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Gemeinsamer Antrag der Fraktionen von SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen

Beschlussvorschlag

  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, ein 365-Euro-Jahresticket für alle Leipzigerinnen und Leipziger bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres einzuführen. Dafür wird das personengebundene Jahres-Abo (Abo light) auf 365 Euro pro Jahr für diese Personengruppe abgesenkt. Die Einführung dieses 365-Euro-Jahrestickets soll mit dem Fahrplanwechsel am 1. August 2022 erfolgen.
     
  2. Dazu prüft der Oberbürgermeister die Sicherstellung der notwendigen Finanzierung auch vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise im Jahr 2022, die Auswirkungen auf die L-Gruppe haben kann, und legt dieses Prüfergebnis bis zum 30.05.2022 dem Stadtrat zur weiteren Entscheidung über den Einführungszeitpunkt vor.
     
  3. Eine Fortführung dieses Projekts wird für die Jahre 2023 und 2024 angestrebt und entsprechende Mittel im Haushalt eingeplant. Dabei sind die Entwicklungen am Energiemarkt zu berücksichtigen.
     
  4. Im Jahr 2024 wird die Neuregelung dahingehend evaluiert, wie das Angebot angenommen wurde und wie eine Weiterfinanzierung – auch mit Hilfe von Förderprogrammen des Bundes und des Landes – ermöglicht werden kann. Über die Ergebnisse der Evaluation sowie einen Ausblick auf eine mögliche Fortführung des 365-Euro-Tickets wird dem Stadtrat bis zum 3. Quartal 2024 in geeigneter Form informiert.

Begründung

Die aktuelle Kostenexplosion bei den Energiekosten, vor allem bei den Spritpreisen, zeigt erneut die Notwendigkeit eines finanzierbaren öffentlichen Personennahverkehrs. Allen voran Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen müssen einen überdurchschnittlichen Anteil ihres Einkommens für Energie und Mobilität ausgeben. Die hohen Spritpreise können daher dazu führen, dass deutlich mehr Menschen auf den ÖPNV angewiesen sind.

Das 365-Euro-Ticket soll ein Beitrag dafür sein, den ÖPNV attraktiver zu machen und den urbanen Verkehr entsprechend der beschlossenen Mobilitätsstrategie neu zu strukturieren. Mit Blick auf die Verkehrswende und unsere beschlossenen Klimaschutzziele, die wir schaffen müssen und schaffen wollen, halten wir es für sinnvoll, das 365-Euro-Ticket für erste Nutzergruppen einzuführen. Eine Einführung für alle Nutzergruppen ist aktuell finanziell nicht darstellbar. Grundsätzlich ist jedoch wichtig, das die Preise für Abo-Tickets möglichst stabil gehalten werden und Jobticketangebote ausgebaut werden.

Speziell soll sich das Angebot zunächst an jungen Leipzigerinnen und Leipziger unter 27 Jahren richten, um ihnen für den Einstieg in oder Umstieg auf den ÖPNV ein attraktives Angebot zu machen. Gerade bei Berufseinsteigern ist ein preiswertes Angebot sinnvoll, da diese noch nicht auf ein bestimmtes Verkehrsmittel festgelegt sind und somit eine Kundenbindung über das Studium bzw. die Ausbildung hinaus möglich ist. Zudem ist die Kaufkraft vieler junger Menschen nach Studium oder Ausbildung noch nicht so ausgeprägt (z.B. durch eine neue Wohnung oder Familiengründung), weshalb es sinnvoll ist, die Differenz zwischen dem günstigen Azubi/Semesterticket und dem Normaltarif zu verringern.

Die Finanzierung des 365-Euro-Tickets für Unter-27-Jährige soll im Jahr 2022 über Haushaltsausgabereste erfolgen und für die Jahre 2023 und 2024 sollen im Haushalt entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Im Jahr 2024 wird das Projekt evaluiert und bis zum 3. Quartal 2024 wird der Stadtrat in geeigneter Weise über die Ergebnisse und mögliche Fortführungsszenarien informiert.

Angesichts der noch nicht abschätzbaren Herausforderungen für die Stadt Leipzig aufgrund des Krieges in der Ukraine und der damit verbundenen Energiekostensteigerung ist es wichtig, dass der Oberbürgermeister genau prüft, wie das Ticket sozialverträglich finanziert werden kann. Mit einem Prüfergebnis bis 30.05.2022 entscheidet dann der Stadtrat über den Zeitpunkt der Einführung eines solchen Tickets. 

