Redner: Dr. Joachim Fischer, Vorsitzender der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste,
zum ersten Mal seit 1990, als nach fast fünf Jahrzehnten erstmals wieder ein freigewähltes Stadtparlament zusammentrat, liegt uns ein Haushaltplanentwurf mit einer so großen Lücke vor, dass ihre Deckung im gleichen Jahr nicht erfolgen kann. Für über 100 Mill. € fehlt jede Finanzierungsmöglichkeit in 2005.
Wenn wir ehrlich sind, war das in den letzten Jahren auch schon der Fall Allein 2003 wurde die Jahresrechnung mit einem Fehlbetrag von über 80 Mill. € abgeschlossen, d.h. der Haushaltsansatz für 2003 war unrealistisch, die getroffenen Prognosen haben sich nicht erfüllt oder waren etwa die Zahlen von der Kämmerei geschönt?
Die SPD-Fraktion findet den jetzt gewählten Weg, einen weitgehend realistischen Haushaltsansatz vorzulegen, wesentlich transparenter. Nur so kann auch den Bürgern der Stadt die wirklich dramatische Haushaltsituation und das unbedingte Erfordernis zum Sparen in allen Bereichen – ich betone nochmals in allen Bereichen – deutlich gemacht werden.
Der amtierende Leiter des Dezernates Finanzen, Herr Auerhammer, hat bei der Einbringung des Haushaltsplanentwurfes im Stadtrat geäußert, dass Leipzig in der Normalität der deutschen Städte angekommen wäre. Ich meine, dass er besser von einer Nicht-Normalität hätte sprechen sollen. Normal wäre es, wenn eine Stadt wie Leipzig ihren Leistungen entsprechend Einnahmen erzielen würde und einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen könnte. Die grundgesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung ist längst nicht mehr gegeben.
Die Probleme haben strukturelle Ursachen und eine grundlegende Besserung ist nicht absehbar. Diese Erkenntnis ist bitter und wird uns im kommenden Jahr schwierige und unangenehme Entscheidungen abverlangen. Dies fängt bei der Schließung der Schulzahnklinik an und hört bei der Schließung der städtischen Schwangerschaftskonflikt- und Familienberatungsstelle längst nicht auf. Wenn der frei verfügbare Anteil im Haushalt, insbesondere im Vermögensbereich, immer weiter sinkt, wird der Spielraum für uns Stadträte logischerweise geringer. In den kommenden Jahren wird es daher zunehmend darum gehen, Einschränkungen und Sparpotenziale zu benennen und nicht mehr darum, Wohltaten und Geschenke zu verteilen.
Die Stadt schiebt wie eine Bugwelle zahlreiche ungedeckte Schecks vor sich her. Wir müssen aufpassen, dass die Bugwelle nicht zu groß wird, über uns zusammenschlägt und wir somit handlungsunfähig werden. Was können wir Stadträte tun? Auf bessere Zeiten mit höheren Einnahmen warten wir, solange ich zurückdenken kann. Also müssen wir selbst die Initiative ergreifen, um das Haushaltsdefizit zu reduzieren. Die Stadtverwaltung hat dazu ein Haushaltssicherungskonzept vorgelegt.
Leider kam das Konzept aus Sicht meiner Fraktion viel zu spät. Nach unserer Auffassung müssen Haushalt und Sicherungskonzept zwingend gemeinsam beraten und verabschiedet werden. Zur Beratung der in diesem Konzept der Verwaltung enthaltenen Vorschläge bleiben den Fraktionen maximal fünf Wochen Zeit.
Gleichzeitig wiederholen wir an dieser Stelle unsere Forderung nach einem langfristigen Investitions- und Finanzierungskonzept. Ein solches Arbeitsmittel hätte bei der Erstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes erheblich geholfen. Der Antrag der SPD-Fraktion liegt immer noch unbearbeitet in der Warteschleife.
Meine Damen und Herren! Ein weiteres offenes Problem für die Haushaltsverabschiedung ist die Frage, ob in 2005 440 Stellen der Stadtverwaltung gestrichen werden müssen oder ob eine Kürzung der Arbeitszeit auf 36 Wochenstunden möglich sein wird. Erst am 24.11. entscheiden die Gewerkschaftsmitglieder in der Verwaltung, ob überhaupt Tarifverhandlungen aufgenommen werden. Zur Verabschiedung des Haushaltes muss diese Entscheidung aber zwingend vorliegen. Wie gehen wir damit um, wenn am 17.12. zur geplanten Haushaltsverabschiedung noch verhandelt wird? Muss die Verabschiedung dann nicht in den Januar verlegt werden?
