Zum Zwecke der grundsätzlichen Klärung der Funktionalität des Nahleauslassbauwerkes auf das Auesystem-Burgaue ist ein Auenwaldsymposium im 1. Halbjahr 2014 zu organisieren.
Zur Vorbereitung auf das Symposium ist eine fundierte Stellungnahme durch die Stadtverwaltung zu erarbeiten, inwieweit das Nahleauslassbauwerk Bestandteil auentypischer und dynamischer Flutungen der Burgaue bspw. durch Absenkung der Wehrschwelle (Fachbaum) bereits bei kleinen Hochwassern sein kann.
Sofern anstelle des Nahleauslassbauwerks eine natürliche Flutung der Burgaue an anderer Stelle wesentlich besser realisiert werden kann, ist dies konkret zu benennen und mit Realisierungszeiträumen zu untersetzen.
Der Oberbürgermeister setzt sich bei der Landestalsperrenverwaltung (LTV) dafür ein, dass der Ersatzneubau des Nahleauslassbauwerkes bis zur Klärung dieser Fragen zurückgestellt wird und sich die LTV an der Prüfung und Ermöglichung einer naturnahen Nutzung der Burgaue beteiligt.
Begründung:
Die Aufgabenstellung für diesen Antrag leitet sich aus dem Planungsbeschluss für das Projekt „Lebendige Luppe“ (V-DS-1799 vom 21.03.2012) ab. Dort ist in der Begründung (Abs.3 Sachstand) formuliert:
„Weitere tangierende Aktivitäten in Verantwortung der LTV, wie z. B. die Schlitzung von Deichen der Neuen Luppe oder andere großflächige Flutungsmöglichkeiten in der Burgaue sowie die Sohlanhebung der Neuen Luppe sind ergänzend weiter zu verfolgen, um neben der verbesserten dauerhaften Wasserversorgung insbesondere auch auentypische, dynamische Prozesse wieder zu beleben und eine weitere Eintiefung der Neuen Luppe zu verhindern.“
Das Projekt „Lebendige Luppe“ allein kann diese Aufgabe nicht leisten. Als erster Baustein verknüpft es kleine Fließgewässer, kann aber aufgrund begrenzter Wasserzufuhr keine dynamischen Auenprozesse anstoßen, die für den Erhalt der Hartholzaue und ihrer Artenvielfalt notwendig wären.
In der Burgaue und der angrenzenden Nordwestaue Leipzigs befinden sich die wertvollsten Hartholzauenbestände Sachsens. Dieser Lebensraumtyp Hartholzaue ist von besonderer europäischer Bedeutung und unterliegt dem sehr strengen Schutz der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL). Nach dem Entwicklungsgebot und Verschlechterungsverbot der FFH-RL muss die derzeitig stattfindende Austrocknung der Hartholzaue unterbunden werden. Um dies zu realisieren, ist als Rahmen eine natürliche Auendynamik mit großflächigen Flutungen und Sedimenteinträgen notwendig.
Der geplante Ersatzneubau des Nahleauslassbauwerkes (Baukosten 3,5 Mio. €) prägt die Flutungsmöglichkeiten der Burgaue für Jahrzehnte. Deshalb ist er auf die übergeordnete Zielstellung der Auenrenaturierung abzustimmen. Zugleich ist zu klären, ob der Ersatzneubau in dieser Dringlichkeit bzw. überhaupt notwendig ist.
Die Burgaue wird gegenwärtig als Polder betrieben, der ausschließlich für die Optimierung der Hochwasserreduktion gesteuert wird. Mit diesen seltenen, dann aber hohen Überflutungen (wie 2013 geschehen) können Auenlebensräume weder erhalten noch wiederhergestellt werden, da sich die Tier- und Pflanzenwelt nicht auf Überflutungen einstellen kann, wie in regelmäßig überschwemmten Gebieten. Im Gegenteil werden die im Polder lebenden Artengemeinschaften durch die ungewohnten Überflutungen im Katastrophenfall in erheblichem Maße geschädigt.
Wenn Polder in Flussauen zum Einsatz kommen, muss aus ökologischen Gründen die Durchführung sogenannter ökologischer Flutungen in den Poldern erfolgen, um die Entwicklung einer überflutungsangepassten, auentypischen Tier- und Pflanzenwelt zu ermöglichen.
Dies kann mit einer möglichst tiefen Absenkung des Fachbaums an einigen Wehrfeldern des Nahleauslassbauwerkes bei gleichzeitiger Anbindung an vorhandene Fließrinnen im Hinterland des Nahleauslassbauwerks erreicht werden.
Des Weiteren greift dieser Vorschlag die Vorgaben im gültigen Hochwasserschutzkonzept (HWSK) der Weißen Elster auf. Denn um die auentypischen Hauptprozesse bei Erhalt der Luppedeiche zu ermöglichen, werden im HWSK folgende technische Maßnahmen gefordert: „Einordnung von ökologisch durchgängig gestalteten regelbaren Durchlässen und Flutungsbauwerken, dabei sind die Flutungsbauwerke (b ca. ≥ 60 m) mit großen Spannweiten vorzusehen, um eine annähernde natürliche Wirkungsweise Einströmen, Ausströmen, Sedimentein- und -austrag zu ermöglichen“. Zusätzlich wird die Absenkung der Fachbaumhöhe des Nahleauslassbauwerks bereits im HWSK gefordert.
Es ist davon auszugehen, dass sich die Verhinderung auentypischer dynamischer Prozesse durch die Erneuerung des Nahleauslassbauwerkes in der Burgaue manifestieren würde. Zur Erhaltung dessen, was der Schutzgebietsstatus verlangt, müsste die Stadt Leipzig zusätzlich Projekte und Mittel akquirieren. NATURA 2000 impliziert das Verbot der Verschlechterung.
Die Schutzgebietsverordnung Burgaue aus dem Jahre 1998 verlangt die Wiederaufnahme der Mittelwaldbewirtschaftung. Darüber hinaus haben sich die Kommunen des Grünen Rings Leipzig, wie die Stadt Schkeuditz, für eine naturnahe Flussauenlandschaft von Elster, Pleiße und Luppe ausgesprochen.
Den Antragstellern geht es darum, die Belange des Hochwasserschutzes und des Naturschutzes effektiv, hinsichtlich Wirkung und Finanzierung, miteinander zu verbinden.