Im Zuge der Bauarbeiten am Martin-Luther-Ring wurde auch die Verkehrsführung an der Kreuzung zur Karl-Tauchnitz-Straße geändert. Vorher gab es an der Kreuzung zwei Linksabbiegerspuren, eine Geradeausspur sowie eine Spur, die sich Rechtsabbieger und Fahrzeuge, die geradeaus auf Harkortstraße fahren wollten, geteilt haben. Nach Beendigung der Bauarbeiten wurde die Verkehrsführung an der Kreuzung dahingehend geändert, dass nun zweiLinksabbiegerspuren, eine Geradeaus- und eine reine Rechtsabbiegerspur abmarkiert sind. Gerade in der Hauptverkehrszeit ist zu beobachten, dass das fehlen der Spur, die sich der Verkehr geradeaus in Richtung Harkortstraße und rechts in die Karl-Tauchnitz-Straße geteilt haben, dazu führt, dass längere Staus auf dem Martin-Luther-Ring in südlicher Fahrrichtung entstehen. Deshalb fragen wir an:

  1. Welchen Grund hatte es, dort eine separate Rechtsabbiegerspur einzurichten?
     
  2. Werden die Auswirkungen dieser Spur auf die Verkehrsentwicklung im Bereich evaluiert?
     
  3. Wie beurteilt die Stadtverwaltung die Auswirkungen dieser veränderte Verkehrsführung?

Die Ratsversammlung hat sich im Oktober 2021 im Rahmen einer Petition des Ökolöwen und eines Antrages von Stadträten aus mehreren Fraktionen mit Pop-Up Radwegen befasst. Die Verwaltung hatte dabei angekündigt, dass die Umsetzung von bis zu sechs anordnungsfähigen Radverkehrsanlagen in stark vom Kfz-Verkehr befahrenen Straßenabschnitten sukzessive, je nach Bearbeitungsaufwand und -stand der Einzelmaßnahme und unter Berücksichtigung der Winterpause für Markierungsarbeiten, ggf. noch beginnend in 2021, bis Ende 2022 erfolgen werde. Bei den Maßnahmen handelt es sich um Abschnitte des westlichen Innenstadtrings, der Merseburger Straße, Berliner Straße, Linkelstraße, Riebeckstraße und der Erich-Zeigner-Allee.

Bereits seit Sommer 2020 existiert ein temporärer Radfahrstreifen in der Jahnallee in Höhe der Zeppelinbrücke. In der Testphase soll das Verhalten der Verkehrsteilnehmer beobachtet und nach einem Zeitraum von einem Jahr wurde eine Evaluierung der Maßnahme angekündigt. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen als Basis für die Entwicklung einer optimalen, dauerhaften Lösung an dieser Stelle dienen.

Wir möchten anfragen:

1. Kann mit Blick auf das bald beginnende Frühjahr schon über einen konkreten Umsetzungszeitpunkt der benannten sechs Maßnahmen berichtet werden?

2. Welche Erfahrungen zieht die Verwaltung aus dem temporären Radfahrstreifen in der Jahnallee Höhe Zeppelinbrücke?

a) Wird die zunächst auf ein Jahr befristete Maßnahme längerfristig beibehalten?

b) Gibt es neue Überlegungen für eine subjektiv sicherere Radverkehrsführung am Ende des temporären Radfahrstreifens in stadtauswärtige Fahrtrichtung?

c) Bleibt die Schranke zwischen dem breiten Fuß-/Radweg und dem an der Marschnerstraße gesperrten schmalen Radweg entlang der Straße – der dann vor der Zeppelinbrücke in dem temporären Radfahrstreifen mündet – dauerhaft geöffnet, damit alle Radfahrenden in stadtauswärtige Fahrtrichtung – auch Radfahrer vom Elsterbecken kommend – gut auf den temporären Radfahrstreifen auffahren können?

d) Gibt es Möglichkeiten der Abhilfe bei Regenfällen, weil sich dann das Wasser an mehreren Stellen auf der Brücke staut, so dass die Radfahrenden entweder durch die Pfützen fahren müssen oder auf dem abmarkierten Radfahrstreifen, also in räumlicher Nähe des motorisierten Individualverkehrs?

Antwort der Verwaltung zur Ratsversammlung am 15.3.2022

1. Kann mit Blick auf das bald beginnende Frühjahr schon über einen konkreten Umsetzungszeitpunkt der benannten sechs Maßnahmen berichtet werden?

Die Markierung der Radverkehrsanlage

  • auf dem westlichen Innenstadtring (Dittrichring) soll, geeignete Witterung vorausgesetzt, jetzt Ende März beginnen.

Genaue Startdaten für die Umsetzung folgender Maßnahmen (Radfahrsteifen / Schutz-streifen) stehen noch nicht fest, eine Umsetzung in 2022 ist jedoch vorgesehen für:

  • Berliner Straße

 zwischen Kurt-Schumacher-Straße und Erich-Weinert-Straße

  • Erich-Zeigner-Allee

 zwischen Karl-Heine-Straße und Kreisverkehr Industriestraße

  • Merseburger Straße

 An der Merseburger Straße bis Schomburgkstraße

In 2023 soll der zweite Abschnitt der

  • Berliner Straße zwischen der Erich-Weinert-Straße und der Parthenstraße umgesetzt werden.

Die Umsetzung der Maßnahme in der 

  • Riebeckstraße in dem Abschnitt zwischen Stötteritzer Straße und Mühlstraße soll ab 2024 erfolgen, wobei umfangreiche Änderungen mit neuen Steuerungen an den Lichtsignalanlagen erforderlich sind, was zum Verzug der Planung und des Baubeginns führen könnte.