An dieser Stelle erwarten wir eine klare Aussage von den Verhandlungsparteien bei den möglichen Tarifverhandlungen. Die SPD-Fraktion hat sich klar und eindeutig für eine Einsparung im Personalbereich durch die Kürzung der Arbeitszeit auf 36 Wochenstunden ausgesprochen. Kommen die Tarifparteien zu keiner Einigung, werden wir aber auch einer ganz erheblichen Personalkürzung zustimmen müssen. Die Haushaltssituation zwingt uns einfach dazu! Der Fraktion ist aber bewusst, dass diese Entscheidung eindeutig unsolidarischer und damit die schlechtere Lösung wäre. Durch die notwendige Sozialauswahl würden die Entlassungen zu Lasten der jüngeren Mitarbeiter vorgenommen werden. Schon heute liegt das Durchschnittsalter innerhalb der Verwaltung bei ca. 47 Jahren. Gerade die jungen Mitarbeiter in der Verwaltung sollten das den Personalräten und Gewerkschaftsvertretern spätestens am 24.11. in geeigneter Form klar machen!
In Hinblick auf eine mögliche Verschiebung der Beschlussfassung zum Haushalt möchte ich der Personalvertretung und der Gewerkschaft mitteilen, dass das Gesagte im Januar genauso wie im Dezember gilt. Wir kommen um grundlegende Einschnitte im Personalbereich nicht herum.
Anders als bei der CDU vertreten wir jedoch die Auffassung, dass weitere Kürzungen nur noch durch grundsätzliche, strukturelle Änderungen im Verwaltungsaufbau möglich sind. Eine Möglichkeit wäre die Übergabe aller Kindertagesstätten an freie Träger, eine andere die Zusammenlegung und anschließende Privatisierung von Hochbauamt und Liegenschaftsamt. Voraussetzung dafür ist eine Budgetierung in der Verwaltung. Im Zuge der Budgetierung und einer wirtschaftlichen Haushaltrechnung könnten auch die Kostentreiber im Rathaus ermittelt werden.
Schon Jahr für Jahr beklagen wir, dass den Kommunen immer neue Aufgaben aufgebürdet werden, diese aber nicht die Mittel erhalten, die zur Aufgabenerfüllung notwendig sind. Die Städte und Gemeinden müssen mitreden können, wenn sie selber von Landes- oder Bundesgesetzen betroffen sind. Die SPD-Fraktion befürwortet und unterstützt die Forderung des Deutschen Städtetages, eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes herbeizuführen. Darin soll künftig ein Anhörungsrecht der Kommunen für Bundesgesetze verankert werden.
Wir begrüßen, dass im sächsischen Koalitionsvertrag auf Initiative der SPD festgeschriebenen wurde, den Kommunen eine zusätzliche Investpauschale in Höhe von 50 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Dies ist ein erster Schritt, um die Finanzsituation der sächsischen Städte und Gemeinden zu verbessern. Ein weiterer Schritt ist, die Ausgleichsmittel des Bundes im Zuge von Hartz IV eins zu eins durch den Freistaat an die Kommunen weiterzugeben. Auch das steht im Koalitionsvertrag.
Der erstmals ungedeckte Haushalt erfordert unpopuläre Maßnahmen zur Haushaltssicherung. Die SPD-Fraktion möchte dieser schwierigen Situation Rechnung tragen und stellt daher einen Grundsatzantrag mit dem Ziel, städtische Beteiligungen an Wirtschaftsunternehmen in einer Größenordnung von mindestens fünf Mill. € zu veräußern bzw. zu privatisieren. Die eine Hälfte der Verkaufserlöse soll zur Schuldentilgung verwendet werden, die andere Hälfte zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen. Nach der Durchsicht des Haushaltsicherungskonzeptes wissen wir, dass der genannte Betrag viel zu gering ist. Meine Fraktion prüft zur Zeit, ob es vernünftige Alternativen zu Steuererhöhungen gibt. Wenn wir die Steuererhöhungen vermeiden wollen – und das möchte meine Fraktion – müssen wir Beteiligungen in einer Größenordnung von über 25 Mill. € verkaufen. Das sollten Beteiligungen sein, die der Stadt keine oder nur geringe Erträge bringen. Auch der Verkauf von Anteilen unter der 50 %-Grenze könnte angedacht werden. Das hätte den zusätzlichen Vorteil, dass externer Sachverstand ins jeweilige Boot käme. Die gewonnenen Mittel sollen zwingend zur Schuldenreduzierung eingesetzt werden.
