Rede zu finanziellen Unterstützungen für die Leipziger Gruppe in der Ratsversammlung am 14. September 2022
Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,
wir müssen heute leider eine wegweisende Entscheidung treffen. Dieses Mal geht es weniger um Investitionen in die Zukunft, sondern vielmehr um eine Reaktion auf aktuelle Gegebenheiten.
Insbesondere aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sind die Energiemärkte in Aufruhr geraten und Strom- und Gaspreise sind sprunghaft angestiegen. Putin und sein Umfeld setzen Energie, allen voran Gas als Waffe ein, um Europa zu spalten. Ich hoffe es gelingt ihm nicht.
Dennoch hat es Auswirkungen auf jeden Einzelnen von uns, weil wir alle mit deutlich höheren Energiepreisen rechnen müssen. Und es betrifft die L-Gruppe, deshalb müssen wir für unsere Stadtwerke den Weg freimachen, weiterhin an der Europäischen Energiebörse Strom verkaufen und kaufen zu können.
Warum? Die Mechanik der Energiebörse sieht vor, dass zur Absicherung von Energiegeschäften Kautionen hinterlegt werden müssen. Durch den enormen Anstieg der Energiepreise müssen auch deutlich höhere Summen für die notwendigen Sicherheitseinlagen aufgebracht werden. Weder die LVV noch die Stadtwerke selbst haben so viele liquide Mittel, um diese Kautionen aus eigener Kraft hinterlegen zu können. Auch wenn diese Gelder zurückfließen, muss man es zunächst aufbringen, denn: Keine Sicherheitseinlage, keine Energiegeschäfte.
Um zu verhindern, dass die Stadtwerke mangels Sicherheitseinlagen als Marktteilnehmer ausscheiden, springt die Stadt ein und stellt den Stadtwerken eine Summe von bis zu 400 Millionen Euro zur Verfügung. Quasi ihren gesamten Kreditrahmen an Kassenkrediten. Damit können die Stadtwerke am Markt aktiv bleiben und die Versorgungssicherheit der Leipzigerinnen und Leipziger sichern. Dieses Gesellschafterdarlehen löst die Regelung von Ende August ab, mit der den Stadtwerken 150 Millionen Euro zur Verfügung gestellt wurden. Zum Glück sind die Energiepreise inkl. der Gaspreise zuletzt gefallen.
Um es deutlich zu sagen: Die Stadtwerke und auch die LVV sind nicht pleite und sind nicht durch Missmanagement in einer Schieflage. Die Stadtwerke sind ein solides Unternehmen unserer Daseinsvorsorge und sollen mit dieser Unterstützung weiterhin das machen können, wofür sie da sind: Leipzig mit Energie zu versorgen.
Darüber hinaus stimmen wir über eine Bareinlage der Stadt in Höhe von 25 Millionen Euro ab. Dadurch soll die Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft eine höhere Eigenkapitalbasis erhalten. Bei der LVB werden Mindereinnahmen kompensiert, die pandemiebedingt angefallen sind, aber eben nicht von Bund und Land ausgeglichen wurden. Hierfür sollen 30 Millionen Euro in die Kapitalrücklage der LVV fließen. Zudem müssen die Verkehrsbetriebe 1,7 Millionen nicht an die Stadt auszahlen, die für nicht verkaufte Leipzig-Pass-Mobilcars eigentlich hätten erstattet werden müssen, um auch damit Mindereinnahmen aus der Pandemie zu kompensieren.
Es sind keine Geldgeschenke. Die L-Gruppe ihrerseits muss konzerninterne Optimierungsmaßnahmen umsetzen und Investitionen schieben, um auch selbst Beiträge zur Sicherung der Konzernfinanzen zu leisten. Es ist eine gemeinsame Anstrengung von Stadt und L-Gruppe zur Sicherung der Daseinsvorsorge.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden den Vorlagen zustimmen. Wir sehen aber auch Bund und Land in der Pflicht zu unterstützen. Es wird nämlich ungemütlich werden, weil wir zumindest temporär auf einige Annehmlichkeiten werden verzichten und zudem höhere Preise in Kauf nehmen müssen.
Ein Großteil der Menschen kann die steigenden Energie- und Verbraucherpreise noch abfedern, sei durch weitere Einsparungen oder weil das Einkommen es zulässt. Es gibt auch Menschen, die schon sämtlich Einsparoptionen ausgeschöpft haben und bei denen es dennoch nicht reichen wird, die Strom- und Gasrechnungen zu zahlen. In Leipzig haben wir, das ist uns allen bewusst, im Mittel keine rosige Einkommenssituation, auch wenn sich diese in den letzten Jahren deutlich verbessert hat. Es wird dennoch viele Menschen spürbar treffen. Die die es am dringendsten nötig haben benötigen einen Rettungsschirm mit zur Not gedeckelten Energiepreisen, seien es Privatpersonen oder Unternehmen.
Ich erwarte deshalb von der Bundesregierung, sich intensiv auf europäischer oder auch nationaler Ebene dafür einzusetzen, die Energiepreisentwicklung zu beeinflussen und die Mechanik der Energiebörse zu ändern, sei es bei notwendigen Sicherungseinlagen oder bei der Energiepreisentstehung. Schließlich bestimmt der am teuersten produzierte Strom den gesamten Strompreis. Das kann keine Lösung sein.
In diesem Zusammenhang benötigen wir auch einen Schutzschirm für kommunale Energieversorger und Förderungen des ÖPNV damit die Verkehrswende gelingen. Es darf nicht sein, dass wir Energiekonzerne wie Uniper retten, aber die kommunalen Versorger vergessen. Außerdem dürfen wir die Verkehrsunternehmen nicht mit den massiv steigenden Energiekosten alleine lassen. Hier muss das Bundeswirtschafts- und das Verkehrsministerium liefern, denn ohne Stadtwerke keine Energiewende und keine energiepolitische Unabhängigkeit unseres Landes. Und ohne starke und gesunde Verkehrsunternehmen keine Verkehrswende. Vielen Dank!