Die Maßnahme in der

  • Linkelstraße zwischen Georg-Schumann- und Stahmelner Straße kann noch nicht zeitlich eingeordnet werden, da die Umsetzung technisch sehr aufwendig ist. In Zusammenhang mit der Auslastung der personellen Ressourcen muss diese Maßnahme vorerst zurückgestellt werden.

2. Welche Erfahrungen zieht die Verwaltung aus dem temporären Radfahrstreifen in der Jahnallee Höhe Zeppelinbrücke?

Die jetzt vorhandenen Verkehrsregelungen, insbesondere die zum Radverkehr, wurden als Verkehrsversuch nach § 45 Abs. 1 Nr. 6 StVO angeordnet. Erprobt werden sollte, neben den Radfahrstreifen, in erster Linie die Verkehrsregelungen an der Einmündung des Cottawegs auf die Jahnallee. Hier bestand seit einigen Jahren eine Unfallhäufungsstelle: es gab Unfälle zwischen Radfahrenden im Zuge der Jahnallee und aus dem Cottaweg kommenden Kfz. Die bis 2020 vorgenommenen Änderungen der Beschilderung und Markierung führten nicht zum gewünschten Erfolg. So wurde in der Verkehrsunfallkommission entschieden, zwischen östlich der Zeppelinbrücke und der Bowmannstraße (stadtauswärts) und stadteinwärts im Bereich der Brücke den Radverkehr in Radfahrstreifen zu führen. Der Verkehrsversuch war zunächst auf 1 Jahr befristet. Da die Unfalluntersuchungen für die Einmündung Jahnallee/Cottaweg bis dahin noch nicht abgeschlossen werden konnten, wurde der Verkehrsversuch verlängert. Auf Basis der Auswertung der Unfalllage wird die Maßnahme von Seiten der Verkehrsunfallkommission inzwischen als erfolgreich beurteilt. Die Anzahl der Unfälle mit Radfahrerbeteiligung ist stark zurückgegangen.

Die Zählstelle auf der Jahnallee zeigt, dass der beidseitige Fußweg weiterhin von ca. 10% der Radfahrenden anstelle des Radfahrstreifens genutzt wird.

a) Wird die zunächst auf ein Jahr befristete Maßnahme längerfristig beibehalten?

Ja, die Straßenverkehrsbehörde plant den Radfahrstreifen dauerhaft anzuordnen.

b) Gibt es neue Überlegungen für eine subjektiv sicherere Radverkehrsführung am Ende des temporären Radfahrstreifens in stadtauswärtige Fahrtrichtung?

In Verbindung mit der noch nicht zeitlich eingeordneten Bearbeitung des Knotens Jahnallee / Bowmann- / Capastraße ist vorgesehen, auch hier Veränderungen zu untersuchen.

c) Bleibt die Schranke zwischen dem breiten Fuß-/Radweg und dem an der Marschnerstraße gesperrten schmalen Radweg entlang der Straße – der dann vor der Zeppelinbrücke in dem temporären Radfahrstreifen mündet – dauerhaft geöffnet, damit alle Radfahrenden in stadtauswärtige Fahrtrichtung – auch Radfahrer vom Elsterbecken kommend – gut auf den temporären Radfahrstreifen auffahren können?

Dies ist letztlich davon abhängig, ob eine dauerhafte Unterbindung einer illegalen Befahrung und Parkens der Wochenmarktflächen gewährleistet bleibt. Unabhängig davon befindet sich direkt neben der in Fahrtrichtung ersten Schranke ein breiter Durchgang zur Auffahrt auf den Radweg und fortfolgend den Radfahrstreifen.

d) Gibt es Möglichkeiten der Abhilfe bei Regenfällen, weil sich dann das Wasser an mehreren Stellen auf der Brücke staut, so dass die Radfahrenden entweder durch die Pfützen fahren müssen oder auf dem abmarkierten Radfahrstreifen, also in räumlicher Nähe des motorisierten Individualverkehrs?

Die Fahrbahnen der Zeppelinbrücke sollen in den Jahren 2023/24 saniert werden, in diesem Zuge wird auch die Entwässerung erneuert. Es wird zudem geprüft, ob aktuell noch einmal eine Beseitigung von Spurrillen und Asphaltverdrückungen notwendig ist, zwischen denen sich Wasser ansammeln kann.

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

wir stimmen heute über einen zweiten Standort des gemeinwohlorientierten Bürgerzentrums Dölitz-Lößnig-Dösen ab. Warum? Im Mai 2020 wurde das Konzept für ein gemeinwohlorientiertes Bürgerzentrum für Dölitz, Lößig und Dösen beschlossen. Mittlerweile ist klar, dass das DRK die Trägerschaft hierfür übernehmen und Räumlichkeiten im Einkaufszentrum „Moritzhof“ beziehen wird. Vor allem sollen dort unter anderem Angebote der Familienbildung, der Seniorenarbeit sowie Beratungen zu sozialen Fragen, für Schuldner/-innen, Schwangere und Migrant/-innen unterbreitet werden. Unterdessen ist der Standort im Moritzhof aus unserer Sicht nicht geeignet, um niederschwellige Sozialarbeit für Jugendliche zu organisieren, weil dies zum einen Konfliktpotenzial bürgt und zum anderen aber auch bestimmte Jugendliche mit diesem Angebot nicht erreicht werden.