Außerdem müssen wir weitere Einsparungen finden, die nachhaltig sind. Dazu zählen Kürzungen im Personalbereich oder der Wegfall von städtischen Leistungen.
Korrekturen am Haushaltsplan sieht die SPD-Fraktion bei den Themen Stadtumbau und Stadterneuerung, bei Zuschüssen an Vereine und Verbände im Jugendhilfebereich, bei Grünpflanzungen und der Weiterführung des Grünen Bogens Paunsdorf, bei der Umsetzung der Kleingartenkonzeption, bei einer laut Brandschutzbedarfsplan notwendigen Investition der Freiwilligen Feuerwehr Böhlitz-Ehrenberg und im Bereich Schulwegsicherheit. Beim Thema „Zuschüsse an Sportvereine für Bauinvestitionen“ ist ein Änderungsantrag unserer Fraktion inzwischen zur Tradition geworden. Wir hoffen, dass die Umsetzung der vom Stadtrat nach intensiver Diskussion beschlossene Bibliotheksentwicklungskonzeption diese Tradition nicht aufnimmt und das Kulturdezernat erkennt, dass die große Mehrzahl der Stadträte in diesem Bereich keine weiteren Einschnitte zulässt.
Lassen Sie mich noch eine kritische Bemerkung zum Thema Stadtumbau und Stadterneuerung machen. Obwohl wir vorschlagen in diesen Bereich mehr Investitionsmittel einzusetzen, fordern wir von der Verwaltung, dass die bereits eingestellten Mittel auf ihre Nachhaltigkeit überprüft werden. Außerdem sollten alle Projekte auf ihren Einsatz in die Schwerpunktgebiete unserer Stadt kontrolliert werden. Gohlis und das Waldstraßenviertel zum Beispiel sind inzwischen Selbstläufer und brauchen durch uns keine Förderung mehr.
Die steigenden Zuschüsse für die Eigenbetriebe Kultur, insbesondere für die Oper, werden in meiner Fraktion kritisch gesehen. Es kann einfach nicht sein, dass uns einerseits die Entlassung von weit über 400 Mitarbeitern der Verwaltung vorgeschlagen wird und gleichzeitig der Zuschuss für die Oper um 3 Mill. € ansteigt. Das Dezernat Kultur fordern wir energisch auf, mehrheitsfähige grundlegende Strukturänderungen im Bereich der Eigenbetriebe Kultur vorzuschlagen. Der von meiner Fraktion ins Verfahren gebrachte und vom Stadtrat mit großer Mehrheit beschlossene Antrag bezüglich einer Rechtsformänderung steht immer noch zur Umsetzung an. An die Kulturschaffenden in Leipzig appellieren wir, besonnen und tatkräftig neue Wege mitzugehen, damit die Kulturvielfalt als ein überaus wichtiger Standortfaktor in Leipzig erhalten bleibt. Das kulturelle Angebot muss aber auch für eine Stadt, die nun mal keine Millionen-Stadt ist, finanzierbar bleiben. Rücktrittsdrohungen von Intendanten, wie erfolgreich sie auch arbeiten, bringen uns der Lösung des Problems keinen Schritt näher.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme nun zu einem für meine Fraktion äußerst wichtigen Eckpunkt des städtischen Haushaltes. Ein positives Echo fand bei uns die Ankündigung der Verwaltung, dass der Kinderbetreuung und der Sanierung von Kindertagesstätten ein besonderes Augenmerk geschenkt wird. Es ist erfreulich, dass Leipzig im kommenden Jahr sechs Mill. € zusätzlich für die Kinderbetreuung ausgibt und die Sanierung von Kindertagesstätten ein Schwerpunkt im städtischen Investitionsprogramm ist. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an einen Haushaltsantrag der SPD-Fraktion aus dem vergangenen Jahr, wonach die Mittel für dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen – angesichts des Investitionsstaus in Höhe von ca. 60 Mill. € – deutlich zu erhöhen sind.
Das für das kommende Jahr aufgelegte Bauprogramm für Kitas und Schulen mit einem Umfang von mindestens 6,5 Mill. € hilft zum einen, den Investitionsstau ein gutes Stück abzubauen und zum anderen, die regionale Bauwirtschaft mit Aufträgen zu versehen.
Positiv ist dabei auch der Rückenwind aus Dresden durch die neue Landesregierung:

