nicht verhandelbar.