Wir haben deshalb die Forderungen der IG Lößnig, in der die Interessen verschiedener Stadtteilakteure gebündelt werden, nach einem weiteren Standort für das gemeinwohlorientierte Stadteilzentrum aufgegriffen, weil es uns wichtig ist, Angebote für ganz verschiedene Bevölkerungsgruppen und Jugendliche mit unterschiedlichen Problemlagen zu schaffen.

Wir halten den Standort in der Johannes-R.-Becher-Straße, der bereits seit Längerem vom Leipziger Tanztheater genutzt wird und wo es auch jetzt schon verschiedene, vor allem kulturelle Angebote gibt, für geeignet, niedrigschwellige Sozialarbeit für junge Menschen anzubieten. Damit bietet sich auch die Möglichkeit, die bereits gewonnen Erkenntnisse aus der Arbeit im Moritzhof zu nutzen, um das Bürgerzentrum konzeptionell weiterzuentwickeln.

Natürlich ist es notwendig, den baulichen Zustand des Objekts in der Johannes-R.-Becherstraße 22 unter die Lupe zu nehmen und notwendige Sanierungen und sinnvolle Erweiterungen am Objekt über eine Vorplanung zu erfassen, um dann im kommenden Doppelhaushalt die Planungen soweit voranzutreiben, dass die Sanierungsabreiten ab 2025 begonnen werden können. Da sich die Sanierungskosten laut Auskunft der Verwaltung im Bereich um 500.000 Euro bewegen, sind die Mittel, die dieses und nächstes Jahr für die Planungen benötigt werden, überschaubar.

Ganz unabhängig von der Nutzung muss früher oder später ohnehin in des Objekt investiert werden, damit die Instandhaltungskosten nicht irgendwann teurer sind als eine Sanierung.

Das INSEK stuft Lößnig aufgrund verschiedener sozioökonomischer Problemlagen als Aufmerksamkeitsgebiet ein, in dem kleinteilige präventive Maßnahmen in den Bereichen Bildung und Soziales als notwendig angesehen werden. Um die Vorschläge aus dem INSEK umsetzen zu können, ist ein zweiter Standort für das Bürgerzentrum ein aus unserer Sicht wichtiger Schritt. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zum gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen und Linken.

Im Oktober 2021 hat der Leipziger Oberbürgermeister einen zweistündigen Bürgerrundgang im Leipziger Westen mit verschiedenen Akteuren unternommen
Schwerpunkte waren dabei die Verbesserung von Querungsmöglichkeiten für Fußgänger,  die Aufenthaltsqualität auf Plätzen, Gehwegbreiten, Tempo 30-Zonen, Fußverkehr an Baustellen und verkehrsberuhigte Bereiche , sowie Fußgängerzonen.
Der Ökolöwe macht sich aktuell für eine „Autofreie Merseburger Straße: Fußgängerzone statt Parkplätze“ und für autofreie Straßen in jedem Stadtviertel stark.
 
Wir möchten anfragen:
1.               Welche der beim Bürgerrundgang zahlreich vorgeschlagenen Maßnahmen sieht die Verwaltung als umsetzungsreif an und wie ist der aktuelle Stand zu diesen Vorschlägen?

2.               Wie steht die Stadt zur Forderung nach autofreien Straßen in jedem Stadtviertel?
An welchen Stellen in welchen Stadtteilen sieht die Verwaltung hierfür Potential? Wie kann hier eine geeignete Bürgerbeteiligung, z.B. im Rahmen von „Leipzig weiter denken“, erfolgen?

3. Sieht die Verwaltung in den Stadt- und Ortsteilen durch verkehrsberuhigte Bereiche auch Potential für die Stärkung des Einzelhandels und der Gastronomie?

Antwort der Verwaltung

1. Welche der beim Bürgerrundgang zahlreich vorgeschlagenen Maßnahmen sieht die Verwaltung als umsetzungsreif an und wie ist der aktuelle Stand zu diesen Vorschlägen?

Aus dem Bürgerrundgang resultierten eine Reihe von Vorschlägen, folgende sieht die Verwaltung bereits als umsetzungsreif an:

Baustelle Odermannstraße/Gemeindeamtsstraße

Tempo-30 in der Odermannstraße: Für den Bereich des Horts der Nachbarschaftsschule wird eine Anordnung von Tempo 30 von Mo-Fr 6-18 Uhr in der Odermannstraße vorbereitet.

Fußgängerverkehr an Baustellen: Die Baustelle an der Odermannstraße wurde geprüft und entsprechend der Festlegung Maßnahmen eingeleitet, die die optimal mögliche Fläche für den Fußverkehr bereithält.