  1. Im Landeshaushalt werden in den beiden kommenden Jahren jeweils 15 Mio. € für ein Investitionsprogramm in Kitas bereit gestellt
  2. Die Pauschale für Kindertageseinrichtungen wird um ca. 8 Prozent auf 1.800 Euro pro Kind erhöht.

Dadurch ist weiterhin eine qualifizierte Betreuung, Erziehung und Bildung der Kinder möglich.
Diese Schwerpunktsetzung im städtischen Haushalt – über 50 Millionen Euro Zuschuss der Stadt für die Kinderbetreuung – ist aber nur finanzierbar, wenn wir in anderen Bereichen Abstriche machen. Auch das muss hier ganz eindeutig gesagt werden. Die SPD-Fraktion befürwortet diese Schwerpunktsetzung.
Ein schwierigeres Thema ist das stark reduzierte Volumen des Vermögenshaushaltes. Die Handlungsfähigkeit der Stadt ist dadurch stark eingeschränkt. Es fehlen insbesondere Planungsmittel, um den immer notwendigen Vorlauf schaffen zu können. Genau das hat uns in den letzten Jahren gegenüber anderen Kommunen ausgezeichnet.
Einen Ausweg sehen wir in der Beteiligung Privater am Investgeschehen, kurz PPP-Modellen. Das fordert die SPD-Fraktion seit zwei Jahren. Das Ziel ist, den Investitionshaushalt der Stadt von Maßnahmen zu entlasten und dennoch in städtische Immobilien – zum Beispiel Kitas und Schulen – zu investieren. Bis zum heutigen Tage blockiert die Stadt jedoch die Umsetzung solcher Projekte. Die nach wie vor zu hohe Arbeitslosigkeit in Leipzig fordert eigentlich viele öffentliche Aufträge. Wenn die Stadt dazu aus den bekannten Gründen nicht in der Lage ist, muss man andere Wege suchen. Bisher wurde das von der Verwaltung sehr konsequent verhindert.
Ich wünsche uns in den kommenden Wochen eine sachliche, fruchtbare Diskussion und hoffe auf ein von der großen Mehrheit des Stadtrates getragenes Ergebnis bei der Abstimmung zum Haushalt .
Wie immer an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kämmerei und allen an der Haushaltserstellung Beteiligten für die in diesem Jahr besonders schwierige Arbeit unseren Dank.
Und Ihnen danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Redner: Dr. Joachim Fischer, Vorsitzender der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste,
Seit Februar diesen Jahres ist der Kämmerer der Stadt Leipzig, Herr Kaminski, beurlaubt. Der amtierende Vertreter, Herr Auerhammer, arbeitet ohne Legitimation durch den Stadtrat. Dies sagt nichts über seine Qualitäten, sondern ist lediglich die Feststellung der fehlenden politischen Legitimierung.
Die Länge der Beurlaubung von Herrn Kaminski ist von niemanden abschätzbar. Es gab und gibt weder von der Staatsanwaltschaft, noch vom Regierungspräsidium (RP) eine Aussage zum jeweiligen Verfahrensabschluss.
Bei der dramatischen Haushaltssituation braucht die Stadt aber einen Kämmerer, der mit allen Rechten und Pflichten ausgestattet ist. Deshalb befürworten wir das Abwahlverfahren. Diese Abwahl ist keine Wertung der Arbeit von Herrn Kaminski in den letzten 14 Jahren.
Herr Kaminski hat beim Bau des neuen Zentralstadions und beim Umbau des Alten Rathauses nach meinem Kenntnisstand am Stadtrat vorbei Entscheidungen getroffen. Das kann der Stadtrat nicht gut finden.
Andererseits war Herr Kaminski in den vielen Jahren im Stadtrat und in der Öffentlichkeit als Kämmerer sehr geschätzt. Die SPD-Fraktion hat mit ihm insgesamt gut zusammen gearbeitet.
Ich gehe im Gegensatz zu der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen davon aus, dass die Verfahren bei Staatsanwaltschaft und beim RP weiter laufen und möchte betonen, dass durch die Abwahl nichts unter den Tisch gekehrt werden soll.
Die SPD-Fraktion wird der Abwahl von Herrn Kaminski als Kämmerer der Stadt Leipzig zustimmen.

Antragsteller: SPD-Fraktion

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bis zum 31.01.2005 konkrete, umsetzungsfähige BSI-Projekte in der Stadt Leipzig für das Jahr 2005 und deren Finanzierungsmöglichkeiten vorzuschlagen. Ein Maßnahmekatalog für die Umsetzung der Projekte soll erstellt werden.

Begründung:

Seit Januar 2002 besteht die gesetzliche Möglichkeit zur Beschäftigungsförderung durch BSI (Beschäftigung schaffende Infrastruktur). In der Stadt Leipzig wurden im Gegensatz zu anderen Kommunen bisher noch keine dieser Projekte umgesetzt.
Um der unbefriedigenden Situation auf dem Arbeitsmarkt weiter entgegen zu wirken, ist eine zeitnahe Realisierung von BSI-Projekten notwendig.null

Redner: Jürgen Wesser, Stadtrat der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste,
Der Staat ist im Umbruch, die Bürger haben Mühe zu folgen, haben Probleme zu verstehen, was da passiert, haben Angst. Von strikter Ablehnung über „na sehen wir mal“ und Einsicht in die Notwendigkeit bis Zustimmung und „war schon lange nötig“ reicht die Palette der Meinungen.
Es war Thema in allen Wahlkämpfen mit mitunter nicht nachvollziehbaren Wendungen in den Äußerungen von Politikern. Was bleibt ist die Einsicht, dass ein Umbau der Sozialsysteme unumgänglich ist und was damit auch bleibt, ist die Angst vor diesem Umbau.
Das Grundübel fehlende Arbeitsplätze wird nach meiner Meinung damit nicht gelöst. Was gefördert, um nicht zu sagen erzwungen wird, ist die Bereitschaft der Betroffenen eine Arbeit anzunehmen, die unter Ihrem Niveau und unter ihren Fähigkeiten liegen kann. Womit ich nicht sagen will – dass das falsch ist. Warum soll z. B. eine Verkäuferin, eine Friseuse, eine Serviererin mit ihrem geringen Gehalt über ihre Steuerabgaben den Lebensstandard von Hilfeempfängern unterstützen, der oft über ihrem eigenen liegt. Die Existenz muss gesichert werden.
Die grundsätzlichen politischen Entscheidungen sind getroffen. Wir können sie beklagen oder für richtig halten. Wir können sie als Kommunalpolitiker nicht beeinflussen oder ändern.
Wir können und müssen unseren Beitrag leisten, den Betroffenen bei dem Einstieg in diese neuen Systeme jede mögliche Unterstützung zu geben.
Dazu gehört:

  • Eine Spitzenberatung
  • Kurze Wege
  • Eine unbürokratische Bearbeitung (soweit das System das zulässt)
  • Menschliches Miteinander
  • Verständnis für die Sorgen der Betroffenen
  • Zügige Bearbeitung von Anträgen