Allgemein wird das Thema dahingehend aufgegriffen, dass bei allen zukünftigen Baumaßnahmen noch stärker auf die Belange des Fuß- und Radverkehrs geachtet wird. Hierzu werden auch die Bauleiterinnen und Bauleiter sowie die ausführenden externen Firmen noch einmal sensibilisiert.

Knoten Endersstraße/Merseburger Straße

Hier wird sowohl am westlichen als auch am östlichen Arm der Endersstraße eine Anordnung für Fußgängerüberwege umgesetzt.

Darüber hinaus wurde festgelegt: Um zu prüfen, ob besonders schutzbedürftige Menschen eine Straße regelmäßig an einer bestimmten Stelle queren, ist maßgebend, dass der Streckenabschnitt an einem empfohlenen Schulweg liegt.

Zugang Karl-Heine-Platz/Aurelienstraße

Das Markieren von Parkzu- und -ausgängen kann eine schnelle Lösung sein, auf die Problemlage des Parkens vor dem Platzzugang adäquat zu reagieren. Daher wurden von der Verwaltung in Zusammenarbeit mit der AG Fußverkehrsförderung bereits Entwürfe entwickelt, um durch eine Markierung eine weitestgehende Zugänglichkeit zu erreichen. Zudem wurde eine verwaltungsinterne Abfrage veranlasst, um stadtweit Problemstellen zu ermitteln. Diese Markierung stellt jedoch keine verkehrsrechtliche Anordnung dar, sondern soll durch ihre optische Gestaltung eine zusätzliche Sensibilisierung erzeugen, hier nicht zu parken. Die Markierungslösung kann in Anliegerstraßen auch noch mit Fahrradbügeln auf der Fahrbahn ergänzt werden. Dadurch entsteht eine Verbindung mit dem Aktionsprogramm Radverkehr, Handlungsfeld 7, Maßnahme 57 (Fahrradabstellanlagen an Parkeingängen). Auf dieser Grundlage werden beginnend in 2022 Maßnahmen schrittweise umgesetzt.

Autofreie Freisitzstraße Merseburger / Ecke Aurelienstr.

Im 1. Halbjahr 2022 wird die Merseburger Straße am Knoten zur Aurelienstraße abgepollert und im letzten Abschnitt ein Halteverbot angeordnet, um das notwendige Wenden zu gewährleisten.

Hierzu befindet sich auch ein Antrag des SBB Alt-West im Verfahren. Der Verwaltungsvorschlag wird hier ebenso eine mögliche Umgestaltung aufgreifen. lm Rahmen des Antrags sollen die Möglichkeiten der Verbesserung der städtebaulichen Qualität des öffentlichen Raums der Merseburger Straße zwischen Karl-Heine-Straße und Lützner Straße unter Einbeziehung von Anwohnenden, Gewerbetreibenden und Stadtteilakteuren untersucht und erste Umsetzungsvorschläge erarbeitet werden.

2. Wie steht die Stadt zur Forderung nach autofreien Straßen in jedem Stadtviertel?
An welchen Stellen in welchen Stadtteilen sieht die Verwaltung hierfür Potential? Wie kann hier eine geeignete Bürgerbeteiligung, z.B. im Rahmen von „Leipzig weiter denken“, erfolgen?

Im Rahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2030 wurden mit dem Querschnitts- und Schlüsselthema Aufteilung Verkehrsraum die Prioritäten bei der Gestaltung des Öffentlichen Raums so verteilt, dass die Leistungsfähigkeit des MIV nicht mehr als prioritäre Planungsgrundlage zur Gestaltung von Straßenräumen dienen kann. Stattdessen müssen ein leistungsfähiger und verlässlicher ÖPNV, ein sicherer und attraktiver Fuß- und Radverkehr und funktionierende Andienkonzepte gewährleistet werden (Mobilitätsstrategie 2030: Anlage II-E). Dieses Querschnittsthema wird die in den Handlungsfeldern gelisteten Maßnahmen durchgängig begleiten und beeinflussen, sodass in diesem Rahmen autofreie Straßen auch in Frage kommen können. „Leipzig weiter denken“ berät hier im Rahmen des vorzulegenden Beteiligungskonzeptes. Das Beteiligungskonzept zur Mobilitätstrategie ist in der 7. Sitzung des Forums für Bürgerbeteiligung und bürgerschaftliches Engagement (08.02.2021) beraten und in der Ratsversammlung vom 23.06.2021 beschlossen worden.

Auch in der im Oktober beschlossenen Fußverkehrsstrategie (VII-DS-06011) wird eine gerechte Aufteilung des öffentlichen Raums durch das Ziel 4 berücksichtigt. Ein aktuelles Beispiel für die Evaluierung einer autofreien Straße ist die bereits erwähnte Merseburger Straße zwischen Karl-Heine-Straße und Aurelienstraße.

Nach dem Rahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie wird es jedoch keine gleichmäßige Verteilung autofreier auf jeden Stadtteil geben. Es bleiben individuelle Einzelentscheidungen für die jeweiligen Straßenabschnitte, die auch mit rechtlichen Abwägungen evaluiert werden müssen und bei der eine Beteiligung mit Anwohnenden, Gewerbetreibenden und Stadtteilakteuren stattfinden wird.

3. Sieht die Verwaltung in den Stadt- und Ortsteilen durch verkehrsberuhigte Bereiche auch Potential für die Stärkung des Einzelhandels und der Gastronomie?

Das Potential für die Stärkung des Einzelhandels durch verkehrsberuhigte Bereiche ist stark von der Art des Einzelhandels abhängig, aber auch von der Einwohnerdichte und den vorhandenen Erschließungsmöglichkeiten. Kleinere Nahversorger in den innerstädtischen Bereichen werden sehr häufig zu Fuß oder mit dem Rad erschlossen. Hier haben verkehrsberuhigte Bereiche momentan höheres Potential zur Stärkung. Bei größeren Nahversorgern hingegen wird häufiger das Auto als Transportmittel genutzt, jedoch ist auch hier ein Trend hin zu mehr Fuß- und Radverkehr zu erkennen, besonders bei Nahversorgern in Quartieren mit einer hohen Einwohnerdichte, wie bspw. am Lindenauer Markt.

Es gibt keine allgemeingültige Aussage über den Einfluss von verkehrsberuhigten Bereichen zu den umliegenden Einzelhandelsstandorten. Ein positiver Einfluss ist jedoch deutlich auf die Gastronomie zu erkennen, vor allem, wenn diese zur Aufwertung des öffentlichen Raums beitragen.

Mit dem beschlossenen Nachhaltigkeitsszenario und dem Rahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2030, durch die der Umweltverbund gestärkt werden soll, wird auch der Erschließungsverkehr vom Einzelhandel neu gedacht werden müssen. Dabei sieht die Verwaltung vor allem bei der Erschließung von kleinerem Einzelhandel und kleineren Nahversorgern Potential zur Stärkung durch verkehrsberuhigte Bereiche. Durch die Stärkung des Umweltverbundes, bspw. durch den Bau von Fahrradabstellanlagen für Lastenräder oder neue Mobilitätsstationen, wird sich auch die Verkehrsmittelwahl des Einkaufsverkehrs ändern und verkehrsberuhigten Bereichen auch bei größeren Nahversorgern eine stärkere Rolle zukommen. Diese siedeln sich bereits zunehmend an schon vorhandenen verkehrsberuhigten Bereichen oder Fußgängerzonen an. Zwischen 2011 und 2018 wuchs z.B. die Zahl der Supermärkte in der Innenstadt von 7 auf 11.

Seit dem Sommer 2021 testet die Stadt Leipzigs ersten Lastenfahrradparkplatz in Altlindenau an der Ecke Erich-Köhn-/Georg-Schwarz-Straße. Dazu wurde im Verkehrs- und Tiefbauamt eine neue Bauform des sogenannten Leipziger Bügels entwickelt, der mit nur 50 Zentimetern Länge und einem Querholm das Anlehnen und sichere Anschließen von Lastenrädern ermöglicht. Dieser Prototyp soll nach einem ersten Praxistest auch an anderen Standorten in Leipzig etabliert werden.

Wir möchten anfragen:

  1. Wie schätzt die Verwaltung nach ca. einem halben Jahr Praxistest die Akzeptanz des neuen Angebotes zum sicheren Abstellen von Lastenfahrrädern ein?
  2. Sind weitere Lastenfahrradparkplätze bereits in Planung? Wenn ja, welche Standorte werden dafür untersucht?

Antwort der Verwaltung

1. Wie schätzt die Verwaltung nach ca. einem halben Jahr Praxistest die Akzeptanz des neuen Angebotes zum sicheren Abstellen von Lastenfahrrädern ein?

Nach 5 Monaten (Aufstellungsdatum: 04.08.2021) sind noch keine Aussagen zur Akzeptanz des Angebotes möglich. Für entsprechende Langzeitbeobachtungen steht leider kein Personal zur Verfügung. Die neu entwickelte Bügelform ist jedoch bereits durch fachkundige Nutzer als sehr zweckmäßig für das Abstellen unterschiedlicher Bauarten von Lastenrädern bewertet worden, so dass der weitere Einsatz dieser an das Leipziger Fahrradbügeldesign angepassten Bügelform vorgesehen ist. Auch in anderen Städten wird eine solche Kurzform eines Fahrradbügels eingesetzt (u. a. Berlin, Hannover).

2. Sind weitere Lastenfahrradparkplätze bereits in Planung? Wenn ja, welche Standorte werden dafür untersucht?

Im Zuge der Antragstellungen aus den Stadtbezirksbeiräten im Haushalt 2021/22 sind zwei diesbezügliche Anträge eingegangen (Süd und Alt-West), deren Umsetzung gegenwärtig geprüft wird. Ein genauer Realisierungszeitpunkt kann im Moment noch nicht genannt werden.

Im Zuge der Umsetzung des Aktionsprogramms Radverkehr 2021/22 wird zudem die Identifizierung weiterer Standorte vorgenommen und deren Realisierung in 2022 geprüft.