Der Gesetzgeber hat dafür mehrere Möglichkeiten angeboten. Eine ist die „ARGE“, wie in der Vorlage vorgeschlagen. Die Kompetenzen und Erfahrungen, von Sozialamt und Arbeitsamt werden zusammengeführt.
Bei der Unsicherheit, die allen möglichen Modellen anhaftet, bietet dieses Konstrukt die für alle Seiten größtmögliche Sicherheit, auch Rechtssicherheit. Die Mitarbeiter sind erfahren und mit den Problemen vertraut. Die Kooperation von AA und Kommune findet auf einer Basis der Gleichberechtigung statt. Die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für Kommunen und für die Agentur sind klar umrissen und werden zusammengeführt. Es gilt ein einheitliches Leistungsrecht in geteilter Verantwortung. Die Hilfe erfolgt aus einer Hand und ortsnah. Auch wenn, wie bei jeder neuen Sache ein Restrisiko bleibt.
Die Betroffenen müssen ihr Geld bekommen, ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Wir sind in der Pflicht, zügig zu handeln. Bei allen berechtigten Einwänden. Das Risiko ist soweit wie möglich minimiert.
Die ARGE bietet von allen möglichen Modellen die aus unserer Sicht besten Voraussetzungen. Details, deren ferne Auswirkungen jetzt noch keiner einzuschätzen vermag, dürfen nicht zum Scheitern führen.
Im Interesse der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger. Die SPD-Fraktion wird der Vorlage zustimmen.

Antragsteller: SPD-Fraktion

Beschlussvorschlag:

Die Stadtverwaltung prüft die Möglichkeit zur Einrichtung einer zentralen Vermittlung für Krippen-, Kindergarten- und Hortplätze sowie Tagesmütter bei Beibehaltung des Wahlrechtes der Eltern.
Die zentrale Vermittlung muss nicht bei der Stadt angesiedelt sein.

Begründung:

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass in Leipzig wieder mehr Kinder geboren werden und die Versorgung mit Krippenplätzen und Kindertagesstättenplätzen vielerorts sehr problematisch geworden ist. Eltern müssen Plätze selbst suchen. Um den Eltern unnötige Wege abzunehmen, wäre eine zentrale Anlaufstelle – die die Übersicht über alle in Leipzig vorhandenen Plätze und Angebotsformen hat – wünschenswert. Mehrfachanmeldungen wären nicht mehr erforderlich. Außerdem könnten sich die Leiterinnen besser in den Bildungs- und Erziehungsauftrag ihrer Einrichtung einbringen, weil ihnen mehr Zeit zur Verfügung stehen würde, die jetzt durch die vielen Elterngespräche verloren geht.
In der vergangenen Wahlperiode wurde von Seiten der Verwaltung eine zentrale Vergabe der Plätze mit festgelegten Zugangskriterien angestrebt. Diese zentrale Vergabe mit Zugangskri- terien soll nicht reaktiviert werden, sondern es wird eine Vermittlung angestrebt, die den Eltern ohne lange Wege einen Überblick über vorhandene Angebote und Plätze ermöglicht.
Denkbar wäre zum Beispiel eine Internetadresse als Informationsmöglichkeit.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

uns erreichen Anrufe besorgter Eltern, die sich um einen Platz in den Kindertagesstätten bemühen, aber aus verschiedenen Gründen auf eine Warteliste der Einrichtungen gesetzt werden.
Aus der vergangenen Wahlperiode wissen wir, dass verschiedene Einrichtungen nur mit Einschränkungen genutzt werden konnten.

Deshalb fragen wir:

  1. Wie viele Kindertagesstätten haben auf Grund baulicher Mängel eine befristete Betriebserlaubnis?
  2. Wie viele Einrichtungen sind wegen vorhandener Mängel nur eingeschränkt nutzbar und wie viel Betreuungsplätze sind durch die Einschränkungen weggefallen?
  3. Gibt es in der Stadt noch freie Betreuungsplätze in Krippen und Kitas? Wenn ja, wo und wie viele?

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

in der Presse wurde gemeldet, dass das sächsische Kultusministerium endlich weitere Fördermittel für Investitionen in Ganztagsangebote an Schulen bewilligt hat.

Weitere 37 Millionen Euro sollen sachsenweit in 44 Projekte an 34 Schulen vergeben werden, so dass insgesamt ca. 50 Millionen Euro für ca. 70 Vorhaben in diesem Jahr zur Verfügung stehen.
Bis 2007 stehen Sachsen aus dem Bund-Länder-Programm insgesamt 200 Millionen Euro zur Verfügung.

Wir fragen an:

  1. Werden durch die neu bewilligten Fördermittel weitere Projekte in Leipzig realisiert?
  2. Wie viele Schulen in Leipzig bieten derzeit eine Ganztagsbetreuung an?
  3. Wie schätzt die Stadtverwaltung die Umsetzung des Bund-Länder-Programms in der Stadt Leipzig ein?