Innerhalb des Fortschreibungsprozesses zum Radverkehrsentwicklungsplan, der im November 2021 angelaufen ist, wird das Thema ebenfalls aufgegriffen. Dabei sollen Standorte geprüft werden, die eine bestimmte Dichte von Lastenfahrrädern erkennen bzw. erwarten lassen, z. B. Geschäftsbereiche in Stadtteilzentren und der Innenstadt. Hierzu kommen auch Erkenntnisse aus dem durch den Nationalen Radverkehrsplan finanzierten Projekt ALADIN (Projektleitung: FH Erfurt) zum Tragen, an dem sich die Stadt Leipzig in den Jahren 2020/2021 beteiligt hat.

  1. Wie beurteilt die Stadtverwaltung diese Problematik?

Mit der Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung vom 28. April 2021 und der daraus im Rahmen der Mobilitätsstrategie Leipzig 2030 resul­tierenden vermehrten ver­kehrsrechtlichen Anordnung von Radver­kehrsanlagen haben sich die Park- und insbesondere Haltemög­lichkeiten für die angefragten Verkehrsteilnehmer verschlechtert. Insbesondere einfache Liefertä­tigkeiten sind in den Straßen, wo Radschutzstreifen und Radfahr­streifen eingerichtet wurden, kaum oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich. Hier wirkt sich zudem die Verschärfung des Bußgeldkataloges aus.

In anderen Bereichen ist das Parken und Halten, wenn auch mit ei­nem größeren Zeitaufwand oder mit Gebühren in Bereichen mit Parkraumbewirt­schaftung verbunden, durchaus möglich.

  1. Welche neuralgischen Straßenzüge und Viertel sind der Verwaltung bekannt, in denen eine Anlieferung, eine Reparaturleistung oder Versorgung durch einen Pflegedienst aus o.g. Gründen schwierig ist?

Der Verwaltung ist die Problematik ebenso bekannt wie bewusst. Sie besteht insbesondere in den Geschäftsstraßen der Stadt sowie in den dicht bebauten Gründerzeitvierteln. Hier kommen eine hohe und vielfältige Nutzungsdichte mit ihren unterschiedlichen Anforderungen und ein begrenzter öffentlicher Raum, sowie im Einzelfall, siehe die Gottschedstraße, auch Verkehrseinschränkungen durch private Hochbaumaßnahmen zusammen.

  1. Wie gedenkt die Verwaltung mit dieser Problematik umzugehen?

Grundsätzlich kann die Verwaltung diese Problematik nicht allein durch eigenes Handeln auflösen: Sie kann weder den Kfz-Bestand in Leipzig administrativ steuern noch den öffentlichen Raum vergrö­ßern und sie ist an die Regelungen der Straßenverkehrs-Ordnung ge­bunden.

Über die vom Stadtrat beschlossene Mobilitätsstrategie Leipzig 2030 mit ihren Maßnahmen ist es aber unser gemeinsames Ziel, den Anteil des individuellen Kfz-Verkehrs in der Stadt zu redu­zieren, damit der begrenzte Raum für den Kfz-Verkehr verfügbar ist, für den es keine Alternative gibt. Dazu gehört ein erheblicher Teil des Liefer- und Dienstleistungsverkehrs.

An Geschäftsstraßen und den dort einmündenden Nebenstraßen werden seit Längerem Bereiche eingeschränkten Halteverbotes ausgewiesen. In diesen darf nicht geparkt, aber eben z.B. für Liefe­rungen gehalten werden. Solche Bereiche gibt es auch in und im Umfeld der Gottschedstraße. Da die Straßenverkehrs-Ordnung je­doch keine Reservie­rung solcher Flächen für bestimmte Nutzergrup­pen kennt, können sie von jedermann zum Zwecke des Haltens ge­nutzt werden und stehen so nicht immer und ausschließlich z. B. für Handwerker oder Lieferdienste zur Verfügung.

Die Prüfung und Erteilung von Anträgen auf Ausnahmegenehmi­gungen nach § 46 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung ist in Leipzig seit Jahren tägliches Verwaltungshandeln des Ordnungsamtes. Hier gehen Anträge von Gewerbetreibenden ein, bei denen die Durch­führung von Hand­werks-serviceleistungen absehbar einen ganzen Tag oder länger an­dauert. Zu den öffentlich zugängigen Prüfkriterien zählt auch die Be­rücksichtigung von Fahrzeugen, die über eine ent­sprechende Innen­ausstattung verfügen, die es zwingend notwendig macht, dass das Fahrzeug in unmittelbarer Nähe des Einsatzortes abgestellt wird. Dass Handwerker, Kundendienstleister oder Pflege­dienste auf ihre Fahrzeuge angewiesen sind, ist nachvollziehbar und verständlich. Genauso gilt aber auch, dass eben nicht bei jedem Ein­satz das Fahrzeug in unmittelbarer Nähe begründet benötigt wird, wie bspw. allgemein bei Lieferanten.

So gibt es seit Jahren in Zusammenarbeit mit der Kreishandwerker­schaft die Möglichkeit, auf Antrag nach § 46 Abs. 1 Straßen­verkehrs-Ordnung ein sogenanntes Handwerkerheft zu erhalten. Dieses können Hand­werksbetriebe nutzen, die häufiger an einem Tag an unterschiedli­chen Orten im Stadtgebiet Aufträge ausführen. Das Handwerkerheft enthält 50 Einzel-genehmigungen zum Parken an maximal vier Ein­satzorten im eingeschränkten Haltverbot bzw. an Parkscheinauto­maten ohne Bezahlung (mit Parkscheibe) bis max. zwei Stunden je Einsatzort, im Einzelfall verlängerbar.

Weiterhin wurde mit der Einführung des Bewohnerparkens im Wald­straßenviertel durch den Beschluss des Oberbürgermeisters Nr. VI-DS-03681-DS-07 vom 03.12.2019 allen Gewerbetreibenden mit Hauptniederlassung in einem Bewohnerparkbereich die Möglichkeit gegeben, zwei Ausnahmegenehmigungen zum Parken in selbigem Bereich zu beantragen.

Grundsätzlich ist im Straßenverkehr auf eine Gleichbehandlung aller Teilnehmer zu achten. Die Straßenverkehrs-Ordnung sieht Sonder­rechte für zugehörige Fahrzeuge bestimmter Berufsgruppen vor. Diese sind abschließend in § 35 Straßenverkehrs-Ordnung be­nannt. Eine Ausnahme vom verkehrsbezogenen Verbot darf daher nur in besonderen Fällen und nur sehr restriktiv erteilt werden. Es müsste im Einzelfall für die­sen konkreten Antragsteller eine beson­dere Härte nachgewiesen werden, sich an die Vorschrift der Stra­ßenverkehrs-Ordnung zu halten. Die pauschale Gewährung von Ausnahmegenehmigungen auf Antrag für jeden Lie­feranten für Gastronomen, Gewerbetreibende, Handwerker und am­bulante Pfle­gedienste ist schon aufgrund der gesetzlich normierten Ermessens­entscheidung nicht möglich. Hierbei hat sich die Geneh­migungsbe­hörde an Gesetzgebung und Rechtsprechung zu halten.

Die Interessen von Lieferanten von Gastronomen, Gewerbetreiben­den, Handwerkern und ambulanten Pflegediensten unterscheiden sich allgemein nicht von denen der anderen privaten Wirtschaft oder den sonstigen Interessen privater Antragsteller. Bei der Ausübung dieser Tätigkeiten ist davon auszugehen, dass es um eine effektive und kostengünstige Durchführung der Erledigung der Aufgabe geht und dabei Wege- und Reisezeiten zu minimieren sind. Der allge­meine Wunsch, Zeit und Wege zu sparen, rechtfertigt jedoch – ob bei der Pflege- oder anderer Gewerbetätigkeit, an der per se ein öffent­liches Interesse besteht – keine Ausnahme von der Straßenverkehrs-Ordnung.

Auch mit der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtli­cher Vorschriften vom 20.04.2020 hat der Gesetzgeber kein Erfor­dernis gesehen, Pflegediensten oder anderen Gruppen von Dienst­leistern bestimmte Sonderrechte als Verkehrsteilnehmern mit be­sonderen Aufgaben einzuräumen.

Somit können wir nur wiederholt darauf hinweisen, dass der Gesetz­geber im § 46 Abs. 2 Satz 1 Straßenverkehrs-Ordnung den obers­ten Landes-behörden die Möglichkeit eingeräumt hat, Ausnah­men von allen           Vor­schriften der Straßenverkehrs-Ordnung für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragstel­ler zu genehmigen. Diese Möglichkeit ha­ben bspw. Berlin, Ham­burg und Nordrhein-Westfalen genutzt. Die letzte, durch das Amt für Wirtschaftsförderung initiierte, Anfrage beim Sächsischen Staatsmi­nisterium für Wirtschaft und Arbeit blieb je­doch erfolglos.

  1. Gibt es inzwischen eine konkrete Lösung für Pflegekräfte gemäß dem Ratsbeschluss v. 11.11.2020 zum Antrag „Parkerleichterungen für ambulante Pflegekräfte“?

Bei diesem beschlossenen Prüfauftrag wird grundsätzlich auf die unter der Antwort zu Frage 3 dargestellten rechtlichen Vorgaben und die daraus für uns resultierende Bindung der Verwaltung auf der Grundlage von Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes verwiesen. In­sofern sind dauerhafte pauschale Ausnahmegenehmigungen aus­geschlossen.

Um dennoch in besonderen Einzelfällen mögliche Härtefallsituatio­nen beim Parken für die ambulanten Pflegekräfte abzufedern, wird die Möglichkeit der Beantragung und Erteilung der unter der Ant­wort zu Frage 3 beschriebenen Handwerkerhefte geprüft, da sich der Parkbedarf ambulanter Pflegekräfte       u. E. ähnlich denen von Handwerksbetrieben ge­staltet.